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30jähriger Krieg - Wallenstein und seine Gegenspieler



Spätrenaissance
Barock  

Stände und Kurfürsten

Einführung in den Krieg

Europa am Vorabend
des 30jährigen Krieges

Böhmen und die Pfalz
(1618 - 1625)

Dänemark und Schweden
(1625 - 1636)

Schwedisch-Französischer Krieg
(1630 -1648)

Der lange Friedensprozeß
(1645 - 1648)

Die Nachwehen
(1648 - 1815

Der Krieg in der Literatur

Grimmelshausen 
Der abenteuerliche Simplicissimus

Andreas Gryphius
Tränen des Vaterlands

Conrad Ferdinand Meyer
(Die Füße im Feuer)

 

Der Krieg in der Musik

Heinrich Schütz 1621
Fürstentag 1629

 

Quellen und Literatur


Anfang - 30jähriger Krieg - Kurfürsten

Wallensteins Karriere und Untergang 1625 - 1634
zusammengestellt von Martin Schlu © 2006 / 18. 7. 2012

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1626 - 1627 - 1628 - 1629 - 1630 - 1631 - 1632 - 1633 - 1634
 
1625 Wallenstein, Christian IV. und die Allianz von Den Haag - Seitenanfang
Wallenstein wird zum kaiserlichen Oberbefehlshaber - zum "Generalissimus" - ernannt und Ferdinand II. erwartet von ihm einen schnellen Sieg über die protestantische Union. Der "Winterkönig" Friedrich von der Pfalz läßt bei einigen Höfen sondieren, ob man ihm und den protestantischen Glaubensbrüdern nicht helfen könne. Gustav II. Adolf von Schweden ist zwar nicht abgeneigt, möchte aber erst Polen erobern, Christian IV. von Dänemark fühlt sich von der Gegenreformation aber bedroht und sagt seine Hilfe zu.  
 
Am 17. Oktober marschiert Wallenstein in Halberstadt ein, am 5. November erobert er Halle. Danach werden Überlegungen bekannt, den katholischen Glaubensritus in allen eroberten Gebieten durchzusetzen - auch in den protestantischen Ländern, die seit dem Augsburger Religionsfrieden Glaubensfreiheit hatten. Kein Wunder, daß sich die protestantischen Länder nach Verbündeten umschauen. zu Schütz - zu Scheidt
 
Am 29. November einigen sich England, die Niederlande und Dänemark im Vertrag von Den Haag darauf, Christian IV. im Kampf gegen den katholischen und habsburgischen Kaiser zu unterstützen, denn wie weit dessen Expansionsdrang noch gehen wird, weiß zur Stunde keiner und die Niederlande haben den spanischen Habsburger im Nacken. Seit 1621 ist der Waffenstillstand zwischen beiden Parteien ausgelaufen und die Niederländer wissen um die Silberschiffe aus Südamerika, mit denen die Spanier ihre Kriege finanzieren und wollen sie stoppen. Aus dem innerdeutschen Krieg wird damit ein europäischer Krieg, der mit Truppen in Europa und der Marine zwischen Amerika und Europa ausgefochten wird - wenn man so will, wird es der erste Weltkrieg.
 
 
 
Der Dänisch-Niedersächsische Krieg - zurück - weiter
 
1626 Katholischer Sieg über Christian IV. - Seitenanfang
Wallenstein hat mittlerweile ein eigenes Söldnerheer aufgestellt und siegt mit General Tilly in der Schlacht bei Lutter am Barenberge über die Truppen Christians IV. von Dänemark, der als dänischer Protestant seinen deutschen Glaubensbrüdern zu Hilfe kommen wollte. Am 25. April 1626 gewinnt er die Schlacht von Mansfeld, worauf der Administrator von Magdeburg, Christian Wilhelm von Brandenburg, flüchten muß und bis Halle verfolgt wird. Nun ist dessen Hoforganist Samuel Scheidt arbeitslos. Parallel dazu landet am 5. Juli der schwedische König Gustav II. Adolf mit seinem Heer in Pillau/Preußen und macht sich auf den Weg, die katholische Liga aufzuhalten. Gustav Adolf möchte nicht zu lange von Stockholm wegbleiben, denn seine Frau ist mit dem erwarteten Thronfolger schwanger. Daß ihn dieser Krieg länger aufhält und ihn später das Leben kosten wird, kann er noch nicht wissen.
 
