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Kulturgeschichte - Spätrenaissance - Karl V. - Kaiserwahl


Spätrenaissance

Anfangsseite Karl V.

1500 -1519
Kindheit und Jugend 

1519 -1520
Kaiserwahl und Kaiserkrönung

1521 -1522
Der Reichstag in Worms

1522 -1526
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1548 -1555
Der lange Abschied

1556 - 1558
Abdankung und Ende

Karl V.
Kaiserwahl und Kaiserkrönung (1519 - 1520)

erstellt von Martin Schlu © 2005
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1519 Die Kaiserwahl
 
Kaiser Maximilian
Kaiser Maximilian, Wasserfarbengemälde von Albrecht Dürer
 
Beim Tod Karls Großvaters, Maximilians I. am 12. Januar, ist Karl gerade in Spanien, um über spanische und katalanische Dinge zu verhandeln, Nachrichten über Hernando Cortéz und dessen Eroberungen in Südamerika zu hören, außerdem hat Ferdinand Magellán die Idee einer Erdumseglung und braucht dafür Geld. Die Kaiserwahl kommt für Karl zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt, denn er hat nur wenige Monate Zeit die Kurfürsten von seiner Wahl zu überzeugen, er war nie in Deutschland und er kann auch kein Deutsch.
 
Außer Karl bewirbt sich noch Franz I. von Frankreich und er hat bessere Chancen als der unbekannte Karl von Gent, denn er ist mit Papst Leo X. regelrecht befreundet und der Papst hat etwas dagegen, daß der König von Neapel (also Karl) Kaiser würde, weil dann der Papst in Italien keine politische Macht mehr hätte, was auch die kirchliche Macht einschränken könnte. Der Kurfürst von Brandenburg und der Erzbischof von Trier würden allerdings gegen ein gewisse Summe sicherlich auch Franz I. wählen.
 
 

Leo X.

links: Leo X.

Albrecht von Brandenburg (Stich von Albrecht Dürer, 1523)

 
Maximilian I., hat zwar vor seinem Tod die Wahlmänner für seinen Enkel instruiert, aber wie die abstimmen werden, ist nicht sicher, obwohl Karl deutscher Abstammung und ein Habsburger ist. Es wählen sieben Kurfürsten; die Erzbischöfe von Köln, Mainz und Trier, der König von Böhmen, der Pfalzgraf zu Rhein, und die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg. Vier Leute müssen also irgendwie überzeugt werden.
 
Nachdem Karl seinen Konkurrenten von seiner Absicht informiert hat, lacht halb Europa über die Antwort Franz I.: "Sire, wir beide werben um dieselbe Dame" Doch Karl kann über seine Verbindungen nun den römischen Machtapparat einschalten und hat damit die Stimmen der drei Erzbischöfe zusammen. Für die anderen Stimme werden die Fugger bemüht und gewähren schließlich einen Kredit in Höhe von 543.589 Gulden, damit der Gesamtpreis von 852.589 Gulden und 56 Kreuzern für die benötigten Bestechungsgelder aufgebracht werden kann - ein Betrag, der Karl für den Rest seines Lebens von dieser Familie abhängig macht und der dafür verantwortlich ist, daß die Eroberungen in Südamerika weitergehen müssen. ( zu den Fuggern). Die Familie Fugger gibt den Kredit übrigens nicht nur aus Berechnung, denn ihr ist ein deutscher Kaiser lieber als ein französischer und Karl läßt den Kurfürsten signalisieren, wenn sie ihn wählten, hätten sie mehr Handlungsfreiheit, weil sein Reich so groß sei, daß er nur selten in Deutschland sein könne. Auch das ist ein triftiges Argument, denn dann könnten die wiederum tun, und lassen, was sie wollten.
 
Friedrich der Weise hat außerdem einen persönlichen Handel mit Leo X., denn der hatte ihm geraten, bei der Kaiserwahl zu kandidieren. Im Gegenzug würde Leo X. "die Sache Luther" auf sich beruhen lassen, denn Leo denkt, daß Friedrich auch ohne Rom mit Luther fertigwerden würde. Gleichzeitig hat Friedrich erfahren, daß Franz I. seinem Brandenburger Kollegen das Amt des Reichsverwesers (etwas mehr als ein Bundeskanzler heute) und königliche Würden angeboten hat - darüber ist er natürlich auch vergrätzt und tritt schon deshalb an, um Franz zu verhindern. zu Friedrich dem Weisen
 
 

Friedrich der Weise

Luther

Friedrich der Weise
(Stich von Albrecht Dürer, 1524)

Luther, ca 1521

 
Im ersten Wahlgang wird Friedrich auch zum Kaiser gewählt - doch nun will er die Wahl nicht mehr annehmen, obwohl er sicherlich die Fähigkeiten dazu hätte, und als er seine Stimme Karl gibt, denken alle anderen an die schönen Bestechungsgelder, wählen genauso und so kommt es, daß am 28. Juni 1519 Karl einstimmig zum neuen habsburgischen Kaiser gewählt wird. Diese Wahl am 28 Juni macht auch die Familie Fugger zum mächtigsten Bankhaus der Welt, so mächtig, daß der Papst diese Bank-Familie bittet, den Ablaßhandel zum Zweck des päpstlichen Neubaus (heutiger Petersdom) zu organisieren.
 
