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Text und Fotos: © Martin Schlu 2008 bis 2014 / Stand: 12. Mai 2018

zurück  - Zum Klützer Winkel - Nach Heiligendamm

Das Seebad Boltenhagen beginnt seine Entwicklung 1803, als Graf Bothmer, der im vier Kilometer entfernten Klütz auf Schloß Bothmer lebt, beschließt, für seine Familie am Boltenhagener Strand einen Badekarren aufzustellen - etwas, das man sich als Strandkorb für zwei bis vier Personen vorstellen muß, der ins Wasser gefahren wird. Auf die Idee gekommen ist er vermutlich durch den mecklenburgischen Herzog Friedrich Franz, der auf Anraten seines Rostocker Leibarztes Professor Samuel Gottlieb Vogel 1793 in Heiligendamm in einem solchen Karren regelmäßig zum Schwimmen gefahren wurde und dem dies ganz gut tat. Diese Karren sorgen in den folgenden Jahren für einen unglaublichen Aufschwung unter den paar Bewohnern, denn den Jahren nach 1803 bringt Graf Bothmer weitere Freunde zum Baden mit, die erzählen es ihren Freunden weiter und nun kommen immer mehr besser gestellten Damen und Herren, möchten ebenfalls baden und mieten sich von pfiffigen Einwohnern deren nachgebaute Badekarren, die üblicherweise für einen Tagesverdienst vermietet werden - so etwa wird aus Boltenhagen ein Badeort.
Badekarren um 1830
"Mermaids at Brighton" by William Heath (1795 - 1840) - hier sieht man reges Badeleben um die Karren auf einem Gemälde von 1829
(Foto: Wikipedia)

Noch gibt es keine Übernachtungsmöglichkeiten, Boltenhagen ist ein kleines Nest mit gerade einmal fünfzig Einwohnern und so übernachtet man in Klütz. Es braucht fast dreißig Jahre, bis 1838 das erste Hotel aufmacht. Um 1850 verzeichnen die Kurlisten 500 Übernachtungsgäste, zwanzig Jahre später muß eine Seebrücke gebaut werden - es findet eine ähnliche Entwicklung statt wie auf Hiddensee, nur alles ein paar Nummern größer und schneller. Noch in der DDR-Zeit wird aus dem kleinen Dorf ein staatlich anerkannter Erholungsort mit etlichen FDGB-Häusern für den Urlaub der Werktätigen und 1969 gibt es rund 40.000 Gäste für mehrere Tage oder Wochen. 1988 sind es rund 73.000 Dauergäste geworden, außerdem kommen ca. 350.000 Tagesbesucher aus dem Umland. Nach der Wende 1989 sinkt die Zahl der Dauergäste auf unter 16.000 und es gibt für einige Jahre eine massive Arbeitslosigkeit.

In den spätern 1990er Jahren boomt der Ort  wieder, nachdem viel Land und Immobilien von westlichen Investoren billigst aufgekauft wurde („wilder Osten“). Man baut aus, verbessert die Infrastruktur ein bißchen und die Gäste kommen bis heute in Scharen, denn Boltenhagen ist sehr gut als erster Einstieg nach Mecklenburg, weil Lübeck nur knapp vierzig Kilometer entfernt ist. Dort kann man zwar im 20 km entfernten Travemünde auch am weißen Ostseestrand baden, aber hier, in der Boltenhagener Umgebung hat man doch etwas mehr Ruhe. Daß man sich heute am Wochenende ab Hamburg-Süd von der A7 zur Auffahrt A1/A20 anstellen muß, liegt eher am Wechseltag Samstag - der ist in MV sakrosankt und so löst sich der Stau in der Geschwindigkeit auf, in der die Ankommenden die Parkplätze zur Ferienwohnung finden - nur Rügen ist noch etwas schlimmer. Erfahrene Urlauber nehmen ab Lübeck daher die B 104/105 Richtung Wismar, Rostock und Stralsund - die alte Hanseroute eben - und wechseln auf die L1 oder L3 nach Klütz und Boltenhagen. Mecklenburg-Vorpommern ist in Deutschland mittlerweile das Urlaubsland Nr. 1 geworden und das merkt man in Boltenhagen besonders stark. - zum Anfang


Die Strandkörbe sind für Familien mit kleinen Kindern ideal, weil man sie natürlich so in den Wind stellen kann, daß dahinter Ruhe ist. Für den Strandkrimi gibt es auch nichts besseres. Zwischen sieben und zwölf Euro pro Tag muß man allerdings rechnen und dann ist dies für größere Familien wieder ein Haufen Geld. Die Strandmuschel ist billiger.