 
1627 Weitere katholische Siege, Mühlhausener Fürstentag zu Heinrich Schütz - Seitenanfang
Das Kaiserliche Heer unter Wallenstein umfaßt mittlerweile 40.000 Soldaten und gilt als unbesiegbar. Tatsächlich erobert Wallenstein von Prag aus einen protestantischen Stützpunkt nach dem anderen und kommt der dänischen Grenze langsam aber sicher näher. Das riesige Heer wird vor allem über das Wasser beliefert und versorgt, aus diesem Grunde folgen die Eroberungslinien den großen Flüssen, z. B. der Elbe, in Richtung Meer. Im Laufe der Jahre legt das Heer ca. 25.000 km zurück. Wallenstein zieht mit seinem Heer über Berlin die Elbe hinab Richtung Hamburg und erobert mit General Tilly Wismar und danach Dänemark bis hinauf nach Jütland. Die Armee versorgt sich unterwegs, frißt ganze Landstriche leer und "verheert" das durchschrittene Gebiet einfach durch ihre schiere Größe. Hinzu kommt, daß die ersten Stände die Kriegssteuer nicht mehr zahlen können oder wollen und damit wird das Problem der ausreichenden Versorgung noch schlimmer. Auch eine Kriegssteuer von 10% bis 25% der Einnahmen für alle Einwohner hilft nicht weiter. Im weiteren Kriegsverlauf wird es Strategie werden, ein Heer einfach in einen Landstrich zu schicken, damit dieser wirtschaftlich ruiniert wird. Die Soldaten stehlen, was sie bekommen können, Holz, Vieh, selbst die Wäsche von der Leine, weil sie sonst nichts anzuziehen haben. Daß die Toten auf dem Schlachtfeld nackt ausgezogen werden, damit man ihre Kleidung benutzen kann, sei nur am Rande vermerkt.
 
Das Tagebuch des Soldaten Peter Hagendorf gibt darüber genau Auskunft und ist eine Primärquelle wie Grimmelshausens "Simplicissimus". Es zeichnet sich das Bild ab, daß viele Söldner mit ihren Frauen während des Krieges zusammenlebten und oft Kinder auf den Feldzügen geboren wurden, die natürlich die Plünderungen, Hunger und Not mit teilen mußten.
 
„... zu diesen mal, Ist eine sölche hungersnot, bei der arme gewessen, das kein pferdt, In stal, Ist fur den Knechten (Ist) gewessen sicher, haben dem pferdt, das messer, In die brust gestoghen, vndt sindt davon gegangen, Also hat sich das pferdt must zu todt bluten, darnach haben sie es gefressen,..." 91
 Ausschnitt aus dem Tagebuch von Peter Hagendorf,
Quelle: Magisterarbeit von Marco von Müller, Berlin 2005, Seite 23
http://userpage.fu-berlin.de/~telehist/MvM/magisterarbeit(1.2.2005).pdf.
  
Die Befürchtung der deutschen Fürsten, Wallenstein würde zu mächtig und sei auch für den Kaiser nicht mehr zu beherrschen, treibt sie zu einer Versammlung. Leider kommen nur der Kurmainzer Fürstbischof und der Kurfürst von Sachsen persönlich, die anderen lassen sich vertreten. Das Treffen dauert vom 4. Oktober bis zum 5. November - und es passiert nichts.
 
 
1628 Belohnung IV - Seitenanfang
Wallenstein, bislang Herzog von Friedland, kann sich beruflich noch einmal verbessern und wird zum Herzog von Mecklenburg erhoben, weil der Kaiser ihm die Kriegsschulden nicht zurückzahlen kann und ihn deshalb in Naturalien bezahlt. Als Draufgabe gibt es noch den Titel "General des ozeanischen und baltischen Meeres", obwohl Wallenstein sicher kein Seefahrer ist. Allerdings ärgert es den schwedischen König unglaublich, daß ein besserer Soldat dem Namen nach über die Ostsee herrschen soll. So zieht Gustav Adolf eine Armada zusammen und bereitet sich auf eine Ausweitung seiner militärischen Aufgabe vor. vor. Als "Schwedischer Löwe" gilt er schon seit längerem.
Gesundheitlich plagt Wallenstein die Gicht und eine Art Malaria, die "ungarische Krankheit".
 
