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Die
Judenbuche
Inhaltsangabe
- Hintergrund
1
Ein
Sittengemälde aus dem gebirgichten
Westfalen
2 Das
Dorf B. galt für die hochmütigste, schlauste und
kühnste Gemeinde
3
Das
zweite Jahr dieser unglücklichen Ehe ward mit einem
Sohne...
4
Er
war zwölf Jahre alt, als seine Mutter einen Besuch von
ihrem....
5
Margreth
stand ganz still und ließ die Kinder
gewähren.
6
Um
diese Zeit wurden die schlummernden Gesetze
7
Um
Mittag saß Frau Margreth am Herd und kochte
Tee.
8
Die
gerichtliche Untersuchung hatte ihren Anfang
genommen,
9
Am
nächsten Sonntage stand Friedrich sehr früh
auf,
10
Es
war sieben Uhr abends und alles in vollem
Gange;
11
Herr
von S. war auf dem Heimwege verstimmt,
12
Die
Juden der Umgegend hatten großen Anteil
gezeigt.
13
In der Küche befanden sich außer dem Manne eine
Frau
14
Herr
von S. hatte das innigste Mitleiden mit dem armen
Schelm
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Annette
von Droste-Hülshoff
Die Judenbuche
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-
- Es war sieben Uhr abends und alles in
vollem Gange; Jubel und Gelächter an allen Enden,
die niederen Stuben zum Ersticken angefüllt mit
blauen, roten und gelben Gestalten, gleich
Pfandställen, in denen eine zu große Herde
eingepfercht ist. Auf der Tenne ward getanzt, das
heißt: wer zwei Fuß Raum erobert hatte,
drehte sich darauf immer rundum und suchte durch Jauchzen
zu ersetzen, was an Bewegung fehlte. Das Orchester war
glänzend, die erste Geige als anerkannte
Künstlerin prädominierend, die zweite und eine
große Baßviole mit drei Saiten von
Dilettanten ad libitum gestrichen; Branntwein und Kaffee
in Überfluß, alle Gäste von Schweiß
triefend; kurz, es war ein köstliches Fest. -
Friedrich stolzierte umher wie ein Hahn, im neuen
himmelblauen Rock, und machte sein Recht als erster
Elegant geltend. Als auch die Gutsherrschaft anlangte,
saß er gerade hinter der Baßgeige und strich
die tiefste Saite mit großer Kraft und vielem
Anstand.
-
- »Johannes!« rief er
gebieterisch, und heran trat sein Schützling von dem
Tanzplatze, wo er auch seine ungelenken Beine zu
schlenkern und eins zu jauchzen versucht hatte. Friedrich
reichte ihm den Bogen, gab durch eine stolze Kopfbewegung
seinen Willen zu erkennen und trat zu den Tanzenden.
»Nun lustig, Musikanten: den Papen von Istrup!«
- Der beliebte Tanz ward gespielt, und Friedrich machte
Sätze vor den Augen seiner Herrschaft, daß die
Kühe an der Tenne die Hörner zurückzogen
und Kettengeklirr und Gebrumm an ihren Ständern
herlief. Fußhoch über die anderen tauchte sein
blonder Kopf auf und nieder, wie ein Hecht, der sich im
Wasser überschlägt; an allen Enden schrien
Mädchen auf, denen er zum Zeichen der Huldigung mit
einer raschen Kopfbewegung sein langes Flachshaar ins
Gesicht schleuderte.
-
- »Jetzt ist es gut!« sagte
er endlich und trat schweißtriefend an den
Kredenztisch; »die gnädigen Herrschaften sollen
leben und alle die hochadeligen Prinzen und
Prinzessinnen, und wers nicht mittrinkt, den will ich an
die Ohren schlagen, daß er die Engel singen
hört!« - Ein lautes Vivat beantwortete den
galanten Toast. - Friedrich machte seinen Bückling.
- »Nichts für ungut, gnädige Herrschaften;
wir sind nur ungelehrte Bauersleute!« - In diesem
Augenblick erhob sich ein Getümmel am Ende der
Tenne, Geschrei, Schelten, Gelächter, alles
durcheinander. »Butterdieb, Butterdieb!« riefen
ein paar Kinder, und heran drängte sich, oder
vielmehr ward geschoben Johannes Niemand, den Kopf
zwischen die Schultern ziehend und mit aller Macht nach
dem Ausgange strebend. - »Was ists? Was habt ihr mit
unserem Johannes?« rief Friedrich
gebieterisch.
-
- »Das sollt Ihr früh genug
gewahr werden«, keuchte ein altes Weib mit der
Küchenschürze und einem Wischhader in der Hand.