Bereits am 6. Juli erfährt Karl die Nachricht seiner Wahl in Barcelona durch reitenden Boten (vermutlich wurden einige Pferde dabei verbraucht), doch erst Ende August kommt die endgültige Bestätigung durch das Kurfürsten-Kollegium. Nun muß er wirklich einmal nach Deutschland fahren, doch erst regelt er seine Nachfolge - man weiß ja nie...
 
1520 Krönung I
Anfang Januar bricht Karl auf. Zunächst muß er mit den spanischen Ständen (cortes) in Santiago über die Fahrtkosten verhandeln und macht sich bei ihnen unbeliebt, weil er schon wieder das Land verlassen will, statt es endlich einmal zu regieren. Karl setzt als Statthalter in Spanien Adrian von Utrecht ein, seinen wichtigster Erzieher in Mecheln (der wenig später, 1522, zum Papst Hadrian VI. gewählt wird) und kann schon nach fünf Monaten, am 20. Mai absegeln. Am 26. Mai kommt er in England an, begrüßt seine Tante Katharina von Aragon und handelt in fünf Tagen mit Heinrich VIII. einen Freundschaftsvertrag und mehrere Handelsverträge aus, bevor dieser abreisen muß um das Gleiche mit dem französischen König Franz I. auszuhandeln, der auf Karl immer noch nicht gut zu sprechen ist. Erste Ehegespräche zwischen dem Haus Habsburg und dem Haus Tudor werden geführt - allerdings ist die Kandidatin, Maria Tudor, erst fünf Jahre alt und da müßte man doch noch etwas warten.
Schon vor der Kaiserkrönung bricht in Kastilien ein Aufstand aus und in Deutschland ist die Reformation nicht mehr zu stoppen. Karls Mutter Johanna ist schon vor längerer Zeit wahnsinnig geworden (Johanna "Loca" = die Wahnsinnige), lebt aber noch und ist damit ein Kandidat der Aufständischen, wenn man den Sohn als König absetzen könnte. Karl müßte eigentlich an beiden Orten gleichzeitig sein und für einen Zwanzigjährigen ist das ein bißchen viel. Doch die Aufstände scheitern an den mangelnden militärischen Fähigkeiten ihrer Köpfe und einige davon rollen erst, als Mitte 1521 im großen Ganzen  die Situation ausgestanden ist und Karl sich politisch stabilisiert hat.
Während Karl weiter auf dem Weg nach Aachen ist, weil er eigentlich nur am Thron Karls des Großen gekrönt werden will, bricht in Aachen  gerade die Pest aus, so daß er schon wieder warten muß. Während der Pestzeit hält sich Karl daher in Brüssel auf, bis die Seuche Anfang Oktober in Aachen vorbei ist.

Nun kann man loslegen und am 23. Oktober wird Karl endlich im Kaiserdom zu Aachen vom  Kölner Erzbischof Hermann V. von Wied zum Kaiser des "Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation" (HRR)  gekrönt. Allerdings ist er damit immer noch nicht Kaiser, denn diese Krönung muß der Papst in Rom vollziehen und soweit ist man politisch noch nicht. Aus diesem Grunde kann sich Karl nur zum „Erwählten Kaiser“ erheben und muß zehn Jahre auf die Bestätigung durch den Papst warten. Man kann schon verstehen, daß nach ihm keiner mehr Lust auf die lange Wartezeit hat und darum bleibt Karl V. der letzte vom Papst gekrönte Kaiser. Dies geschieht am 24. Februar 1530 in Bologna durch Papst Clemens VII.
 
Karl hat in der Zwischenzeit entschieden, sich erst einmal um die Reformation zu kümmern und am 27. Januar 1521 darum den Reichstag in Worms eröffnet. Am 6. März ergeht der Befehl an Martin Luther, am 17. April dort zu erscheinen und seinem Kaiser einmal zu erklären, was er sich bei der päpstlichen Kritik denkt. Papst Leo X. erwartet von Karl dabei, daß er den Mönch gefälligst zur Räson bringt - wie, ist ihm egal.
 
Quelle:
Alvarez
, Manuel Fernandez: Karl V. Herrscher eines Weltreiches. dt. TB-Ausgabe Heyne Biographie Nr. 69, Stuttgart/Zürich/München 1997, S. 29-43
 
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