 
1629 Restitutionsedikt Ferdinands II. - Seitenanfang
Im "Frieden zu Lübeck" wird Dänemark zur militärischen Aufgabe gezwungen und soll katholisch werden. Das von Ferdinand am 6. März durchgesetzte "Restitutionsedikt" (lat. "restituere" = wieder einsetzen) hebt im Prinzip den Augsburger Religionsfrieden auf und garantiert nur den Lutheranern Religionsfreiheit - alle anderen gelten als Ketzer und fallen der Inquisition anheim. In Augsburg, einer Hochburg der Protestanten, wird auf dem Marktplatz ein Galgen errichtet und Protestanten werden vor die Wahl gestellt, wieder katholisch zu glauben, woanders zu leben oder zu sterben. Bremen und Magdeburg sollen ebenfalls rekatholisiert werden, über 500 Klöster sind an die römische Kirche zurückzugeben, alle anderen Bistümer werden auf Kosten der Protestanten vergrößert. Kein Wunder, daß ein Aufschrei durch das Land geht.
 
Wallenstein macht sich dagegen noch unbeliebter, als er äußert, er wolle im eigene Land keinen neuen Religionskrieg führen - trotzdem traut sich Kaiser Ferdinand nicht, Wallenstein fallen zu lassen - jedenfalls jetzt noch nicht. Alles Wichtige bespricht er seit langem mit seinem jesuitischen Beichtvater Lamormaini, der damit auf Ferdinands Entscheidungen daher erheblichen Einfluß nimmt. Dadurch daß Ferdinand den Protestanten bislang militärisch überlegen ist, kann er argumentieren, daß die Rekatholisierung Gottes Wunsch sein müsse und der Beichtvater wird ihm nicht widersprochen haben.
 
Diese Situation regt die deutschen Fürsten so auf, daß sie sich zum Widerstand gegen den Kaiser entschließen, allen voran die lutherischen Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen. Der Mainzer Kurfürst Casimir Wanbolt von Umstatt (1583-1647) verlangt die Absetzung Wallensteins und lädt deswegen zum Reichstag 1630 nach Regensburg.
 
 
1630 Schwächung des Kaisers, Absetzung Wallensteins - Seitenanfang
Die deutschen Fürst können auf dem Reichstag von Regensburg schlecht Kaiser Ferdinands II. absetzen, obwohl er ihnen zu mächtig wurde und durch die Kriege fast pleite ist. Die Jesuiten drängen auf Wallensteins Absetzung, weil er die katholische Restitution offensichtlich doch nicht unterstützt und arbeiten unter Führung Maximilian von Bayerns gegen ihn. Nach langen Überredungen durch die Jesuiten entziehen die Fürsten Wallenstein den Titel "Generalissimus" und zwingen den Kaiser, ihn abzusetzen und das Kaiserliche Heer aufzulösen. Erst dann wählen sie den Sohn Ferdinands II. zum künftigen König, und stutzen den Kaiser damit wieder auf normales Maß. Nun hat dieser nicht nur eine wichtige Schlacht verloren, sondern das Vertrauen der Fürsten verspielt und gilt nur noch als eine Schachfigur in Europa - Christian IV. von Dänemark und Gustav II. Adolf von Schweden sind jetzt mächtiger als er.
 
 
Der Schwedische Krieg - zurück - weiter
 
1630 Schwedische Invasion - Seitenanfang
König Gustav II. Adolf von Schweden tritt nun in den Krieg ein um den Protestanten beizustehen und um die Vorherrschaft der Kaiserlichen zu brechen. Er spricht außer Schwedisch, Deutsch und Latein noch Französisch, Niederländisch und Spanisch, versteht noch andere Sprachen wie Russisch oder Polnisch, er gilt als begabter Mathematiker und guter Redner und hat bereits als Kind eine militärische Ausbildung erhalten. Gegenüber diesem Intellektuellen ist ein Albrecht von Wallenstein eher einfach gestrickt.
 
