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Editorial
- Briefe an die Leser
Gesammelter
Senf zu aktuellen
Themen
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- neuer
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Der 1. Mai oder
Unterschiede zwischen Nationalisten und Sozialisten
- 30. April
2001
-
- Liebe Leser,
-
- bis vor ein paar Jahren
war die Welt am 1. Mai noch in Ordnung. Gewerkschaften
forderten Verbesserungen der Arbeitswirklichkeit,
Arbeitgeberpräsidenten erklärten
gewöhnlich daraufhin, daß die Verbesserungen
nicht zu bezahlen seien, die Parteien äußerten
sich, je nach Position, dafür oder dagegen, man
machte sich Gedanken über die Arbeitswelt und
ansonsten ging man in den Biergarten oder Ähnliches
und genoß den freien Tag. Same procedure as every
year....
-
- Gestern höre ich im
Radio, daß in Berlin die NPD-Demo, nachdem sie erst
verboten wurde, nun doch genehmigt wird, dafür ist
die "linke" Demo der Autonomen verboten, weil Krawall zu
befürchten sei, der Berliner Innensenator hat 9000
Polizisten zusammengezogen und man bereitet sich auf eine
heiße Nacht vor. Zum Vergleich: als der eilige
Vater den Bonner Boden küßte, waren es nur
7000 Polizisten (ich weiß es deswegen so genau,
weil ich damals in Bonn studierte, einem Kommilitonen der
Klarinettenkoffer aufgemacht wurde, denn zehn eifrige
Polizisten dachten, mein Freund hätte eine Waffe und
als die Klarinette herausfiel und kaputtging, hat es
keine Versicherung bezahlt wg. "höherer Gewalt"...).
Offenbar braucht man in Berlin am ersten Mai mehr
Polizisten als in Bonn beim Papstbesuch.
-
- Was passiert darauf? Der
SPIEGEL meldet soeben, die NPD habe sich zivil verhalten,
1000 Demonstranten hätten gewaltfrei demonstriert
und ein ein paar hundert Gegendemonstranten (die waren
wohl "links???") hätten auch keinen Schaden
angerichtet...
-
- Ich weiß zwar auch
nicht, warum die NPD am ersten Mai demonstriert hat
(außer den alten Sprüchen: Deutsche Arbeit
für deutsche Männer oder so...), aber
offensichtlich können sich die Rechten besser
benehmen als die Linken. Bei "gewaltfrei" dachte man ja
bisher an Grüne, Ökopaxe,
Palästinenser-Feudel und lila Latzhosen, aber das
Weltbild stimmt auf einmal nicht mehr: Horst Mahler
(wurde zu meinen Studienzeiten als Terrorist..."links"
gehandelt) redet für die Rechten, der
Polizeipräsident favorisiert die NPD, weil die sich
besser benehmen und nicht mit Steinen schmeißen und
die Linken sind auf einmal pfui und bäähh.
Haben die Sprüche meiner Oma wieder Konjunktur? (bei
Hitler wären die nicht so rumgelaufen...), ist gutes
Benehmen deutschnational? Sind die rechten Demonstranten,
wenn schon nicht "political correct" zumindest etabliert
und geduldet? Kommen nun wieder die Ordnungstrupps, damit
die Veranstalter keine Polizeimacht mehr brauchen? Bei
den Rolling Stones hat dieses Konzept versagt: als sie
die "Hells Angels" als Ordner einsetzten, ging alles
drunter und drüber, aber die Stones hatten auch
nicht 9000 Polizisten und es ist schon dreißig
Jahre her...
-
- Die linken Autonomen
kommen in die gesetzten Jahre. Vor zehn Jahren wäre
es undenkbar gewesen, daß der PP eine Demonstration
verbietet und kein Mensch hingeht. Die alten Begriffe
"links" und "rechts" können wir mit dem heutigen Tag
getrost auf den Müllhaufen der Geschichte werfen.
Ich schließe mit dem Zitat eines Kollegen:
"...die Rechten achten wenigstens auf ihr
Äußeres und können sich benehmen..."
Jau, dat isset! Hitler müßte heute nur im
Brioni-Anzug mit Aktenköfferchen kommen und
über Globalisierung, Effizienz und Wachstum reden.
Er würde wahrscheinlich sofort
Bundeskanzler.
-
- etwas
ratlos....
-
- Martin Schlu
-
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