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- Venedig für Anfänger - Winter 2011 - Sommer 2013 - Ostern 2018
Biennale / Giardini - Biennale / Arsenale - Orientierung - Verkehrssystem -
Biennale 2015 - Biennale 2019 - Biennale 2022 - Kritisches
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- Gondeln, Palazzi und Biennale - Venedig 2017
Sonntag
- Anreise und Übergabe nach oben
Im
Sommer genießt man in Venedig das Leben in vollen Zügen, Booten und
Gassen. Das wissen meine Frau und ich schon aus vergangenen Besuchen im
Sommer, die wir irgendwann immer mit der Biennale verbunden hatten,
einer der wichtigsten Kunstausstellung der Welt. Zur
Biennale wollten wir dieses Jahr auf jeden Fall wieder, mußten
allerdings die
Sommerferien abwarten, weil beruflich der Terminkalender so voll war,
daß für nichts Anderes mehr Zeit blieb - von einer Woche Prora
über Ostern einmal abgesehen. Unsere Lieblingswohnung in Dorsoduro war
leider verkauft worden und stand nicht mehr zur Verfügung und so
brachte uns Mimi im Stadtteil Castello unter - eine Erfahrung, die uns
auch noch gefehlt hat, aber dazu später mehr. Den ersten Samstag in den Ferien wollten wir uns auch nicht antun, nachdem für
den Köln-Bonner Flughafen für die Ferienzeit zwei Millionen
Abfertigungen angekündigt waren und so haben wir am Samstag noch zehn
Stunden drei Enkel gehütet (zusammen acht Jahre alt), abends schnell zusammengepackt und konnten mittags ganz entspannt zum Flughafen zuckeln.
- Natürlich hätten wir bereits am Samstag da sein sollen, weil an diesem Wochenende die „Redentore“
(Erlösung) gefeiert wurde - die Befreiung von der Pest 1576/77, der die
Kirche Redentore ihren Namen verdankt, denn sie wurde - sozusagen als
Eigenleistung der Venezianer - bei dem göttlichen Deal erbaut und
schon 1592 eingeweiht, für damals eine extrem schnelle Bauzeit. Beim
jährlichen Rendetore-Fest am dritten Juli-Wochenende gibt es bis
heute eine Schiffbrücke von der Serenissima (Stadt Venedig) zur
Redentore, über die die Prozession zur Kirche stattfindet. Dort segnet
der Patriarch die Stadt und die Kirche ist knallvoll. Ein Bericht des
Festes vom Wochenende erschien heute in der Gazetto und natürlich ist
es auch der Aufmacher der Stadt gewesen.
- Vorbei -
Mimi holt uns an der Rialtobrücke ab (in den zehn Minuten Wartezeit
werden wir fünf Mal angesprochen ob wir einen Träger, ein Hotel oder
irgendeine Dienstleistung haben wollen) und marschiert durch via und calle, die wir noch nie gesehen haben. Irgendwann stehen wir in einem Gäßchen (calle),
vor einer Tür mit zwei Schlössern, Mimi schließt auf und bis wir in der
Wohnung im 1. Stock sind, müssen noch mal zwei Türen und vier Schlösser
geöffnet werden. Der Hausschlüssel ist hier also ein Schlüsselbund. Daß
die Wohnungstür auch schon mehrere Male aufgebrochen wurde, kann man
gut erkennen, ebenso die Rundum-Vergitterung im Ertdgeschoß, aber es gibt ja Hindernisse genug, daß wir die nächsten
Tage statistisch wohl in Ruhe gelassen werden.
- Als
erstes werden die Schlüssel auf einem Ring in die richtige Reihenfolge
gebracht und dann ziehen wir los, einen Supermarkt suchen, denn der
Kühlschrank ist natürlich leer. Einen coop-Supermarkt gibt es an der
Calle Larga Rosa, 6077. Er kann mit dem Markt am piazzale zwar nicht mithalten, doch fürs Erste reicht es.
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- Montag
- Biennale I Lorenzo Quinn: „Support“ - Pae White: „Qwalala“ -
- Heute
hat die Biennale sowieso Ruhetag und so wollen wir uns die
Sachen abseits der klassischen Ausstellungsorte arsenale und giardini
ansehen und aus Erfahrung wissen wir, daß es am canal grande immer Objekte gibt. Außerdem ist die isola san giorgio in der Vergangenheit immer Ausstellungsort gewesen und die hat nicht zu.
- Als wir
nach sechsmaligem Aufschließen aus der Tür treten wollen, geht das erst
mal nicht, weil gerade eine japanische Touristengruppe im Gänsemarsch
vorbeigeht und wir abwarten müssen, bis sie vorbei sind, denn die calle ist sehr
eng (etwa 90 cm). Nach dem Weg gestern von Rialto haben wir uns überlegt, daß wir
näher am Krankenhaus als an Rialto sind und so gehen wir zum ospdale SS Giovanni e Paolo. Dort in der Nähe, das wissen wir aus Erfahrung, gibt es eine Haltestelle der Murano-Linie 4.2 (fondamento nuove) und von da aus kommen wir übers Umstigen auch auf die Linie 1. Am ospedale
fallen die vielen Rettungswagen - ääh - boote auf, die dort mit und
ohne Blaulicht warten und es herrscht reger Betrieb. Venedig hat
mehrere Krankenhäuser, aber das SS Giovanni e Paolo ist das größte.
