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Mecklenburg-Vorpommern - Einführung
Text und Fotos: © Martin
Schlu 2008-2025 / Stand 10. März 2025
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- Den
Begriff „Mecklenburg“ hörte ich (gebürtiger Wessi) um 1970 das erste
Mal im Zusammenhang mit dem berühmten General Wallenstein, weil der
einmal Herzog über diesen Teil der Welt gewesen war, doch ich konnte
mir nichts darunter vorstellen. Meine Oma (Jg. 1888) hatte zwar schon
in den 1960er Jahren über Rostock und Wismar erzählt, aber das war so
lange her, daß ich nichts mehr damit anfangen konnte, denn beim
Mauerbau 1961 war ich knapp drei Jahre alt gewesen. Im Film
„Nosferatu“ von Friedrich Murnaus (1922) konnte man noch den
unzerstörten Wismarer Hafen mit der Marienkirche und dem Wassertor
sehen, den meine Oma noch als jüngere Frau kannte, doch 1978 kannte ich
nur Werner Herzogs Neuverfilmung, glaubte, daß dort die gezeigte Stadt
Wismar sei und erfuhr erst viel später, daß man diesen Film im
holländischen Delft drehen mußte, weil die zuständige Filmstelle eine
Dreherlaubnis in Wismar verweigert hatte.
- Die DDR, die
ehemaligen deutschen Ostgebiete, Polen oder Teile der Sowjetunion kamen
in meinem Schulunterricht der 1970er Jahre nicht vor. Dies war die „Ostzone“ , die auch im Schulatlas als „z. Zt. unter sowjetischer Verwaltung“ gekennzeichnet wurde. Es gab nur einen Lehrer, der gebürtiger
Ostpreuße war, mit Vornamen „Eitel“ hieß und bei dem wir innerlich stöhnten, wenn er im prrreußisch rrrollenden „Rrrr“ von der
Vorrrrkrrrriegszeit erzählte. Dort hörte ich Begriffe wie Ostpreußen, Schlesien, Pommern
und ich wußte, daß es Vertriebene aus diesen Gebieten gab, ohne zu
wissen, wo diese lagen (das ist manchmal heute noch so). Schulbücher
der späten 1970er Jahre zeigten zum
Therma Polen immerhin farbige Fotos, aber in der Art, daß zum
Untertitel „Ländliche
Straße in Polen“ ein unbefestigter Feldweg zu sehen war, auf dem zwei
Männer einen Trabi reparierten - entsprechend konnten die Länder des
Ostblocks ja wohl nichts sein und unsere Lehrer bestätigten das auch immer wieder.
- Der Schulunterricht in der BRD war tendeziös gegen alles Östliche.
Schüler
im Westen
lernten zu BRD-Zeiten in der Schule die hinterste und
vorletzte Provinz der Bundesrepublik und der USA kennen, doch hinter
der Elbe war Schluß mit der Geographie und hinter der Neiße erst recht.
Als Oberstufenschüler kam ich in das damals vom Staat subventionierte
Berlin, als der örtlichen Bundestagspolitiker die Schulklasse drei Tage
nach Berlin einlud. Von dort konnte
man einen Tagesausflug nach Ostberlin unternehmen, Vopos und
Wachablösungen
live erleben und
sich über den realen Sozialismus ein bißchen gruseln. Man hatte am Ende
des Tages allerdings das Problem, die übrig gebliebene Ostmark wieder
loszuwerden, denn es war fast unmöglich, die Summe
des Pflichtumtausch' von 25 Mk (Ost) auf den Kopf zu
hauen. Gut essen gehen kostete Mk 4,21.- , einen Kaffee gab es für Mk 0,13.-
und man konnte das Geld einfach nicht verfressen. Um Mitternacht mußte man allerdings wieder drüben sein
und Udo Lindenbergs „Mädchen aus Ostberlin“ beschreibt ganz gut die
damalige Zeit der 1970er Jahre.
