www.martinschlu.de


Kulturgeschichte - 19. Jahrhundert


Wagner - Start

Werkübersicht
Inhaltsangaben der Opern


Rheingold


Götterdämmerung
Text
1. Akt - 2. Akt - 3. Akt

Parsifal

 

 

-> Querformat bitte nutzen

Spätes 19. Jh. und Fin de siecle

Richard Wagner - Gˆtterdämmerung 3. Aufzug

Erster Akt
Zweiter Akt
Dritter Akt

 

Wildes Wald- und Felsental am Rheine, welcher im Hintergrunde an einem steilen Abhange

vorbeifließt.


Vorspiel und erste Szene - Zweite Szene - Inhaltsangabe

Die drei Rheintöchter, Siegfried


Die drei Rheintöchter, Woglinde, Wellgunde und Floßhilde, tauchen aus der Flut auf und schwimmen,

wie im Reigentanze, im Kreise umher.


Die drei Rheintöchter

im Schwimmen mäßig einhaltend


Frau Sonne sendet lichte Strahlen;

Nacht liegt in der Tiefe:

einst war sie hell,

da heil und hehr

des Vaters Gold noch in ihr glänzte.

Rheingold! Klares Gold!

Wie hell du einstens strahltest,

hehrer Stern der Tiefe!


Sie schließen wieder den Schwimmreigen

Weiala, weiala,

weialeia weiala

weialalala,

wallalala

leialala, lalalala....

walalalalala...


Ferner Hornruf. Sie lauschen. Sie schlagen jauchzend das Wasser.

Frau Sonne, sende uns den Helden,

der das Gold uns wiedergäbe!

Ließ' er es uns, dein lichtes Auge

neideten dann wir nicht länger.

Rheingold! Klares Gold!

Wie froh du dann strahltest,

freier Stern der Tiefe!


Man hört Siegfrieds Horn von der Höhe her.


Woglinde

Ich höre sein Horn.


Wellgunde

Der Helde naht.


Floßhilde

Laßt uns beraten!

Sie tauchen alle drei schnell unter.

Siegfried erscheint auf dem Abhange in vollen Waffen.


Siegfried

Ein Albe führte mich irr,

daß ich die Fährte verlor:

He, Schelm, in welchem Berge

bargst du so schnell mir das Wild?


Die drei Rheintöchter

tauchen wieder auf und schwimmen im Reigen

Siegfried!


Floßhilde

Was schiltst du so in den Grund?


Wellgunde

Welchem Alben bist du gram?


Woglinde

Hat dich ein Nicker geneckt?


Alle drei

Sag' es, Siegfried, sag' es uns!


Siegfried

sie lächelnd betrachtend

Entzücktet ihr zu euch den zottigen Gesellen,

der mir verschwand?

Ist's euer Friedel,

euch lustigen Frauen laß' ich ihn gern.


Die Mädchen lachen laut auf.


Woglinde

Siegfried, was gibst du uns,

wenn wir das Wild dir gönnen?


Siegfried

Noch bin ich beutelos;

so bittet, was ihr begehrt.


Wellgunde

Ein goldner Ring ragt dir am Finger!


Die drei Rheintöchter

Den gib uns!


Siegfried

Einen Riesenwurm erschlug ich um den Reif:

für eines schlechten Bären Tatzen

böt' ich ihn nun zum Tausch?


Woglinde

Bist du so karg?


Wellgunde

So geizig beim Kauf?


Floßhilde

Freigebig solltest Frauen du sein.


Siegfried

Verzehrt' ich an euch mein Gut,

des zürnte mir wohl mein Weib.


Floßhilde

Sie ist wohl schlimm?


Wellgunde

Sie schlägt dich wohl?


Woglinde

Ihre Hand fühlt schon der Held!


Sie lachen unmäßig.


Siegfried

Nun lacht nur lustig zu!

In Harm laß' ich euch doch:

denn giert ihr nach dem Ring,

euch Nickern geb' ich ihn nie!


Die Rheintöchter haben sich wieder zum Reigen gefaßt.



Floßhilde

So schön!


Wellgunde

So stark!


Woglinde

So gehrenswert!