Traditionell fahren wir mit der Linie 1 erst einmal den Canal Grande ab
und sehen bereits die ersten Kunstwerke: zwei überdimensionale Arme,
die einen den Palazzo des Hotels Ca’ Sagredo umklammern (Lorenzo Quinn, am Ca' D' Oro), eine Skulptur eines
Reiters, der von einem Drachen umwickelt wird (Damian Hirst, an San Samuele und etwas kleiner an der Dogana, wo außer am palazzo gritti die Ausstellung ist) und an der
Accademia wirbt ein Plakat für einen Ausstellung von David Hockney im Ca' Pesaro.
- Die überdimensionalen Arme von Lorenzo Quinn (Titel: „Support“) scheinen den Palazzo des Hotels Ca’ Sagredo in den canale grande ziehen zu wollen. Der SPIEGEL schreibt, sie würden Venedig stützen, damit es nicht untergeht. Beides ist denkbar.
- Die
Überfahrt nach San Giorgio klappt schnell und weil die Sicht gut ist,
nehmen wir erst einmal den Lift auf den campanile (hier muß man - im Gegensatz zu San Marco - nicht ewig warten, sondern
kommt im Normalfall ohne Wartezeit für € 6.- dran). Oben ist die Aussicht sehr
gut, man sieht überall die Berge und von dort fällt ein Kunstwerk
im
Klostergarten auf (ja, San Giorgio ist auch eine Abtei), das eine
Schlange darstellt. Bis oben hört man den Lärm der Zikaden, die dort
irgendwo im Grünen auf Partnersuche sind und dieser Lärm dauert den
ganzen Tag an - jedenfalls da, wo es Bäume und Wiesen gibt, die in
Venedig ja recht selten sind. Später, als wir unter den Bäumen bei den
Zikaden sitzen, ist das Kunstwerk nicht so deutlich zu erkennen,
weil man zu dicht dran ist und dann nur einen Haufen Glasbausteine
sieht. Die Künstlerin heißt Pae White und das Objekt trägt den Titel „Qwalala“.
- Pae Whites' Schlange von oben und von unten
- Ettore Sottsass ist
ebenfalls ein Glaskünstler, hat sein Leben lang mit Muranoglas
gearbeitet und im Museum hinter San Giorgio ist
eine Ausstellung, die so etwas wie eine Retrospektive ist. Unglaublich,
was der Mann mit Glas angestellt hat. Die Objekte sind einfach schön
anzusehen, aber ich denke mir immer, daß sie bei mir zu Hause nicht
lange schön blieben - Enkelkinder und Besuchskatzen würden sie schon
kleinkriegen.
Ettore
Sottsass' Retrospektive mit jeder Menge Glas stellt zwei Fragen: Wo
stellt man es hin und wer staubt es ab? Schön ist es trotzdem.
- In der Kirche (in San Giorgio ist immer eine große Installation zu sehen - s. Biennale 2015) hat diesmal Michelangelo Pistoletto
nach dem Motto „One and one makes three" Spiegelwände aufgestellt, die
den Betrachter verdoppeln und verdreifachen. An der Außenseite der
drei aufgehängten Spiegelwände steht in allen möglichen Sprachen „Liebe
den Unterschied“ und es ergeben sich - je nach Standort - interessante
Aus- und Durchblicke. Es ist gar nicht so leicht, ein Foto zu machen,
auf dem man nicht selber zu sehen ist, aber es hat mit viel Geduld
funktioniert.
- Michael Pistoletto irritiert das Auge und man kann zwischen Realität und Spiegelung nicht sofort unterscheiden.
- Geht
man durch den Kirchenraum Richtung Campanile, kommt man an weiteren
Objekten Pistolettos vorbei: hier hat er Menschen aus Kuba fotografiert
und deren Fotos als Folie in Originalgröße auf Spiegel geklebt.
Spiegeln sich echte Menschen darin , hat man Mühe zwischen Foto und
Realität zu unterscheiden. Im Chorraum findet sich das
Michelangelo-Zitat aus der „Erschaffung Adams“: der Zeigefinger Gottes wird gespiegelt und somit wird eine Verbindung hergestellt.
- Am Nachmittag ziehen wir spät noch einmal los und nehmen die Kunstwerke am canal grande
diesmal von Nahem in Augenschein, aber die erste Gewichtung
bleibt.
Lorenzo Quinns Arme am Ca' d'Oro bleiben der Hingucker und die anderen
Skulpturen verblassen dagegen: ein goldener Pömpel, der schwarze Drache
und der Reiter und selbst das halbe Gesicht von Igor Mitoraj kommen
nicht dagegen an. Den Abend beschließen wir mit einer Rundfahrt der
Linie 2 und als wir nach Hause gehen und am Campo San Formosa
vorbeikommen, spielt dort ein Bratschist sehr professionell Bachs
a-moll-Partita und danach die erste Cellosuite e-moll. Auch so etwas
gibt es hier.
Morgen beginnen wir mit dem deutschen Pavillon in den
giardini. nach oben
- Dienstag
- Biennale II
- Weil die Kassen an den giardini
um zehn Uhr öffnen, starten wir um neun Uhr und nehmen den Müll mit an
die Straße. Die Stadtreinigung funktioniert hier nur mit Müllkarren,
die den Driss zum nächsten Kanal fahren, wo das Müllboot steht, das
alles aufnimmt. Bis neun Uhr wimmelt es in den calle und via
deswegen von Müllfahrern, die Restaurants bekommen ihre Rohstoffe, die
Händler ihre Waren und die Wege sind zwischen sieben und neun Uhr
eigentlich nicht passierbar, wenn man nicht riskieren will, von einem
Handwagen überfahren zu werden.