Jedenfalls ist der Boltenhagener Strand sehr schön, man kann Strandkörbe mieten, muß es aber nicht und wer nicht essen gehen mag/kann/will, findet am Ortseingang an der Klützer Straße eine Art Einkaufsmeile (Kastanienallee) mit den Supermärkten Aldi, Markant, Kik,  Ein-Euro-Läden, Frittenbuden, Volksbank und ausreichend Parkplätzen. Lidl, Penny und eine Tankstelle findet man ein paar Kilometer weiter im Ort Klütz. Am Samstag nachmittag in der Hochsaison sollte man sich da vielleicht nicht herumtreiben, weil um diese Zeit alle Feriengäste ankommen und sich versorgen müssen. Zwischen zwei und vier Uhr nachmittags im Juli sollte man sich  eigentlich überhaupt nicht im Boltenhagener Zentrum herumtreiben, weil es so voll ist, daß man nicht über die Straße kommt - in diesen zwei Stunden platzt die Stadt einfach aus allen Nähten. Aber ab Mitte August wird es leerer...

Hinter dem Strand parallel zur Ostseeallee ist ein kleines Wäldchen, das mit Spielgeräten vollgestellt ist , so daß man die kleinen und älteren Kinder locker mal eine Zeitlang laufen lassen kann, um am Strand zu faulenzen. Wenn wirklich etwas passieren sollte, hört man das schon. Da im Wäldchen immer Kinder und Eltern sind und der gesamte Strand bewacht ist, kann man ganz gelassen bleiben, wenn man Geschrei hört - irgendjemand kümmert sich mit Sicherheit drum. Wir haben es erlebt, nach spätestens einer halben Minute war das Geschrei vorbei und das Kind versorgt. Auch so etwas entspannt. Übrigens hat man erst im letzten Jahr ein paar Schiffsladungen des weißen Ostseesandes vom Kühlungsborner Meeregrund nach Boltenhagen verschifft und an den Strand gepumpt und damit ist der Strand noch ein bißchen größer geworden - außer bei Flut - da wird es eng und es reicht nur noch für drei Reihen Strandkörbe. Boltenhagen ist auch schön, wenn man nicht schwimmen gehen will, sondern mit Planschen zufrieden ist. Wem der Trubel am Strand zu viel wird, läßt Wäldchen und Strand links liegen und fährt von Boltenhagen-Tarnewitz die L1 über Oberhof Richtung Wismar. Zehn Kilometer später, an der Wohlenberger Wiek, einem Teil der Wismarbucht, gibt es flachen Sandstrand satt mit erheblich weniger Menschen. Man kann das Auto rechts von der Straße parken, muß die L1 überqueren und hat Strand ohne Ende, so daß man auch in Ruhe schwimmen kann.

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Der Kurpavillon von Boltenhagen am späten Nachmittag - gleich geht der Radau los.
Weil Boltenhagen ein Kurort ist, gibt es natürlich alle möglichen Ärzte (für die Älteren und die kleinen Wehwehchen), doch man muß nicht in die teuren Hotels gehen, weil es genug Ferienwohungen in allen Größen, Ausstattungen und Preisen gibt, die oft genug wenige hundert Meter vom Strand entfernt liegen. Die Kurtaxe (€ 2,10 pP in der Hochsaison pro Tag) wird in der Regel von den Ferienhausvermietern eingesammelt und abgeführt und dafür bekommt man einen Ausweis, mit dem man auch an den Strand darf. Wer bei „Kurkarte“ nun denkt, das ist wieder so typisch deutsch, sei versichert, es geht noch viel schlimmer, denn in Sylt wollte man von uns vor wenigen Jahren fünf Euro Eintritt für den Westerländer Strand haben (auch bei Regen). Allerdings war die Kurtaxe aber auch dreimal so teuer wie hier in Boltenhagen. Nicht ganz so glücklich ist der Name einer größeren Ferienhaus-Vermittlung: OSSEBO steht für Ostsee-Service-Boltenhagen, klingt aber immer irgendwie nach „Ossi“ - von dem Begriff will man hier ja eigentlich weg....

