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Editorial - Briefe an die Leser
Gesammelter Senf zu aktuellen Themen
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Bildung, Erziehung und Dummschwätzen

 

20. Mai 2001
 
Liebe Leser,
 
letztens war zu lesen, daß Dieter Hundt (ja, genau der, sozusagen ein alter bekannter Bekannter im Schulbereich) kundgetan hatte, daß die Lehrer (wer um Gottes willen ist das eigentlich?) sicherlich besser wären, wenn die Schulen flexibler im Management wären, die Schulleiter ihre Lehrer selber einstellen und feuern könnten und überhaupt müßte man den Schulämtern einmal zeigen, wie man so einen Laden managen könnte (das hat er so zwar nicht gesagt, aber ich denke, er hat es so gemeint). Ich habe mir mein Teil dazu gedacht und erst einmal mein Maul gehalten, schließlich läuft mein Versetzungsverfahren und mein Dezernent läßt mich nicht gehen, aber befördert werde ich die nächsten zwanzig Jahre auch nicht.....
 
Ein paar Tage später tutete unsere Bundeskanzlerin Doris in ein ähnliches Horn und verkündete, daß unsere Kinder strenger erzogen werden müßten. Ich weiß jetzt nicht, woher sie die Einsicht hat, denn ihre Tochter ist für sie ja wohl eher die Ausnahme gegenüber denen, die tagtäglich professionell mit ein paar hundert Blagen umgehen (müssen) und dadurch ein bißchen mehr Vergleichsmöglichkeiten haben als Doris Schröder-Köpf. Da wurde ich ein bißchen sauer.
 
Man darf nicht vergessen, daß unser Bundesgerhard und ihr Männe meine Kollegen und mich vor noch nicht allzulanger Zeit als "faule Säcke" bezeichnet hat. Entschuldigt für dieses Stammtischgewäsch hat er sich nie. Gleichzeitig bringen Spiegel, Stern, Focus etc. in schöner Regelmäßigkeit Reportagen wie "Höllenjob Lehrer" oder dergleichen, und diverse Untersuchungen kommen immer wieder zum Ergebnis, daß das "burn-out-syndrom" bei den Bildungsschaffenden relativ häufig vorkommt. Die Gründe sind vielfältig: für einen Führerschein braucht man in diesem unserem Lande eine Prüfung, aber Kinder erziehen darf jeder Idiot und an den Elternsprechtagen sieht man die Eltern am seltensten, deren Kinder es am nötigsten hätten. Ich kenne Fälle, bei denen das zuständige Schulamt zwei Jahre erst einmal zugeschaut hat, wie die Kinder familiär abstürzten, bevor endlich die Heimeinweisung kam, weil die zuständige Sachbearbeiterin einfach unterqualifiziert ist - etwa so wie Doris Schröder-Köpf, die die Problematik wahrscheinlich nur aus der Presse kennt (die Art und Weise, wie ein Pressebericht zustandekommt, sollte sie allerdings einschätzen können).
 
Kurz und schlecht: Mit Frau Behler würde ich mich durchaus streiten (Gründe gäbe es genug, weil z.B. die zuständigen Schulbehörden ihre Versetzungen wohl eher nach Gutsherrenart durchführen als nach ministerieller Rechtslage), denn sie weiß wenigstens worüber sie redet, aber Doris Schröder-Köpf hat ihre Kenntnisse bestenfalls von diversen Elternabenden und da geht es eigentlich nicht so furchtbar qualifiziert zu, daß es für ein bundespolitisch bedeutsames Statement reicht. Doris kann ja an ihrer Tochter herumdoktern, aber ob sie das professionell angeht, ist doch zu bezweifeln.
 
si tacuisses.....
 
Martin Schlu