Aus dieser Zeit habe
ich deswegen noch etliche Klavierauszüge
verschiedener Bach-Werke, die man, in grünes Leinen gebunden, für drei
Ostmark
in der Buchhandlung am Alexanderplatz erstehen konnte - von Mao-Bibeln,
Schriften von Marx und Engels mal ganz abgesehen, die es oft
geschenkt gab. Berlin galt im Westen als „Frontstadt des Westens“ und in der Ostzone galt sie noch bis 1989 als „Hauptstadt der DDR, aber nur provisorisch“ - ich lebte bei und in Bonn, der „provisorischen Hauptstadt der BRD“ und kriegte de politischen Ereignisse immer hautnah mit.
- Später
kam ich immer wieder über die Grenze - 1987 sogar nach Desden um dort
mit einem Blechbläserensemble zu spielen. „Junge, du mußt denen was
mitbringen, Kaffee und Südfrüchte gibt es in der Zone doch nicht“ hatte
mir eine Bekannte gesagt, die Verwandte in der DDR hatte. Ich machte
dies und war total perplex, daß der mitgebrachte Kaffee dort keine
überschäumende Freude, sondern eher Befremden auslöste. Ich wußte auch
nicht , daß Dresden die zweite Vorzeigestadt nach Ost-Berlin war, wo im
Zentrum die Läden vorzeugemäßig voll waren. Die Bückware (das, was
versteckt unter dem Ladentisch angeboten wurde) gab es woanders.
- Bis
zum Mauerfall 1989 war Mecklenburg also verbotenes Land, hinter Lübeck
war Schluß und wer aus der BRD hätte auch mehr sehen wollen außer
Ostberlin und Dresden? Als die Mauer dann fiel, war ich mit dem
Berufseinstieg, der persönlicher Standortbestimmung und alledem, was
zum Erwachsenwerden nötig ist, so beschäftigt, daß ich mich eben nicht
ins Auto setzte und nach Osten losfuhr, sondern es interessierte mich
einfach nicht und ich hatte mich ja auch längst anders
orientiert.
- Erts weit nach 1989 bekam ich mit, daß ich als Urahnen einen Schriftsteller hatte, Jochim Schlu,
der 1624 in Rostock gestorben war. Ich begann mich für dieses neue Land
zu interessieren und die ersten Gehversuche in dieses Land dauern bis
heute an. Vorsichtige
Urlaube und Exkursionen an die Ostsee (später bis kurz vor Kaliningrad)
zeigten eine
wunderschöne Gegend, Landschaften, die im Westen nicht vorstellbar
waren und nebenbei lernte ich, daß im Osten die Uhren anders
gehen, die Menschen anders ticken und manchmal die Zeit stehengeblieben
ist - auch heute noch, denn jedes Jahr kann man im Mai in
der Ostsee-Zeitung die Glückwünsche zur Jugendweihe lesen und ca. 30% der Vierzehnjährigen gehen auch heute noch dorthin.

- Weites Land, wenn man die Städte hinter sich lässt, wie hier z.B. auf Rügen.
- Es
ist ganz hilfreich, sich geographisch und mentalitätsmäßig ab Lübeck zu
nähern, die Ostsee entlang zu fahren und den einen oder anderen
Abstecher zu machen. Wir (meine Familie und ich) haben dies in den
letzten zwanzig Jahren in vielen Alternativen ausprobiert: als Standort
funktioniert Lübeck für den westlichen Teil ganz gut. Für Mecklenburg
ist der Standort Rostock oder Greifswald gut geeignet, für Sachsen am
besten Dresden. Rügen alleine ist schon einen Urlaub wert und wenn man
weiter in die Richtung Pommern/Polen will, empfiehlt sich der Standort
Darß. Wer im Sommer nicht zwei Stunden bei Wolgast für den Besuch
Usedoms anstehen will, fährt auch nicht dorthin. Für Usedom muss man
nicht nach Heringsdorf gehen, eine Ferienwohnung in Anklam oder einem
kleineren Dorf auf der Insel tut es auch. In allen Fällen sollte man
sich aber Zeit nehmen. Im Sommer kann man fast überall schwimmen -
zwischen dem Boltenhagener Tourismus mit weißem Sand und dem Rügener
Naturstrand an der Schaabe gibt es Hunderte Kilometer Strandabschnitte
und meistens interessiert keinen, wie man ins Wasser geht.