Abends, wenn die Kleinen in den Betten sind, wird im Kurhaus aufgedreht und man kann alles haben: Volksmusikkapellen genauso wie abgehalfterte Schlagersänger/innen, hoffnungsvolle Oldie- und Rockbands oder den Seemannschor aus dem Nachbardorf. Wer dies nicht mag, findet auch eine Stelle, wo der Lärm nicht stört - entweder auf der Seepromenade, wo ab sieben Uhr die Angler sitzen oder z.B. an der Eisdiele am Ende der Hauptstraße. Man kann auch in einem in Hörweite liegenden Restaurant essen. So muß das sein!

Wer vom Strand-, Kinder- und Musikgequake die Nase voll hat, schnappt sich am besten ein Fahrrad und ist in ein paar Minuten im Hinterland, wo man ausgiebig im Wald radeln und sogar alleine sein kann. Dank der Smartphones wird man sich nicht verfahren, weil das Land so flach ist, daß überall Empfang ist. Weil der Ort aber auch nicht ganz so groß ist, kommt man spätestens nach einer Stunde wieder in Klütz oder in Boltzenhagen heraus. 
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Fahrrad fahren kann man am besten abseits des Ortes, hier in Klütz
Es sieht nicht aus, als ob das Meer nur zehn Minuten weg ist, aber dem ist so.
Boltenhagen ist ein sehr langes Dorf, dafür gibt es wenig Hinterland mit Läden - alles konzentriert sich um die ca. zwei km lange Ostseeallee und dort sind massenweise Läden mit teurem Schnickschnack, den man nicht braucht, außer die Kinder sind im Quengelalter und können durchsetzen, daß man es trotzdem kauft. Die Mehrheit der Gäste ist im entsprechenden Alter und so gibt es auch sehr viel Angebote für um die Zehnjährigen.

Die rege Nachfrage hat ihren Preis: Häuser, die die in den letzten fünf Jahre gebaut wurden oder noch im Bau sind, haben jetzt schon die Schallgrenze von € 300.000.-. überschritten, selbst wenn sie jwd („janz weit draußen“) liegen. Am Ende des Strandes (Hundestrand) blitzt noch das aus DDR-Zeiten abbruchreife Gebäude des früheren „FDGB Erholungsheim Fritz-Reuter“ für die Werktätigen durch den Wald, doch in absehbarer Zeit wird an dieser Stelle ein „Wellness-Resort“ stehen und spätestens in zehn Jahren wird Boltenhagen so teuer sein, daß es für Familien mit Kindern nicht mehr bezahlbar ist. Es ist zu vermuten, daß die Preisblase in diesem Zeitraum platzt und es dann viel Leerstand geben wird. Begangene Fehler in der Infrastruktur (eine einzige Straße  führt durch den  Ort, die immer verstopft ist, wenn die LKWs Ware bringen), das Zubauen der letzten freien Meter ohne Reserve und eine Aufgabe der „Stadt Boltenhagen“ zugunsten des „Amt Klützer Winkel“ haben die letzten Jahre für Verstimmung in Stadt und Stadtrat gesorgt.
Das war mal das Ferienheim des FDGB „Fritz Reuter"
Ein Teil das abbruchreifen FDGB-Erholungsheims „Fritz Reuter“ - in drei Jahren steht hier noch ein Wellness-Hotel mehr.
Literatur:
Horst Günther: Boltenhagen Ostseebad. Chronik Boltenhagen, Tarnewitz, Redewisch, Wichmannsdorf. Nordwestmedia, Boltenhagen 2003 (aus Anlaß des Jubiläums „200 Jahre Boltenhagen“)

Links:   funktionierend am 20. Juli 2014
http://de.wikipedia.org/wiki/Boltenhagen
Lübecker Bucht (Dokuserie „Wunderschön“ des WDR)
http://www1.wdr.de/fernsehen/ratgeber/wunderschoen/sendungen/luebeckerbucht100.html

Fahrten ins Umland
Hier empfiehlt sich der Klützer Winkel, Wismar oder die Insel Poel. Die Badeorte Heiligendamm und Kühlungsborn sind auch nicht weit weg. Schwimmen kann man dort ohne Aufpreis, denn die Kurtaxe gilt auch für diese Kultorte, außerdem für Poel und für Graal-Müritz (Richtung Rostock). Wer lieber in Kultur macht, fährt mindestens einmal für einen Tag nach LübeckSchwerin oder nach Rostock. Mit dem Auto ist es zu jedem Ort etwa eine Stunde weit, nach Ludwigslust zum Schloß etwa eine halbe Stunde mehr.

