Nationalsozialismus
Das
Mädchen Anne Frank
Margot
Die
Geschichte der Familie Frank
Bergen
Belsen
Annes
Tagebuch
Miep
Gies
Kitty
Verhaftung
Deportation
Die
Zeit bis zum Untertauchen
Das
Hinterhaus
Die
Ankunft in Auschwitz
Der
Bericht Fritz Franks
Hanneli
Krankheit
und Ende
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- Was war das für ein
Versteck, in das Anne nun mit dem mehr oder weniger
bewußten Gedanken einzog, es möglicherweise
für lange, für sehr lange zeit nicht mehr
verlassen zu dürfen? Wenigsten konnte sie mit ihrer
Familie zusammen bleiben, ein großes Glück,
den in der Regel wurden Kinder und Eltern beim
Untertauchen von einander getrennt. Und das Versteck war
kein Verschlag auf dem Dachboden oder unter der Erde,
sondern immerhin ein richtiges Haus, ein für Anne
halbwegs vertrauter Ort sogar. Das Versteck lag im selben
Gebäudekomplex an der Prinsengracht 263, in dem sich
seit Dezember 1940 die Firma ihres Vaters befand.
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-
- Es war ein schmales
Gebäude aus rotem Backstein, ein Haus, wie es viele
in der Gegend gab.
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- An der zur Gracht
gelegenen Front befanden sich drei Türen. Eine
führte über eine steile Treppe zum Dachboden,
eine direkt in die Lagerräume, und die offizielle
Haustüre schließlich über ein paar Stufen
zu einem Absatz, von dem zwei Türen ausgingen. Durch
die eine Tür kam man in das große, helle
Büro, in dem Miep, Bep und Herr Kleiman arbeiteten.
Die zweite Tür führte in einen Gang mit einer
Tür zu dem kleinen, ziemlich muffigen, dunklen
Direktorenzimmer. Dort saßen früher Herr
Kugler und Herr van Daan, nun nur noch letzterer. Am Ende
des Ganges waren wieder ein paar Stufen, dann erreichte
man das Büro von Otto Frank, von Anne als
Prunkstück bezeichnet. Neben diesem Büro war
eine große Küche. Vom unteren Flur führte
eine einfache Holztreppe nach oben zu einem kleinen
Vorplatz. Dort gab es zwei Türen: durch die linke
gelangte man zum Vorderhaus mit den Lagerräumen und
der Treppe zum Dachboden, durch die rechte zum
Hinterhaus. Hier erst begann das eigentliche Versteck.
Einige Zeit später wurde diese Tür durch einen
drehbaren Aktenschrank getarnt.
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- Heute ist das Haus an
der Prinsengracht 263 ein Museum. Im Vorderhaus befinden
sich die Büros der Anne&endash;Frank-Stiftung und
Ausstellungsräume. Das Hinterhaus" dagegen ist
restauriert und noch weitgehend im selben Zustand wie zu
der Zeit, als Anne es bewohnte; es wird heute von einem
ununterbrochenen Besucherstrom besichtigt.
-
- Ich stelle mir vor, ich
sitze auf der Couch in jenem Zimmer, das Anne erst mit
Margot, später mit Fritz Pfeffer teilte. Es ist ein
kleines Zimmer, auch für eine Person wäre es
schon klein zu nennen. Durch das Fenster fällt
Tageslicht... Aber halt! Damals waren das Fenster ja
verhängt. Sie hatten gleich am ersten Tag
Vorhänge genäht, die, wie Anne sie beschrieb,
diesen Namen eigentlich nicht verdienten. An der Wand
über der Bettcouch kleben auch jetzt noch Bilder von
Filmstars. Die Couch auf der Anne schlief ist nicht sehr
lang. Anfangs mag sie wohl gereicht haben, später
wurde sie mit Hilfe von Stühlen verlängert.
Eben jener Stühle, gegen die Herr Pfeffer morgens
stieß, wenn er Gymnastik machte. Sie schoben sich
unter Annes schläfrigem Kopf hin und her, wenn er
nach seinen Gelenkigkeitsübungen im Zimmer herumging
und sich anzog. Da steht auch noch das Tischchen, um das
Anne mit ihm kämpfen mußte. Ein winziges
Zimmer, viel zu klein als Wohn- und Schlafraum für
zwei in jeder Hinsicht so unterschiedliche Menschen wie
Anne Frank und Fritz Pfeffer.
-
- Wie konnte das
überhaupt gutgehen? Acht nach Alter, Herkunft und
Charakter so verschiedene Menschen auf ungefähr 50
Quadratmetern zusammengesperrt, über zwei Jahre
lang! Wie haben sie den lebensnotwendigen Alltag zu
entwickeln vermocht, die Normalität, die man gerade
in Extremsituationen so dringend braucht?
-
- Wahrscheinlich sind
Menschen immer und überall in der Lage, Alltag
herzustellen. Alltag ist das Selbstverständliche,
die Routinehandlungen, die mehr hinterfragt werden
müssen, für die keine besonderen psychischen
Prozesse mehr nötig sind. Je größer die
Anspannung oder Bedrohung, in der Menschen stehen, um so
wichtiger ist es für sie , im Alltäglichen
Rückhalt und Entlassung zu finden.
-
- Bei den Untergetauchten
ging der Prozeß der Normalität enorm schnell,
obwohl die Umstellung, die ihnen abverlangt wurde, sehr
einschneidend war - man bedenkt nur den jähen
Wechsel von der großen Wohnung und dem
Sichfreibewegenkönnen auf die Enge und das
Eingesperrtsein. Aber das sie vergleichsweise wenig neue
eindrücke zu bewältigen hatten, gelang es ihnen
relativ schnell, Normalität zu entwickeln. Am
schwierigsten zu normalisieren war wohl der Faktor Zeit,
denn der gewohnte Zeitvertreib war nicht mehr
möglich. Die Untergetauchten mußten neue
Tagesabläufe, andere Beschäftigungen und andere
Interessen finden. Das war schwer und gelang nicht immer
jedem gleichermaßen. Anne Frank schreibt schon am
12. September 1943 in ihr Tagebuch: Unsere Gedanken haben
genauso wenig Abwechslung wie wir selbst. Wie bei einem
Karussell dreht sich alles von den Juden zum Essen, vom
Essen zur Politik. Doch man gewöhnt sich an alles.
Kampf gegen die Langeweile und Streit werden bestimmend
für das Zusammenleben.
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