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Kulturgeschichte - Einführung in die Renaissance


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Einführung in die Renaissance (Kurzform)
© Martin Schlu 2005 / Revision 4. November 2011

Einführung in die Frührenaissance - in die Spätrenaissance

Die Renaissance verdankt ihrem Namen der "Wiedergeburt" (renatare) griechischer und römischer Ideale. Im
Mittelalter war mit der Zentralperspektive nicht nur die räumliche Sicht verlorengegangen, sondern auch die Denkweisen, die für eine Ausbreitung von Geist und Verständnis gesorgt hatten. Die mittelalterliche Angst des Menschen vor Fegefeuer und Hölle hatte dafür gesorgt, daß er sich im Prinzip um nichts anderes kümmern konnte als um sein Seelenheil und alles andere mußte auf der Strecke bleiben.
 
In Italien hatte Brunelleschi mit dem Entwurf der Kuppel des Florenzer Doms ein Zeichen gesetzt, daß der Mensch nicht zwangsläufig von Gott gestraft würde, wenn er noch nie Gewesenes probierte. Die Kuppel - als für menschlichen Tand zu vermessen empfunden - war nicht eingestürzt, sondern zum Weltwunder geworden. Überall standen plötzlich gotische Kathedralen und erzeugten ein ganz anderes Bild von Gott, als man es von den romanischen Kirchentrutzburgen mit ihren dicken Mauern und kleinen Fenstern gewöhnt war.
 
Offensichtlich mußte man Gott nicht mehr verteidigen, wie es auf den Kreuzzügen immer wieder vergeblich probiert worden war, sondern konnte auf sein Licht vertrauen und auch von ihm profitieren. Also durfte man auch einmal Neues denken und ausprobieren: Weltbilder wurden umgeworfen (die einen Kolumbus erst möglich machten), eigenes Denken war auf einmal erlaubt und man orientierte sich nun an den Verwaltungsleistungen der Antike, die immerhin riesige Reiche zentral verwaltet und verkehrsmäßig erschlossen hatten. Also konnte man von den Alten lernen.

Michelangelo baute seinen David nach griechischem Vorbild, Petrarca entdeckte die Schönheiten griechischer und römischer Dichtkunst, die Perspektiven der römischen Stadtanlagen wurden auf Fluchtpunkte in der Malerei übertragen und ab 1400 war die mittelalterliche Gefangenschaft weitestgehend abgestellt. Lehrgeld wurde auch gezahlt: Savoranola wurde 1498 verbrannt, weil er einen Gottesstaat gefordert hatte und der weltlichen Regierung nicht unterstehen wollte (heutzutage doppelt undenkbar), der Buchdruck wurde zwar erfunden, aber bis das Buchwesen zur Industrie werden sollte, mußten noch ein paar Jahrhunderte vergehen - hier war die Geburt schwieriger. 
zu den Medici - zu den Strozzi
 
Politisch stieg ein Land auf: Venedig kontrollierte den Gewürz- und Seidenhandel und besaß das Monopol für Glasherstellung. Infolgedessen wurde der Stadtstaat unermeßlich reich und leistete sich eine Kultur, die auch dann noch auf die ganze Welt nachwirkte, als die Grundlage des Reichtums, die Seekontrolle nach Kleinasien, nicht mehr gegeben war, weil man seit Kolumbus und Magellán über den Atlantik nach Indien fahren konnte. Venezianische Musik, Malerei, Kultur und Banken waren allerdings nun weltbeherrschend geworden.
 
Der zweite Brennpunkt der Renaissance war die Auseinandersetzung zwischen einem deutschen Mönch und dem römischen Papst. Im Religionsfrieden von Augsburg wird zwar das Problem zwischen Kaiser und Deutschem Reich vordergründig gelöst, jedoch ist dieser Kompromiß keine echte Lösung, sondern der Augsburger Religionsfriede zementiert nur den status quo und legt den Grund für die Eskalation zwischen katholischen Kaiserlichen und protestantischen Anarchisten nach dem Prager Fenstersturz von 1618. Nach dem 30jährigen Krieg ist selbst in Deutschland die Renaissance vorbei und der barocke Absolutismus neuer Standard. Auch hier spielt das Bankwesen die zentrale Rolle: Familie Fugger hat eine Beteiligung am Ablaßhandel, finanziert die Bestechung der Kurfürsten zur Wahl Karl V. und als aus dem 30jährigen Krieg durch Wallenstein ein profitables Unternehmen wird, ist wieder eine Bank an vorderster Front dabei: Die Bank von Thurn und Taxis.
 
An Heinrich Schütz läßt sich der Übergang von Spätrenaissance zur Neuzeit am besten zeigen: Als Schütz vier Jahre alt ist, werden allein in Quedlinburg an einem Tag 133 Hexen verbrannt (immerhin hat man ihnen Pulversäcke vor die Brust gebunden um ihnen einen schnellen Tod zu ermöglichen), was zeigt, wie tief mittelalterliches Denken im ausgehenden 16. Jahrhundert noch verwurzelt ist. Als Schütz 1672 stirbt, ist durch den 30jährigen Krieg eine Halbierung der Bevölkerung (nun ca. 9 Millionen) geschehen, einige hundert Territorien und parallele Gesellschaften sind entstanden und der Barock hat die Herrschaft übernommen.

 Schütz' Geburtshaus in Dresden mit dem „Kinderfries“ am Balkon
oben Schütz' Geburtshaus in Dresden mit dem „Kinderfries“ am Balkon, 

unten: Detailausschnitt des Kinderfrieses
Detailausschnitt des „Kinderfries“ , eines der wenigen originalen Überbleibselö der Schütz-Zeit in Dresden
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Literaturempfehlung:
Gregor-Dellin, Martin: Heinrich Schütz, Piper, München 1985, S. 24-66