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Inhaltsangabe
Vorrede
und Übergang
Aufzeichnung
des Malers,
Rückkehr
nach fünf Jahren
1661
Aufbahrung
und Begräbnis
Katharina
wird gemalt
Reise
nach Hamburg
Heimliches
Treffen
Ablehnung
des Heiratsantrages
Rückkehr
auf das Gut,
Neuanfang
an der Nordsee
Bekanntschaft
mit dem Prediger
Arbeit
am Bild
Wiederfinden
Katharinas
Erkennen
der Zusammenhänge
Malen
des ertrunkenen Kindes,
Der
Maler Jürgen Owens
Historische
Details
Anmerkungen
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- Theodor
Storm
Aquis submersus (Novelle, 1876) - Ablehnung des Antrags
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-
- (Reclam, S. 48)
In meinen Gedanken war ich
allmählich in das Dorf hinabgelanget und trat hier
in Hans Ottsens Krug, von wo ich in der Nacht so
jählings hatte flüchten müssen. - „Ei,
Meister Johannes", rief der Alte auf der Tenne mir
entgegen, „was hattet Ihr doch gestern mit unseren
gestrengen Junkern? Ich war just draußen bei dem
Ausschank; aber da ich wieder eintrat, flucheten sie
schier grausam gegen Euch; und auch die Hunde raseten an
der Thür, die Ihr hinter Euch ins Schloß
geworfen hattet."
-
- Da ich aus solchen Worten abnahm,
daß der Alte den Handel nicht wohl begriffen habe,
so entgegnete ich nur: „Ihr wisset, der von der
Risch und ich, wir haben uns schon als Jungen oft einmal
gezauset; da mußt's denn gestern noch so einen
Nachschmack geben."
-
- „Ich weiß, ich
weiß!" meinte der Alte; „aber der Junker
sitzt heut auf seines Vaters Hof; Ihr solltet Euch
hüten, Herr Johannes; mit solchen Herren ist nicht
sauber Kirschen essen."
-
- Dem zu widersprechen, hatte ich nicht
Ursach, sondern ließ mir Brot und Frühtrunk
geben und ging dann in den Stall, wo ich mir meinen Degen
holete, auch Stift und Skizzenbüchlein aus dem
Ranzen nahm.
-
- Aber es war noch lange bis zum
Mittagläuten. Also bat ich Hans Ottsen, daß er
den Gaul mit seinem Jungen mög zum Hofe bringen
lassen; und als er mir solches zugesaget, schritt ich
wieder hinaus zum Wald. Ich ging aber bis
(Reclam, S. 48)
zu der Stelle auf dem
Heidenhügel, von wo man die beiden Giebel des
Herrenhauses über die Gartenhecken ragen sieht, wie
ich solches schon für den Hintergrund zu Katharinens
Bildniß ausgewählet hatte. Nun gedachte ich,
daß, wann in zu verhoffender Zeit sie selber in der
Fremde leben und wohl das Vaterhaus nicht mehr betreten
würde, sie seines Anblicks doch nicht ganz entrathen
solle; zog also meinen Stift herfür und begann zu
zeichnen, gar sorgsam jedes Winkelchen, woran ihr Auge
einmal mocht gehaftet haben. Als farbig Schilderei sollt
es dann in Amsterdam gefertigt werden, damit es ihr
sofort entgegen grüße, wann ich sie dort in
unsre Kammer führen würde.
-
- Nach ein paar Stunden war die
Zeichnung fertig. Ich ließ noch wie zum Gruß
ein zwitschernd Vögelein darüber fliegen; dann
suchte ich die Lichtung auf, wo wir uns finden wollten,
und streckte mich nebenan im Schatten einer dichten
Buche, sehnlich verlangend, daß die Zeit
vergehe.