Gustav Adolf landet am 6. Juli mit 10.000 Fußsoldaten und 3.000 Reitern auf Usedom in Vorpommern und begibt sich mit seinem Heer über Stettin, Berlin, Frankfurt/Oder und Leipzig nach Süden. Offiziell will er die Protestanten gegen die kaiserliche Liga unterstützen, diese sind allerdings skeptisch, denn es ist eigentlich klar, daß Gustav Adolf die Situation in Deutschland ausnützen will, um das schwedische Territorium zu vergrößern und Schweden politische und wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen.
 
 
1631 Zerstörung Magdeburgs, Sieg der Schweden - Seitenanfang
Magdeburg gilt als Schlüsselstadt der Protestanten und so schickt Kaiser Ferdinand den Feldherrn Tilly gegen die Stadt, der sie zunächst von 32.000 Soldaten belagern läßt und ihre 35.000 Einwohner langsam aushungern will, wenn sie die Stadttore nicht öffnen und wieder katholisch werden.
 
Peter Hagendorf, ein Söldner, der den größten Teil des Kriegs auf katholischer Seite (u.a. unter Pappenheim) dient, schreibt über die Belagerung des protestantischen Magdeburgs:
 
"Wir sind dicht vor die Stadt gezogen, haben mit Schanzen und Laufgräben alles zugebaut. Es hat viele Leute gekostet. Uns ist ein neuer Hauptmann vorgestellt worden. Er ist im Laufgraben wieder totgeschossen worden.."
Quelle: Tagebuch Peter Hagendorfs, angeglichene Rechtschreibung, zit. nach GEO DVD, Kap. 2
 
Diese "Laufgräben" sind bei einer Belagerung unverzichtbar, weil man sich im Schutz der Gräben der Stadt nähern und evtl. bis unter die Fundamente kommen kann, womit man eine Zugang zur Stadt hätte. Der Graben wiederum wird mit Körben voller Steine gegen feindlichen Beschuß geschützt - alles in allem eine riesige Arbeit, die ohne ein großes Heer nicht zu leisten ist. Tilly will die Stadt unbedingt erobern, die Protestanten sitzen in der Falle, erwarten den Weltuntergang durch den (katholischen) Antichist und vergleichen sich mit dem bedrohten Jerusalem des Alten Testaments. Im Dom verschanzen sich ca. 3. 000 Menschen und hoffen, daß sie die Einnahme der Stadt überleben.
 
Am Abend des 19. Mai ist die Stadt sturmreif geschossen und wird von den kaiserlichen Truppen unter General Tilly und dem Pappenheimer Heer am 20. Mai in drei Stunden eingenommen, niedergebrannt und zerstört. Die Generäle lassen die Soldaten die Stadt plündern, weil das deren übliches Recht ist. An ca. 50 Orten bricht gleichzeitig Feuer aus, doch die genauen Hintergründe der Brandstiftung werden nicht aufgeklärt - möglicherweise sind die Plünderungen der Soldaten außer Kontrolle geraten, denn Wallensteins hatte die Versorgungslieferungen für über 30.000 Soldaten nicht geliefert und die Belagerung und der Sturmangriff auf die Stadt ging den Soldaten auch an die Substanz. Nun holen sie sich ihre Beute:
 
"Da bin ich mit Stürmen in die Stadt gekommen, aber in der Stadt bin ich durch den Leib geschossen worden. Das ist meine Beute gewesen. Nachher bin ich in das Lager geführt worden, halbtot."
Quelle: Tagebuch Peter Hagendorfs, angeglichene Rechtschreibung, zit. nach GEO DVD, Kap. 2
   
Da der verletzte Söldner Peter Hagendorf nun nicht mehr Beute machen kann, übernimmt dies seine Frau für ihn - von irgendetwas muß die Familie ja leben. Außerdem gibt es noch Zuwendungen einiger Soldatenfreunde, so daß sich der Feldzug für die Familie Hagendorf doch wieder gelohnt hat. Ein restliches Berufsrisiko bleibt. Die überlebenden Einwohner der Stadt zeigen den Plünderern, wo es noch etwas zu holen geben, wenn sie dafür am Leben bleiben dürfen. Wer nicht ansatzweise mit den Soldaten zusammenarbeitet, wird zusammengehauen, vergewaltigt oder gleich umgebracht, denn anders, als durch Gewaltexzesse, können die Eroberer ihre aufgestaute Angst und Aggression nicht mehr loswerden. Viele Einwohner verbrennen in den Häusern, in denen sie Schutz gesucht haben, als die Soldaten Brandsätze durch die Fenster werfen und von außen die Türen versperren. Während die Stadt niederbrennt, sterben über 20.000 Menschen - zwei Drittel der Einwohner. Magdeburg wird zum Synonym für die Grausamkeit des Krieges und die gezeichneten und geschriebenen Berichte erschrecken später ganz Europa. Das Wort "magdeburgisieren" wird ein Symbol der planmäßigen Vernichtung - ähnlich dem späteren Goebbel'schen "ausradieren". Nur der Dom wird verschont - warum, bleibt unklar.
 
