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Barock - 30jähriger Krieg - Ausbruch


Spätrenaissance
Barock  

Stände und Kurfürsten

Einführung in den Krieg

Europa am Vorabend
des 30jährigen Krieges

Böhmen und die Pfalz
(1618 - 1625)

Dänemark und Schweden
(1625 - 1636)

Schwedisch-Französischer Krieg
(1630 -1648)

Der lange Friedensprozeß
(1645 - 1648)

Die Nachwehen
(1648 - 1815

Der Krieg in der Literatur

Grimmelshausen 
Der abenteuerliche Simplicissimus

Andreas Gryphius
Tränen des Vaterlands

Conrad Ferdinand Meyer
(Die Füße im Feuer)

 

Der Krieg in der Musik

Heinrich Schütz 1621
Fürstentag 1629

 

Quellen und Literatur

Anfang - 30jähriger Krieg - Kurfürsten

Böhmen und Prag 1618 - 1623
Text und Fotos: Martin Schlu © 2006 / August 2012

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1618 - 1619 - 1620 - 1621 - 1622 - 1623
  
Der Böhmische-Pfälzische Krieg
 
1618 Prager Fenstersturz
Die protestantische Stände Böhmens treffen sich am 5. März in Prag, beschließen, sich gegen die Verschlechterung ihrer Rechte direkt bei Kaiser Mathias zu beschweren und bieten den 21. Mai als Verhandlungstag an. Mathias schreibt umwendend zurück, lehnt das Verhandlungsangebot ab und verbietet weitere Treffen der protestantischen Reichsstände. Damit provoziert er natürlich eine Reaktion.
 
Böhmische Aufständische wollen daher am 23. Juni an den kaiserlichen Statthaltern, dem Burggrafen Jaroslav von Martiniz und dem Oberstlandrichter Wilhelm Slavata, im Prager Hradschin ein Zeichen setzen, daß sie sich nicht dem habsburgischen Kaiser unterordnen wollen und werfen sie mit dem Stadtschreiber Fabrizius etwa siebzehn Meter tief aus dem Fenster. Das ist zwar erprobte böhmische Praxis bei bestechlichen Verwaltungsbeamten und mißliebigen Personen und hat bereits bei den Anhängern von Jan Hus 1419 hervorragend funktioniert, weil kurz danach dessen Anhänger, die "Hussiten" gegen die Katholiken gekämpft haben. Allerdings passiert den dreien dieses Mal fast nichts, weil ein Misthaufen ihren Fall bremst und nun glauben sie an die "göttliche Fügung", die ihr Weiterleben notwendig macht.. Den Beratern Kaiser Mathias' wird aber nun klar, daß man die Böhmen sofort in die Schranken weisen muß, wenn aus dieser Provokation nicht ein Aufstand werden soll - allerdings ist dies mit dem jetzigen Kaiser nicht mehr zu machen.
 
 
1619 Ferdinand II. ( 1578 - 1637) wird Kaiser Seitenanfang
Das Problem, wie lange man gegenüber den Böhmen noch stillhalten soll, löst sich von selbst, als Mathias am 20. März endlich stirbt. Wie besprochen, soll Ferdinand Kaiser werden, doch es dauert ein paar Wochen, bis die Stimmen der Kurfürsten und der Erzbischöfe geklärt sind. Pikanterweise wäre Ferdinand als böhmischer König ja gleichzeitig sein eigener Wähler und würde natürlich katholisch stimmen - ein Affront gegen das mehrheitlich protestantische Gebiet, dem er formell vorsteht. Das erzeugt bei den böhmische Ständen natürlich Bauchschmerzen. Als Wahltermin ist der Spätsommer angedacht und bis dann sollte man eine Lösung finden.
 
