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19. Jahrhundert - Fin de siecle - Wedekind


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Wedekind
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(Benjamin) Frank(lin) Wedekind
Bürgerschreck und Karriere
zusammengefaßt von Martin Schlu, September 2004 (Korrektur: März 2011)

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1898
In Leipzig verpflichtet Carl Heine Wedekind als Sekretär, Schauspieler und Regisseur für sein neugegründetes Ibsen-Theater. Heine übernimmt im Auftrag der "Literarischen Gesellschaft" die Regie zu "Der Erdgeist". Die Uraufführung des Stücks findet am 25. Februar statt, Wedekind spielt dabei die Rolle des Dr. Schön.
 
Von März bis Juni ist das Ibsen-Theaters auf Tournee. In Leipzig erfolgt die Uraufführung des "Liebestranks". Georg Stollberg, der Oberregisseur des Münchner Schauspielhauses (1895 von Max Halbe als "Intimes Theater" gegründet) engagiert Wedekind als Dramaturgen und Schauspieler nach München.
 
Am 29. Oktober ist die Münchner Premiere des "Erdgeists". Wedekind setzt sich danach in die Schweiz (Zürich) ab, da er wegen wegen eines im "Simplicissimus" veröffentlichten satirischen Gedichts auf Kaiser Wilhelm I gesucht wird. Majestätsbeleidigung ist im Wilhelminischen Deutschland strafbar. In Zürich trifft er seinen ebenfalls flüchtigen Verleger Albert Langen. Ein erster Entwurf eines neuen Stückes "Ein Genußmensch" entsteht dort. Am 22. Dezember reist Wedekind nach Paris ab.
 
1899
Nach dem Aufenthalt in Paris kehrt Wedekind Ende Mai nach Deutschland zurück und stellt sich der Polizei.
Nach langer Untersuchungshaft wird er in erster Instanz zu Gefängnis, in zweiter Verhandlung zu sechs Monaten Festungshaft auf der Burg Königstein/Sachsen verurteilt. Erst nach der Jahreswende kommt er wieder frei, weil er begnadigt wurde.
 
Seine Hoffnungen, als Dramatiker in Paris zu Erfolg zu kommen, erfüllen sich nicht. Er arbeitet an dem Schauspiel "Ein gefallener Teufel" (späterer Titel: "Der Marquis von Keith").
 
Die Uraufführung von "Der Kammersänger" erfolgt in Berlin.
 
1900
Am 3. Februar wird Wedekind aus der Haft entlassen. Unter dem Titel "Münchner Scenen. Nach dem Leben aufgezeichnet" erscheint in der Zeitschrift "Die Insel" der "Marquis von Keith". Wedekind nimmt endlich Schauspielunterricht bei Fritz Basil.
Hildegard Zellner wird als Hausmädchen bei Wedekind eingestellt. und ziemlich schnell schwanger.
 
1901
Geburt des Sohnes Frank Zellner-Wedekind, des Kindes von Wedekind und seinem Hausmädchen.
Am 1. April ist die Eröffnung des Kabaretts der "Elf Scharfrichter" in München. Wedekind singt dort nach eigenen Kompositionen seine Lieder und Balladen zur Gitarre, eins der bekanntesten ist "Ilse" oder "Der Tantenmörder"
Eine Reise nach Italien mit Halbe, Keyserling und Weinhöppel findet statt.
Im Oktober fällt die "Marquis"- Uraufführung in Berlin durch. Arbeit an dem Drama "So ist das Leben" (EA 1902; späterer Titel: "König Nicolo oder So ist das Leben").
 
1902-1908
Wedekind bestreitet seinen Lebensunterhalt größtenteils als Kabarettist und Schauspieler in eigenen Stücken, außerdem wirkt er noch im Kabarett 'Überbrettl' mit.
 
Im Februar findet die Uraufführung von "So ist das Leben" am Münchner Schauspielhaus statt, das vom "Akademisch-Dramatischen Verein" veranstaltet wird, dessen Mitglied auch Wedekind ist.
Im März wird die Pantomime "Die Kaiserin von Neufundland" bei den "Elf Scharfrichtern" aufgeführt.
Im Sommer hält sich Wedekind in Lenzburg auf und beginnt mit der Arbeit an dem Schauspiel "Hidalla oder Sein und Haben" (EA 1904; späterer Titel: "Karl Hetmann, der Zwergriese"). Das Romanfragment "Mine-Haha" erscheint bei Langen.
Im Dezember koimmt es zur erfolgreichen "Erdgeist"-Aufführung am "Kleinen Theater" mit Gertrud Eysoldt in der Hauptrolle. Die Stücke "Die Büchse der Pandora. Tragödie in drei Aufzügen", die Neufassung des zweiten Teils der Tagödie, erscheint in der "Insel".
 
