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Spätes 19. Jh. und Fin
de siecle
Richard Wagner - Gtterdämmerung 2.
Aufzug
Erster
Akt
Zweiter
Akt
Dritter
Akt
Uferraum
vor der Halle der Gibichungen: rechts der
offene Eingang zur Halle; links das Rheinufer;
von
diesem aus erhebt sich eine durch
verschiedene Bergpfade gespaltene, felsige
Anhöhe quer
über die Bühne, nach rechts dem
Hintergrunde zu aufsteigend. Dort sieht man einen
der
Fricka errichteten Weihstein, welchem
höher hinauf ein größerer für
Wotan, sowie seitwärts
ein gleicher dem Donner geweihter entspricht.
Es ist Nacht.
Vorspiel und erste
Szene - Zweite
Szene - Dritte Szene -
Inhaltsangabe
Hagen, Alberich
Hagen, den Speer im Arm, den Schild zur
Seite, sitzt schlafend an einen Pfosten der Halle
gelehnt. Der Mond wirft plötzlich ein
grelles Licht auf ihn und seine nächste
Umgebung; man
gewahrt Alberich vor Hagen kauernd, die Arme
auf dessen Knie gelehnt.
Alberich
leise
Schläfst du, Hagen, mein Sohn?
Du schläfst und hörst mich nicht,
den Ruh' und Schlaf verriet?
Hagen
leise, ohne sich zu rühren, so dass er
immerfort zu schlafen scheint, obwohl er die
Augen
offen hat
Ich höre dich, schlimmer Albe:
was hast du meinem Schlaf zu sagen?
Alberich
Gemahnt sei der Macht,
der du gebietest,
bist du so mutig,
wie die Mutter dich mir gebar!
Hagen
immer wie zuvor
Gab mir die Mutter Mut,
nicht mag ich ihr doch danken,
daß deiner List sie erlag:
frühalt, fahl und bleich,
haß' ich die Frohen, freue mich nie!
Alberich
wie zuvor
Hagen, mein Sohn! Hasse die Frohen!
Mich Lustfreien, Leidbelasteten
liebst du so, wie du sollst!
Bist du kräftig, kühn und klug:
die wir bekämpfen mit nächtigem
Krieg,
schon gibt ihnen Not unser Neid.
Der einst den Ring mir entriss,
Wotan, der wütende Räuber,
vom eignen Geschlechte ward er geschlagen:
an den Wälsung verlor er Macht und
Gewalt;
mit der Götter ganzer Sippe
in Angst ersieht er sein Ende.
Nicht ihn fürcht' ich mehr:
fallen muß er mit allen! -
Schläfst du, Hagen, mein Sohn?
Hagen
bleibt unverändert wie zuvor
Der Ewigen Macht, wer erbte sie?
Alberich
Ich - und du! Wir erben die Welt.
Trüg' ich mich nicht in deiner Treu',
teilst du meinen Gram und Grimm.
Wotans Speer zerspellte der Wälsung,
der Fafner, den Wurm, im Kampfe gefällt
und kindisch den Reif sich errang.
Jede Gewalt hat er gewonnen;
Walhall und Nibelheim neigen sich ihm.
immer heimlich
An dem furchtlosen Helden
erlahmt selbst mein Fluch:
denn nicht kennt er des Ringes Wert,
zu nichts nützt er die neidlichste
Macht.
Lachend in liebender Brunst,
brennt er lebend dahin.
Ihn zu verderben, taugt uns nun einzig!
Schläfst du, Hagen, mein Sohn?
Hagen
wie zuvor
Zu seinem Verderben dient er mir schon.
Alberich
Den goldnen Ring,
den Reif gilt's zu erringen!
Ein weises Weib lebt dem Wälsung
zulieb':
riet es ihm je des Rheines Töchtern,
die in Wassers Tiefen einst mich
betört,
zurückzugeben den Ring,
verloren ging' mir das Gold,
keine List erlangte es je.
Drum, ohne Zögern ziel' auf den Reif!
