5.
1. Personen und Orte
5.
2. Nach Tannenberg:
(Szenen 1.2,
2.1)
5.
3. Der Komtur und
Rominta (Szenen
3.1
und 3.2
)
5.
4. Frieden von Thorn und
Reparation
(Szenen 3.1
und 3.2
)
5.
5. Das
Wirsberg-Attentat
(Szenen 2.2
, 2.3
, 2.4
, 3.3
, 4.1
, 4.2
, 4.3
, 4.4
, 4.5
und 5.3
)
5.
6. Von Plauen und
Schwarzburg
(Szenen
5.1
und 5.2
)
5.
7. Besinnung, Sterbeszene und
Epilog
(Szene 5.4
)
5.
8.
Zusammenfassung
5.9.
Nachwort, fast zwanzig Jahre später
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Joseph
Freiherr von Eichendorff (1788 -
1857)
Der letzte Held von
Marienburg
erstellt von Martin
Schlu 2003/06
|
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-
- 5.9. Nachwort, fast zwanzig Jahre
später (2003)
- Das Problem zwischen Deutschen und
Polen war im späten Mittelalter und der beginnenden
Renaissance nicht die Religion, sondern die Nation, denn
Protestanten hätten die Polen wohl sein können,
Preußen aber niemals. Eine Bewegung zum
Nationalismus lag noch um 1830 im Trend, allerdings eher
als nachträgliche Bewältigung des Europas, das
1815 in Wien hastig zusammengezimmert worden war,
aber in einer wilden Kleinstaaterei verkam.
Strenggenommen mündete der Aufbruch von der deutsche
Nation zum Deutschen Reich II und III in eine nationale
Besoffenheit, die einen Kaiser Wilhelm II. und einen
Führer ein paar Jahre später zwangsläufig
erzeugen mußten. Nationalsozialismus ohne die im
19. Jahrhundert gelebte Überzeugung ist nicht
möglich und die zwingende Folge dessen, was
romantisches Geschichtsverständnis in der
untergegangenen Größe des Deutschordensstaates
sehen wollte (In diesem Zusammenhang ist es sehr
interessant, den Roman "Der Kreuzritter" von Henryk
Sciencewicz zu lesen - der "Marienburg"-Stoff eben aus
polnischer Sicht. Manchmal erklärt Literatur besser
als Geschichte).
-
- Ähnliche Parallelen wie im
letzten Jahrhundert kann man heute (2003) in mehreren
Staaten der untergegangenen Sowjetunion verfolgen: Hat
man schon nichts zu fressen ("Erst kommt das Fressen,
dann kommt die Moral" schreibt Brecht), ist man
wenigstens Tschetschene oder Kirgise oder irgendwas
anderes. Wenn man noch nicht einmal seine Nation vor sich
hertragen darf ("Ich bin stolz ein xyz zu sein..."), hat
man wahrlich nicht mehr viel, worauf man stolz sein
könnte - es sei denn, man hat soviel gelernt,
daß man den Nationalismus nicht mehr braucht, weil
es Wichtigeres gibt. Über Eichendorff weiß
man, daß ihm sein Katholizismus wichtiger war als
seine preußische Nationalität. Nun wird
ausgerechnet er als Deutscher vereinnahmt, als der
deutsche Romantiker schlechthin. Ein Blick in die
gängigen Deutschbücher genügt.
-
- Das Ganze hat allerdings auch eine
angenehme Seite: ohne Eichendorffs Einsatz mit seinem
Spezi Theodor von Schön wäre das Thema
"Marienburg" kein Thema geworden und man hätte sie,
statt zu restaurieren (was damit auch immer gemeint sein
mag), eventuell als Steinbruch benutzt. Ob ein Herrscher
wie Heinrich von Plauen aber im 19. oder gar im
späteren Jahrhundert Führerqualitäten
gehabt hätte? Eichendorff wollte sicherlich nicht
wieder einen mittelalterlichen Kaiser wie aus dem
Märchenbuch - dazu war er mit dem preußischen
Staat zu sehr vertraut.
-
- Seit meiner Studienzeit um 1980 hat
es eine Menge politische Umbrüche gegeben. Entweder
führte eine religiöse Restauration zu
fundamentalistischem Dogmatismus, aus dem die Länder
bis heute nicht herausgekommen sind (z. B. der Iran und
seine Ajatollahs), man bekriegte sich aus nationaler
Besoffenheit (Falkland-Krieg, Grenada, Tschetschenien),
um die Welt vor "Schlimmerem" zu bewahren (Afghanistan
80er Jahre, Golfkriege 1, 2, 3, Afghanistan 2002 ) oder
weil die Gegner einer anderen Rasse angehörten und
mehr Geld hatten (Hutu/Tutsie) etc..... Oft habe ich mich
gefragt, was Eichendorff wohl geschrieben hätte,
wenn er die Zusammenhänge zwischen Nationalismus und
Faschismus im 20. Jahrhundert hätte voraussehen
können. Nationalismus war in der ersten Hälfte
des 19. Jahrhunderts ein Trend, der nicht zu
übersehen war, und daß in Deutschland nach dem
Wiener Kongreß eine Revolution stattfinden
würde, an deren Ende die Revoluzzer wieder den
König bitten würden, das Land, bitteschön,
doch wieder zu regieren, hätte sich der
preußische Katholik Eichendorff nicht vorstellen
können - zumindest nicht 1830. Konsequenterweise
flüchtete er 1848, als die Straßenkämpfe
zu heftig wurden.
-
- In diesem Land haben wir vor knapp
zweihundert Jahren mit Eichendorff angefangen und sind in
hundertfünfzig Jahren Entwicklung bis Hitler
gekommen. Heute haben wir das Problem, daß in der
USA seit ein paar Jahren eine Restauration stattfindet,
von der ich mir erst gar nicht vorstellen möchte, wo
die in zehn Jahren noch landet - Amerika ist in der
zeitlichen Entwicklung schon immer schneller und besser
gewesen...
- Nochmal zwanzig Jahre später wieder ein Nachsatz...
- Die Trump-Ära hat
gezeigt, wohin die Tendenz gegangen ist, die man 2006 schon absehen
konnte - ob ein Joe Biden ausreicht, aus den USA ein halbwegs
humanistisches Land zu machen (das sie ja so nie waren), wird man
sehen. Solange reichen Diktatoren wie Erdogan, Orban, Bolsonaro auch
aus, einen weltweiten Flächenbrand auszulösen und Faschismus kommt so
schnell nicht aus der Mode.
(MS, 1. Mai 2021)
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