Ein Jahr später kehren lediglich 200 überlebende Einwohner zurück und beginnen die Stadt wieder aufzubauen.
 
 
Von Georg Gloger (* 1603 in Habelschwerdt in der Grafschaft Glatz; Ý 16. Oktober 1631 in Leipzig), einem deutschen Dichter des Barocks, gibt es ein Schmähgedicht über Tillys Schuld an der Zerstörung Magdeburgs, das relativ kurz nach den Geschehnissen geschrieben sein muß.
 
Generals Tylli drey Tugenden in Laster verkehret
 
Noch newlich rühmbte man, der Tylli sey beschryen
Von dreyen Tugenden, vor andern ihm verliehen.
Zum ersten, daß er nie ein Weibesbild berührt.
Vors andre hätt' ihn auch kein Trunk noch Rausch verführt.
Zum dritten hätt' er gar in keiner Schlacht verloren,
Vnd wäre von Natur zum Siegen nur geboren.
Ich glaubs, vnd ist auch war. Durch solcher Tugend Kraft
Hat weder Macht noch List an ihm gar viel geschafft.
Denn keusche Jungfrawschaft stets ihre Lohnung findet,
Vnd wer sich selbst beherscht, auch ander' überwindet.
So gleichsfals, wer sich recht vor Vollsein hüten kan,
Der bleibt vor seinem Feind' ein vngeschlagner Mann.
Nachdem er aber sich an Blutschuld vollgesoffen,
Vnd an der Sachsen Magd (1) die Keuschheit abgeloffen (2) ,
So kan er in der Schlacht nicht mehr, wie sonst bestehn,
Vnd muß vor seinem Feind' in stetem Fliehen gehn.
Denn wer sich blutvoll säuft, hat gar kein recht Geschicke,
Vnd wer Jungfrawen schändt, hat weder Stern noch Glücke.
Drümb heißt er billich nun, wie ers verdienet hat,
Ein Hurer, Trunkenpolt vnd flüchtiger Soldat.
 
Quelle: Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 673. zit . nach
http://www.zeno.org/Literatur/M/Gloger,+Georg/Gedichte/Decas+Latino-
 
(1) Gemeint ist Magdeburg
(2) abgelaufen
 
 
As General Tilly nach der Zerstörung Magdeburgs in Sachsen einfällt, Merseburg erobert und in Richtung Leipzig marschiert, kommt es am 11. September 1631 zu einem Bündnis zwischen dem Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen und König Gustav Adolf von Schweden. Der sächsische Kurfürst tritt jetzt in den Krieg ein und verstärkt die Allianz, die Gustav Adolf gegen das kaiserliche Heer aufgebaut hat, denn der Katholizismus des Kaisers ist nun eine Bedrohung für ganz Europa. Johann Georg I. stellt den Schweden daher Sachsen als militärische Basis zur Verfügung und Gustav Adolf darf auch über das sächsische Heer unter General Arnim verfügen. Es zeichnet sich ab, daß der Krieg gegen die Schweden nicht mehr so schnell zu gewinnen ist und kurz danach marschieren das Pappenheimer Heer und General Tilly nach Weißenfels ein, um die Schweden irgendwie aufzuhalten.  - zu Heinrich Schütz - Nach Brandenburg - zu Scheidt
 