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Der Klützer Winkel und Schloß Bothmer zum Anfang

Der Klützer Winkel ist eine Verwaltungseinheit, die, zwischen Lübeck und Boltenhagen gelegen, sechs Gemeinden abdeckt, u.a. auch Boltenhagen. Im Ort Klütz selbst gibt es eine Kirche und die üblichen alten Häuser. Der Kirchturm von Klütz ist etwas höher als sonst, weil das Gebiet des Winkels so definiert war, daß, wenn man diesen Turm sah, man noch im Klützer Winkel war.

Doch das Interessanteste ist das Schloß Bothmer, die größte barocke Schloßanlage Norddeutschlands.

In Auftrag gegeben und bezahlt wurde das Anwesen vom Reichsgraf Hans Caspar von Bothmer (1656-1732). Bothmer stammte aus uraltem niedersächsischen Adel, der sei dem 12. Jahrhundert nachweisbar ist und die Herren der Familie waren Ritter, Söldner oder Offiziere in den Diensten ihres Lehnsherrn, manchmal auch Geistliche oder Juristen, aber immer an der Spitze der Gesellschaft. So auch Hans Caspar von Bothmer, der durch Geburt und väterliche Fürsprache mit einundzwanzig Jahren (1677) in die Dienste des hannoverschen Kurfürsten Georg Ludwig von Hannover des Hauses Braunschweig-Lüneburg getreten war und sich zum Diplomaten in den wichtigen europäische Höfen Paris, Den Haag, Wien und London hocharbeitete.

Ab 1698 lebte er in Paris, ab 1711 war er Gesandter in London und traf dort auch mit Georg-Friedrich Händel zusammen, der zu diesem Zeitpunkt seine ersten Erfolge mit "Rinaldo" feierte.

Nach dem Tod von Queen Anne 1714 wurde Bothmer zum Königsmacher, weil er es schaffte, seinen Brotherrn, Kurfürsten Georg Ludwig von Hannover, als König George I. auf den englischen Thron zu setzen. Seitdem hat das englische Königshaus deutsche Vorfahren. Bothmers Dienstsitz war danach die Downing Street Nr. 10 - bis heute der Sitz des Premierministers. Händel profitierte ebenfalls von dem deutschen König auf dem englischen Thron und wurde von ihm mit einigen Kompositionsaufträgen bedacht - u.a. der „Wassermusik“ und der „Feuerwerksmusik“.

Bothmer verfügte als Spitzendiplomat im Dienste des englischen Königs natürlich über ein entsprechendes Gehalt und wollte sich am Ende seiner Karriere als Lebensbelohnung ein Schloß bauen. Weil nach dem großen Nordischen Krieg zwischen Dänemark, Lübeck und Schweden von 1701 und 1721 das mecklenburgische Land an der Ostsee ziemlich verwüstet war, konnte man größere Landstriche billig bekommen. Eine Pestepidemie hatte das Land 1711 regelrecht entvölkert und die Hauptsache war, es wurde irgendwie instand gesetzt. Bothmer fand billigen Grund und Boden im Klützer Winkel und so erwarb er 1721 das Grundstück in einer windgeschützten Senke, außerdem kaufte er noch drei weitere Dörfer und die Gerichtsbarkeit und die Herrschaft über die Einwohner, wie es damals üblich war. Als Vorbild des Baus diente - bei dem englischen Diplomaten naheliegend - der Buckingham Palast mit entsprechenden Alleen und Zufahrten.