Dich Zaglosen zeugt' ich mir ja,
dass wider Helden hart du mir hieltest.
Zwar stark nicht genug, den Wurm zu bestehn,
- was allein dem Wälsung bestimmt -
zu zähem Haß doch erzog ich
Hagen,
der soll mich nun rächen,
den Ring gewinnen
dem Wälsung und Wotan zum Hohn!
Schwörst du mir's, Hagen, mein Sohn?
Von hier an bedeckt ein immer finsterer
werdender Schatten wieder Alberich. Zugleich
beginnt
das erste Tagesgrauen.
Hagen
immer wie zuvor
Den Ring soll ich haben:
harre in Ruh'!
Alberich
Schwörst du mir's, Hagen, mein Held?
Hagen
Mir selbst schwör' ich's;
schweige die Sorge!
Alberich
wie er allmählich immer mehr dem Blicke
entschwindet, wird auch seine Stimme
immer unvernehmbarer
Sei treu, Hagen, mein Sohn!
Trauter Helde! - Sei treu!
Sei treu! - Treu!
Alberich ist gänzlich verschwunden.
Hagen, der unverändert in seiner Stellung
verblieben,
blickt regungslos und starren Auges nach dem
Rheine hin, auf welchem sich die
Morgendämmerung ausbreitet.
Zweite
Szene Seitenanfang -
Dritte Szene - Inhaltsangabe
Siegfried, Hagen, Gutrune
Der Rhein färbt sich immer stärker
vom erglühenden Morgenrot. Hagen macht eine
zuckende Bewegung. Siegfried tritt
plötzlich, dicht am Ufer, hinter einem Busche
hervor. Er ist
in seiner eignen Gestalt; nur den Tarnhelm
hat er noch auf dem Haupte: er zieht ihn jetzt ab
und hängt ihn, während er
hervorschreitet, in den Gürtel.
Siegfried
Hoiho, Hagen! Müder Mann!
Siehst du mich kommen?
Hagen
gemächlich sich erhebend
Hei,Siegfried?
Geschwinder Helde?
Wo brausest du her?
Siegfried
Vom Brünnhildenstein!
Dort sog ich den Atem ein,
mit dem ich dich rief:
so schnell war meine Fahrt!
Langsamer folgt mir ein Paar:
zu Schiff gelangt das her!
Hagen
So zwangst du Brünnhild'?
Siegfried
Wacht Gutrune?
Hagen
in die Halle rufend
Hoiho, Gutrune! Komm' heraus!
Siegfried ist da:
was säumst du drin?
Siegfried
zur Halle sich wendend
Euch beiden meld' ich,
wie ich Brünnhild' band.
Gutrune tritt ihm aus der Halle
entgegen.
Siegfried
Heiß' mich willkommen, Gibichskind!
Ein guter Bote bin ich dir.
Gutrune
Freia grüße dich zu aller Frauen
Ehre!
Siegfried
Frei und hold sei nun mir Frohem:
zum Weib gewann ich dich heut'.
Gutrune
So folgt Brünnhild' meinem Bruder?
Siegfried
Leicht ward die Frau ihm gefreit.
Gutrune
Sengte das Feuer ihn nicht?
Siegfried
Ihn hätt' es auch nicht versehrt,
doch ich durchschritt es für ihn,
da dich ich wollt' erwerben.
Gutrune
Und dich hat es verschont?
Siegfried
Mich freute die schwelende Brunst.
Gutrune
Hielt Brünnhild' dich für Gunther?
Siegfried
Ihm glich ich auf ein Haar:
der Tarnhelm wirkte das,
wie Hagen tüchtig es wies.
Hagen
Dir gab ich guten Rat.
Gutrune
So zwangst du das kühne Weib?
Siegfried
Sie wich - Gunthers Kraft.
Gutrune
Und vermählte sie sich dir?
Siegfried
Ihrem Mann gehorchte Brünnhild'
eine volle bräutliche Nacht.
Gutrune
Als ihr Mann doch galtest du?
Siegfried
Bei Gutrune weilte Siegfried.