Der Vormarsch der Schweden ist nicht zu stoppen und Tillys 31.000 Soldaten treffen bei Breitenfeld in der Nähe von Leipzig auf die 41.000 Soldaten der Schweden und Sachsen. Als Kurfürst Johannn Georg die Nerven verliert, flüchtet er vor Tillys Soldaten, diese erobern die sächsischen Kanonen und richten ein Blutbad unter den Protestanten an. Sächsische Soldaten schaffen es bei einem Rückzugsgefecht gegen die Kaiserlichen noch, deren Kriegskasse zu klauen. Die Katholische Liga verliert im weiteren Verlauf der Schlacht ihre Artillerie, die Hälfte der Reiterei und zwei Drittel der Infanterie. Das Heer wird regelrecht aufgerieben, weil es mit der von Gustav Adolf ausgearbeiteten neuartigen Schlachtordnung nicht zurechtkommt, und so erleidet die Katholische Liga am 17. September eine schwere Niederlage.
 
Johann Georg verspielt in dieser Schlacht allerdings seinen Führungsanspruch, weil er geflohen ist (und nun vom Heer nicht mehr als Feldherr akzeptiert wird) und muß sich ab jetzt Gustav Adolf unterordnen. Für den ist der Weg zum Bayrischen Kurfürsten in München nun frei - dort könnte er den letzten Widerstand brechen und vielleicht im Falle des Sieges über die Katholische Armee durchaus als protestantischer Kaiser gehandelt werden - ein Alptraum für den Wiener Kaiserstuhl.
 
Die Schweden ziehen also nach Thüringen, Mainz und Würzburg, das sächsische Heer auf Befehl Gustav Adolfs nach Böhmen. Dort besetzt es am 15. November Prag. Halb Deutschland ist damit wieder evangelisch und die Schweden gelten jetzt als die Retter des Protestantismus. Als der Kaiser und der spanische Botschafter an Johann Georg ein Friedensangebot richten, wagt der nicht, es anzunehmen, weil er sich gegenüber Gustav Adolf untergeordnet fühlt - und der will noch weiterkämpfen, denn es läuft bislang ja gut. Am Ende des Jahres ist die schwedische Armee auf ca. 80.000 Mann angewachsen und geht ins Winterquartier.
 
 
 
1632 Tod Tillys und Gustav II. Adolfs - Seitenanfang
Die Presse und die Flugblätter der Zeit feiern den schwedischen König als "Löwen von Schweden", der Rache für Magdeburg nehmen wird.
 
In Augsburg zieht Gustav Adolf das schwedische Heer zusammen und die Protestanten verehren den schwedischen König nun als Befreier und Werkzeug Gottes. Gustav Adolf ist nun auf dem Höhepunkt seiner Karriere und wird als neuer Luther verehrt. Am 13. April setzt Ferdinand II. Wallenstein wieder als Oberbefehlshaber der Kaiserlichen Truppen ein, weil er keinem anderen zutraut, den schwedischen König stoppen zu können. Wallenstein läßt sich nur unter der Bedingung einstellen, alleine über Krieg und Frieden entscheiden zu dürfen - ein Recht, was üblicherweise nur der Herrscher hat. Bis Ferdinand seine Mehrheiten dafür zusammen hat und Wallenstein das kaiserliche Heer organisiert hat, marschiert das schwedische Heer über Ingolstadt und Landshut Richtung München.
 
Als General Tilly am 15. April versucht, Gustav Adolf an der Überquerung des Lechs in der Schlacht bei Rain zu verhindern, wird er schwer verwundet und stirbt am 30. April an den Folgen der Verletzung. Die Schweden ziehen am 17. Mai in Begleitung des "Winterkönigs" Friedrich von der Pfalz in München ein und plündern die Kunstsammlungen. Danach zieht das schwedische Heer von München aus wieder nordwärts, "verheert" Bayern systematisch und zieht über Ausgburg und Donauwörth wieder nach Nürnberg. Gustavs Adolf Ruf leidet in dieser Zeit, denn die bäuerliche Bevölkerung Bayerns will überhaupt nicht befreit werden, es kommt zu Bauernaufständen und im Gegenzug wehren sich die Schweden mit Strafexpeditionen und Vergeltungen. Mütter warnen ihre ungehorsamen Kinder in dieser Zeit mit "Bet Kindchen, bet, morgen kommt der Schwed!"
 