Alle drei

Wie schade, daß er geizig ist!


Sie lachen und tauchen unter.


Siegfried

tiefer in den Grund hinabsteigend

Was leid' ich doch das karge Lob?

Laß' ich so mich schmäh'n?

Kämen sie wieder zum Wasserrand,

den Ring könnten sie haben.


laut rufend

He! He, he! Ihr muntren Wasserminnen!

Kommt rasch! Ich schenk' euch den Ring!


Er hat den Ring vom Finger gezogen und hält ihn in die Höhe.

Die drei Rheintöchter tauchen wieder auf. Sie zeigen sich ernst und feierlich.


Floßhilde

Behalt' ihn, Held, und wahr' ihn wohl,

bis du das Unheil errätst -


Woglinde und Wellgunde

das in dem Ring du hegst.


Alle drei

Froh fühlst du dich dann,

befrein wir dich von dem Fluch.


Siegfried

steckt gelassen den Ring wieder an seinen Finger

So singet, was ihr wißt!


Die Rheintöchter

Siegfried! Siegfried! Siegfried!

Schlimmes wissen wir dir.


Wellgunde

Zu deinem Unheil wahrst du den Reif!


Alle drei

Aus des Rheines Gold ist der Reif geglüht.


Wellgunde

Der ihn listig geschmiedet und schmählich verlor -


Alle drei

der verfluchte ihn, in fernster Zeit

zu zeugen den Tod dem, der ihn trüg'.


Floßhilde

Wie den Wurm du fälltest -


Wellgunde und Floßhilde

so fällst auch du -


Alle drei

und heute noch:

So heißen wir's dir,

tauschest den Ring du uns nicht -


Wellgunde und Floßhilde

im tiefen Rhein ihn zu bergen:


Alle drei

Nur seine Flut sühnet den Fluch!


Siegfried

Ihr listigen Frauen, laßt das sein!

Traut' ich kaum eurem Schmeicheln,

euer Drohen schreckt mich noch minder!


Die drei Rheintöchter

Siegfried! Siegfried!

Wir weisen dich wahr.

Weiche, weiche dem Fluch!

Ihn flochten nächtlich webende Nornen

in des Urgesetzes Seil!


Siegfried

Mein Schwert zerschwang einen Speer:

des Urgesetzes ewiges Seil,

flochten sie wilde Flüche hinein,

Notung zerhaut es den Nornen!

Wohl warnte mich einst

vor dem Fluch ein Wurm,

doch das Fürchten lehrt' er mich nicht!


Er betrachtet den Ring.

Der Welt Erbe gewänne mir ein Ring:

für der Minne Gunst miß' ich ihn gern;

ich geb' ihn euch, gönnt ihr mir Lust.

Doch bedroht ihr mir Leben und Leib:

faßte er nicht eines Fingers Wert,

den Reif entringt ihr mir nicht!

Denn Leben und Leib,

seht: - so - werf' ich sie weit von mir!


Er hebt eine Erdscholle vom Boden auf, hält sie über seinem Haupte und wirft sie mit den letzten

Worten hinter sich.


Die drei Rheintöchter

Kommt, Schwestern!

Schwindet dem Toren!

So weise und stark verwähnt sich der Held,

als gebunden und blind er doch ist.


Sie schwimmen, wild aufgeregt, in weiten Schwenkungen dicht an das Ufer heran.

Eide schwur er - und achtet sie nicht.


Wieder heftige Bewegung.

Runen weiß er - und rät sie nicht!


Floßhilde, dann Woglinde

Ein hehrstes Gut ward ihm vergönnt.


Alle drei

Daß er's verworfen, weiß er nicht;


Floßhilde

nur den Ring, -


Wellgunde

der zum Tod ihm taugt, -


Alle drei

den Reif nur will er sich wahren!

Leb' wohl, Siegfried!

Ein stolzes Weib

wird noch heute dich Argen beerben:

sie beut uns besseres Gehör:

Zu ihr! Zu ihr! Zu ihr!


Sie wenden sich schnell zum Reigen, mit welchem sie gemächlich dem Hintergrunde zu

fortschwimmen. Siegfried sieht ihnen lächelnd nach, stemmt ein Bein auf ein Felsstück am

Ufer und verweilt mit auf der Hand gestütztem Kinne.