Gutrune
Doch zur Seite war ihm Brünnhild'?
Siegfried
auf sein Schwert deutend
Zwischen Ost und West der Nord:
so nah - war Brünnhild' ihm fern.
Gutrune
Wie empfing Gunther sie nun von dir?
Siegfried
Durch des Feuers verlöschende Lohe,
im Frühnebel vom Felsen folgte sie mir zu
Tal;
dem Strande nah,
flugs die Stelle tauschte Gunther mit mir:
durch des Geschmeides Tugend
wünscht' ich mich schnell hieher.
Ein starker Wind nun treibt
die Trauten den Rhein herauf:
drum rüstet jetzt den Empfang!
Gutrune
Siegfried, mächtigster Mann!
Wie faßt mich Furcht vor dir!
Hagen
von der Höhe im Hintergrunde den
Fluß hinabspähend
In der Ferne seh' ich ein Segel.
Siegfried
So sagt dem Boten Dank!
Gutrune
Lasset uns sie hold empfangen,
dass heiter sie und gern hier weile!
Du, Hagen, minnig rufe die Mannen
nach Gibichs Hof zur Hochzeit!
Frohe Frauen ruf' ich zum Fest:
der Freudigen folgen sie gern.
nach der Halle schreitend, wendet sie sich
wieder um
Rastest du, schlimmer Held?
Siegfried
Dir zu helfen, ruh' ich aus.
Er reicht ihr die Hand und geht mit ihr in
die Halle.
Dritte
Szene - Zweite
Szene - Vierte Szene -
Inhaltsangabe
Hagen und die Mannen
Hagen
hat einen Felsstein in der Höhe des
Hintergrundes erstiegen; dort setzt er, der
Landseite
zugewendet, sein Stierhorn zum Blasen
an
Hoiho! Hoihohoho!
Ihr Gibichsmannen, machet euch auf!
Wehe! Wehe! Waffen! Waffen!
Waffen durchs Land! Gute Waffen!
Starke Waffen! Scharf zum Streit.
Not ist da! Not! Wehe! Wehe!
Hoiho! Hoihohoho!
Hagen bleibt immer in seiner Stellung auf der
Anhöhe. Er bläst abermals. Aus
verschiedenen
Gegenden vom Lande her antworten
Heerhörner. Auf den verschiedenen
Höhenpfaden stürmen
in Hast und Eile gewaffnete Mannen herbei,
erst einzelne, dann immer mehrere zusammen,
welche sich dann auf dem Uferraum vor der
Halle anhäufen.
Die Mannen
erst einzelne, dann immer neu
hinzukommende
Was tost das Horn?
Was ruft es zu Heer?
Wir kommen mit Wehr,
Wir kommen mit Waffen!
Hagen! Hagen!
Hoiho! Hoiho!
Welche Not ist da?
Welcher Feind ist nah?
Wer gibt uns Streit?
Ist Gunther in Not?
Wir kommen mit Waffen,
mit scharfer Wehr.
Hoiho! Ho! Hagen!
Hagen
immer von der Anhöhe herab
Rüstet euch wohl und rastet nicht;
Gunther sollt ihr empfahn:
ein Weib hat der gefreit.
Die Mannen
Drohet ihm Not?
Drängt ihn der Feind?
Hagen
Ein freisliches Weib führet er heim.
Die Mannen
Ihm folgen der Magen feindliche Mannen?
Hagen
Einsam fährt er: keiner folgt.
Die Mannen
So bestand er die Not?
So bestand er den Kampf?
Sag' es an!
Hagen
Der Wurmtöter wehrte der Not:
Siegfried, der Held, der schuf ihm Heil!
Ein Mann
Was soll ihm das Heer nun noch helfen?
Zehn Weitere
Was hilft ihm nun das Heer?
Hagen
Starke Stiere sollt ihr schlachten;
am Weihstein fließe Wotan ihr Blut!
Ein Mann
Was, Hagen, was heißest du uns dann?
Acht Mannen
Was heißest du uns dann?
Vier Weitere
Was soll es dann?