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Bis neun kann man alles hinstellen,
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... dann wird abgeholt und weggebracht,
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die Läden werden beliefert und
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der Müll landet im Boot.
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Nach neun kommt man auch gut durch und so sind wir bereits um halb zehn auf dem Gelände der nationalen Pavillons in den giardini
(= Gärten) und die Zikaden machen wieder einen Höllenlärm. Kurz nach
zehn haben wir die Karten und machen uns auf, die Ausstellungen der
Nationen zu begucken. Das schafft man normalerweise bis eins, danach
wird es zu heiß und man braucht eine Pause. Natürlich fangen wir nicht
mit dem deutschen Pavillon an, sondern mit dem spanischen, denn der ist
der erste am Weg. Im folgenden also eine Kurzbesprechung, die
allerdings das Ergebnis von zweieinhalb Stunden harter Arbeit ist,
denn bei jedem Künstler galt es zu gucken, ob er sich an das Motto der Biennale
gehalten hat: „Viva Arte Viva“, es lebe die Kunst. Daß die Kunst sich
natürlich nicht nur feiert, sondern auch politisiert, ist dabei
selbstverständlich.
- Also los!
- Spanien schickt Jordi Colomer
ins Rennen, der Modelle von künftigen Städten entwirft. Da mein Bruder
Architekt ist, hat mich das nicht sonderlich beeindruckt, denn jeder
Architekturstudent muß seine Modelle genauer bauen, als es hier zu
sehen ist. Tendenz: Ganz nett, aber nicht der Bringer!
- Belgien stellt Dirk Braeckmann aus, der im Prinzip schwarz-weiße Fotografie im Überformat ausstellt. Im Pavillon der Biennale feiert sich das Thema selbst, allerdings einmal als Pavillon der Künste und Bücher und als Pavillon der Freude und Angst. Zu sehen waren Serienfotos eines Schläfers, ein Zimmer mit jeder Menge Krempel und einem Schlagzeug („Räum das mal auf“ hätte meine Mutter gesagt),
ein anderes Zimmer hatte als Motto „Joy the green light community“ und bestand aus vielen kleinen Details, die ich gesehen habe, die sich mir aber nicht erklärten.
- Außerdem gab es viele Schau-Regale, in denen hinter
Glas etwas gesammelt wurde: Altpapier, Briefumschläge, farblich
sortierte Haarbürsten und schon wieder kam mir meine Mama in den Sinn -
„Gib das Zeug doch auf den Müll, das brauchst Du doch nie wieder!“ - „Doch, Mama“, hörte ich mich im Geiste sagen, „auf der Biennale ist das Kunst!“. Wir sind dann auch schnell gegangen und haben uns vorgenommen, den Keller mal wieder aufzuräumen - demnächst ist Sperrmüll!
- Ist das Kunst oder geht das in die Post? Oder ist die Post schon Kunst?
- Ungarn hatte als Thema „Peace on Earth“ (Zsolt
Petrányi und Gyula Várnai) und ich habe an Viktor Orban denken müssen
und an seinen selbstlosen Beitrag zum Frieden in Ungarn durch die
Bewältigung des Flüchtlingselends im letzten Sommer. Gut gefallen hat
mir ein Regenbogen an der Wand, der sich beim Näherkommen als Collage
aus farblich sortierten Anstecknadeln entpuppte. Wenn man überlegt,
wie viel Mühe so eine blöde Nadel braucht (ich hab mal eine für vierzig
Jahre Posaunenchor bekommen, die war golden), kommen hier Jahrtausende Idealismus zusammen. Auch das ist Kunst.
- Dann gab es noch Darstellungen von Sprengungen, eine
gezeichnete Vision einer zukünftigen Welt aus den 1950er Jahren, als man
glaubte, im Jahr 2000 würden die Autos fliegen und dann war es auch
gut.
- Finnland hatte multimedial Beamer, programmierte Figuren und viel Licht aufgefahren, man verstand nichts und es war dämlich. Für Israel hatte Gal Weinstein viel Kaffee, Zucker und Steinwolle
verbraucht und präsentierte einen Pavillon mit einer riesigen mit
Kaffeesatz verschmierten Skulptur aus Steinwolle, die man beim Abbau
unweigerlich zerstören müßte. Der Künstler war aber sehr davon
überzeugt und ich sagte dann zu ihm „it's very interesting“
und ging, denn ich hatte so etwas bei Joseph Beuys früher mal gesehen.
Da gab es in Kassel auf der Dokumenta eine Fettecke, die nach ein paar
Wochen furchtbar stank, von der Putzfrau entsorgt wurde und dafür hat
Beuys damals viel Geld bekommen. Das war die größte Kunst dabei.
- Für Amerika zeigte Mark Bradford
eine hängende Halbkugel aus Kuntstoff, die den ganzen Raum ausfüllte.
Er hatte auch ein paar großformatige Bilder geschaffen, die - wie bei
Paul Klee - aus vielen kleinen Quadraten bestanden und außerdem
Kunststoffschläuche mit einer Art Farbe aus Erdöl und Schmonz
beschmiert und an die Decke und die Wand gepappt. An Ende gab es noch
eine Videosequenz, wie jemand in Zeitlupe rennt. Den Sinn oder den
Zusammenhang haben wir hier auch nicht begriffen, außer daß es Kunst
war. Man fragt sich aber, warum?