Alle drei

Weiala, weiala,

weialeia weiala

weialalala,

wallalala

leialala, lalalala....

walalalalala...


Siegfried

Im Wasser, wie am Lande

lernte nun ich Weiberart:

wer nicht ihrem Schmeicheln traut,

den schrecken sie mit Drohen;

wer dem kühnlich trotzt,

dem kommt dann ihr Keifen dran.

Die Rheintöchter sind hier gänzlich verschwunden.

Und doch, trüg' ich nicht Gutrun' Treu, -

der zieren Frauen eine

hätt' ich mir frisch gezähmt!


Er blickt ihnen unverwandt nach.


Die Rheintöchter

in größerer Entfernung

La, la!


Jagdhornrufe kommen von der Höhe näher.


 

 

Zweite Szene - Dritte Szene - Seitenanfang - Inhaltsangabe

Siegfried, Hagen, Gunther, Mannen


Hagen Stimme

von fern

Hoiho!


Siegfried fährt aus seiner träumerischen Entrücktheit auf und antwortet dem vernommenen Rufe auf

seinem Horne.


Die Mannen

außerhalb der Szene

Hoiho! Hoiho!


Siegfried

antwortend

Hoiho! Hoiho! Hoihe!


Hagen

kommt auf der Höhe hervor. Gunther folgt ihm. Siegfried erblickend

Finden wir endlich,

wohin du flogest?


Siegfried

Kommt herab! Hier ist's frisch und kühl!


Die Mannen kommen alle auf der Höhe an und steigen nun mit Hagen und Gunther herab.


Hagen

Hier rasten wir und rüsten das Mahl.


Jagdbeute wird zuhauf gelegt.

Laßt ruhn die Beute und bietet die Schläuche!


Trinkhörner und Schläuche werden hervorgeholt, dann lagert sich alles.

Der uns das Wild verscheuchte,

nun sollt ihr Wunder hören,

was Siegfried sich erjagt.


Siegfried

lachend

Schlimm steht es um mein Mahl:

von eurer Beute bitte ich für mich.


Hagen

Du beutelos?


Siegfried

Auf Waldjagd zog ich aus,

doch Wasserwild zeigte sich nur.

War ich dazu recht beraten,

drei wilde Wasservögel

hätt' ich euch wohl gefangen,

die dort auf dem Rheine mir sangen,

erschlagen würd' ich noch heut'.


Er lagert sich zwischen Gunther und Hagen.

Gunther erschrickt und blickt düster auf Hagen.


Hagen

Das wäre üble Jagd,

wenn den Beutelosen selbst

ein lauernd Wild erlegte!


Siegfried

Mich dürstet!


Hagen

indem er für Siegfried ein Trinkhorn füllen läßt und es diesem dann darreicht

Ich hörte sagen, Siegfried,

der Vögel Sangessprache

verstündest du wohl:

so wäre das wahr?


Siegfried

Seit lange acht' ich des Lallens nicht mehr.


Er fasst das Trinkhorn und wendet sich damit zu Gunther. Er trinkt und reicht das Horn Gunther hin.

Trink', Gunther, trink'!

Dein Bruder bringt es dir!


Gunther

gedankenvoll und schwermütig in das Horn blickend, dumpf

Du mischtest matt und bleich:

noch gedämpfter

dein Blut allein darin!


Siegfried

lachend

So misch' ich's mit dem deinen!


Er gießt aus Gunthers Horn in das seine, so daß dieses überläuft.

Nun floß gemischt es über:

der Mutter Erde laß das ein Labsal sein!


Gunther

mit einem heftigen Seufzer

Du überfroher Held!


Siegfried

leise zu Hagen

Ihm macht Brünnhilde Müh?


Hagen

leise zu Siegfried

Verstünd' er sie so gut,

wie du der Vögel Sang!


Siegfried

Seit Frauen ich singen hörte,

vergaß ich der Vöglein ganz.


Hagen

Doch einst vernahmst du sie?


Siegfried

sich lebhaft zu Gunther wendend

Hei! Gunther, grämlicher Mann!