Alle
Was heißest du uns dann?
Hagen
Einen Eber fällen sollt ihr für
Froh!
Einen stämmigen Bock stechen für
Donner!
Schafe aber schlachtet für Fricka,
dass gute Ehe sie gebe!
Die Mannen
mit immer mehr ausbrechender
Heiterkeit
Schlugen wir Tiere,
was schaffen wir dann?
Hagen
Das Trinkhorn nehmt,
von trauten Frau'n
mit Met und Wein wonnig gefüllt!
Die Mannen
Das Trinkhorn zur Hand,
wie halten wir es dann?
Hagen
Rüstig gezecht, bis der Rausch euch
zähmt!
Alles den Göttern zu Ehren,
daß gute Ehe sie geben!
Die Mannen
brechen in ein schallendes Gelächter
aus
Groß Glück und Heil lacht nun dem
Rhein,
da Hagen, der Grimme, so lustig mag sein!
Der Hagedorn sticht nun nicht mehr;
zum Hochzeitsrufer ward er bestellt.
Hagen
der immer sehr ernst geblieben, ist zu den
Mannen herabgestiegen und steht jetzt unter
ihnen
Nun laßt das Lachen, mut'ge Mannen!
Empfangt Gunthers Braut!
Brünnhilde naht dort mit ihm.
Er deutet die Mannen nach dem Rhein hin:
diese eilen zum Teil nach der Anhöhe,
während
andere sich am Ufer aufstellen, um die
Ankommenden zu erblicken.
näher zu einigen Mannen tretend
Hold seid der Herrin,
helfet ihr treu:
traf sie ein Leid,
rasch seid zur Rache!
Er wendet sich langsam zur Seite, in den
Hintergrund.
Während des Folgenden kommt der Nachen
mit Gunther und Brünnhilde auf dem Rheine
an.
Die Mannen
diejenigen, welche von der Höhe
ausgeblickt hatten, kommen zum Ufer herab
Heil! Heil!
Willkommen! Willkommen!
Einige der Mannen springen in den Fluß
und ziehen den Kahn an das Land. Alles drängt
sich immer dichter an das Ufer.
Willkommen, Gunther!
Heil! Heil!
Vierte
Szene - Dritte
Szene - Fünfte Szene -
Inhaltsangabe
Gunther,Siegfried, Brünnhilde, Hagen,
Gutrune, Mannen, Frauen
Gunther steigt mit Brünnhilde aus dem
Kahne; die Mannen reihen sich ehrerbietig zu ihren
Empfange. Während des Folgenden geleitet
Gunther Brünnhilde feierlich an der
Hand.
Die Mannen
Heil dir, Gunther!
Heil dir und deiner Braut!
Willkommen!
Sie schlagen die Waffen tosend
zusammen.
Gunther
Brünnhilde, welche bleich und gesenkten
Blickes ihm folgt, den Mannen vorstellend
Brünnhild', die hehrste Frau,
bring' ich euch her zum Rhein.
Ein edleres Weib ward nie gewonnen.
Der Gibichungen Geschlecht,
gaben die Götter ihm Gunst,
zum höchsten Ruhm rag' es nun auf!
Die Mannen
feierlich an ihre Waffen schlagend
Heil! Heil dir,
glücklicher Gibichung!
Gunther geleitet Brünnhilde, die nie
aufblickt, zur Halle, aus welcher jetzt Siegfried
und
Gutrune, von Frauen begleitet,
heraustreten.
Gunther
hält vor der Halle an
Gegrüßt sei, teurer Held;
gegrüßt, holde Schwester!
Dich seh' ich froh ihm zur Seite,
der dich zum Weib gewann.
Zwei sel'ge Paare
seh ich hier prangen:
er führt Brünnhilde näher
heran
Brünnhild' und Gunther,
Gutrun' und Siegfried!
Brünnhilde schlägt erschreckt die
Augen auf und erblickt Siegfried; wie in Erstaunen
bleibt ihr
Blick auf ihn gerichtet. Gunther, welcher
Brünnhildes heftig zuckende Hand losgelassen
hat,
sowie alle übrigen zeigen starre
Betroffenheit über Brünnhildes
Benehmen.