- Der nordische Pavillon (Finnland, Norwegen und Schweden)
hatte Pipelinerohre aus Kunststoff ausgeschnitten und falsch
zusammenmontiert und was ich für Kunst gehalten hatte - drei große
Baumstämme nämlich - waren echte Bäume, die einfach durch das Dach
wachsen und darüber ihre Kronen bilden. Das tun sie schon seit fünfzig
Jahren. Im Pavillon der Tschechoslowakei (das Land gibt es nicht mehr,
aber vor dem Pavillon steht das noch) wurde Seilzeug aus dem Fischfang
gezeigt, im Inneren standen ein Dutzend mit blauen LEDs leuchtende
Schwäne vor einer Projektion von Meereswellen. Es war sinnfrei und schön.
Elektrische Schwäne vor gefilmten Meereswellen
- Der Pavillon von Frankreich zeigte mit Musikstudenten aus Venedig
eine Mischung aus Instrumentenmuseum und Tonstudio. Alte und neue
Instrumente standen herum, wurden vielleicht auch mal benutzt, aber als
ich da war, kamen die Töne aus Computer und Mischpult. Nebenan hockte
jemand ganz versonnen vor aktueller Studiotechnik und ein paar alte
Gibsons und Fender hingen dekorativ im Ständer (u.a. ein Les Paul Baß
mit einem gewissen Wert). Mitspielen durfte man nicht, dabei stand da
ein 73er Rhodes und rief die ganze Zeit: „Spiel mit mir“. Ich bin dann
frustriert wieder gegangen.
- Im Pavillon von Großbritannien (was das nach dem Brexit nun auch sein wird) zeigte Phyllida Barlow raumgroße Skulpturen aus Papier, Pappmaché und Holz, grau bis bunt bemalt. Kanada zeigte Wasserspiele, die an diesem Tag - bei 30° immerhin - für Abkühlung sorgten.
- Dann waren wir am Pavillon von Deutschland. Die Künstlerin Anne Imhof hat
ja für ihre Installation und Performance den wichtigsten Preis der
Biennale bekommen, den Goldenen Löwen. Blöderweise gab es diese
Performance heute aber nicht und so konnte man nur über die
installierten Glasplatten laufen und sich vorstellen, was hätte
passieren können, zumal die Hundezwinger draußen sehr authentisch
wirkten und überall in der deutschen Presse zu lesen war, wie
bedrückend und wahr diese Installation sei.
- Zu sehen waren nur die Glasplatten, über die man laufen konnte.
- Bei der Eröffnung der Biennale hatte es in
den Tagesthemen eine kurzen guten Film darüber gegeben, aber selbst der
war nicht zu sehen. Nachdem meine Frau und ich das Video der Vernissage
angeschaut haben, werden wir morgen nicht um elf Uhr zur Performance
gehen, sondern lieber im Arsenale schauen, was es noch so gibt. Video der Vernissage.
- Beim Pavillon von Korea wurde viel versprochen: Pole-Dancing,
alle Kreditkarten und freien Orgasmus für alle. Im Pavillon selber ging
es bieder zu. Man sah Ausschnitte aus koreanischen Comics, abstruse
Installationen aus Gläsern, Licht und Trockeneisnebel, Munchs „Schrei“
wurde untertitelt mit „Shit“ , Rodins „Denker“ wurde als Plastikmatsch
zitiert und es war sehr langweilig bis man in einen Raum kam, der mit
Uhren gepflastert war. Jede dieser Uhren war einem Menschen zugeordnet,
hatte ihr eigenes Tempo, manche drehten sich wie irre und bei anderen
war die Zeit abgelaufen. Die Symbolik dieser Arbeit war berührend und
eins der wenigen Dinge, die meine Frau und mich überzeugt haben.
- Ein Highlight war der Pavillon von Japan. Takahiro Iwasaki
fertigte traditionelle japanische Häusermodelle aus Holz und
duplizierte sie spiegelverkehrt, so daß oben und unten verschwammen.
Außerdem war ein Wäscheberg um ein Loch gruppiert, durch das ab und zu
ein Zuschauer/Besucher seinen Kopf steckte, verwirrt blickte und sich
dann zurückzog, weil er ja von allen Umstehenden fotografiert wurde.
Des Rätsels Lösung zeigte sich beim Hinausgehen. Die meisten Leute
stellten sich vor diesem Loch an, weil sie glaubten, daß etwas Tolles
zu sehen sei, dabei waren sie dann das Objekt. Die Besucher, die laut
Hinweistafel den offiziellen Eingang nahmen, waren dann in der Rolle
des Betrachters, wer nicht gelesen hatte, wurde betrachtet. Das fand
ich mentalitästmäßig sehr japanisch, weil dort Regeln ja einen viel
höheren Stellenwert haben als in Europa.
- Der Betrachter wird betrachtet - eine japanische Gemeinheit
- Rußland war in der Vergangenheit selten so politisch wie hier und heute. Unter dem Titel „Scene Change“ zeigt Grisha Bruskin,
wie eine Macht die Menschen gleichschaltet und mit Terrorinstrumenten
die Welt beherrscht. Im letzten Bild beeindrucken alle möglichen
Figurenkonstellationen, die nur eine Gemeinsamkeit haben: den
umgeschnallten Sprengstoffgürtel. Daß damit Rußlands Verwicklung in
mehrere Kriege so deutlich angeprangert wird, läßt um das Schicksal des
kritisierenden Künstlers fürchten. Link zum Video
- Venezuela
war unverständlich, wenn man kein Spanisch kann, es wurde nichts
erklärt und man sah nur handgeschriebene Texte in Spanisch und ein
Video, in dem eine Stadt gezeigt wurde - ob Caracas oder eine andere
Stadt, konnte man nicht erkennen. Was es sollte, sowieso nicht. Nach der Schweiz (irgendwelche blauen Skulpturen, die einfach herumstehen) waren wir durch und fuhren nach Hause.
