Spätrenaissance
Venezianische
Musik
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Biographie
G, Gabrielis
Kompositionslehre
Gabrielis
1.
Hintergründe
1.1.
Die Bedeutung Venedigs in politischer, wirtschaftlicher und
kultureller Hinsicht
1.2.
Die Basilika San Marco
1.3.
Chor und Orchester an San
Marco
1.4.
Krchenmusiker an San Marco
2.
Theorie
3.
Aufführungspraxis
4.
Beispiele
5.
Zusammenfassung
6.
Literatur
|
1.1.
Die Bedeutung Venedigs in politischer,
wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht bis
1600
aus:
Kompositionstechnik und Aufführungspraxis
mehrchöriger Werke der venetianischen
Spätrenaissance -
dargestellt am Beispiel Giovanni Gabrielis in
San Marco/Venedig. Überarbeitete
Staatsarbeit von Martin Schlu, Bonn
1984/2008
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Hörbeispiel zum
Einstieg
(Giovanni
Gabrieli: Canzon 7° Toni Nr. 1 á 8 Nr.
1)
-
- Die Vormachtsstellung
Venedigs im gesamten Mittelmeerraum war gegen Ende des
15. Jahrhunderts bis nach Kleinasien einzigartig.
Ausgehend von der Leistung der venezianischen Seeleute,
eine Passage zu den Gewürzländern, den
Levanten, erschlossen zu haben, gewann Venedig im
Mittelalter bereits eine so wichtige Bedeutung, daß
die
Kreuzzüge
von dort aus angetreten wurden. Der Grund dazu lag
einerseits in der günstigen Lage: einerseits war der
Seeweg nach Kleinasien von dort erheblich kürzer als
z.B. von Genua, andererseits hatten die Venezianer seit
dem siebten Jahrhundert die Handelswege erschlossen und
waren allen anderen Konkurrenten durch ihre immensen
Erfahrungen mit Wegen, Zeiten und dem Abschätzen der
Risiken haushoch überlegen.
- In erster Linie wurden
Gewürze (Salz , Pfeffer, Chili, Curry), Sklaven und
Glaswaren gehandelt: Gewürze bekam man aus
Kleinasien, Sklaven konnte man überall machen und
das Glas brachte man von der Venedig vorgelagerten Insel
Murano mit, wo hochbezahlte Glasspezialisten ihr Leben
damit verbrachten für die „Serenissima"
Kunstwerke zu schaffen. Ganz so freiwillig taten sie es
nicht, da es ihnen bei Todesstrafe verboten war, die
Insel zu verlassen - sie hätten ja das
Staatsgeheimnis der Glasbläserei verraten
können. Diese einzigartige Kombination von
Brutalität, Geschäftssinn und politischer
Entschlossenheit wurde ein wichtiger Faktor für
Venedigs Aufstieg und funktionierte bis ins 16.
Jahrhundert hinein ganz hervorragend. Das Wappentier
Venedigs wurde der geflügelte Löwe, gut
sichtbar an San Marco plaziert:
-
- Löwe
von San Marco (vom Markusplatz aus gesehen) Foto ©
Martin Schlu 2005
-
- Venedig wurde im Lauf
des Mittelalters also immer reicher, sein Einfluß
wurde immer größer und es gab immer mehr, die
von Venedigs Gnaden abhängig waren. 1389
unterstanden der "Republik von San Marco" (den zum Status
passenden Schutzheiligen Markus hatte man sich bereits
828 durch einen Raubzug besorgt) immerhin die Gebiete des
norditalienischen Festlandes, die "Terra ferma". Dazu
gehörten u.a. die Städte Verona, Vicenca,
Padova, Brescia, Bergamo, Friaul, Ravenna und Cremona.