Mannen und Frauen
Was ist ihr? Ist sie entrückt?
Brünnhilde beginnt zu zittern.
Siegfried
geht ruhig einige Schritte auf
Brünnhilde zu
Was müht Brünnhildes Blick?
Brünnhilde
kaum ihrer mächtig
Siegfried... hier...! Gutrune...?
Siegfried
Gunthers milde Schwester:
mir vermählt wie Gunther du.
Brünnhilde
furchtbar heftig
Ich.... Gunther... ? Du lügst!
Sie schwankt und droht umzusinken: Siegfried,
ihr zunächst, stützt sie.
Mir schwindet das Licht ....
Sie blickt in seinen Armen matt zu Siegfried
auf.
Siegfried - kennt mich nicht!
Siegfried
Gunther, deinem Weib ist übel!
Gunther tritt hinzu
Erwache, Frau!
Hier steht dein Gatte.
Brünnhilde
erblickt am ausgestreckten Finger Siegfrieds
den Ring und schrickt mit furchtbarer
Heftigkeit auf
Ha! - Der Ring -
an seiner Hand!
Er - ? Siegfried?
Mannen und Frauen
Was ist?
Hagen
aus dem Hintergrunde unter die Mannen
tretend
Jetzt merket klug,
was die Frau euch klagt!
Brünnhilde
sucht sich zu ermannen, indem sie die
schrecklichste Aufregung gewaltsam
zurückhält
Einen Ring sah ich an deiner Hand, -
nicht dir gehört er,
ihn entriss mir
auf Gunther deutend
- dieser Mann!
Wie mochtest von ihm
den Ring du empfahn?
Siegfried
aufmerksam den Ring an seiner Hand
betrachtend
Den Ring empfing ich nicht von ihm.
Brünnhilde
zu Gunther
Nahmst du von mir den Ring,
durch den ich dir vermählt;
so melde ihm dein Recht,
fordre zurück das Pfand!
Gunther
in großer Verwirrung
Den Ring? Ich gab ihm keinen:
doch - kennst du ihn auch gut?
Brünnhilde
Wo bärgest du den Ring,
den du von mir erbeutet?
Gunther schweigt in höchster
Betroffenheit.
Brünnhilde
wütend auffahrend
Ha! - Dieser war es,
der mir den Ring entriß:
Siegfried, der trugvolle Dieb!
Alles blickt erwartungsvoll auf Siegfried,
welcher über der Betrachtung des Ringes in
fernes
Sinnen entrückt ist.
Siegfried
Von keinem Weib kam mir der Reif;
noch war's ein Weib, dem ich ihn abgewann:
genau erkenn' ich des Kampfes Lohn,
den vor Neidhöhl' einst ich bestand,
als den starken Wurm ich erschlug.
Hagen
zwischen sie tretend
Brünnhild', kühne Frau,
kennst du genau den Ring?
Ist's der, den du Gunthern gabst,
so ist er sein, -
und Siegfried gewann ihn durch Trug,
den der Treulose büßen sollt'!
Brünnhilde
in furchtbarstem Schmerze
aufschreiend
Betrug! Betrug! Schändlichster Betrug!
Verrat! Verrat! - Wie noch nie er
gerächt!
Gutrune
Verrat? An wem?
Mannen und Frauen
Verrat? Verrat?
Brünnhilde
Heil'ge Götter, himmlische Lenker!
Rauntet ihr dies in eurem Rat?
Lehrt ihr mich Leiden, wie keiner sie litt?
Schuft ihr mir Schmach, wie nie sie
geschmerzt?
Ratet nun Rache, wie nie sie gerast!
Zündet mir Zorn, wie noch nie er
gezähmt!
Heißet Brünnhild' ihr Herz zu
zerbrechen,
den zu zertrümmern, der sie betrog!
Gunther
Brünnhild', Gemahlin!
Mäß'ge dich!
Brünnhilde
Weich' fern, Verräter!