Dankst du es mir,

so sing' ich dir Mären

aus meinen jungen Tagen.


Gunther

Die hör' ich so gern.


Alle lagern sich nah an Siegfried, welcher allein aufrecht sitzt, während die andern tiefer gestreckt

liegen.


Hagen

So singe, Held!


Siegfried

Mime hieß ein mürrischer Zwerg:

in des Neides Zwang zog er mich auf,

daß einst das Kind, wann kühn es erwuchs,

einen Wurm ihm fällt' im Wald,

der faul dort hütet' einen Hort.

Er lehrte mich schmieden und Erze schmelzen;

doch was der Künstler selber nicht konnt',

des Lehrlings Mute mußt' es gelingen:

eines zerschlagnen Stahles Stücke

neu zu schmieden zum Schwert.

Des Vaters Wehr fügt' ich mir neu:

nagelfest schuf ich mir Notung.

Tüchtig zum Kampf dünkt' er dem Zwerg;

der führte mich nun zum Wald:

dort fällt' ich Fafner, den Wurm.

Jetzt aber merkt wohl auf die Mär':

Wunder muß ich euch melden.

Von des Wurmes Blut

mir brannten die Finger;

sie führt' ich kühlend zum Mund:

kaum netzt' ein wenig

die Zunge das Naß, -

was da die Vöglein sangen,

das konnt' ich flugs verstehn.

Auf den Ästen saß es und sang:

"Hei! Siegfried gehört nun

der Niblungen Hort!

Oh! Fänd' in der Höhle

den Hort er jetzt!

Wollt' er den Tarnhelm gewinnen,

der taugt' ihm zu wonniger Tat!

Doch möcht' er den Ring sich erraten,

der macht ihn zum Walter der Welt!"


Hagen

Ring und Tarnhelm trugst du nun fort?


Die Mannen

Das Vöglein hörtest du wieder?


Siegfried

Ring und Tarnhelm hatt' ich gerafft:

da lauscht' ich wieder dem wonnigen Laller;

der saß im Wipfel und sang:

"Hei, Siegfried gehört nun der Helm und der Ring.

O traute er Mime, dem Treulosen, nicht!

Ihm sollt' er den Hort nur erheben;

nun lauert er listig am Weg:

nach dem Leben trachtet er Siegfried.

Oh, traute Siegfried nicht Mime!"


Hagen

Es mahnte dich gut?


Vier Mannen

Vergaltest du Mime?


Siegfried

Mit tödlichem Tranke trat er zu mir;

bang und stotternd gestand er mir Böses:

Notung streckte den Strolch!


Hagen

grell lachend

Was er nicht geschmiedet,

schmeckte doch Mime!


Zwei Mannen

nacheinander

Was wies das Vöglein dich wieder?


Hagen

läßt ein Trinkhorn neu füllen und träufelt den Saft eines Krautes hinein

Trink' erst, Held, aus meinem Horn:

ich würzte dir holden Trank,

die Erinnerung hell dir zu wecken,

er reicht Siegfried das Horn

daß Fernes nicht dir entfalle!


Siegfried

blickt gedankenvoll in das Horn und trinkt dann langsam

In Leid zu dem Wipfel lauscht' ich hinauf;

da saß es noch und sang:

"Hei, Siegfried erschlug nun den schlimmen Zwerg!

Jetzt wüßt' ich ihm noch das herrlichste Weib.

Auf hohem Felsen sie schläft,

Feuer umbrennt ihren Saal;

durchschritt' er die Brunst,

weckt' er die Braut -

Brünnhilde wäre dann sein!"


Hagen

Und folgtest du des Vögleins Rate?


Siegfried

Rasch ohne Zögern zog ich nun aus,

Gunther hört mit wachsendem Erstaunen zu.

bis den feurigen Fels ich traf:

die Lohe durchschritt ich

und fand zum Lohn -

in immer größere Verzückung geratend

schlafend ein wonniges Weib

in lichter Waffen Gewand.

Den Helm löst' ich der herrlichen Maid;

mein Kuß erweckte sie kühn:

oh, wie mich brünstig da umschlang

der schönen Brünnhilde Arm!


