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- Einleitung
und Vorbereitung
Erzählung
des Schulmeisters Unterbrechung,
Trin' Jans Haukes
kommt zum Deichgrafen Haukes
Gespräch mit Elke Eisboseln und Ole Peters Eisboseln, Versöhnung mit Trine Tod
Tede Haiens, Haukes Erbteil Begräbnis und Nachfolge Hauke
als Deichgraf Das
Pferd von Jever Haukes
Schimmel Der
neue Deich Deichbau Nachwuchs
- „etwas lebigs -Wienke
Sturm
und Untergang
Materialien
Pappes Vorlage
Rungholt
Liliencrons Gedicht
Text als pdf-Datei
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- Theodor
Storm
Der Schimmelreiter (Novelle, 1888) - 6. Eisboseln und Ole Peters
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(Reclam, S.
37) Es war im Januar von Haukes
drittem Dienstjahr, als ein Winterfest gehalten werden
sollte, „Eisboseln" nennen sie es hier. Ein
ständiger Frost hatte beim Ruhen der
Küstenwinde alle Gräben zwischen den Fennen mit
einer festen ebenen Kristallfläche belegt, so
daß die zerschnittenen Landstücke nun eine
weite Bahn für das Werfen der kleinen, mit Blei
ausgegossenen Holzkugeln bildeten, womit das Ziel
erreicht werden sollte. Tagaus, tagein wehte ein leichter
Nordost: alles war schon in Ordnung; die Geestleute in
dem zu Osten über der Marsch belegenen Kirchdorf,
die im vorigen Jahre gesiegt hatten, waren zum Wettkampf
gefordert und hatten angenommen, von jeder Seite waren
neun Werfer aufgestellt; auch der Obmann
(Schiedsrichter)
und die Kretler (dessen Kollegen)
waren gewählt. Zu letzteren,
die bei Streitfällen über einen zweifelhaften
Wurf miteinander zu verhandeln hatten, wurden allezeit
Leute genommen, die ihre Sache ins beste Licht zu
rücken verstanden, am liebsten Burschen, die
außer gesundem Menschenverstand auch noch ein
lustig Mundwerk hatten. Dazu gehörte vor allen Ole
Peters, der Großknecht des Deichgrafen. „Werft
nur wie die Teufel", sagte er; „das Schwatzen tu
ich schon umsonst!"
-
- Es war gegen Abend vor dem Festtag;
in der Nebenstube des Kirchspielskruges droben auf der
Geest war eine Anzahl von den Werfern erschienen, um
über die Aufnahme einiger zuletzt noch Angemeldeten
zu beschließen. Hauke Haien war auch unter diesen;
er hatte erst nicht wollen, obschon er seiner
wurfgeübten Arme sich wohl bewußt war, aber er
fürchtete, durch Ole Peters, der einen Ehrenposten
in dem Spiel bekleidete, zurückgewiesen zu werden;
die Niederlage wollte er sich sparen. Aber Elke hatte ihm
noch in der elften Stunde den Sinn gewandt. „Er
(Reclam, S.
38) wird's nicht wagen, Hauke",
hatte sie gesagt; „er ist ein Tagelöhnersohn;
dein Vater hat Kuh und Pferd und ist dazu der
klügste Mann im Dorf!"
- „Aber, wenn er's dennoch
fertigbringt?"
- Sie sah ihn halb lächelnd aus
ihren dunkeln Augen an. „Dann", sagte sie, „soll
er sich den Mund wischen, wenn er abends mit seines Wirts
Tochter zu tanzen denkt!" - Da hatte Hauke ihr mutig
zugenickt.
- Nun standen die jungen Leute, die
noch in das Spiel hineinwollten, frierend und
fußtrampelnd vor dem Kirchspielskrug und sahen nach
der Spitze des aus Felsblöcken gebauten Kirchturms
hinauf, neben dem das Krughaus lag. Des Pastors Tauben,
die sich im Sommer auf den Feldern des Dorfes
nährten, kamen eben von den Höfen und Scheuern
der Bauern zurück, wo sie sich jetzt ihre
Körner gesucht hatten, und verschwanden unter den
Schindeln des Turmes, hinter welchen sie ihre Nester
hatten; im Westen über dem Haff stand ein
glühendes Abendrot.