Selbst Verrat'ner -
Wisset denn alle: nicht ihm,
dem Manne dort bin ich vermählt.
Frauen
Siegfried? Gutruns Gemahl?
Mannen
Gutruns Gemahl?
Brünnhilde
Er zwang mir Lust und Liebe ab.
Siegfried
Achtest du so der eignen Ehre?
Die Zunge, die sie lästert,
muss ich der Lüge sie zeihen?
Hört, ob ich Treue brach!
Blutbrüderschaft
hab' ich Gunther geschworen:
Notung, das werte Schwert,
wahrte der Treue Eid;
mich trennte seine Schärfe
von diesem traur'gen Weib.
Brünnhilde
Du listiger Held, sieh', wie du lügst!
Wie auf dein Schwert du schlecht dich
berufst!
Wohl kenn' ich seine Schärfe,
doch kenn' auch die Scheide,
darin so wonnig ruht' an der Wand
Notung, der treue Freund,
als die Traute sein Herr sich gefreit.
Die Mannen
in lebhafter Entrüstung
zusammentretend
Wie? Brach er die Treue?
Trübte er Gunthers Ehre?
Die Frauen
Brach er die Treue?
Gunther
zu Siegfried
Geschändet wär' ich, schmählich
bewahrt,
gäbst du die Rede nicht ihr
zurück!
Gutrune
Treulos,Siegfried, sannest du Trug?
Bezeuge, daß jene falsch dich zeiht!
Die Mannen
Reinige dich, bist du im Recht!
Schweige die Klage!
Schwöre den Eid!
Siegfried
Schweig' ich die Klage,
schwör' ich den Eid:
wer von euch wagt seine Waffe daran?
Hagen
Meines Speeres Spitze wag' ich daran:
sie wahr' in Ehren den Eid.
Die Mannen schließen einen Ring um
Siegfried und Hagen. Hagen hält den Speer
hin;Siegfried
legt zwei Finger seiner rechten Hand auf die
Speerspitze.
Siegfried
Helle Wehr! Heilige Waffe!
Hilf meinem ewigen Eide!
Bei des Speeres Spitze sprech' ich den Eid:
Spitze, achte des Spruchs!
Wo Scharfes mich schneidet,
schneide du mich;
wo der Tod mich soll treffen,
treffe du mich:
klagte das Weib dort wahr,
brach ich dem Bruder den Eid!
Brünnhilde
tritt wütend in den Ring, reißt
Siegfrieds Hand vom Speere hinweg und faßt
dafür mit der
ihrigen die Spitze
Helle Wehr! Heilige Waffe!
Hilf meinem ewigen Eide!
Bei des Speeres Spitze sprech' ich den Eid:
Spitze, achte des Spruchs!
Ich weihe deine Wucht,
daß sie ihn werfe!
Deine Schärfe segne ich,
daß sie ihn schneide:
denn, brach seine Ehre,
schwur Meineid jetzt dieser Mann!
Die Mannen
im höchsten Aufruhr
Hilf, Donner, tose dein Wetter,
zu schweigen die wütende Schmach!
Siegfried
Gunther! Wehr' deinem Weibe,
das schamlos Schande dir lügt!
Gönnt ihr Weil' und Ruh',
der wilden Felsenfrau,
daß ihre freche Wut sich lege,
die eines Unholds arge List
wider uns alle erregt!
Ihr Mannen, kehret euch ab!
Laßt das Weibergekeif'!
Als Zage weichen wir gern,
gilt es mit Zungen den Streit.
er tritt dicht zu Gunther
Glaub', mehr zürnt es mich als dich,
daß schlecht ich sie getäuscht:
der Tarnhelm, dünkt mich fast,
hat halb mich nur gehehlt.
Doch Frauengroll friedet sich bald:
daß ich dir es gewann,
dankt dir gewiß noch das Weib.
er wendet sich wieder zu den Mannen
Munter, ihr Mannen!
Folgt mir zum Mahl!
zu den Frauen
Froh zur Hochzeit, helfet, ihr Frauen!