1904
Im Februar wird "Die Büchse der Pandora" an Emil Meßthalers "Intimen Theater" in Nürnberg uraufgeführt. Die Buchausgabe des Verlags Bruno Cassirer wird am 23. 7. wegen "Unzüchtigkeit" beschlagnahmt.
(1934 vertont Alban Berg (1885-1935) die Vorlage unter dem Titel "Lulu").
Bekanntschaft mit Maximilian Harden und dem späteren Außenminister Walther Rathenau in Berlin. 
 
1905 1905-1908
Wedekind ist Mitglied des Deutschen Theaters in Berlin.
 
Bild des Deutschen Theaters in Berlin, Foto von Anja Grimm 2006, mit freundlicher Genehmigung
 
Im Februar erfolgt die Uraufführung von "Hidalla" in München. Wedekind hat eine enge Beziehung zu Bertha Maria Denk. Er arbeitet am "Totentanz" (späterer Titel: "Tod und Teufel");
Der Erstdruck in der "Fackel" (Herausgeber: Karl Kraus) wird seiner Braut Bertha Maria gewidmet.
Am14. Mai findet der erste Prozess wegen der Veröffentlichung der "Pandora" vor dem Berliner Landgericht statt die zweite Instanz wird am 25. Oktober vor dem Reichsgericht Leipzig verhandelt.
Am 29. Mai erfolgt im Wiener Trianon-Theater die Premiere der "Büchse der Pandora". Karl Kraus (Herausgeber der "Fackel") veranlaßte eine Uraufführung für eine geschlossenen Gesellschaft. Die Hauptrolle spielt Mathilde (Tilly) Newes, Karl Kraus den Prinzen Kungu Poti, Wedekind den Mörder Jack. Victor Barnowsky, Leiter des "Kleinen Theaters" in Berlin, engagiert Tilly Newes. Max Reinhardt verpflichtet Wedekind nach der Premiere ans "Deutsche Theater" (bis Oktober 1907) .Unter dem Titel "Die vier Jahreszeiten" erscheinen die gesammelten Gedichte. Die Beziehung zu Bertha Maria kühlt ab, die zu Tilly Newes wird enger.
 
1906
Zwischen Februar und März wird in dritter Instanz vor dem Landgericht II in Berlin entschieden, daß Verleger und Autor vom Vorwurf der Verbreitung unzüchtiger Schriften freigesprochen werden. Die Restauflage der "Büchse der Pandora" wird allerdings auf richterlichen Beschluss eingezogen und eingestampft.
 
Am 1. Mai heiratet Frank Wedekind Tilly Newes (1886-1970), einen Tag später ist die Uraufführung von "Totentanz" im Intimen Theater in Nürnberg.
 
"Ich habe die anstrengendste Zeit meines Daseins hinter mir. Innerhalb acht Tagen zwei Premieren und dazwischen eine Verheiratung."
(an die Mutter, 7.Mai .1906)
 
Am 20. November (1) findet die Uraufführung von "Frühlings Erwachen" an den "Berliner Kammerspielen" statt. Unter der Regie Max Reinhardts wird das Stück ein großer Erfolg, und Wedekind gilt nun als einer der meistgespielten Bühnenautoren des frühen 20. Jahrhunderts. Dennoch ist er bis 1918 der von der Zensur am häufigsten verfolgte Dramatiker in Deutschland. Arbeit an der "Großen Liebe", Fortsetzung des Romanfragments "Mine-Haha", unveröffentlicht. Am 12. Dezember wird die Tochter Pamela geboren (gest. 1986), die Mutter ist wirklich Tilly Mewes.
(1) Der WDR brachte zum 100. Jahrestag ein "Zeitzzeichen", das sich mit der Thematik Wedekinds und den reaktionen auf "FE" beschäftigte
 
 
1907
Arbeit an "Die Zensur", erstveröffentlicht in der Wochenschrift "Morgen" (1908).
 
1908
Uraufführung von "Musik" und "Zensur".Uraufführung von "Musik" in Nürnberg und von "Zensur" in München. Wedekinds sog. Albert-Langen-Drama "Oaha" (UA 1911) erscheint. Die Verlagsrechte an den meisten Werken Wedekinds gehen vom Verlag Langen an den neuen Verleger Bruno Cassirer über.
Familie Wedekind zieht von Berlin nach München.
 
1909
Der Einakter "Der Stein der Weisen" (UA 1911) entsteht. Vorabdruck in der Zeitschrift "Jugend". Beginn der Arbeit an dem Dreiakter "Schloß Wetterstein" (EA 1912, UA Zürich 1917).
 
1910
Wechsel zum Verlag Georg Müller. Die drei Einakter "In allen Sätteln gerecht" (Komödie), "Mit allen Hunden gehetzt" (Schauspiel) und "In allen Wassern gewaschen" (Tragödie), später zusammengefasst zu "Schloß Wetterstein", erscheinen. "Schauspielkunst. Ein Glossarium" veröffentlicht.
In Darmstadt: Gast bei Großherzog Ernst Ludwig von Hessen und Besuch der Künstlerkolonie.
 