-
- Ich mußte gleichwohl darob
eingeschlummert sein; denn ich erwachte von einem fernen
Schall und wurd deß inne, daß es das
Mittagläuten von dem Hofe sei. Die Sonne glühte
schon heiß hernieder und verbreitete den Ruch der
Himbeeren, womit die Lichtung überdeckt war. Es fiel
mir bei, wie einst Katharina und ich uns hier bei unseren
Waldgängen süße Wegzehrung geholet
hatten; und nun begann ein seltsam Spiel der Phantasie;
bald sahe ich drüben zwischen den Sträuchern
ihre zarte Kindsgestalt, bald stund sie vor mir, mich
anschauend mit den seligen Frauenaugen, wie ich sie
letzlich erst gesehen, wie ich sie nun gleich, im
nächsten Augenblicke, schon leibhaftig an mein
klopfend Herze schließen würde.
-
- Da plötzlich überfiel
mich's wie ein Schrecken. Wo blieb sie denn? Es war schon
lang, daß es geläutet hatte. Ich war
aufgesprungen, ich ging umher, ich stund und spähete
scharf nach aller Richtung durch die Bäume; die
(Reclam, S.
50) Angst kroch mir zum Herzen;
aber Katharina kam nicht; kein Schritt im Laube
raschelte; nur oben in den Buchenwipfeln rauschte ab und
zu der Sommerwind.
-
- Böser Ahnung voll ging ich
endlich fort und nahm einen Umweg nach dem Hofe zu. Da
ich unweit dem Thore zwischen die Eichen kam, begegnete
mir Dieterich. „Herr Johannes", sagte er und trat
hastig auf mich zu, „Ihr seid die Nacht schon in
Hans Ottsens Krug gewesen; sein Junge brachte mir Euren
Gaul zurück; - was habet Ihr mit unsern Junkern
vorgehabt?"
-
- „Warum fragst du,
Dieterich?"
-
- - „Warum, Herr Johannes? -
Weil ich Unheil zwischen euch verhüten
möcht."
- „Was soll das heißen,
Dieterich?" frug ich wieder; aber mir war beklommen, als
sollte das Wort mir in der Kehle sticken.
-
- „Ihr werdet's schon selber
wissen, Herr Johannes!" entgegnete der Alte. „Mir
hat der Wind nur so einen Schall davon gebracht, vor
einer Stund mag's gewesen sein; ich wollte den Burschen
rufen, der im Garten an den Hecken putzte. Da ich an den
Thurm kam, wo droben unser Fräulein ihre Kammer hat,
sah ich dorten die alte Bas' Ursel mit unserem Junker
dicht beisammen stehen. Er hatte die Arme unterschlagen
und sprach kein einzig Wörtlein; die Alte aber
redete einen um so größeren Haufen und
jammerte ordentlich mit ihrer feinen Stimme. Dabei wies
sie bald nieder auf den Boden, bald hinauf in den Epheu,
der am Turm hinaufwächst. - Verstanden, Herr
Johannes, hab ich von dem allem nichts; dann aber, und
nun merket wohl auf, hielt sie mit ihrer knöchern
Hand, als ob sie damit drohete, dem Junker was vor Augen;
und da ich näher hinsah, war's ein Fetzen Grauwerk,
just wie Ihr's da an Euerem Mantel traget."
-
- „Weiter, Dieterich!" sagte
ich; denn der Alte hatte die Augen auf meinen zerrissenen
Mantel, den ich auf dem Arme trug.
-
- (Reclam, S.
51) „Es ist nicht viel mehr
übrig", erwiderte er; „denn der Junker wandte
sich jählings nach mir zu und frug mich, wo Ihr
anzutreffen wäret. Ihr möget mir es glauben,
wäre er in Wirklichkeit ein Wolf gewesen, die Augen
hätten blutiger nicht funkeln
können."
-
- Da frug ich: „Ist der Junker
im Hause, Dieterich?"
-
- - „Im Haus? Ich denke wohl;
doch was sinnet ihr, Herr Johannes?"
-
- „Ich sinne, Dieterich,
daß ich allsogleich mit ihm zu reden
habe."