Festonallee vor Schloß Bothmer in Klütz
oben: Die zum Schloß führende Allee (Festonallee) ist in Deutschland einzigartig und besteht aus ca. 70 fast 300 Jahre alten holländischen Linden.

unten:Schloß Bothmer im Sommer 2009 während der angefangenen Restaurierung. Fünf Jahre später schauten wir wieder nach... - zum Anfang

Nach den ersten Entwürfen begann der - durch den neubau des Schlosses Ludwigslust bereits erfahrene - Architekt Friedrich Künnecker 1726 mit der Grundsteinlegung und sorgte in dem verschlafenen Klütz für regen Zuzug an Arbeitern und einen regelrechten Aufschwung. Bis zum Sommer 1732 dauerte der Bau, doch Bothmer hat die Vollendung des Schlosses selbst nicht mehr erlebt und die gesamte Anlage nie gesehen, denn er starb am 6. Februar 1732 in London. Die Personalunion zwischen dem Haus Hannover und der englischen Throin bestand noch hundert Jahre länger, bis 1837. Durch geschickte Heiratspolitik wuchs die Grafschaft Bothmer bis 1900 auf elf Dörfer, wobei der Besitz unteilbar vererbt wurde und immer an den ältesten Sohn überging (das nennt man „Majorat“)

Die Familie von Bothmer, in der Folgezeit meistens höhere Militärangehörige, Politiker, Geistliche oder Künstler,  bewohnte das Anwesen bis zum Ende des Krieges 1945. Rechtzeitig wurde das Schloß geräumt und beweglicher Besitz in Sicherheit gebracht.   zum Anfang

In den Nachkriegsjahren war das Gebäude ein Krankenhaus (Typhusstation) und ab 1948 ein Altersheim (Feierabendheim Clara Zetkin). Nach dem Mauerfall war die weitere Verwendung unklar, die Kosten liefen dem Landkreis davon und so wechselte das Schloß und der Schloßgarten 1998 für je eine Mark den Besitzer. Weil der neue Besitzer die zugesagten Restaurierungen aber nicht einhalten konnte, wurde der Kaufvertrag 2006 wieder rückgängig gemacht und nach zwei Jahren, 2008, kam das Schloß in den Besitz des Landes Mecklenburg-Vorpommern (wie das Schweriner Schloß, Schloß Güstrow, das Rügener Jagdschloß Granitz und noch ein paar andere).  Weil unter der DDR-Regierung die meisten Baudenkmäler als Zeichen des Feudalismus im Zweifelsfalle in die Luft gejagt wurden (Berliner Stadtschloß, Schloß Putbus auf Rügen und viele andere auch), ist es ein Glücksfall, daß nach sechs Jahrzehnten Verwahrlosung so viel Bausubstanz übrig ist.


Freigeschaufelter Wassergraben, der von Entengrütze zugewachsen war (2009)
Natürlich ist eine Restaurierung dieser Größe nicht in ein paar Jahren zu machen, aber die Anzahl der Handwerker, die man seit 2008/2009 sehen kann, stimmt hoffnungsvoll. Der Garten hat wieder Struktur bekommen und sollte der - noch freie - Eintritt  irgendwann mal angehoben werde, wäre dies auch in Ordnung - kaum ein Land kann diese Massen an erhaltenswerter Architektur alleine stemmen. Übrigens diente das Schloß als Filmkulisse für den Film „Die Flucht“ (mit Maria Furtwängler), der 2007 auf ARTE und in der ARD lief, ein Film, der auch teilweise die Realität der Familie Bothmer widerspiegelt, denn die mußte im Juni 1945 das Schloß verlassen und zog zunächst nach Bayern. Die vier Kinder, die in den 1930er und 1940er Jahren im Schloß geboren wurden, leben heute in Süddeutschland, Niedersachsen und Australien. 