Gunther

in höchstem Schrecken aufspringend

Was hör' ich!


Zwei Raben fliegen aus einem Busche auf, kreisen über Siegfried und fliegen dann, dem Rheine zu, davon.


Hagen

Errätst du auch dieser Raben Geraun'?


Siegfried fährt heftig auf und blickt, Hagen den Rücken zukehrend, den Raben nach,


Hagen

Rache rieten sie mir!


Er stößt seinen Speer in Siegfrieds Rücken: Gunther fällt ihm - zu spät - in den Arm. Siegfried schwingt

mit beiden Händen seinen Schild hoch empor, um Hagen damit zu zerschmettern: die Kraft verläßt ihn,

der Schild entsinkt ihm rückwärts; er selbst stürzt krachend über dem Schilde zusammen.


Vier Mannen

welche vergebens Hagen zurückzuhalten versuchten

Hagen! Was tust du?


Zwei andere

Was tatest du?


Gunther

Hagen, was tatest du?


Hagen

auf den zu Boden Gestreckten deutend

Meineid rächt' ich!


Er wendet sich ruhig zur Seite ab und verliert sich dann einsam über die Höhe, wo man ihn langsam durch

die bereits mit der Erscheinung der Raben eingebrochenen Dämmerung von dannen schreiten sieht.

Gunther beugt sich schmerzergriffen zu Siegfrieds Seite nieder. Die Mannen umstehen teilnahmsvoll

den Sterbenden.


Siegfried

von zwei Mannen sitzend erhalten, schlägt die Augen glanzvoll auf

Brünnhilde! Heilige Braut!

Wach' auf! Öffne dein Auge!

Wer verschloß dich wieder in Schlaf?

Wer band dich in Schlummer so bang?

Der Wecker kam; er küßt dich wach,

und aber - der Braut bricht er die Bande:

da lacht ihm Brünnhildes Lust! -

Ach! Dieses Auge, ewig nun offen!

Ach, dieses Atems wonniges Wehen!

Süßes Vergehen - seliges Grauen:

Brünnhild' bietet mir - Gruß!


Er sinkt zurück und stirbt. Regungslose Trauer der Umstehenden. Die Nacht ist hereingebrochen. Auf

die stumme Ermahnung Gunthers erheben die Mannen Siegfrieds Leiche und geleiten mit dem Folgenden

sie in feierlichem Zuge über die Felsenhöhe langsam von dannen. Gunther folgt der Leiche zunächst.


 

 

Orchesterzwischenspiel

Trauermusik beim Tode Siegfrieds (Thema)

 


Der Mond bricht durch die Wolken hervor und beleuchtet immer heller den die Berghöhe

erreichenden Trauerzug. Dann steigen Nebel aus dem Rheine auf und erfüllen allmählich die

ganze Bühne, auf welcher der Trauerzug bereits unsichtbar geworden ist, bis nach vorne, so

daß diese während des Zwischenspiels gänzlich verhüllt bleibt. Als sich die Nebel wieder verteilen,

tritt die Halle der Gibichungen, wie im ersten Aufzuge, immer erkennbarer hervor.


Dritte Szene - Seitenanfang - Inhaltsangabe

Die Halle der Gibichungen

Gutrune, Hagen, Gunther, Brünnhilde


Es ist Nacht. Mondschein spiegelt sich auf dem Rheine. Gutrune tritt aus ihrem Gemache in die Halle

hinaus.


Gutrune

War das sein Horn?


Sie lauscht.

Nein! - Noch kehrt er nicht heim. -

Schlimme Träume störten mir den Schlaf!

Wild wieherte sein Roß;

Lachen Brünnhildes weckte mich auf.

Wer war das Weib,

das ich zum Ufer schreiten sah?

Ich fürchte Brünnhild'!

Ist sie daheim?


Sie lauscht an der Tür rechts und ruft dann leise

Brünnhild'! Brünnhild'!

Bist du wach?


Sie öffnet schüchtern und blickt in das innere Gemach.

Leer das Gemach.

So war es sie,

die ich zum Rheine schreiten sah!


Sie erschrickt und lauscht nach der Ferne.

War das sein Horn?

Nein! - Öd' alles!