Am 31. Juli beschließen die böhmischen Stände daher die "Confoederatio Bohemica", eine böhmische Verfassung, die die Macht des Königs einschränkt, man sucht schon mal einen Kandidaten, der als Gegenkönig bereitstände. Der sächsische Kurfürst Johann Georg I. ist für die Stände zwar die erste Wahl, möchte die Krone aber nicht annehmen und und so fällt die Wahl auf den Calvinisten Friedrich von der Pfalz, der mit seinen 23 Jahren entweder nicht begreift, worauf er sich einläßt oder wirklich glaubt, sich gegen Ferdinand durchsetzen zu können. Auch er ist ein protestantischer Kurfürst und politisch damit so stark wie z. B. Maximilian von Bayern. Die Stände setzen also am 19. August den aufgezwungenen König Ferdinand ab und rufen Friedrich V. am 27. August zu ihrem Gegenkönig aus.
 
Einen Tag später ist die Kaiserwahl in Frankfurt und weil Friedrich V. nicht als gleichzeitig als böhmischer König und pfälzischer Kurfürst zwei Stimmen abgeben kann, ist machtpolitisch nichts gewonnen, weil die Patt-Situation bestehen bleibt und das bedeutet, der Kaiser bleibt katholisch und so wird Erzherzog Ferdinand am 28. August - wie erwartet - zum Kaiser Ferdinand II. gewählt und die Berater sind zuversichtlich, daß dieser Kaiser nun mit dem böhmischen Pack aufräumt. Trotzdem warnt der Kölner Erzbischof ein paar Tage später vor einem Krieg, der "zwanzig, dreißig oder vierzig Jahre" dauern könne - wenigstens einem ist klar, was passieren kann.

Erzherzog Ferdinand II, Original im Stadtmuseum Überlingen

Als der König von Böhmen am 8. Oktober auch zum Führer der Protestantischen Union gewählt wird, könnte er in Böhmen einen Flächenbrand auslösen und daher verbündet sich Ferdinand mit Maximilian von Bayern, der seinerseits der Führer der Katholischen Liga ist. Noch herrscht also Gleichgewicht. Das Tagesgeschäft geht derweil weiter: Friedrich V. reist am Reformationstag nach Prag, bezieht den Hradschin und wird am 4. November im Dom St. Veit zum böhmischen König gekrönt. Während der junge König sich auf seine Amtszeit freut, schmiedet Ferdinand Allianzen: der Kurfürst von Sachsen läßt sich auf die Seite Ferdinands ziehen,der schwedische König läßt durchblicken, er würde Friedrich nicht verteidigen, der englische König ermahnt Friedrich sogar, auf die Krone zu verzichten - immerhin ist er sein Onkel. Außerdem sagt Ferdinand im "Vertrag von München" Maximilian von Bayern zu, ihm die Pfalz zu übertragen, wenn er die bayrischen Truppen gegen Friedrich zum Sieg führt - eine Verletzung des Reichsrechtes, das wiederum in der protestantischen Liga das Faß zum Überlaufen bringt. Im Dezember beschließt die Katholische Liga mit einem großen Heer (21.000 Soldaten als Infanterie, 4.000 Reiter zur Unterstützung) gegen Böhmen in den Krieg zu ziehen. Die politische Führung hat Maximilian von Bayern, die militärische Kompetenz hat der 60jährige General Tilly, der, wie Ferdinand, ebenfalls Jesuit ist und in der Vergangenheit wichtige Schlachten gewonnen hat.

