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Kulturgeschichte - 19. Jahrhundert - Die Reichsgründung


19. Jahrhundert

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1840
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1848
Die Revolution
1861
Wilhelm I.
1871
Reichsgründung
1888
Friedrich III.
1918
II. und III. Reich
1933
Der Betriebsunfall
1949
Doppelter Neustart

Literatur

 

Preußen
1871 - 1887 Reichsgründung und Erbfeindschaft
erstellt von © Martin Schlu - Stand: April 2007/ 17. Februar 2009

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1870
Nachdem Preußen und seine deutschen Verbündeten im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 über Frankreich gesiegt haben, entwickelt sich die Idee, das Reich politisch neu aufzustellen. Im November gründet der "Norddeutsche Bund" mit den Südstaaten den "Deutschen Bund", Im Dezember ändert der Reichstag die Bezeichnung "Deutscher Bund" in "Deutsches Reich"; und beschließt mit sanftem Druck Bismarcks Idee, daß der König von Preußen das Amt des Kaisers übernehmen und sich zum "Deutschen Kaiser" krönen lassen soll. Der ziert sich aber lange und hat Bedenken: Er hätte zwar nichts gegen den Titel "Kaiser von Deutschland", hat aber im Kopf, daß die deutschen Kaiser der letzten 800 Jahre wie z. B. Karl V., ein Reich zu verwalten hatten, das immer größer als Deutschland war. Außerdem ist der Kaiserthron des „Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation“ seit der Abdankung Joseph II. im Jahre 1806 nicht mehr besetzt. Ganz abgesehen davon waren alle früheren Kaiser traditionell katholisch, weil sie ja ihre Autorität vom Papst bekamen, der sie erst dadurch bestätigte, indem er sie krönen und salben mußte.
 
Aus diesem Grund findet Wilhelm die Kaiser-Idee zunächst doppelt bescheuert:erstens fühlt er sich als Preuße und nicht als Deutscher, zweitens ist er - wie alle Hohenzollern vor ihm - Lutheraner und ein allgemeiner Kaisertitel würde natürlich Streit mit dem - katholischen - Österreich bedeuten, weil diese Macht einen Kaiser nach 1806 niemals anerkennen könnten, der protestantisch wäre. Ähnlich wäre es mit der Schweiz und Tirol (traditionell katholisch) und was deutsche Länder oder freie Reichsstädte (Lübeck, Bremen und Hamburg) über einen deutschen Kaiser denken, traut man sich auch nur hinter vorgehaltener Hand zu flüstern. Schließlich würde ein Kaisertitel nach alter Auffassung natürlich auch bedeuten, daß Deutschland der Besitz des Kaisers ist - nach der Revolution von 1848 ist so etwas undenkbar.
 
 
1871 - Seitenanfang
Bismarck findet darum ein Hintertürchen: ein "Deutscher Kaiser und König von Preußen" ist über dem preußischen König (das kann man nach dem gewonnenen Krieg ja beanspruchen), aber der Titel erzeugt keine Konflikte mit den anderen Mächten, da es ein deutscher Kaisertitel ist. Damit kann man sich auf Napoleon berufen oder auf die russische Herrschaft und tut keinem weh.
 
So wird es gemacht: am 18. Januar wird der König - ausgerechnet im Spiegelsaal in Versailles, dem traditionellen Krönungsaum der französischen Könige - zum "Deutschen Kaiser und König von Preußen" proklamiert (ausgerufen). Seine Stellung hat sich politisch zwar nicht verändert, aber der Pomp ist sehr schön, ähnlich einer Beförderung auf eine Zulagenstelle und daß die Krönung und die Ausrufung des "Deutschen Kaiserreichs" im französischen Palast der legendären Könige stattfindet, empfinden viele noch als Sahnehäubchen auf der Krönungstorte. Die Proklamation ist keine Kaiserkrönung, aber alle sind ergriffen.
(Ergänzung von Hilde Buckenmayer, Sept bis Oktober. 2008 mit herzlichem Dank.)
 
Ein paar kritische Stimmen gibt es zwar noch, aber als Bismarck ein "Hoch" auf den „Kaiser Wilhelm" ausbringt, wird das Gehirn ausgeschaltete und kollektiv mitgebrüllt. dabei ist der Kaiser nur eine Art Bundespräsident - zu sagen hat er innenpolitischen nicht mehr als vorher auch. Das Ganze nennt man dann "konstitutionelle Monarchie" und außenpolitisch gibt es nun drei Kaiser: Deutschland, Österreich und Rußland. Kaiser bleibt Wilhelm I. bis zu seinem Tod am 9.März.1888 in Berlin 
 
Als der "Kaiser-König" nach Berlin zurückkehrt, jubelt man ihm daher zu und Theodor Fontane schreibt dazu folgendes Gedicht:
 
Kaiser Wilhelms Rückkehr
(17. März 1871)  
Dreifarbig, kranzumwunden
Unsre Fahnen flattern und wehn,
Das waren Festesstunden,
Wie keine wir noch gesehn;
Vielhunderttausendtönig
In Lüften die Grüße ziehn:
Willkommen Kaiser-König,
Willkommen in Berlin.
 
Nun steiget höher, ihr Schwalben,
Und kündet, was es sei:
Blauer Himmel allenthalben,
Und das Wetter ist vorbei.
Es ward uns viel beschieden,
Es ward uns großes Glück:
König Wilhelm bringt uns den Frieden
Und bringt uns sich selber zurück.
 