Säh' ich Siegfried nur bald!


Sie will sich wieder ihrem Gemache zuwenden: als sie jedoch Hagens Stimme vernimmt, hält sie an

und bleibt, von Furcht gefesselt, eine Zeitlang unbeweglich stehen.


Hagens Stimme

von außen sich nähernd

Hoiho! Hoiho!

Wacht auf! Wacht auf!

Lichte! Lichte! Helle Brände!

Jagdbeute bringen wir heim.

Hoiho! Hoiho!


Licht und wachsender Feuerschein von außen.


Hagen

tritt in die Halle

Auf, Gutrun'! Begrüße Siegfried!

Der starke Held, er kehret heim!


Gutrune

im großer Angst

Was geschah? Hagen!

Nicht hört' ich sein Horn!


Männer und Frauen, mit Lichtern und Feuerbränden, geleiten den Zug der mit Siegfrieds Leiche Heimkehrenden, unter denen Gunther.


Hagen

Der bleiche Held,

nicht bläst er es mehr;

nicht stürmt er zur Jagd,

zum Streite nicht mehr,

noch wirbt er um wonnige Frauen.


Gutrune

mit wachsendem Entsetzen

Was bringen die?


Der Zug gelangt in die Mitte der Halle, und die Mannen setzen dort die Leiche auf einer schnell

errichteten Erhöhung nieder.


Hagen

Eines wilden Ebers Beute:

Siegfried, deinen toten Mann.


Gutrune schreit auf und stürzt über die Leiche hin. Allgemeine Erschütterung und Trauer.


Gunther

bemüht sich um die Ohnmächtige

Gutrun'! Holde Schwester,

hebe dein Auge, schweige mir nicht!


Gutrune

wieder zu sich kommend

Siegfried - Siegfried erschlagen!


Sie stößt Gunther heftig zurück.

Fort, treuloser Bruder,

du Mörder meines Mannes!

O Hilfe! Hilfe! Wehe! Wehe!

Sie haben Siegfried erschlagen!


Gunther

Nicht klage wider mich!

Dort klage wider Hagen.

Er ist der verfluchte Eber,

der diesen Edlen zerfleischt'.


Hagen

Bist du mir gram darum?


Gunther

Angst und Unheil greife dich immer!


Hagen

mit furchtbarem Trotze herantretend

Ja denn! Ich hab' ihn erschlagen!

Ich - Hagen - schlug ihn zu Tod.

Meinem Speer war er gespart,

bei dem er Meineid sprach.

Heiliges Beuterecht

hab' ich mir nun errungen:

drum fordr' ich hier diesen Ring.


Gunther

Zurück! Was mir verfiel,

sollst nimmer du empfahn.


Hagen

Ihr Mannen, richtet mein Recht!


Gunther

Rührst du an Gutrunes Erbe,

schamloser Albensohn?


Hagen

sein Schwert ziehend

Des Alben Erbe fordert so sein Sohn!


Er dringt auf Gunther ein, dieser wehrt sich; sie fechten. Die Mannen werfen sich dazwischen. Gunther

fällt von einem Streiche Hagens darnieder.

Her den Ring!


Er greift nach Siegfrieds Hand; diese hebt sich drohend empor. Gutrune und die Frauen schreien entsetzt

laut auf. Alles bleibt in Schauder regungslos gefesselt.

Vom Hintergrunde her schreitet Brünnhilde fest und feierlich dem Vordergrunde zu.


Brünnhilde

noch im Hintergrunde

Schweigt eures Jammers

jauchzenden Schwall!

Das ihr alle verrietet,

zur Rache schreitet sein Weib.


Sie schreitet ruhig weiter vor.

Kinder hört' ich greinen nach der Mutter,

da süße Milch sie verschüttet:

doch nicht erklang mir würdige Klage,

des hehrsten Helden wert.


Gutrune

vom Boden heftig sich aufrichtend

Brünnhilde! Neiderboste!

Du brachtest uns diese Not:

die du die Männer ihm verhetztest,

weh, daß du dem Haus genaht!


Brünnhilde

Armselige, schweig'!

Sein Eheweib warst du nie,

als Buhlerin bandest du ihn.