- Oft ist
die langsame Verbindung über die Bundesstraßen B 96, 105, 109 oder 111 die schönere und über
die Ostseeautobahn A 20
kommt man wieder sehr schnell zurück. Aus diesem Grund wird hier über
Teilbereiche berichtet, die man alle in einer Woche so weit erkunden kann, daß man auch etwas davon hat. Man kommt danach
sowieso
immer wieder.
- Übrigens
wird man immer als Wessi erkannt, wenn man „Mecklenburg“ so ausspricht,
wie man es schreibt. Insider wissen, daß es „Meeklenburg“ ausgesprochen
werden muß und die Sender Radio Ostseewelle oder Antenne MV sind beim
Mentalitätsverständnis sehr hilfreich.
- Daß jetzt (März 2025) der Osten nicht mehr rot sondern blau ist, liegt sicher
auch an der Wessi-Mentalität der Wendejahre, in denen wir (BRD) den Osten
nicht integriert, sondern regelrecht gekauft haben. Das Schlimmste,
meiner Meinung nach, war, daß im Nachhinein nach bundesrepublikanischem
Recht angeklagt und verurteilt wurde, weil man das alte DDR-Recht
rückwirkend durch das BRD-Recht ersetzt hatte. So wurden etliche
NVA-Soldaten an der Grenze (Mauerschützen) noch weit nach 1990 kriminalisert
und zu hohen Haftstrafen verurteilt, weil sie nicht gegen ihre
Vorgesetzten aufbegehrt und sich nicht geweigert hatten zu
schießen. Bei uns (BRD) dagegen konnte ein Altnazi wie Hans Filbinger noch bis 1978 Ministerpräsident sein und Adenauers rechte Hand Globke war es sowieso.
Solange
die Geschichte der Widervereinigung nicht aufgearbeitet ist, wird der Unterschied
zwischen West und Ost bestehen bleiben - das habe ich in vielen
Gespräche mit Mecklenburgern und Brandenburgern erfahren.
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- Literatur zur Einstimmung
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- Literatur zur Einstimmung
- Gisa Klönne: Das Lied der Stare nach dem Frost. Pendo/Piper Verlag, München 2013,
- ISBN: 978-3-86612-324-3
- (Grandiose
Nachkriegs-
und Nachwende-Geschichte einer deutsch-deutschen Familie im Raum
Mecklenburg. Nach Lektüre des Romans fährt man bewußter durch das Land
und wenn man sich ein bißchen auskennt, hat man mehr von dem Roman )
- http://www.gisa-kloenne.de/familien_roman1.html - Link vom 2. August 2014
- Judith Kern: Das Leuchten des Sanddorns. Roman. Knaur Taschenbuch 63987, München 2009,
- ISBN: 978-3-426-63987-0
Die
Verfasserin schildert die wilhelminische Epoche, die erste
Weltkriegszeit, Inflation und aufkommende Nazizeit, sie beschreibt die
Nachkriegszeit, den darauf folgenden Stalinismus und die beginnende
DDR-Zeit. Am Ende des Romans springt die Verfasserin im Epilog auf
die
Nach-Wende-Zeit nach dem Mauerfall. Besonders gelungen sind die
Passagen, die in Binz und Sassnitz spielen, weitere Orte auf Rügen
werden
kurz abgehandelt.
- https://www.droemer-knaur.de/buch/Das+Leuchten+des+Sanddorns.191714.html - Link vom 2. August 2014 - nach oben
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