- Fazit des ersten Tages
- Die diesjährigen Exponate sind in den giardini
nicht so doll, bis auf die Beiträge von Rußland, Japan und Ungarn. Anne
Imhofs Beitrag kann ich nicht kommentieren, weil etwas Wesentliches
fehlt, aber es ist denkbar, daß sie preisgekrönt wurde, weil der Rest
so schlecht ist. Es fehlte dieses Jahr auch eine verbindliche Aussage,
wie es sie 2013 und 2015 gab, die damals zu einer höhere Qualität
geführt hatte: 2013 war das Thema „Il Palazzo Enciclopedico“ -
Der enzyklopädische Palast - es ging um Weltwissen, 2015 lautete das
Motto „All the World’s Futures“ - Alle Zukünfte der Welt - da ging es
um Visionen. Ein reines Kunst-Thema á la „L' art pour l'art“ scheint
nicht mehr zeitgemäß. nach oben
- Zum Abschluß des Tages besuchen wir das
neu eröffnete Kaufhaus an der Rialtobrücke. Es steht an der Stelle, an
der früher das deutsche Handelshaus
stand, an der „Calle del Fontego dei Tedeschi“ direkt neben der Rialtobrücke. Das
Haus wurde 1505 als Waren- und Lagerhaus der deutschen Händler gebaut, ein paarmal umgewidmet, schkießlich 2008 an Benetton
verkauft und beim Umbau ab 2009 komplett entkernt, daß nur noch die
Außenmauer stehenblieben. Im Inneren des pallazzo hat seit Herbst 2016 eine
Shopping-Mall eröffnet, an der es alles gibt, was richtig teuer ist.
Die Klientel scheinen die Tagestouristen der neureichen Kreuzfahrer zu
sein, denn es wird immer wieder darauf hingewiesen, daß Chinesen,
Koreaner, Amerikaner und Araber in ihrer Muttersprache einkaufen
können. Am Bulgari-Stand sah ich, wie eine europäisch aussehende
Verkäuferin auf chinesisch einer Familie ein Kollier für die Mutter anpries, das einen mittleren
fünfstelligen Betrag in Euro kosten sollte. Ich nehme daher an, daß die
Verkäuferin hier auch ein bißchen mehr verdient als sonst üblich.
- Das ehemalige deutsche Handelshaus als Shopping-Mall
- nun im Besitz von Benetton und vermutlich mit einem täglichen
Millionenumsatz.
- Wenn man durch die Abteilungen gegangen
ist (immer wieder verbindlich wirkende schwarz gekleideten und auch
sonst schwarze Sicherheitsmänner passierend), wird man nach einiger
Zeit auf die Dachterasse gelassen. Dort hat man einen Ausblick über die
Stadt, den es sonst nicht für die Allgemeinheit gab. Vermutlich wird
demnächst Eintritt erhoben oder man kommt nur mit Kundenkarte nach
oben. Jetzt ging es einfach so.
- Der Ausblick vom Dach des Tedesschi: Quinns Arme sind deutlich zu erkennen, am Horizont Mestre.
- Mein durchgeschwitztes T-Shirt wasche ich nach dem Besuch der giardini
schnell durch, hänge es aus dem Fenster zum Trocknen und starre in eine
etwa dreißigköpfige japanische Reisegruppe, die vor dem Haus einer
Erklärung lauscht. Einige Handys werden gezückt, das Shirt und ich
abgelichtet und nun wissen, die Japaner vermutlich, daß die Venezianer
ihre Wäsche zum Trocknen aus dem Fenster hängen - was ja auch nicht so
falsch ist, wie ich am Nachmittag in einer kleinen calle am Campo San Zaccharia gesehen habe.
- Auf dem Heimweg kommen wir wieder am
Campo San Formosa vorbei, wieder spielt der Bratschist sehr
professionell. Vielleicht ist er Orchestermusiker, muß sowieso üben und
macht das mit offenem Kasten vor Touristen. Leider bin ich kein
Bratscher... nach oben
- Mittwoch
- Biennale III
- Weil wir ja schon die Karten haben, gehen
wir ganz entspannt um halb zehn los, nehmen fünf Minuten später das
Boot an San Zaccharia und fahren die Station zum Arsenale. Das Arsenale
war vor fünfhundert Jahren mal die größte Schiffbauwerkstatt Europas,
stellte drei Galeeren pro Woche fertig und erst, als Venedig das Geld
ausging, wurde der Schiffbau eingestellt. Heute gibt es hier noch zig
Hallen, Hunderttausende von Quadrametern Nutzfläche und außer der
Biennale sind dort noch Militär, Küstenwache und diverse Betriebe
untergebracht. Im Arsenale findet sich die größe Anzahl an
Ausstellungsnationen, aber weil ich für diesen bericht nicht bezahlt
werde, schreibe ich nur auf, was mit persönlich gefällt. Soviel
Subjektivität muß sein!
- Es geht los mit einer „Näharbeit“ („Stoffe, Textilien und Frauen spielen dieses Jahr eine große Rolle“,
sagte die Leiterin der Biennale neulich. Ich lasse den Zusammenhang
jetzt mal so stehen....). Von einem Haufen Textilien sind Fäden zu
Garnrollen an der Wamd gespannt, daß das ganze ein großes Netz ergibt,
an dessen Rand ein Mann näht und einen weiteren Faden spinnt (Taiwan, Lee Mingwei).