- Schande! Johannes, der arme Teufel, dem zu Hause das
Schlechteste gut genug sein mußte, hatte versucht,
sich ein halbes Pfündchen Butter für die
kommende Dürre zu sichern, und ohne daran zu denken,
daß er es, sauber in sein Schnupftuch gewickelt, in
der Tasche geborgen, war er ans Küchenfeuer
getreten, und nun rann das Fett schmählich die
Rockschöße entlang. - Allgemeiner Aufruhr; die
Mädchen sprangen zurück, aus Furcht, sich zu
beschmutzen, oder stießen den Delinquenten
vorwärts. Andere machten Platz, sowohl aus Mitleid
als Vorsicht. Aber Friedrich trat vor:
»Lumpenhund!« rief er; ein paar derbe
Maulschellen trafen den geduldigen Schützling; dann
stieß er ihn an die Tür und gab ihm einen
tüchtigen Fußtritt mit auf den
Weg.
-
- Er kehrte niedergeschlagen
zurück; seine Würde war verletzt, das
allgemeine Gelächter schnitt ihm durch die Seele; ob
er sich gleich durch einen tapfern Juchheschrei wieder in
den Gang zu bringen suchte - es wollte nicht mehr recht
gehen. Er war im Begriff, sich wieder hinter die
Baßviole zu flüchten; doch zuvor noch ein
Knalleffekt: er zog seine silberne Taschenuhr hervor, zu
jener Zeit ein seltener und kostbarer Schmuck. »Es
ist bald zehn«, sagte er. »Jetzt den
Brautmenuet! Ich will Musik machen.«
-
- »Eine prächtige Uhr!«
sagte der Schweinehirt und schob sein Gesicht in
ehrfurchtsvoller Neugier vor. - »Was hat sie
gekostet?« rief Wilm Hülsmeyer, Friedrichs
Nebenbuhler. - »Willst du sie bezahlen?« fragte
Friedrich. - »Hast du sie bezahlt?« antwortete
Wilm. Friedrich warf einen stolzen Blick auf ihn und
griff in schweigender Majestät zum Fiedelbogen. -
»Nun, nun«, sagte Hülsmeyer,
»dergleichen hat man schon erlebt. Du weißt
wohl, der Franz Ebel hatte auch eine schöne Uhr, bis
der Jude Aaron sie ihm wieder abnahm.« - Friedrich
antwortete nicht, sondern winkte stolz der ersten
Violine, und sie begannen aus Leibeskräften zu
streichen.
-
- Die Gutsherrschaft war indessen in
die Kammer getreten, wo der Braut von den Nachbarfrauen
das Zeichen ihres neuen Standes, die weiße
Stirnbinde, umgelegt wurde. Das junge Blut weinte sehr,
teils weil es die Sitte so wollte teils aus wahrer
Beklemmung. Sie sollte einem verworrenen Haushalt
vorstehen, unter den Augen eines mürrischen alten
Mannes, den sie noch obendrein lieben sollte. Er stand
neben ihr, durchaus nicht wie der Bräutigam des
hohen Liedes, der »in die Kammer tritt wie die
Morgensonne«. - »Du hast nun genug
geweint«, sagte er verdrießlich; »bedenk,
du bist es nicht, die mich glücklich macht, ich
mache dich glücklich!« - Sie sah demütig
zu ihm auf und schien zu fühlen, daß er recht
habe. - Das Geschäft war beendigt; die junge Frau
hatte ihrem Manne zugetrunken, junge Spaßvögel
hatten durch den Dreifuß geschaut, ob die Binde
gerade sitze; und man drängte sich wieder der Tenne
zu, von wo unauslöschliches Gelächter und
Lärm herüberschallte. Friedrich war nicht mehr
dort. Eine große, unerträgliche Schmach hatte
ihn getroffen, da der Jude Aaron, ein Schlächter und
gelegentlicher Althändler aus dem nächsten
Städtchen, plötzlich erschienen war und nach
einem kurzen, unbefriedigenden Zwiegespräch ihn laut
vor allen Leuten um den Betrag von zehn Talern für
eine schon um Ostern gelieferte Uhr gemahnt hatte.
Friedrich war wie vernichtet fortgegangen und der Jude
ihm gefolgt, immer schreiend: »O weh mir! Warum hab
ich nicht gehört auf vernünftige Leute! Haben
sie mir nicht hundertmal gesagt, Ihr hättet all Eu'r
Gut am Leibe und kein Brot im Schranke!« - Die Tenne
tobte von Gelächter; manche hatten sich auf den Hof
nachgedrängt. - »Packt den Juden! Wiegt ihn
gegen ein Schwein!« riefen einige; andere waren
ernst geworden. - »Der Friedrich sah so blaß
aus wie ein Tuch«, sagte eine alte Frau, und die
Menge teilte sich, wie der Wagen des Gutsherrn in den Hof
lenkte.
-
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