-
- Aber Dieterich hatte bei beiden
Händen mich ergriffen. „Gehet nicht,
Johannes", sagte er dringend; „erzählet mir
zum wenigsten, was geschehen ist; der Alte hat Euch ja
sonst wohl guten Rath gewußt!"
-
- „Hernach, Dieterich, hernach!"
entgegnete ich. Und also mit diesen Worten riß ich
meine Hände aus den seinen.
- Der Alte schüttelte den Kopf. „Hernach,
Johannes", sagte er, „das weiß nur unser
Herrgott!"
-
- Ich aber schritt nun über den
Hof dem Hause zu. Der Junker sei eben in seinem Zimmer,
sagte eine Magd, so ich im Hausflur drum
befragte.
-
- Ich hatte dieses Zimmer, das im
Unterhause lag, nur einmal erst betreten. Statt wie bei
seinem Vater sel. Bücher und Karten, war hier
vielerlei Gewaffen, Handröhre und Arkebusen, auch
allerart Jagdgeräthe an den Wänden angebracht;
sonst war es ohne Zier und zeigete an ihm selber,
daß niemand auf die Dauer und mit seinen ganzen
Sinnen hier verweile.
-
- Fast wär ich an der Schwelle
noch zurückgewichen, da ich auf des Junkers „Herein"
die Thür geöffnet; denn als er sich vom Fenster
zu mir wandte, sah ich eine Reiterpistole in seiner Hand,
an deren Radschloß er hantirete. Er schauete mich
an, als ob ich von den Tollen käme. „So?"
sagte er gedehnet; „wahrhaftig, Sieur Johannes,
wenn's nicht schon sein Gespenste ist!"
-
- (Reclam, S.
52) „Ihr dachtet, Junker
Wulf", entgegnet ich, indem ich näher zu ihm trat, „es
möcht der Straßen noch andre für mich
geben, als die in Euere Kammer fahren!"
-
- - „So dachte ich, Sieur
Johannes! Wie Ihr gut rathen könnt! Doch immerhin,
Ihr kommt mir eben recht; ich hab Euch suchen
lassen!"
-
- In seiner Stimme bebte was, das wie
ein lauernd Raubthier auf dem Sprunge lag, so daß
die Hand mir unversehens nach dem Degen fuhr. Jedennoch
sprach ich: „Hörer mich und gönnet mir
ein ruhig Wort, Herr Junker!"
-
- Er aber unterbrach meine Rede: „Du
wirst gewogen sein, mich erstlich auszuhören! Sieur
Johannes" - und seine Worte, die erst langsam waren,
wurden allmählich gleichwie ein Gebrüll -, „vor
ein paar Stunden, da ich mit schwerem Kopf erwachte, da
fiel's mir bei und reuete mich gleich einem Narren,
daß ich im Rausch die wilden Hunde dir auf die
Fersen gesetzet hatte; - seit aber Bas' Ursel mir den
Fetzen vorgehalten, den sie dir aus deinem Federbalg
gerissen, - beim Höllenelement! mich reut's nur
noch, daß mir die Bestien solch Stück Arbeit
nachgelassen!"
-
- Noch einmal suchte ich zu Worte zu
kommen; und da der Junker schwieg, so dachte ich,
daß er auch hören würde. „Junker
Wulf", sagte ich, „es ist schon wahr, ich bin kein
Edelmann; aber ich bin kein geringer Mann in meiner Kunst
und hoffe, es auch wohl noch einmal den
Größeren gleichzuthun; so bitte ich Euch
geziementlich, gebet Euere Schwester Katharina mir zum
Ehgemahl - -"
-
- Da stockte mir das Wort im Munde. Aus
seinem bleichen Antlitz starrten mich die Augen des alten
Bildes an; ein gellend Lachen schlug mir in das Ohr, ein
Schuß - - dann brach ich zusammen und hörete
nur noch, wie mir der Degen, den ich ohn Gedanken fast
gezogen hatte, klirrend aus der Hand zu Boden
fiel.
-
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