Graf Tilly, etwa sechzigjährig
Portrait von Graf Tilly aus der Meersburg a. B.
Foto: Martin Schlu © 2010

Eusebius von Wallenstein hat in der Zwischenzeit reich nach Mähren geheiratet, aber weder mit Mähren noch mit Böhmen viel im Sinn. Als die böhmischen Truppen in Mähren einmarschieren und Böhmen und Mähren fusionieren, wechselt Wallenstein die Fronten, klaut die mährische Kriegskasse mit 96.000 Gulden (ungefähr drei Zentner Gold), marschiert mit 200 Soldaten nach Wien, gibt das Geld dem Kaiser und bietet ihm an, eine Armee aufzubauen. Damit pokert Wallenstein sehr hoch, weil er nun nicht mehr nach Mähren zurück kann, wird am 11. Mai dort er als Hochverräter des Landes verwiesen, aber dafür steht Kaiser Ferdinand bei ihm in tiefer Schuld und nimmt sein Angebot an. Daß aus diesem Söldnerheer einmal eine 100.000 Mann starke Armee werden wird, kann sich noch nicht einmal Wallenstein selbst vorstellen. Da eine wirtschaftliche Krise herrscht, suchen viele junge Männer ihr Glück in der Armee und Wallenstein bekommt reichlich Zulauf. Die besten Soldaten bekommen neue Rüstungen und Wallenstein kauft in großen Massen die modernsten Waffen, wie z.B. die neuen langläufigen Musketen, die man bereits in zwei Minuten neu laden kann.
 
Jedoch ist zunächste einmal der Cousin des Kaisers die erste Wahl: der Münchner Maximilian von Bayern hat ja seine eigene Armee bereits erfolgreich in Donauwörth. Würde er kriegsentscheidend gewinnen, bekäme er die Pfalz, verspricht ihm Ferdinand. Interessant ist die Diskrepanz zwischen den beiden Heerführern, auf die sich Ferdinand verläßt: einerseits der hochkatholische Fundamentalist Maximilian, auf der anderen Seite der eher sachliche (manche nennen ihn auch "gottlosen") Wallenstein. Als alles geklärt ist, zieht Maximilian mit seinem Heer nach Prag um die Böhmen wieder in die Schranken zu weisen und kommt dort am 7. November 1620 an.
 
 
1620 Schlacht am Weißen Berg Seitenanfang
Westlich von Prag, am "Weißen Berg", prallen am 7. November die Heere der Protestanten (13.000 bis 21.000 Mann) und der Kaiserlichen Katholiken (28.000 - 40.000 Mann) gegenüber. Erst wird gebetet, dann gekämpft und den Söldnern hat mit im Fall ihres Ablebens einen Platz im Paradies versprochen - das funktioniert heute anscheinend auch noch.
 
Am Morgen des 8. November geht die Schlacht los. Mit dem Schlachtruf "Sancta Maria" stürmen die Katholischen gegen die Protestanten, beide eifrig bedacht, ihre unsterblichen Seeln in den richtigen Himmel zu bekommen. Nachdem alle Kanoniere und Musketiere ihr Pulver verschossen haben und die Kavallerie in die Soldatengruppen reitet, findet die Metzelei mit Spießen, Schwertern und Messern ihre Fortsetzung, bis die meisten tot sind. Nach einer Stunde bereits ist alles vorbei und zigtausende Leichen und Tausende toter Pferde liegen auf dem Schlachtfeld.
 
Maximilian, Graf Tilly und Albrecht von Wallenstein schlagen die aufständischen Böhmen vernichtend und noch am gleichen Tage wird Friedrich von der Pfalz als böhmischen König abgesetzt. Ihm gelingt noch am 9. November die Flucht in die Niederlande, genauso wie dem Dichter Martin Opitz . Eigentlich könnte der Krieg nun vorbei sein.
 
Am 13. November erzwingt Ferdinand die Huldigung der böhmischen Stände und nun ist die böhmisch-protestantische Episode beendet - bis zum 15. November dürfen die Soldaten noch die Stadt plündern, denn das ist ihr Sold. Als sie abgezogen werden, ist nicht mehr viel an Kunstschätzen übrig. Natürlich wird der Majestätsbrief von Kaiser Rudolf II. aus dem Jahre 1609 sofort annulliert und die böhmischen Protestanten gelten damit offiziell wieder als Ketzer. Sie haben nur die Wahl katholisch zu werden oder ihren Besitz aufzugeben und das Land zu verlassen - Zehntausende Protestanten verlassen Böhmen in den nächsten Monaten.
 