Nachdem Wallenstein seine Soldaten zusammen hat, marschiert er ab Juni mit 100.000 Soldaten hinter den Schweden her. In Nürnberg hat das Heer Gustav Adolfs die Stadt eingenommen und die berühmten Waffenschmieden sind in schwedischer Hand. Wallenstein belagert die Stadt, während Gustav Adolf auf Entsatz hofft, denn in offener Feldschlacht wäre er dem Kaiserlichen Heer unterlegen, so igelt er sich rings um die Stadt ein und es entsteht ein zweiter Verteidigungsring, der die Schweden vor Wallenstein schützen soll. Der wiederum igelt mit 45.000 Soldaten den schwedischen Verteidigungsring ein und sorgt damit für das größte Lager der Militärgeschichte, um die Schweden auszuhungern. Dabei werden ganze Wälder abgeholzt und ein gigantisches Grabensystem angelegt. Nach siebzig Tagen ist die Belagerung nicht mehr durchzuhalten, das Wasser ist verseucht und verdreckt, verweste Tiere liegen überall herum, die Nürnberger Bevölkerung ist halb verhungert und es gibt Seuchenausbrüche, die auch auf die Armee überspringen. In zwei Monaten sind 19.000 Schweden gestorben, diese Massen können nicht mehr normal begraben weden, und so kommt es zu zahlreichen Massenverbrennungen, weil in der Stadt Gräber belegt sind und außerhalb nicht mehr begraben werden kann.
 
Im August wagt Gustav Adolf daher einen Ausfall und stürmt das kaiserliche Lager, doch gegen die kaiserlichen Truppen hat das schwedische Heer keine Chance und wird zusammengeschossen. Die Schweden müssen fliehen und Wallenstein ist wieder zu alter Macht aufgestiegen. Noch heute liegen im Kampfgebiet Bleikugeln aus dieser Schlacht.
 
Wallenstein marschiert nun auf Leipzig zu und erobert die Stadt am 1. November. Unvorsichtigerweise entläßt er seine Soldaten danach in die Winterpause. Als Gustav Adolf dies bemerkt, plant er entgegen den Gepflogenheiten trotz der Winterpause einen Angriff. Im Großraum Lützen fällt den Kaiserlichen um den 15. November auf, daß mehr Schweden unterwegs sind, als es üblich ist und so bekommt das Kaiserliche Heer den Befehl sich zur Tarnung zu zerstreuen. Deswegen reitet General Pappenheim mit vier Regimentern zu Pferd und fünfen zu Fuß nach Halle und besetzt die Stadt kurzerhand am Morgen des 15.11. , doch am Abend stellt Wallenstein zufällig fest, daß er nur wenige Kilometer entfernt Gustav Adolf gegenüber liegt, beordert Pappenheim sofort zurück und dieser bricht auch sofort auf. Doch erst am Mittag des 16.11. trifft dieser gegen zwölf Uhr ein, mitten im Schlachtgetümmel. Dort wird er durch eine Kugel verletzt und stirbt einen Tag später. Doch die "Pappenheimer" sind schlachtentscheidend und nach acht Stunden ist das Sterben erst zu Ende, als im Rückzugsgefecht Gustav II. Adolf von Schweden nach mehreren Verletzungen von einer Musketenkugel aus wenigen Metern Entfernung getötet wird, vermutlich von einem kaiserlichen Elitesoldaten. Auf beiden Seiten sterben an diesem Tag über 6.000 Soldaten
(zit. nach GEO DVD, Kap. 3, 00:40:19 und Golo Mann: Wallenstein 730ff)
 
Erst jetzt kann Wallenstein das Heer der Schweden in die Flucht schlagen.
Damit haben die Kaiserlichen eine wichtige Schlacht gewonnen. Halle bleibt natürlich kaiserlich, auch wenn Pappenheim ebenfalls tot ist - was zählt, ist der Gesamtsieg.
 
Im Wiener Museum zur Heeresgeschichte ist die mit Pappenheims Blut befleckte Depesche bis heute zu sehen und zu lesen.
 
 
Der Tod Gustav Adolfs wird genauso zur Pressesensation in Europa wie der Fall Magdeburgs anderthalb Jahre vorher. Protestantische Zeitungen versuchen Geschichtsfälschung und dementieren den Tod es schwedischen Königs. Später, als dies nicht mehr zu halten ist, wird aus dem König ein protestantischer Märtyrer, aus Wallenstein für ein paar Tage der mächtigste Mann der Welt, doch gewonnen ist der Krieg deswegen noch nicht. Immerhin verdankt der deutsche Protestantismus Gustav Adolf vielleicht sein Überleben.
 