Wonnige Lust lache nun auf!
In Hof und Hain,
heiter vor allen sollt ihr heute mich sehn.
Wen die Minne freut,
meinem frohen Mute
tu' es der Glückliche gleich!
Er schlingt in ausgelassenem Übermute
seinen Arm um Gutrune und zieht sie mit sich in die
Halle fort. Die Mannen und Frauen, von seinem
Beispiele hingerissen, folgen ihm nach.
Die Bühne ist leer geworden. Nur
Brünnhilde, Gunther und Hagen bleiben
zurück. Gunther hat
sich in tiefer Scham und furchtbarer
Verstimmung mit verhülltem Gesichte abseits
niedergesetzt. Brünnhilde, im
Vordergrunde stehend, blickt Siegfried und Gutrune
noch eine
Zeitlang schmerzlich nach und senkt dann das
Haupt.
Fünfte
Szene - Vierte
Szene - Inhaltsangabe
- 3.
Akt
Brünnhilde, Hagen, Gunther
Brünnhilde
in starrem Nachsinnen befangen
Welches Unholds List liegt hier verhohlen?
Welches Zaubers Rat regte dies auf?
Wo ist nun mein Wissen gegen dies Wirrsal?
Wo sind meine Runen gegen dies Rätsel?
Ach Jammer! Jammer! Weh', ach Wehe!
All mein Wissen wies ich ihm zu!
In seiner Macht hält er die Magd;
in seinen Banden faßt er die Beute,
die, jammernd ob ihrer Schmach,
jauchzend der Reiche verschenkt!
Wer bietet mir nun das Schwert,
mit dem ich die Bande zerschnitt'?
Hagen
dicht an sie herantretend
Vertraue mir, betrog'ne Frau!
Wer dich verriet, das räche ich.
Brünnhilde
matt sich umblickend
An wem?
Hagen
An Siegfried, der dich betrog.
Brünnhilde
An Siegfried?... Du?
bitter lächelnd
Ein einz'ger Blick seines blitzenden Auges,
- das selbst durch die Lügengestalt
leuchtend strahlte zu mir, -
deinen besten Mut
machte er bangen!
Hagen
Doch meinem Speere
spart ihn sein Meineid?
Brünnhilde
Eid und Meineid, müßige Acht!
Nach Stärkrem späh',
deinen Speer zu waffnen,
willst du den Stärksten bestehn!
Hagen
Wohl kenn' ich Siegfrieds siegende Kraft,
wie schwer im Kampf er zu fällen;
drum raune nun du mir klugen Rat,
wie doch der Recke mir wich'?
Brünnhilde
O Undank, schändlichster Lohn!
Nicht eine Kunst war mir bekannt,
die zum Heil nicht half seinem Leib'!
Unwissend zähmt' ihn mein Zauberspiel,
das ihn vor Wunden nun gewahrt.
Hagen
So kann keine Wehr ihm schaden?
Brünnhilde
Im Kampfe nicht - ; doch
träfst du im Rücken ihn....
Niemals - das wusst ich -
wich' er dem Feind,
nie reicht' er fliehend ihm den Rücken:
an ihm drum spart' ich den Segen.
Hagen
Und dort trifft ihn mein Speer!
er wendet sich rasch von Brünnhilde ab
zu Gunther
Auf, Gunther, edler Gibichung!
Hier steht dein starkes Weib:
was hängst du dort in Harm?
Gunther
leidenschaftlich auffahrend
O Schmach! O Schande!
Wehe mir, dem jammervollsten Manne!
Hagen
In Schande liegst du;
leugn' ich das?
Brünnhilde
zu Gunther
O feiger Mann! Falscher Genoß'!
Hinter dem Helden hehltest du dich,
daß Preise des Ruhmes er dir
erränge!
Tief wohl sank das teure Geschlecht,
das solche Zagen gezeugt!
Gunther
außer sich
Betrüger ich - und betrogen!
Verräter ich - und verraten!
Zermalmt mir das Mark!
Zerbrecht mir die Brust!
