Schiller
- Anfang
Biographie
Don
Carlos
Kabale
und Liebe
Gedichte
|
|
|
|
|
->
Querformat bitte nutzen
|
Friedrich Schiller - Don Carlos
- zurück
-Dritter Akt, Dritter Auftritt -
weiter
-
-
-
- Der König und
Herzog von Alba.
-
- Alba
- (nähert sich dem
König mit ungewisser Miene)
- Ein mir so
überraschender Befehl -
- Zu dieser
außerordentlichen Stunde?
- (Er stutzt, wie er den
König genauer betrachtet)
- Und dieser Anblick -
-
- König
- (hat sich
niedergesetzt und das Medaillon auf dem Tisch
ergriffen. Er sieht den Herzog eine lange Zeit
stillschweigend an)
- Also wirklich
wahr?
- Ich habe keinen treuen
Diener?
-
- Alba
- (steht betreten
still)
- Wie?
-
- König
- Ich bin aufs
tödtlichste gekränkt - man weiß
es,
- Und Niemand, der mich
warnte!
-
- Alba
- (mit einem Blick des
Erstaunens)
- Eine
Kränkung,
- Die meinem König
gilt und meinem Aug'
- Entging?
-
- König
- (zeigt ihm die
Briefe)
- Erkennt Ihr diese Hand?
-
- Alba
- Es ist
- Don Carlos' Hand. -
-
- König
- (Pause, worin er den
Herzog scharf beobachtet)
- Vermuthet Ihr noch
nichts?
- Ihr habt vor seinem
Ehrgeiz mich gewarnt?
- War's nur sein Ehrgeiz,
dieser nur, wovor
- Ich zittern sollte?
-
- Alba
- Ehrgeiz ist ein
großes -
- Ein weites Wort, worin
unendlich viel
- Noch liegen kann.
-
- König
- Und wißt Ihr nichts
Besonders
- Mir zu entdecken?
-
- Alba
- (nach einigem
Stillschweigen, mit verschlossener
Miene)
- Ihre
Majestät
- Vertrauten meiner
Wachsamkeit das Reich.
- Dem Reiche bin ich mein
geheimstes Wissen
- Und meine Einsicht
schuldig. Was ich sonst
- Vermuthe, denke oder
weiß, gehört
- Mir eigen zu. Es sind
geheiligte
- Besitzungen, die der
verkaufte Sklave,
- Wie der Vasall, den
Königen der Erde
- Zurückzuhalten
Vorrecht hat - Nicht Alles,
- Was klar vor meiner Seele
steht, ist reif
- Genug für meinen
König. Will er doch
- Befriedigt sein, so
muß ich bitten, nicht
- Als Herr zu fragen.
-
- König
- (gibt ihm die
Briefe)
- Lest.
-
- Alba
- (liest und wendet sich
erschrocken gegen den König)
- Wer war
- Der Rasende, dies
unglücksel'ge Blatt
- In meines Königs
Hand zu geben?
-
- König
- Was?
- So wißt Ihr, wen
der Inhalt meint? - Der Name
- Ist, wie ich weiß,
auf dem Papier vermieden.
-
- Alba
- (betroffen
zurücktretend)
- Ich war zu schnell.
-
- König
- Ihr wißt?
-
- Alba
- (nach einigem
Bedenken)
-
- Es ist
heraus.
- Mein Herr befiehlt - ich
darf nicht mehr zurücke -
- Ich leugn' es nicht - ich
kenne die Person.
-
- König
- (aufstehend in einer
schrecklichen Bewegung)
- O, einen neuen Tod hilf
mir erdenken,
- Der Rache
fürchterlicher Gott! - So klar,
- So weltbekannt, so laut
ist das Verständniß,
- Daß man, des
Forschens Mühe überhoben,
- Schon auf den ersten
Blick es räth - Das ist
- Zu viel! Das hab' ich
nicht gewußt! Das nicht!