Die Nachfolge König Gustav Adolfs im schwedischen Reich übernimmt zunächst Reichskanzler Axel Oxenstjerna, denn Christina, die Tochter des Königs, ist noch minderjährig. Johann Georg versucht nach der Schlacht von Lützen, sich wieder als protestantischer Führer zu profilieren, beißt bei den Schweden aber auf Granit. Nun sucht er wieder Kontakt zum Kaiser.
 
 
1633 Geheimverhandlungen - Seitenanfang
Wallenstein beginnt Geheimverhandlungen und Friedensgespräche. Damit pfuscht er seinem Kaiser ins Handwerk und maßt sich Reichspolitik an. Als dies bekannt wird, werden Intrigen gegen ihn begonnen, die dazu führen, daß der Kaiser aufruft, ihn zu verhaften - eine Art Todesurteil und Aufforderung zum Mord. Gleichzeitig verhandelt Johann Georg ebenfalls mit dem Kaiser. 1633 wäre ein Friedensschluß vielleicht möglich gewesen, es gibt keine größeren Schlachten und die Positionen sind festgefahren. Selbst der Kaiser würde sich bewegen: in der Planung ist die Aufhebung des Restitutionsedikts, die Wiedereinsetzung der Pfalz an einen protestantischen Kurfürst - ein Teil dessen, was 1648 sowieso beschlossen werden wird. Selbst der König von Böhmen könnte vielleicht wieder protestantisch werden.
 
 
1634 Schwedische Niederlage - Seitenanfang
Als Wallenstein zurücktreten will, überreden ihn seine Offiziere, weiterzumachen. Daraufhin möchte er sich auch zukünftig ihrer Unterstützung versichern und läßt sie am 13. Januar den sogenannten "Pilsener Revers" unterzeichnen, ein Treuegelöbnis an ihn, aber eben keins an den Kaiser. Beim dem kommt das ganz schlecht an, er wittert Verrat und nun wird Wallensteins Beseitigung geplant und er von kaiserlichen Soldaten am 25. Februar in Eger ermordet - seine Wachen werden in der Nacht überwältigt, getötet und Wallenstein selbst im Nachthemd mit einer Hellebarde aufgeschlitzt.
 
Als der Herzog von Friedland zu Eger war ermordet,
Johann Rist (1607 -1667), 25. Febr. 1634.
 
Was ist dies Leben doch? Ein Traurspiel ists zu nennen:
Da ist der Anfang gut, und wie wirs wünschen können,
Das Mittel voller Angst, das End ist Herzeleid,
Ja, wol der bittre Tod. O kurze Frölichkeit!
Dieß thut uns Wallenstein in seinem Spiel erweisen:
Der Kaiser pflag ihn selbst anfänglich hoch zu preisen
Als eine Seul des Reichs (so nant' ihn Ferdinand),
Der Teutschen Furcht und Zwang, des Kaisers rechter Hand.
Bald aber, wie sein Glaub und Treu fieng an zu wanken,
Verkehrte sich das Spiel, man wandte die Gedanken
Auf seinen Untergang; der Tag gebar die Nacht,
Das Traurspiel hatt' ein End' und er ward umgebracht.
So tummlet sich das Glück, so läuft es hin und wieder:
Den einen macht es groß, den andren drückt es nieder;
Sein End' ist oft der Tod. O, selig ist der Mann,
Der sich der Eitelkeit des Glücks entschlagen kan.
 
Die Führung der Armee übernimmt nun der Sohn des Kaisers, Erzherzog Ferdinand III. und unter seiner Führung erleiden die schwedischen Heere am 6. September erstmals wieder eine Niederlage in der Schlacht bei Nördlingen. Dieser Krieg ist zwar gewonnen, aber das Land ist ausgeblutet und bis 1640 gibt es regelrechte Seuchenwellen von Pest und Pocken, weil die hygienischen Verhältnisse unbeschreiblich sind.
 
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1626 - 1627 - 1628 - 1629 - 1630 - 1631 - 1632 - 1633 - 1634