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Editorial - Briefe an die Leser
Gesammelter Senf zu aktuellen Themen
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Die Frohe Botschaft vom Weihnachtsmärchen
 
Weihnachten 1998
 
Als die Menschen aber merkten, daß es um die Jugend schlecht bestellt sei, denn sie würde nicht mehr auf die Eltern hören, könnte, wenn überhaupt nur noch Bravo und Comics lesen,würden aber dafür mit dem Game-Boy besser umgehen als Papa mit seinem Laptop, da sprachen sie untereinander: „Lasset uns bauen den Turm des Lernens und sein Name soll sein ‚Gesamtschule' und diese Einrichtung soll besser sein als alles, was es sonst gibt." Und einer von Ihnen, vom Heiligen Franz-Josef Antwerpes zu Köln ausgeschickt, sollte sein ihr Anführer, Gleicher unter Gleichen und deswegen etwas gleicher als die anderen, der sollte sagen was rechtens war und in der Schrift steht, die da heißt BASS, Schulmitwirkungsgesetz und dergleichen unverständlichem Zeug.
 
Und die Zeit ging ins Land und die Schule wurde eingerichtet, später bekam sie auch Möbel, sie wurde größer, ab und zu gab es sogar Geld, einige Lehrer kamen dazu - irgendwann sogar ein Gebäude - und sie wuchs weiter und ER, der Heilige Franz-Josef (Antwerpes) zu Köln, sah, daß es schon fast gut war.
 
Aber es gab einige Eiferer, die wollten nicht glauben, was ihnen vom HERRN auferlegt war und rüttelten an der Wahrheit und am rechten Glauben, die da genannt werden „Ganztagsbetreuung" und „Integration" und erfanden das Rad täglich neu und der HERR (diesmal der himmlische) gab ihnen einen andere Zunge und Denkweise und strafte sie sofort mit viel mehr Konferenzen, weil jeder in seiner Denkweise unter Pädagogik etwas anderes verstand und es wurden Grundsatzdiskussionen geführt und Sachfragen ausdiskutiert und all dies wurde demokratisch genannt und die Anarchie brach aus und das Haus des Lernens wurde nicht fertig bis auf den heutigen Tag. „Würden Sie bitte den Begriff präzisieren, Herr Dr. Wagner?" wurde zur schlimmsten Geheimwaffe dieser Fraktion und die Gläubigen wurden betrübt und wußten, mit den Visonen und Träumen des Paradieses war es erst einmal vorbei und sie warteten auf den Messias.
 
Und der HERR (diesmal der Kölner) schickte einen aus seiner Behörde und man machte ihn zum DL, das ist DER LEIDENDE und ein Sohn im Geiste des HERRN und sein Wort ist mächtig und seine Festplatte groß und sein Modem schnell und der Drucker noch schneller und es brach aus die Sintflut jeden Montag früh in allen Fächern des Lehrerzimmers und hatte kein Ende, heute nicht und morgen nicht und in Ewigkeit nicht, solange es Papier gibt und der Drucker funktioniert. Und je mehr über das Paradies geschrieben wurde, umso unerreichbarer wurde es. Und die Gläubigen wurden betrübt und warteten immer noch auf den Messias.
 
Es begab sich aber zu der Zeit, daß ein Gebot ausging vom Heiligen Franz-Josef zu Köln, der da sitzt in der Stadt des dort heiligen Getränkes, daß auch die Schulen geschätzet würden in ihrer Leistung und Effektivität und Wirtschaftlichkeit, wie es geschrieben steht in der Schrift Kienbaum und diese Schätzung war die allererste. Da machte sich auf auch Peter mit seinen Getreuen und sprach: „Laßt uns da entwerfen ein Profil und uns einen Namen machen, der höher steht als der aller anderen Schulen. So sollen die Anmeldungen steigen wie die Aktien der Telekom."
 
Und es ward eingesetzt eine Kommission und sie beriet sich lange und kam endlich zu der Erkenntnis, daß man nicht nur die Schulleitung sondern auch die Abteilungsleitung befragen müßte und tagte wiederum und gewann die Erkenntnis, daß man auch die didaktische Leitung befragen müßte und tagte wiederum und entschloß sich, zu anderen Schulen zu gehen und zu schauen, ob die nicht vorbereitete Ordner hätten, in denen man nachschlagen könnte und tagte wiederum und kam dann zum Schluß, daß man ein Profil erstellen müßte.
 
Und alsbald wurde überlegt ob man ein Sprachenprofil?... nein, da hatte man zuwenig im Angebot... aber die Naturwissenschaften?... die waren nicht ausgebaut....... vielleicht ein Informatikprofil?.... nein, da gab es nur ein Modem zum Internetsurfen und das hatte der DL... vielleicht Musik und Theater?... da gab es zwar schon einen Schwerpunkt, aber den wollte man nicht.... und die Kommission ging in sich und es drohte die Oberstufe und die Schule hatte immer noch kein Profil und die Gläubigen wurden immer betrübter und warteten immer noch auf den Messias.
 
Und die anderen Schulen profilierten sich oder taten zumindest so und die Gläubigen verloren ihren Glauben an den Messias, weil die Erleuchtung immer in andere Schulen kam, nur nie in die eigene und es drohte Sechszügigkeit und Bürokratismus und es wurde mehr verwaltet als gelehrt und das Haus des Lernens hatte immer noch keine Mensa, aber guten Zulauf zu McDonalds, dem Pizzadienst und der Frittenbude und jeder Lehrer sprach mit anderer pädagogischer Zunge und die Lobbyarbeit wurde schlimmer als in der Politik, und wer immer noch glaubte, daß der Messias kommen würde, der glaubte bestimmt auch, daß das alles nur ein Märchen sei.
 
Dann war er auf einmal da!
 
Er meldete sich im Sekretariat und bat um einen Termin bei der Schulleitung. Es sei dringend und er müsse auch schon bald wieder weg. Die Sekretärinnen erkannten ihn zum Glück, boten ihm Kaffee an und versuchten die Schulleitung zusammenzutrommeln. Vom Rektor wurde berichtet, er habe mit glasigen Augen über dem Telefonhörer nur noch „Skublik", „Bauausschuß", „Neuplanung" und „Genehmigungsverfahren" stammeln können, dann sei er wieder weggewesen (Immerhin hatte er aber nicht nach Schwefel gerochen). Der Konrektor hatte aus dem Hut einen Vertretungsplan für die gesamte Schulleitung gezaubert, leider klappte der Trick mit der Übertragung der Daten nicht und deswegen stand er immer noch fassungslos vor der Tafel.
 
Die AL 3 wollte von ihm wissen, ob er sich ausweisen könne, und nagelte ihn auf der Änderung des §145 Abs 2a.14 BASS fest, die er versaubeutelt hätte. Die Al 2 begrüßte ihn überschwenglich, hatte aber keine Zeit, da sie mitten im Anmeldeverfahren steckte. Der Apparat des Didaktischen Leiters war besetzt, weil er er beim Surfen im Datenstau steckte und nicht aus dem Internet herauskam.
 
Der Hausmeister rettete die Situation und zeigte dem Messias erst einmal, wie man Doppelkopf spielt. Dann nahm er ihm dabei drei Mark zwanzig ab und das Versprechen, ihm beim nächsten Besuch auch das Pokern zu erklären.
 
Leider mußte der Messias aber noch weiter. So wissen wir jetzt nicht, was er uns gesagt hätte. Wir haben aber immerhin noch die Chance, daß er wiederkommt.
 
Martin Schlu