Etwas weiter hängt eine Art Hängematte aus stabilem Papier, die mit
Tausenden Stecknadeln gespickt ist, die jeweils ein wichtges Stück
Papier festhalten: Kassenzettel, Notizen, Telefonnummern,
Visitenkarten, Memos, Zeugnisse, Briefmarken - alles das, was im Laufe
mehrerer Arbeitswochen an Papier anfällt. Das hat mit gefallen, weil es
mir zeigt, warum ich täglich meinen Papierkorb leeren muß (Philippinen, David Medalla).
- Mehrere Papierkörbe sind hier fein säuberlich aufgespießt.
Weiter geht es mit der Amerikanerin Bonnie Ora Sherk, die Fotos aus ihrem Leben zu Collagen zusammengestellt - sozusagen ein Fotoalbum auf einer Wand. Interessanter ist aus Kanada der Inuit Kananginakl Pootoogook
, der Begebenheiten aus seinem Leben in einer Mischung aus naiver
Malerei und Fotorealismus verbindet - von der Waljagd bis zu einem
streikenden Motorschlitten. Die Künstlergruppe The Play aus Japan stellte ein kleines Häuschen auf mehrer Paletten und filmte, wie das Haus auf dem Fluß schwimmt (Video).
Witzig war auch der Film „The Snow Monkeys from Texas“ für den eine
japanische Künstlergruppe Schneeaffen von Japan nach Texas brachte, in
die Wüste dort Schnee kippte und guckte, wie die Affen reagieren. Der
Tierschutzverein ist offensichtlich nicht eingeschritten und die Affen
wirkten leicht verunsichert. Ich kam an einem großen Stein vorbei, der
eine Schildkröte darstellen sollte, auf der ein Schild angebracht war
„Don't touch“. Drei Mädchen kamen vorbei, zwei stellten sich links und
rechts von der Schildkröte auf, die dritte zückte ihr Handy. Nun
rannten die beiden anderen Mädchen auf die Schildkröte zu, berührten
kurz den Stein und alle drei freuten sich, daß sie sie jetzt auch mal
Kunst gemacht hatten. Die haben es begriffen!
- Schuhe kann man auch bepflanzen!
- Sehr schön fand ich die bepflanzten Turnschuhe von Michel Blazy (Monaco).
Die nächsten Schuhe sollte man nicht wegschmeißen, sondern bepflanzen -
Feuchtigkeit sind sie ja gewöhnt. Dann gab es noch überdimensinalen
Spargel aus Plastik, zwei antike Filmprojektoren, die unablässig die
gleichen Filmstreifen zeigten, weil man die Enden aneinander geklebt
hatte, der koreanische Künstler Yee Sookyung (Korea)
hatte Porzellan aus dem China-Restaurant zu einer drei Meter hohen
Skulptur verwurstet (wer staubt das Ding ab?) und dann wurde es
mythisch-mystisch. In die Halle war eine Art Zelt aus geflochtenen
Seilen gefertigt, der Boden mit Rindenmulch ausgelegt und wenn man sich
die Schuhe auszog, dürfte man sich in das Zelt setzen. Derr Künstler
Ernesto Neto (Brasilien) hatte die Installation „Um Sagrado Lugar“ (ein
heiliger Platz) genannt und so wirkte es auch, denn die paar Leute, die
sich dort hingesetzt und hingelegt hatten, bewegten sich langsam und
leise wie in einer Kirche.
- Der deutsche Künstler Mariechen Danz (sein
Pseudonym) hatte eine Installation mit viel Stahlplatten gebaut
(Topographic Mud Floor) und dazu gab es eine Performance, die - anders
als bei Anne Imhof - auch als Video
zu sehen war. Nach weiteren - teilweise schrecklichen Sachen - kamen
wir an einer Videokabine vorbei, die sich als erster Höhepunkt
entpuppte. Nevin Aladag (Türkei)
hatte mit ganz wenigen Mitteln tolle ideen realisiert: ein im Baum
aufgehängtes Becken, das mit einem Stein beworfen wird, ein Akkordeon,
das von einem Spielgerät hin und her bewegt wird, ein Luftballon, der
eine Flöte spielt und das Spektakulärste war eine am Karussel befestigte
Violine, die immer, wenn sie den installierten Bogen streifte, einen
Ton von sich gab. Es hat mir nicht deswegen am besten gefallen, weil ich
musikaffin bin, sondern, weil man mit ganz wenig Mitteln tolle Sachen
gemacht hat. Deswegen auch ein Bild davon:
- Die Violine wird vom Karussell bewegt - pro Runde ein Ton
- Sheila Hicks (USA / Frankreich) zeigt ein Ecke mit bis zur Decke gestapelten Wollballen in allen möglichen Farben, Liliana Porter (Argentinien / USA) nennt ihr Werk „Man with Axe“ und zeugt ein total demoliertes Klavier, Liu Jianhua (China) hat Porzellan golden lackiert und ausgelegt und Alicja Kwade (Polen) zeigt Spiegel und Spiegelillusionen, so daß man nicht weiß, was echt ist und was nicht. Das war noch ganz reizvoll.
- Neuseeland
hatte eine Videprojektion produziert, die in einer guten halben Stunde
auf ca. 20 Meter Breite mit zehn Beamern zeigte, wie Ureinwohner und
Engländer völlig nebeneinander her leben, ohne daß man versucht,
einander zu verstehen. Das war eine der besten Arbeiten im Arsenale.
- Den Abschluß der Ausstellungen in der Arsenale macht traditionell China
und nach zwei Biennalen mit furchtbaren Beiträgen war es dieses Mal
brauchbar. Die Videoinstallationen waren annehmbar und chinesische
Kunst (oder war es Kunsthandwerk?) kam diesmal so rüber, daß man es
nicht erklären mußte.