1911
Wedekind faßt den Plan zu einem weiblichen Faust: "Franziska" (im November abgeschlossen, UA 1912). DieTochter Kadidja wird am 6. August geboren.
 
1912
Erster Wedekind-Zyklus an Reinhardts Deutschem Theater in Berlin. Den Erfolg feiern Reinhardt, Werner Sombart, Alfred Kerr und andere mit einem Festbankett. "Schloß Wetterstein" erscheint als Buchausgabe.Wie bereits in den Jahren zuvor zahlreiche Gastspiele, u.a. in Elberfeld, Nürnberg und Stuttgart.
Im Juni findet der erste Wedekind-Zyklus an Reinhardts "Deutschem Theater" statt, es folgt ein Festbankett zu Ehren des Autors in Berlin unter Teilnahme von Helene Stöcker, Max Reinhardt, Werner Sombart, Alfred Kerr u.v.a. Der König von Württemberg lädt Wedekind nach Stuttgart ein, als das Neue Hoftheaters eingeweiht und eröffnet wird.
 
1913
Das dramatische Gedicht in drei Akten "Simson oder Scham und Eifersucht" (UA 1914 in Berlin) entsteht.
Juni/Juli: Reise nach Rom.
 
1914
Bei Beginn des Ersten Weltkriegs hält Wedekind eine nationalistisch anmutende Rede mit dem Titel "Deutschland bringt die Freiheit". Trotzdem werden zahlreiche seiner Stücke von der Zensur verboten. Der zweite Wedekind-Zyklus findet am "Deutschen Theater" in Berlin statt.
Ende Juni/Anfang Juli reist Wedekind nach Florenz und von dort nach Paris. Ehrungen zu Wedekinds 50. Geburtstag in München und Berlin. Das "Wedekindbuch", hrsg. v. Joachim Friedenthal, erscheint als Ehrengabe. Bei einer "Vaterländischen Feier" in den Münchner Kammerspielen (18.IX) anlässlich des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges hält Wedekind einen Vortrag mit dem Titel "Deutschland bringt die Freiheit", in dem es u.a. heißt:
 
"Frankreich glaubt sich vom furor teutonicus, von der rohen Gewalt, von der numerischen Übermacht überwältigt. Die 42-Zentimeter- Geschosse haben nicht das geringste mit furor teutonicus zu tun, sie sind das Ergebnis der allerstrengsten positiven Wissenschaften, der Mathematik, der Physik und der Chemie."

Und er beendet seine Rede mit den Worten:

"Wird des jungen deutschen Reiches Heldenkampf vom Siege gekrönt, dann wird auch den Söhnen Deutschlands ein Vaterstolz daraus erwachsen, der durch seine Selbstverständlichkeit und durch seine sittliche Würde über grellem Hurrapatriotismus, über engherziger Erbfeindschaft gleich hoch erhaben ist." -

Im Dezember erfolgt eine Blinddarmoperation.

Mit Kriegsbeginn werden von der Zensur zahlreiche Wedekind-Aufführungen für unerwünscht erklärt. Vielfach verweigern deutsche Bühnen auf Druck konservativer Öffentlichkeit die Annahme von Werken des Autors.
 
1915
Mit Kriegsbeginn werden von der Zensur zahlreiche Wedekind-Aufführungen für unerwünscht erklärt. Vielfach verweigern deutsche Bühnen auf Druck konservativer Öffentlichkeit die Annahme von Werken des Autors. Das im August 1914 begonnene historische Drama "Bismarck" wird im Oktober 1915 abgeschlossen, Erstdruck in der Zeitschrift "Neuer Merkur" (UA 1926).
Wedekind wird, von Rathenau dazu aufgefordert, Mitglied der die deutsche Politik stützenden "Deutschen Gesellschaft 1914".
April: zweite Blinddarmoperation.
Unter dem Eindruck von Todesgedanken vernichtet Wedekind einen Teil seiner Tagebücher.
 
1916
Am 25. März stirbt Wedekinds Mutter. "Überfürchtenichts", ein im November des Vorjahres begonnenes balladeskes Spiel, wird im August beendet (EA 1917, UA 1919). Neufassung des Schauspiels "Oaha" unter dem Titel "Till Eulenspiegel. Komödie in vier Aufzügen" (UA München 1916) publiziert.
 
1917
Anfang des Jahres dritte Blinddarmoperation. Zwischen Oktober 1916 und März 1917 entsteht "Herakles. Dramatisches Gedicht in drei Akten" (EA 1917, UA in München 1919).
Gastspiele in Deutschland und in der Schweiz.
Die Nachricht vom Selbstmordversuch seiner Frau veranlasst Wedekind zur Rückkehr nach München.
 
1918
Am 9. März stirbt Frank Wedekind in München.
2. März: vierte Blinddarmoperation. Herzschwäche und eine Lungenentzündung führen am 9. März den Tod herbei. Wedekind wird am 12. März auf dem Münchner Waldfriedhof unter großer öffentlicher Anteilnahme beigesetzt.
 
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