Er bringt uns sich selber wieder
Und Neues zu allem, was war,
Nun entsprießt ein stolzes Gefieder
Dem alten preußischen Aar.
Das Alte hoch und das Neue
Vom Njemen bis an den Rhein &endash;
Und wir flechten die alte Treue
In die neue Krone hinein.
 
Innenpolitisch rutscht Preußen weiter nach rechts: restaurative Elemente setzen sich durch, kritische Stimmen werden zum Schweigen gebracht. Mit die ersten, die aus dem Land flüchten, ist Familie Wedekind, deren Sohn Frank später Bürgerschreck Nr. 1 wird und des öfteren wegen "Majestätsbeleidigung" einsitzt.
 
Am 16.04.1871 verabschiedet der Reichstag anschließend die Verfassung des Deutschen Reiches und verbindet eine Monarchie mit einer Art Demokratieform. Die Staatsgewalt ist aufgeteilt zwischen Kaiser (mit Reichskanzler), einem aus allgemeinen, direkten und geheimen Wahlen hervorgegangenen Reichstag sowie dem Bundesrat als Organ der Vertreter der Mitgliedsstaaten. Eine Folge des protestantischen Reiches sind massives Kämpfe gegen die Katholische Kirche und ein aufkeimender Antisemitismus, der zu massiven vertreibungen polnischer Juden und der Ansiedlung preußischer Protestanten in deren Höfen und Häusern führt.
 
Parallel zu den Kompetenzen des Bundes bestehen weiterhin Länderkompetenzen, wobei Bundesrecht Landesrecht bricht (Im wesentlichen das Modell, das bis heute besteht). Die Reichsverfassung enthält allerdings keine Grundrechte, stattdessen gelten an dieser Stelle die Landesverfassungen. Das Recht wird dennoch liberaler: Strafe gibt es in Zukunft nur auf gesetzlicher Grundlage (1870), es gibt ab 1874 Pressefreiheit, ab 1877 ein Recht auf einen gesetzlichen Richter und es gibt eine geregelte verwaltungsebene, die einklagbar ist. Insgesamt kostet der Kaisertitel den König absolute Macht, aber die Demokratiebewegung des Reiches ist gestärkt - es könnte eine vernünftige Demokratie geben. König und Kaiser sind Überpräsidenten in Personalunion, Reichskanzler und preußischer Ministerpräsident ebenso. Daß eines diese Gespanne später Hitler/Göring heißen wird, kann man da noch nicht absehen.
 
Generell gilt, daß der Sieg über die Franzosen den preußischen Größenwahn beschleunigt hat und ein Klima erzeugt, nach dem sich ein Preuße und ein Deutscher jedem Menschen einer anderen Nation überlegen fühlt. Damit entsteht ein Nährboden, aus dem nationales - und später nationalsozialistisches - Gedankengut entwickelt und bestärkt wird.
 
1881 Wilhelm II. als Kind - Wilhelm II. als Kaiser
Kronprinz Friedrich Wilhelm (später Kaiser Wilhelm II. ) heiratet die ein Jahr ältere Prinzessin Auguste Viktoria Friederike Luise Feodora Jenny von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg VA (geb. am 22. 10 1858 in Dolzig, Niederlausitz; gest. am 11. April 1921 im Haus Doorn, Niederlande) . Diese Frau wird die letzte Deutsche Kaiserin und Königin von Preußen.
 
Die Ehe zwischen Wilhelm und Auguste Viktoria hält vierzig Jahre (bis zum Tod der Kaiserin) und aus ihr gehen sieben Kinder hervor - Kaiser wird allerdings keines mehr. Der erste Sohn aus dieser Ehe, Kronprinz des Deutschen Reiches und von Preußen, Wilhelm 1882 - 1951) wäre vermutlich Kaiser Wilhelm III. geworden, wenn die Monarchie beim Tode des Vaters noch bestanden hätte. Da man das natürlich nicht wissen kann, wird er kronprinzlich erzogen und als er später, 1905, Cecilie, Herzogin. zu Mecklenburg (1886 -1954) heiratet, wird standesgemäß ein Schloß für ihn gebaut: im Stil eines englischen Landhauses entsteht Schloß "Cecilienhof", das am Ende des Deutschen Reiches wieder eine wichtige Rolle spielen wird, weil man dort 1945 das Potsdamer Abkommen aushandelt.
 
 
 
Schloß Cecilienhof am Jungfernsee bei Potsdam, Foto: © Martin Schlu, April 2007
 
1884
Der von Friedrich II. 1747 gebaute Dom im Lustgarten gilt als unmodern und ist in die Jahre gekommen.
Er soll neu errichtet werden und der Architekt Carl Julius Raschdorff wird später von Kaiser Friedrich III. für die Planung des Neubaus verpflichtet.
 
 
Links
http://de.wikipedia.org/wiki/Kaiser
http://www.finanzxl.de/lexikon/Deutsches_Kaiserreich_(Zweites_Reich)_Gruendung_18.html
http://www.deutsche-schutzgebiete.de/versailler_praeliminarfrieden.htm
 
 
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Ich danke Hilde Buckenmayer für unermüdliche Korrekturarbeit, die viele Fehler abgestellt hat. (Okt. 2008/Feb 09, MS)