- Am Nachmittag streunen wir durch die Stadt und finden in Dorsoduro weitere Ausstellungsorte. Irene Zundel
stellt Plexiglasarbeiten im Centro Culturale aus (Dorsoduro 919, Nähe
Zattere), im Palazzo Zenobio stellen die Länder Armenien und Tibet aus
und weil es nicht gut ist, erspare ich mir Details.
- Fazit nach zwei Tagen Biennale
- Es war dieses Jahr nicht so doll. Kunst,
die pro Objekt zwei Seiten Erklärungen braucht, spricht micht nicht so
an, wie eine Installation oder ein Objekt, das sich selbst erklärt:
Positivbeispiele dieses Jahr waren für mich Rußland, Ungarn, Japan, die
Türkei und Neuseeland. Vielleicht ist es 2019 mal nicht so
verkopft wie dieses Jahr. Kunst kommt zwar von „können“ aber auch von „künden“ - meistens war aber noch nicht mal die Idee gut.
- Ab zum Flughafen!
PS: Die documenta in Kassel war dieses Jahr noch schlechter....)
PPS: Ich freue mich auf Ostern. Da bin ich wieder da und höre die venezianischen Osterglocken....
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Orientierung - Venedig für Anfänger
Venedig ist nur theoretisch einfach, in Wirklichkeit aber etwas
kompliziert. Man muß auf jeden Fall wissen, ob man auf die eine oder
die andere Seite des canal grande
muß. Entlang dieses Kanals gibt es alle zwei bis fünfhundert Meter eine
Haltestelle der Linie 1 (leider manchmal auf der verkehrten Seite). Zum
Seitenwechsel gibt es daher vier Brücken: an der piazzale roma steht die vierte und modernste von allen (sie wurde erst vor ein paar Jahren gebaut), an der ferrovia ist die zweite Brücke aus dem 17. Jht., die Rialto-Brücke ist die älteste von allen und die letzte, kurz vor San Marco, ist die accademia. Wem das nicht reicht, der muß einen „traghetto“ nehmen, eine Personenfähre, die es alle paar Stationen gibt (z.B, zwischen Ca' Rezzonico und San Samule, Preise um die fünf Euro - je nach Jahreszeit.
- Stadtteile
- Man kommt normnalerweise an der Piazzale Roma an, die zu San Croce gehört, im Nordwesten Venedigs. Im Süden liegt die langgezogene Insel Isola dell Giudecca und gegenüber, auf der anderen Seite des canal de giudeccha
liegt der zweitsüdlichste Stadtteil Dorsoduro daneben San Marco im südlichen Zentrum. Im Norden liegen
Cannaregio und San Polo, Castello und Arsenale liegen im Osten. Außerdem gibt es noch den Lido, der die
Lagune vom Meer trennt und nur mit der Fähre zu erreichen ist, und viele Nachbarinseln (Karte).
- Adressen
setzen sich zusammen aus der Angabe
des Stadtteils und einer höchstens vierstelligen Hausnummer. Unsere
Ferienwohnung lag mal in Dorsoduro 2925, aber es ist durchaus nicht so,
daß
ein Kanal bei der Nummer 1 beginnt und logisch dreißig Nummern weiter
endet. Da der Teufel hier im Detail
steckt, muß man wissen, wo man suchen soll. Smartphones helfen nur bedingt, denn in den engen Gassen versagt die Ortung. Es kommt schon vor, daß die Nummer 352 sofort mit der Nummer 402
weitergeht (gesehen in Cannaregio) - da macht man nichts mehr.
- Hausnummer sind nur bedingt verläßlich - manchmal geht die Zählung hinter dem Haus weiter
Adressensuche
Besser ist folgende Systematik: Venedig hat als oberste Orientierung
den canal grande. Die Seitenkanäle haben meisten den Namen „Rio“, dann
ist es eine direkte Verbindung, oder die Bezeichnung „Calle“, dann
fließt dieser Unterkanal in irgendeinen „Rio“. Entlang dieser Kanäle
gibt es fortlaufende Bezeichnungen der Häuser. Venedig hat außerdem ein
paar hundert Kirchen, die irgend einem Heiligen gewidmet sind (z. B.
dem San Giorgio mit dem Lenkrad...). Eine Kirche wie San Paolo Apostolo
< daraus wurde „San Polo“ >, liegt an einem Platz, der „Campo San
Polo“ heißt, von dem aus die Zuflüsse zum canal grande, entsprechend
„Rio San Polo“, „Parrocchia San Polo“ oder „Calle San Polo“ heißen. Die Brücke über einen „Rio“ oder „Parrocchia“ oder eine „Calle“ heißt in der Nähe der Kirche
logischerweise „Ponte Rio/Parrocchia/Calle San Polo“. Leider kann man sich damit nur
ungefähr orientieren, denn es gibt wieder mehr Brücken als Kirchen,
wenn auch nicht so viele Brücken wie in Hamburg. Man muß also gucken, wo die jeweilige Kirchen steht und hat dann eine ungefähre
Vorstellung, wo man suchen muß und wenn man einen kleineren Kanal findet, kann man sich ungefähr ausrechnen, wo der hinführt.