Sein Mannesgemahl bin ich,

der ewige Eide er schwur,

eh' Siegfried je dich ersah.


Gutrune

in jähe Verzweiflung ausbrechend

Verfluchter Hagen!

Daß du das Gift mir rietest,

das ihr den Gatten entrückt!

Ach, Jammer!

Wie jäh nun weiß ich's,

Brünnhilde war die Traute,

die durch den Trank er vergaß! -


Sie wendet sich voll Scheu von Siegfried ab und beugt sich, im Schmerz aufgelöst, über Gunthers Leiche;

so verbleibt sie regungslos bis zum Ende. Hagen steht, trotzig auf Speer und Schild gelehnt, in

finsteres Sinnen versunken, auf der entgegengesetzen Seite.


Brünnhilde

allein in der Mitte; nachdem sie lange, zuerst mit tiefer Erschütterung, dann mit fast überwältigender

Wehmut das Angesicht Siegfrieds betrachtet, wendet sie sich mit feierlicher Erhebung an die Männer

und Frauen.


Zu den Mannen

Starke Scheite schichtet mir dort

am Rande des Rheins zuhauf!

Hoch und hell lodre die Glut,

die den edlen Leib

des hehrsten Helden verzehrt.

Sein Roß führet daher,

daß mit mir dem Recken es folge:

denn des Helden heiligste Ehre zu teilen,

verlangt mein eigener Leib.

Vollbringt Brünnhildes Wunsch!


Die jüngeren Männer errichten während des Folgenden vor der Halle nahe am Rheinufer einen

mächtigen Scheiterhaufen, Frauen schmücken ihn mit Decken, auf die sie Kräuter und Blumen streuen.


Brünnhilde

versinkt von neuem in die Betrachtung des Antlitzes der Leiche Siegfrieds. Ihre Mienen nehmen eine

immer sanftere Verklärung an


Wie Sonne lauter strahlt mir sein Licht:

der Reinste war er, der mich verriet!

Die Gattin trügend, - treu dem Freunde, -

von der eignen Trauten - einzig ihm teuer -

schied er sich durch sein Schwert.

Echter als er schwur keiner Eide;

treuer als er hielt keiner Verträge;

lautrer als er liebte kein andrer:

und doch, alle Eide, alle Verträge,

die treueste Liebe trog keiner wie er! -

Wißt ihr, wie das ward?


nach oben blickend

O ihr, der Eide ewige Hüter!

Lenkt euren Blick auf mein blühendes Leid:

erschaut eure ewige Schuld!

Meine Klage hör', du hehrster Gott!

Durch seine tapferste Tat,

dir so tauglich erwünscht,

weihtest du den, der sie gewirkt,

dem Fluche, dem du verfielest:

mich mußte der Reinste verraten,

daß wissend würde ein Weib!

Weiß ich nun, was dir frommt? -

Alles, alles, alles weiß ich,

alles ward mir nun frei!

Auch deine Raben hör' ich rauschen;

mit bang ersehnter Botschaft

send' ich die beiden nun heim.

Ruhe, ruhe, du Gott! -


Sie winkt den Mannen, Siegfrieds Leiche auf den Scheiterhaufen zu tragen; zugleich zieht sie von

Siegfrieds Finger den Ring ab und betrachtet ihn sinnend.

Mein Erbe nun nehm' ich zu eigen.

Verfluchter Reif! Furchtbarer Ring!

Dein Gold fass' ich und geb' es nun fort.

Der Wassertiefe weise Schwestern,

des Rheines schwimmende Töchter,

euch dank' ich redlichen Rat.

Was ihr begehrt, ich geb' es euch:

aus meiner Asche nehmt es zu eigen!

Das Feuer, das mich verbrennt,

rein'ge vom Fluche den Ring!

Ihr in der Flut löset ihn auf,

und lauter bewahrt das lichte Gold,

das euch zum Unheil geraubt.


Sie hat sich den Ring angesteckt und wendet sich jetzt zu dem Scheiterhaufen, auf welchem Siegfrieds

Leiche ausgestreckt liegt. Sie entreißt einem Manne den mächtigen Feuerbrand, schwingt diesen und

deutet nach dem Hintergrunde.