1489 unterwarf Venedig auch noch Zypern. Die
venezianischen Seefahrer und ihre Schiffe hatten damit
das Wege- und Gebietsrecht bzw. die Vormachtsstellung an
der dalmatinischen Küste, zwischen Sizilien und
Kreta und sie beherrschten das gesamte östliche
Mittelmeer. Handelsverbindungen bestanden mit Alexandria,
Byzanz, Haifa und Jerusalem, sowie dem damit verbundenen
Hinterland.
-
- Die Situation
änderte sich schlagartig, als 1492 Kolumbus nicht
nur eine neue Welt entdeckte, sondern auch einen neuen
Markt - für Genua, das schon immer der
Hauptkonkurrent Venedigs gewesen war. 1498 fand Vasco da
Gama einen Seeweg nach Ostindien, der es den
Handelsfahrern in Zukunft ermöglichte, die
Bedingungen zu umgehen, die Venedig mittlerweile stellte.
Der Ostindien- und Levantenhandel gingen zukünftig
daher von Genua aus und Venedig wurde von diesem Handel
ausgeschlossen. Die Stadt konzentrierte sich nun auf die
Beherrschung des verbliebenen nördlichen und
südöstlichen Mittelmeeraumes und versuchte den
neuen status quo zumindest zu halten. Der rege Handel mit
Byzanz, Jerusalem und den Nachbarländern hatte auch
dazu geführt, daß eine größere
Anzahl Juden in Venedig heimisch geworden waren, die
aufgrund ihrer Religion Zinsen nehmen durften und
für Bankgeschäfte damit geradezu
prädestiniert waren. Weil den Christen der
Zinsgewinn ja verboten war, dominierten die Juden in der
Folgezeit das italienische und venezianische Bankenwesen.
Selbst der älteste Fugger-Sohn Andreas knüpfte
1410
erste Kontakte
nach Venedig und der kleine Bruder Jakob (später:
Jakob "der Reiche") wurde für eine Banklehre
1418 dorthin
geschickt.
-
- Im 16. Jahrhundert kam
es zu einem Bündnis mit den Spaniern und in der
Folgezeit wieder zu einer zeitweisen Überlegenheit
zur See, dennoch war nach der Seeschlacht von Lepanto
1571 Zypern nicht mehr zu halten und Venedig verblieben
nur noch die Festlandsgebiete der östlichen Adria
sowie die Ionischen Inseln. Das bedeutete natürlich
einen erheblich schlechteren Status der Serenissima als
zu Zeiten des 15. Jahrhunderts. Die Juden wurden aus der
Stadt gewiesen, weil die Türken nun die Bedingungen
stellen konnten - so geriet auch das Bankenwesen ins
Wanken und der Niedergang Venedigs war nicht mehr
aufzuhalten.
-
- Eine der wenigen
Möglichkeiten, neues Geld in die Stadt zu bekommen,
waren die Expansionen des Fugger'schen Bankhauses. Jakob
Fugger wollte Filialen in Venedig eröffnen,
gleichzeitig wußte man von Fuggers Freundschaft zu
Kaiser Maximilian. I. , mit dem auch Handelsverträge
bestanden. Man wußte weiter, daß die Fuggers
ausgesprochene Musikfreunde waren, stellte sich mit ihnen
gut und so kam es, daß Giovanni
Gabrieli im
finanziell untergehenden Venedig auf Kosten der Fugger
beim berühmten Orlando di Lasso in München
studierte, später den Fuggern Kompositionen widmete
(Sacre di Giove á 12 voce") und die Druckkosten
der "Sacrae Symphonoae" 1597 von den Fuggern
übernommen wurden. Der Wohlstand der Serenissima war
dahin, der Ruf aber noch nicht und Giovanni Gabrieli
wurde der letzte, der der untergehenden Stadtkultur das
musikalische Sahnehäubchen maximaler
Repräsentation aufsetzen konnte.
-
- Venedig
(Santa Maria della salute) vom Campanile (San Marco)
gesehen, Foto © Martin Schlu 2005
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