- Kompliziert ist es bei Adressen ohne
Heiligen, zum Beispiel führt der „Rio di Toletta“ von Dorsoduro zur
Accademia, aber da muß man erst mal drauf kommen. Es gibt auch Adresse wie „Fondamente...“
, die nur anzeigen, daß es hier mal eine Stadterweiterung gab. Im
Zweifelsfalle läuft man solange, bis man ein kleines gelbes Pfeilschild
findet, auf dem steht „per S. Marco“ oder „per Accademia“ oder „per piazzale R.ma“ oder so. Darauf kann man sich immer verlassen und am Ende gibt es eine Haltestelle der Linie 1.
- Merke: Am Anfang nie
ohne Stadtplan und schon gar nicht ohne Mehrtagesticket des Vaporettos,
denn da kann man, wenn man sich verlaufen hat, bei jeder Station
einsteigen und kommt im Zweifelsfalle wieder beim piazzale raus.
Von da sollte man wissen, wie man nach Hause kommt. - nach oben
Verkehrsmittel
- Venedig hat gegenüber 2015 die Preis wieder etwas verändert. Die Einzelfahrt mit dem Wasserbus (vaporetto) des venezianischen Verkehrsverbundes ACTV ist gegenüber vor zwei Jahren auf € 7,50.- gestiegen ( Oktober 2015: € 6.-) , das Tagesticket liegt nun bei € 20.- , das Drei-Tagesticket lag
heute bei € 40,., das Wochenticket blieb unverändert bei€ 60.- . Allerdings ist
die Fahrt von und zum Flughafen nicht mehr inbegriffen und da fielen
heute noch einmal für uns jeweils € 12.- an - zwar hin und zurück, aber
diese Fahrt war vor zwei Jahren ebenfalls im Ticket enthalten. Für
zwei Personen waren also € 144.-. fällig. Die Einzelfahrt im Aerobus kostete dieses
Jahr € 7,50 .- und Rabatte gibt es nicht. Wer mehr ausgeben
will, nimmt den anderen Bus und hat dafür W-Lan.
- Trotzdem bleibt das Tagesticket oder ein Mehrtagesticket das
Gescheiteste, das man sich am besten direkt am Flughafen holt, wenn man nicht am Piazzale Roma (piazzale), Holzbrücke über den canal grande (accademia) oder an irgendwelchen Kiosken um San Marco Schlange stehen will. Wassertaxis oder Motoscafi kriegt man nicht unter € 50.- (pro Fahrt).
- Man beginnt mit dem venezianischen Liniensystem am besten am piazzale mit der Linie 1, die etwa alle zehn Minuten Richtung Lido
fährt und fast überall hält. Die Busse am Lido kann man auch benutzen. Wenn
man sich auskennt, kann man die Linie
2 nehmen, die nicht überall hält, aber dafür schneller von A nach B
kommt. Außerhalb Venedigs bieten sich die Linien 3, 4 und 5 an
(Kreislinie Venedig-Murano), von der die 4.1 oder 5.1. in die eine, die
4.2 oder 5.2 in die andere Richtung fahren. Will man zur Toteninsel San Michele,
muß man die Linie 3 nehmen, weil nur diese dort hält.
Wenn man weiter weg will, z.B. nach Burano oder Torcello, steigt man an F.mente Nóve oder Murano
in die Linie 12. Das Boot ist größer, fährt schneller und hat sogar ein
Klo! Faustregel: je kleiner die Linienzahl, desto langsamer.
- Von
Venedig aufs Festland fahren alle Busse, die neue Straßenbahn und auch
die Züge. Wer also mal einen Tag Mailand/Milano oder Florenz/Firenze machen will, kann
ab der ferrovia (eiserner Weg = Bahnhof) starten.
Der Bahnhof ferrovia ist das Tor zum Rest Italiens.
- Praktische Hinweise
- Gepäckaufbewahrung: Üblicherweise
muß man seine Fewo bei der Abreise morgens gegen zehn Uhr verlassen,
hat oft aber erst den Flug am späten Nachmittag oder Abend. Da bietet
sich die Aufbewahrung am piazzale an (pro Stück 7.-), die abends bis 21:00 Uhr besetzt ist.
- Wasser:
Wenn es heiß ist braucht man viel Wasser. Praktischerweise sind viele
kleine Brunnen über die Stadt verteilt, bei denen man seine
Wasserflasche auffüllen kann. Wenn es kein Trinkwasser ist, steht dies
ausdrücklich mit Warnhinweis dran. In jeder Gasse gibt es außerdem kleine
Läden, in denen man für den halben Liter Wasser (mit Kohlensäure = frizzante) zwischen einem und zwei Euro zahlt - je nach Lage.
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- Kritisches
- Die ganze Diskussion um den Seelenverkauf der Stadt und das Abkippen in eine Art Disneyland ist von dem Journalisten Thomas Niemietz gerade (3. Januar 2018) sehr
kompetent für die ARD recherchiert worden. Sehen Sie sich den Artikel
an und überlegen Sie danach, wie oft sie kommen wollen und vor allen
Dingen womit - Kreuzfahrer sind in der Stadt momentan nicht so gerne
gesehen und daß viele Venezianer in Mestre wohnen, weil sie sich eine
kleine Wohnung in Venedig nicht mehr leisten können, ist auch traurige
Realität. Zwar hat Airbnb da eine gewisse Mitschuld, doch daß die
Millioneneinnahmen der Kreuzfahrtschiffe nicht in der Stadt Venedig
landen, sondern in einem privaten türkischen Unternehmenskonglomerat,
ist leider auch traurige Wahrheit und spricht nicht für den Weitblick
des venezianischen Stadtrates.
http://www.ardmediathek.de/tv/betrifft-/Venedig-Ausverkauf (Video verfügbar bis 03.01.2026)
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