Fliegt heim, ihr Raben!

Raunt es eurem Herren,

was hier am Rhein ihr gehört!

An Brünnhildes Felsen fahrt vorbei! -

Der dort noch lodert,

weiset Loge nach Walhall!

Denn der Götter Ende dämmert nun auf.

So - werf' ich den Brand

in Walhalls prangende Burg.


Sie schleudert den Brand in den Holzstoß, der sich schnell hell entzündet. Zwei Raben sind vom Felsen

am Ufer aufgeflogen und verschwinden nach den Hintergrunde zu.

Brünnhilde gewahrt ihr Roß, welches zwei junge Männer hereinführen. Sie ist ihm entgegengesprungen,

faßt es und entzäumt es schnell; dann neigt sie sich traulich zu ihm.


Grane, mein Roß!

Sei mir gegrüßt!

Weißt du auch, mein Freund,

wohin ich dich führe?

Im Feuer leuchtend, liegt dort dein Herr,

Siegfried, mein seliger Held.

Dem Freunde zu folgen, wieherst du freudig?

Lockt dich zu ihm die lachende Lohe?

Fühl' meine Brust auch, wie sie entbrennt;

helles Feuer das Herz mir erfaßt,

ihn zu umschlingen, umschlossen von ihm,

in mächtigster Minne vermählt ihm zu sein!

Heiajoho! Grane!

Grüß' deinen Herren!

Siegfried! Siegfried! Sieh!

Selig grüßt dich dein Weib!


Sie hat sich auf das Ross geschwungen und hebt es jetzt zum Sprunge. Sie sprengt es mit einem Satze

in den brennenden Scheiterhaufen. Sogleich steigt prasselnd der Brand hoch auf, so dass das Feuer

den ganzen Raum vor der Halle erfüllt und diese selbst schon zu ergreifen scheint. Entsetzt drängen

sich Männer und Frauen nach dem äußersten Vordergrunde.

Als der ganze Bühnenraum nur noch von Feuer erfüllt erscheint, verlischt plötzlich der Glutschein,

so daß bald bloß ein Dampfgewölk zurückbleibt, welches sich dem Hintergrunde zu verzieht und dort

am Horizont sich als finstere Wolkenschicht lagert. Zugleich ist vom Ufer her der Rhein mächtig

angeschwollen und hat seine Flut über die Brandstätte gewälzt. Auf den Wogen sind die drei

Rheintöchter herbeigeschwommen und erscheinen jetzt über der Brandstätte. Hagen, der seit dem

Vorgange mit dem Ringe Brünnhildes Benehmen mit wachsender Angst beobachtet hat, gerät beim Anblick

der Rheintöchter in höchsten Schreck. Er wirft hastig Speer, Schild und Helm von sich und stürzt

wie wahnsinnig sich in die Flut.


Hagen

Zurück vom Ring!


Woglinde und Wellgunde umschlingen mit ihren Armen seinen Nacken und ziehen ihn so,

zurückschwimmend, mit sich in die Tiefe. Floßhilde, den anderen voran dem Hintergrunde

zuschwimmend, hält jubelnd den gewonnenen Ring in die Höhe. Durch die Wolkenschicht,

welche sich am Horizont gelagert, bricht ein rötlicher Glutschein mit wachsender Helligkeit aus.

Von dieser Helligkeit beleuchtet, sieht man die drei Rheintöchter auf den ruhigeren Wellen des

allmählich wieder in sein Bett zurückgetretenen Rheines, lustig mit dem Ringe spielend, im Reigen

schwimmen. Aus den Trümmern der zusammengestürzten Halle sehen die Männer und Frauen in

höchster Ergriffenheit dem wachsenden Feuerschein am Himmel zu. Als dieser endlich in lichtester

Helligkeit leuchtet, erblickt man darin den Saal Walhalls, in welchem die Götter und Helden, ganz

nach der Schilderung Waltrautes im ersten Aufzuge, versammelt sitzen. Helle Flammen scheinen

in dem Saal der Götter aufzuschlagen. Als die Götter von den Flammen gänzlich verhüllt sind,

fällt der Vorhang.