Seit der Übernahme des Schlosses durch das Land MV wird nach langen Jahren des Dornröschenschlafs konsequent restauriert und das in den Kriegsjahren vorsorglich vergrabene Familiensilber wurde bei den Arbeiten gefunden und an die Familie Bothmer übergeben - es wird nach der Restaurierung im Museum zu sehen sein. Der Nachfahre Stephan Graf von Bothmer setzt sich auch mit persönlichen Mitteln für den Erhalt des Schlosses als Museum ein. Näheres über die Familie der von Bothmers mag man bei Dorian Rätzke und Peter Nöldechen nachlesen, Klischeedenken ist hier aber fehl am Platz. - zum Anfang

Die Hauptansicht am Tag der Offenen Tür, 20. Juli 2014
Das Haupthaus „corps de logis“ beim Tag der Offenen Tür 2014 - die Größe der Baustelle läßt sich erahnen. Unten: einer der wiederhergestellten Räume 
Einer der wiederhergestellten Räume - möbliert wird später.
Am 20. Juli 2014 gab es die Möglichkeit, beim Tag der Offenen Tür ins Innere des Schlosses zu kommen. In den letzten fünf Jahre ist Erhebliches geleistet worden, doch bis zu einem vollständigen Zustand wie z. B. dem des Brühler Schlosses Augustusburg ist ers noch ein weiter Weg. Der wird von älteren Einwohnern skeptisch beäugt, die durchaus der Meinung sind, die Mittel wären rausgeschmissenes Geld, das man doch lieber in die arbeitslose Jugend stecken solle. Mein schüchterner Einwand, die Millionen des Landes wären auch eine Konjunkturspritze für Handwerk und Tourismus, verfing nicht so ganz - der antifeudalistische Arbeiter- und Bauernstaat ist, scheint's, noch nicht überwunden. Was aus Schloß Bothmer werden wird, wird die Zukunft zeigen - Konzepte gibt es genug.
Anschrift:
Schloß Bothmer, Am Park,  23948 Klütz . Tel +49 381 469870

Literatur
Dorian Rätzke: Schloss Bothmer. Legenden und Wahrheiten. Boltenhagen Juni 2013/20142 ISBN 978-3-937723-21-1 
Peter Nöldechen: Die Grafen Bothmer: Aufgeklärter Adel in Mecklenburg. callidus-Verlag, Wismar 2014,  ISBN 978-3-940677-13-6

Links
Klützer Winkel funktionierend am 25. Juli 2014
http://de.wikipedia.org/wiki/Amt_Kl%C3%BCtzer_Winkel
http://de.wikipedia.org/wiki/Kl%C3%BCtz
Schloß Bothmer:   funktionierend am 25. Juli 2014
http://www.mv-schloesser.de/netautor/napro4/appl/na_professional/parse.php?id=2500,,1004162
http://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Bothmer
http://www.schloss-bothmer.de
http://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Caspar_von_Bothmer

http://de.wikipedia.org/wiki/Anne_(Gro%C3%9Fbritannien)
http://de.wikipedia.org/wiki/Bothmer_(Adelsgeschlecht)
http://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Friedrich_H%C3%A4ndel#Erste_Jahre_in_London
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Heiligendamm
Heiligendamm war eigentlich das älteste Seebad an der Ostsee, war um die Jahrhundertwende Kult wie Binz auf Rügen und so entstanden etliche Villen an der Seeseite. Sie haben zwei Weltkriege einigermaßen unbeschadet überstanden, doch unter der DDR-Regierung fielen sie dem sozialistischen Denken zum Opfer und haben schwerste Schäden davongetragen: undichte Dächer durch Vernachlässigung, Verwitterung bis hin zum Hausschwamm. Momentan steht fast alles zum Verkauf, bis einige wenige Gebäude. So war im Haupthotel vor ein paar Jahren eine Konferenz der G8-Regierungschefs und dadurch geriet Heiligendamm wieder ins Blickfeld. An vielen der Häuser, die ich im Herbst 2013 gesehen haben, hingen Verkaufsanzeigen von Engl & Völkers. Man kann annehmen, daß die Häuser in ein paar Jahren für etliche Millionen zum Verkauf stehen werden (pro Stück) und so hält der Feudalismus wieder Einzug. Der Zeitpunkt etwas Anderes draus zu machen ist verpaßt, aber in Prora soll es ja jetzt wieder bezahlbare Ferienhäuser geben... In Heilgendamm kann man einmal über die Promenade gehen und einen Kaffee trinken - das ist es aber auch schon. Alles andere kostet viel zuviel Geld.


oben: Das Kurhaus nach der Sanierung und nach dem Besuch von Frau Merkel und Co.
unten: Eine von etwa einem Dutzend Villen in unmittelbarer Nachbarschaft an der Seeseite, die generalsaniert werden müssen und für die Millionäre gesucht werden.

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