Hilf, Hagen! Hilf meiner Ehre!
Hilf deiner Mutter,
die mich - auch ja gebar!
Hagen
Dir hilft kein Hirn,
dir hilft keine Hand:
dir hilft nur - Siegfrieds Tod!
Gunther
von Grausen erfaßt
Siegfrieds Tod!
Hagen
Nur der sühnt deine Schmach!
Gunther
vor sich hinstarrend
Blutbrüderschaft schwuren wir uns!
Hagen
Des Bundes Bruch sühne nun Blut!
Gunther
Brach er den Bund?
Hagen
Da er dich verriet!
Gunther
Verriet er mich?
Brünnhilde
Dich verriet er,
und mich verrietet ihr alle!
Wär' ich gerecht, alles Blut der Welt
büßte mir nicht eure Schuld!
Doch des einen Tod taugt mir für alle:
Siegfried falle - zur Sühne für sich
und euch!
Hagen
heimlich zu Gunther
Er falle - dir zum Heil!
Ungeheure Macht wird dir,
gewinnst von ihm du den Ring,
den der Tod ihm wohl nur entreißt.
Gunther
leise
Brünnhildes Ring?
Hagen
Des Nibelungen Reif.
Gunther
schwer seufzend
So wär' es Siegfrieds Ende!
Hagen
Uns allen frommt sein Tod.
Gunther
Doch Gutrune, ach, der ich ihn gönnte!
Straften den Gatten wir so,
wie bestünden wir vor ihr?
Brünnhilde
wild auffahrend
Was riet mir mein Wissen?
Was wiesen mich Runen?
Im hilflosen Elend achtet mir's hell:
Gutrune heißt der Zauber,
der den Gatten mir entrückt!
Angst treffe sie!
Hagen
zu Gunther
Muss sein Tod sie betrüben,
verhehlt sei ihr die Tat.
Auf muntres Jagen ziehen wir morgen:
der Edle braust uns voran,
ein Eber bracht' ihn da um.
Gunther und Brünnhilde
So soll es sein! Siegfried falle! Sühn' er
die Schmach, die er mir schuf!
Des Eides Treue hat er getrogen:
mit seinem Blut büß' er die
Schuld!
Allrauner, rächender Gott!
Schwurwissender Eideshort!
Wotan! Wende dich her!
Weise die schrecklich heilige Schar,
hieher zu horchen dem Racheschwur!
Hagen
Sterb' er dahin, der strahlende Held!
Mein ist der Hort, mir muss er gehören.
Drum sei der Reif ihm entrissen.
Alben-Vater, gefallner Fürst!
Nachthüter! Niblungenherr!
Alberich! Achte auf mich!
Weise von neuem der Niblungen Schar,
dir zu gehorchen, des Ringes Herrn!
Als Gunther mit Brünnhilde heftig der
Halle sich zuwendet, tritt ihnen der von dort
heraustretende Brautzug entgegen. Knaben und
Mädchen, Blumenstäbe schwingend,
springen lustig voraus. Siegfried wird auf
einem Schilde, Gutrune auf einem Sessel von
den Männern getragen. Auf der
Anhöhe des Hintergrundes führen Knechte
und Mägde
auf verschiedenen Bergpfaden Opfergeräte
und Opfertiere zu den Weihsteinen herbei und
schmücken diese mit Blumen. Siegfried
und die Mannen blasen auf ihren Hörnern den
Hochzeitsruf. Die Frauen fordern
Brünnhilde auf, an Gutrunes Seite sie zu
geleiten.
Brünnhilde blickt starr zu Gutrune auf,
welche ihr mit freundlichem Lächeln zuwinkt.
Als Brünnhilde heftig zurücktreten
will, tritt Hagen rasch dazwischen und drängt
sie an
Gunther, der jetzt von neuem ihre Hand
erfaßt, worauf er selbst von den Männern
sich
auf den Schild heben läßt.
Während der Zug, kaum unterbrochen, schnell
der Höhe zu sich
wieder in Bewegung setzt, fällt der
Vorhang.
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