-
- „Wird gut Wetter morgen!"
sagte der eine der jungen Burschen und begann heftig auf
und ab zu wandern; „aber kalt! kalt!" Ein zweiter,
als er keine Taube mehr fliegen sah, ging in das Haus und
stellte sich horchend neben die Tür der Stube, aus
der jetzt ein lebhaftes Durcheinanderreden herausscholl;
auch des Deichgrafen Kleinknecht war neben ihn getreten. „Hör,
Hauke", sagte er zu diesem; „nun schreien sie um
dich!" Und deutlich hörte man von drinnen Ole
Peters' knarrende Stimme: „Kleinknechte und
Jungens gehören nicht dazu!"
- „Komm", flüsterte der
andre und suchte Hauke am Rockärmel an die
Stubentür zu ziehen, „hier kannst du lernen,
wie hoch sie dich taxieren!"
- Aber Hauke riß sich los und
ging wieder vor das (Reclam, S.
39) Haus. „Sie haben uns
nicht ausgesperrt, damit wir's hören sollen!" rief
er zurück.
-
- Vor dem Hause stand der dritte der
Angemeldeten. „Ich fürcht, mit mir hat's
einen Haken", rief er ihm entgegen; „ich hab kaum
achtzehn Jahre; wenn sie nur den Taufschein nicht
verlangen! Dich, Hauke, wird dein Großknecht schon
herauskreteln!" (ausscheiden
lassen)
- „Ja, heraus!" brummte Hauke
und schleuderte mit dem Fuße einen Stein über
den Weg; „nur nicht hinein!"
- Der Lärm in der Stube wurde
stärker; dann allmählich trat eine Stille ein;
die draußen hörten wieder den leisen Nordost,
der sich oben an der Kirchturmspitze brach. Der Horcher
trat wieder zu ihnen. „Wen hatten sie da drinnen?"
frug der Achtzehnjährige.
-
- „Den da!" sagte jener und wies
auf Hauke, „Ole Peters wollte ihn zum Jungen
machen; aber alle schrien dagegen. „Und sein Vater
hat Vieh und Land", sagte Jeß Hansen. „Ja,
Land", rief Ole Peters, „das man auf dreizehn
Karren wegfahren kann!" -
- Zuletzt kam Ole Hensen. „Still
da!" schrie er; „ich will's euch lehren: sagt nur,
wer ist der erste Mann im Dorf?" Da schwiegen sie erst
und schienen sich zu besinnen; dann sagte eine Stimme: „Das
ist doch wohl der Deichgraf!" Und alle anderen riefen: „Nun
ja, unserthalb der Deichgraf!" - „Und wer ist denn
der Deichgraf?" rief Ole Hensen wieder; „aber nun
bedenkt euch recht!" - - Da begann einer leis zu lachen,
und dann wieder einer, bis zuletzt nichts in der Stube
war als lauter Lachen. „Nun, so ruft ihn", sagte
Ole Hensen; „ihr wollt doch nicht den Deichgrafen
von der Tür stoßen!" Ich glaub, sie lachen
noch; aber Ole Peters' Stimme war nicht mehr zu
hören!" schloß der Bursche seinen
Bericht.
- (Reclam, S.
40) Fast in demselben Augenblicke
wurde drinnen im Hause die Stubentür aufgerissen,
und: „Hauke! Hauke Haien!" rief es laut und
fröhlich in die Nacht hinaus.
- Da trabte Hauke in das Haus und
hörte nicht mehr, wer denn der Deichgraf sei; was in
seinem Kopfe brütete, hat indessen niemand wohl
erfahren.
- - - Als er nach einer Weile sich dem
Hause seiner Herrschaft nahte, sah er Elke drunten am
Heck der Auffahrt stehen, das Mondlicht schimmerte
über die unermeßliche weißbereifte
Weidefläche. „Stehst du hier, Elke?" frug
er.
-
- Sie nickte nur. „Was ist
geworden?" sagte sie; „hat er's
gewagt?"
- - „Was sollt er
nicht!"
- „Nun, und?"
- - „Ja, Elke; ich darf es
morgen doch versuchen!"
- „Gute Nacht, Hauke!" Und sie
lief flüchtig die Werfte hinan und verschwand im
Hause.
- Langsam folgte er ihr.
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