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Kulturgeschichte - Klassik


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Don Carlos

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Friedrich Schiller - Don Carlos
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Der König und Herzog von Alba.
 
Alba
(nähert sich dem König mit ungewisser Miene)
Ein mir so überraschender Befehl -
Zu dieser außerordentlichen Stunde?

(Er stutzt, wie er den König genauer betrachtet)

Und dieser Anblick -
 
König
(hat sich niedergesetzt und das Medaillon auf dem Tisch ergriffen. Er sieht den Herzog eine lange Zeit stillschweigend an)

Also wirklich wahr?
Ich habe keinen treuen Diener?
 
Alba
(steht betreten still)    

Wie?
 
König
Ich bin aufs tödtlichste gekränkt - man weiß es,
Und Niemand, der mich warnte!
 
Alba
(mit einem Blick des Erstaunens)    
Eine Kränkung,
Die meinem König gilt und meinem Aug'
Entging?
 
König
(zeigt ihm die Briefe)
Erkennt Ihr diese Hand?
 
Alba                
Es ist
Don Carlos' Hand. -
 
König
(Pause, worin er den Herzog scharf beobachtet)

Vermuthet Ihr noch nichts?
Ihr habt vor seinem Ehrgeiz mich gewarnt?
War's nur sein Ehrgeiz, dieser nur, wovor
Ich zittern sollte?
 
Alba       
Ehrgeiz ist ein großes -
Ein weites Wort, worin unendlich viel
Noch liegen kann.
 
König    
Und wißt Ihr nichts Besonders
Mir zu entdecken?
 
Alba
(nach einigem Stillschweigen, mit verschlossener Miene)

Ihre Majestät
Vertrauten meiner Wachsamkeit das Reich.
Dem Reiche bin ich mein geheimstes Wissen
Und meine Einsicht schuldig. Was ich sonst
Vermuthe, denke oder weiß, gehört
Mir eigen zu. Es sind geheiligte
Besitzungen, die der verkaufte Sklave,
Wie der Vasall, den Königen der Erde
Zurückzuhalten Vorrecht hat - Nicht Alles,
Was klar vor meiner Seele steht, ist reif
Genug für meinen König. Will er doch
Befriedigt sein, so muß ich bitten, nicht
Als Herr zu fragen.
 
König
(gibt ihm die Briefe)

Lest.
 
Alba
(liest und wendet sich erschrocken gegen den König)

Wer war
Der Rasende, dies unglücksel'ge Blatt
In meines Königs Hand zu geben?
 
König               
Was?
So wißt Ihr, wen der Inhalt meint? - Der Name
Ist, wie ich weiß, auf dem Papier vermieden.
 
Alba
(betroffen zurücktretend)
Ich war zu schnell.
 
König      
Ihr wißt?
 
Alba
(nach einigem Bedenken)
 
Es ist heraus.
Mein Herr befiehlt - ich darf nicht mehr zurücke -
Ich leugn' es nicht - ich kenne die Person.
 
König
(aufstehend in einer schrecklichen Bewegung)

O, einen neuen Tod hilf mir erdenken,
Der Rache fürchterlicher Gott! - So klar,
So weltbekannt, so laut ist das Verständniß,
Daß man, des Forschens Mühe überhoben,
Schon auf den ersten Blick es räth - Das ist
Zu viel! Das hab' ich nicht gewußt! Das nicht!
Ich also bin der Letzte, der es findet!
Der Letzte durch mein ganze Reich -
 
Alba
(wirft sich dem Könige zu Füßen9    
Ja, ich bekenne
Mich schuldig, gnädigster Monarch. Ich schäme
Mich einer feigen Klugheit, die mir da
Zu schweigen rieth, wo meines Königs Ehre,
Gerechtigkeit und Wahrheit laut genug
Zu reden mich bestürmten - Weil doch Alles
Verstummen will - weil die Bezauberung
Der Schönheit alles Männer Zungen bindet,
So sei's gewagt, ich rede, weiß ich gleich,
Daß eines Sohns einschmeichelnde Betheurung,
Daß die verführerischen Reizungen,
Die Thränen der Gemahlin -
 
König
(rasch und heftig)   
   
Stehet auf.
Ihr habt mein königliches Wort - Steht auf.
Sprecht unerschrocken.
 
Alba
(aufstehend)   

Ihre Majestät
Besinnen sich vielleicht noch jenes Vorfalls
Im Garten zu Aranjuez. Sie fanden
Die Königin von allen ihren Damen
Verlassen - mit zerstörtem Blick - allein
In einer abgelegnen Laube.
 