Belohnung I
Zum Dank für geleistete Dienste wird Wallenstein zum militärischen Befehlshaber Prags und als Militärverwalter in Böhmen eingesetzt, zum Herzog ernannt und an den Einnahmen der Provinz beteiligt. Nachdem zwei Drittel des böhmischen Vermögens (ca. 43. Mio Gulden) beschlagnahmt wurden, wird der Erlös unter Kaiser und Mitstreiter geteilt und als Wallenstein seine Unkosten in Höhe von drei Millionen Gulden zurückbekommen hat, organisiert er ein Steuern- und Abgabenwesen, das ihm insgesamt den doppelten Betrag erbringt, den er eingesetzt hat. Damit ist er autark und dem Kaiser finanziell fast gleichgestellt. Unterhalb des Hradschins läßt Wallenstein ein Stadtviertel abreißen und plant dort einen Palastneubau für sich, das Waldsteinpalais. Um diesen Lebensstandard zu halten, werden weitere Feldzüge nötig sein.
  
1621 Rache und Belohnung II Seitenanfang
Die Anführer der "Rebellion" werden am 19. Juni in einem Schauprozeß verurteilt, sofern man sie hat fangen können. 27 Todesurteile werden ausgesprochen (übrigens in genau diesem Raum, in dem auch der Fenstersturz stattfand) und zwei Tage später, am 21. Juni, vollstreckt. Die meisten werden enthauptet und die Köpfe werden über mehrere Jahre am Hradschin aufgespießt, damit keiner mehr auf die Idee kommt, sich mit dem Kaiser anzulegen. Noch zehn Jahre später sind die Köpfe zu sehen.
 
Bei der Hinrichtung der böhmischen Aufständischen organisiert Wallenstein den Ordnungs- und Sicherheitsdienst, damit nicht während der Zeremonie ein neuer Aufstand losbricht. Daß er mal zu Böhmen und Mähren gehört hat, verdrängt er offensichtlich. Als Gegenleistung bekommt er von Kaiser Ferdinand, der den Besitz der Rebellen einziehen ließ, das Herzogtum Friedland. Die Besitzurkunde ist auf das Datum der Hinrichtung ausgestellt.
 
1622 Belohnung III Seitenanfang
Wallenstein wird noch einmal belohnt und am 18. Januar zum "Gubernator" (Gouverneur/Präsidenten) von Böhmen eingesetzt, im September wird er außerdem zum Hofpfalzgrafen von Friedland und Reichenberg auf Lebenszeit ernannt. Mehr geht eigentlich nicht mehr.
 
Als nächstes sichert sich Wallenstein das Münzprägerecht und bringt in großem Stil Münzen mit geringerem Silberanteil in Umlauf. Damit wird eine Inflation angeheizt, die zwar die Bauern und Handwerker in die Verarmung treibt, große Kredite aber verbilligt, weil die Schulden nicht mehr 1: 1 zurückgezahlt werden müssen. Damit wird Wallenstein noch reicher und geht daran, seine eigenen Stadt zu planen und zu bauen.
 
1623 Belohnung IV Seitenanfang
Kurfürst Maximilian I von Bayern erhält am 23. Februar die protestantische Pfalz und die pfälzische Kurwürde. Damit ist die Rekatholisierung der Pfalz erst einmal abgeschlossen, allerdings ist das Gleichgewicht bei der Kaiserwahl nun hinfällig. Als am 6. August die Katholische Liga bei Stadtlohn im Münsterland in der letzten Schlacht dieser Kriegsphase das protestantische Heer schlägt, nimmt sich daher Christian IV. von Dänemark der protestantischen Sache an, kommt seinen Verbündeten zur Hilfe und nun wird die nächste Kriegsphase eingeläutet.
 
Der Dänisch-Niedersächsische Krieg
 
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