König       
Ha!
Was werd' ich hören? Weiter!
 
Alba        
Die Marquisin
Von Mondecar ward aus dem Reich verbannt,
Weil sie Großmuth genug besaß, sich schnell
Für ihre Königin zu opfern - Jetzt
Sind wir berichtet - Die Marquisin hatte
Nicht mehr gethan, als ihr befohlen worden.
Der Prinz war dort gewesen.
 
König
(schrecklich auffahrend)     
  
Dort gewesen?
Doch also -
 
Alba        
Eines Mannes Spur im Sande,
Die von dem linken Eingang dieser Laube
Nach einer Grotte sich verlor, wo noch
Ein Schnupftuch lag, das der Infant vermißte,
Erweckte gleich Verdacht. Ein Gärtner hatte
Dem Prinzen dort begegnet, und das war,
Beinah' auf die Minute ausgerechnet,
Dieselbe Zeit, wo Eure Majestät
Sich in der Laube zeigten.
 
König
(Aus einem finstern Nachsinnen zurückkommend)

Und sie weinte,
Als ich Befremdung blicken ließ! Sie machte
Vor meinem ganzen Hofe mich erröthen!
Erröthen vor mir selbst - Bei Gott! ich stand
Wie ein Gerichteter vor ihrer Tugend -
 
(Eine lange und tiefe Stille. Er setzt sich nieder und verhüllt das Gesicht)

Ja, Herzog Alba - Ihr habt Recht - Das könnte
Zu etwas Schrecklichem mich führen - Laßt
Mich einen Augenblick allein.
 
Alba        
Mein König,
Selbst das entscheidet noch nicht ganz -
 
König
(nach den Papieren greifend)   
   
Auch das nicht?
Und das? und wieder das? und dieser laute
Zusammenklang verdammendere Beweise?
O, es ist klarer, als das Licht - Was ich
Schon lange Zeit voraus gewußt - Der Frevel
Begann da schon, als ich von Euren Händen
Sie in Madrid zuerst empfing - Noch seh' ich
Mit diesem Blick des Schreckens, geisterbleich,
Auf meinen grauen Haaren sie verweilen.
Da fing es an, das falsche Spiel!
 
Alba        
Dem Prinzen
Starb eine Braut in seiner jungen Mutter.
Schon hatten sie mit Wünschen sich gewiegt,
In feurigen Empfindungen verstanden,
Die ihr der neue Stand verbot. Die Furcht
War schon besiegt, die Furcht, die sonst das erste
Geständniß zu begleiten pflegt, und kühner
Sprach die Verführung in vertrauten Bildern
Erlaubter Rückerinnerung. Verschwistert
Durch Harmonie der Meinung und der Jahre,
Durch gleichen Zwang erzürnt, gehorchten sie
Den Wallungen der Leidenschaft so dreister.
Die Politik griff ihrer Neigung vor;
Ist es zu glauben, mein Monarch, daß sie
Dem Staatsrath diese Vollmacht zuerkannte?
Daß sie die Lüsternheit bezwang, die Wahl
Des Kabinets aufmerksamer zu prüfen?
Sie war gefaßt auf Liebe und empfing -
Ein Diadem -
 
König
(beleidigt und mit Bitterkeit)      

Ihr unterscheidet sehr -
Sehr weise, Herzog - Ich bewundre Eure
Beredsamkeit. Ich dank' Euch.

(Aufstehend, kalt und stolz)
 
Ihr habt Recht;
Die Königin hat sehr gefehlt, mir Briefe
Von diesem Inhalt zu verbergen - mir
Die strafbare Erscheinung des Infanten
Im Garten zu verheimlichen. Sie hat
Aus falscher Großmuth sehr gefehlt. Ich werde
Sie zu bestrafen wissen.
 
(Er zieht die Glocke.)

Wer ist sonst
Im Vorsaal? - Euer, Herzog Alba,
Bedarf ich nicht mehr. Tretet ab.
 
Alba      
Sollt' ich
Durch meinen Eifer Eurer Majestät
Zum zweiten Mal mißfallen haben?
 
König
(zu einem Pagen, der hereintritt)     

Laßt
Domingo kommen.
 
(Der Page geht ab)

Ich vergeb' es Euch,
Daß Ihr beinahe zwei Minuten lang
Mich ein Verbrechen hättet fürchten lassen,
Das gegen Euch begangen werden kann.
 
(Alba entfernt sich)

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