- Ich also bin der Letzte,
der es findet!
- Der Letzte durch mein
ganze Reich -
-
- Alba
- (wirft sich dem
Könige zu Füßen9
- Ja, ich
bekenne
- Mich schuldig,
gnädigster Monarch. Ich
schäme
- Mich einer feigen
Klugheit, die mir da
- Zu schweigen rieth, wo
meines Königs Ehre,
- Gerechtigkeit und
Wahrheit laut genug
- Zu reden mich
bestürmten - Weil doch Alles
- Verstummen will - weil
die Bezauberung
- Der Schönheit alles
Männer Zungen bindet,
- So sei's gewagt, ich
rede, weiß ich gleich,
- Daß eines Sohns
einschmeichelnde Betheurung,
- Daß die
verführerischen Reizungen,
- Die Thränen der
Gemahlin -
-
- König
- (rasch und
heftig)
-
- Stehet auf.
- Ihr habt mein
königliches Wort - Steht auf.
- Sprecht unerschrocken.
-
- Alba
- (aufstehend)
- Ihre
Majestät
- Besinnen sich vielleicht
noch jenes Vorfalls
- Im Garten zu Aranjuez.
Sie fanden
- Die Königin von
allen ihren Damen
- Verlassen - mit
zerstörtem Blick - allein
- In einer abgelegnen
Laube.
-
- König
- Ha!
- Was werd' ich hören?
Weiter!
-
- Alba
- Die Marquisin
- Von Mondecar ward aus dem
Reich verbannt,
- Weil sie Großmuth
genug besaß, sich schnell
- Für ihre
Königin zu opfern - Jetzt
- Sind wir berichtet - Die
Marquisin hatte
- Nicht mehr gethan, als
ihr befohlen worden.
- Der Prinz war dort
gewesen.
-
- König
- (schrecklich
auffahrend)
-
- Dort gewesen?
- Doch also -
-
- Alba
- Eines Mannes Spur im
Sande,
- Die von dem linken
Eingang dieser Laube
- Nach einer Grotte sich
verlor, wo noch
- Ein Schnupftuch lag, das
der Infant vermißte,
- Erweckte gleich Verdacht.
Ein Gärtner hatte
- Dem Prinzen dort
begegnet, und das war,
- Beinah' auf die Minute
ausgerechnet,
- Dieselbe Zeit, wo Eure
Majestät
- Sich in der Laube
zeigten.
-
- König
- (Aus einem finstern
Nachsinnen zurückkommend)
- Und sie
weinte,
- Als ich Befremdung
blicken ließ! Sie machte
- Vor meinem ganzen Hofe
mich erröthen!
- Erröthen vor mir
selbst - Bei Gott! ich stand
- Wie ein Gerichteter vor
ihrer Tugend -
-
- (Eine lange und tiefe
Stille. Er setzt sich nieder und verhüllt
das Gesicht)
- Ja, Herzog Alba - Ihr
habt Recht - Das könnte
- Zu etwas Schrecklichem
mich führen - Laßt
- Mich einen Augenblick
allein.
-
- Alba
- Mein
König,
- Selbst das entscheidet
noch nicht ganz -
-
- König
- (nach den Papieren
greifend)
-
- Auch das
nicht?
- Und das? und wieder das?
und dieser laute
- Zusammenklang
verdammendere Beweise?
- O, es ist klarer, als das
Licht - Was ich
- Schon lange Zeit voraus
gewußt - Der Frevel
- Begann da schon, als ich
von Euren Händen
- Sie in Madrid zuerst
empfing - Noch seh' ich
- Mit diesem Blick des
Schreckens, geisterbleich,
- Auf meinen grauen Haaren
sie verweilen.
- Da fing es an, das
falsche Spiel!
-
- Alba
- Dem Prinzen
- Starb eine Braut in
seiner jungen Mutter.
- Schon hatten sie mit
Wünschen sich gewiegt,
- In feurigen Empfindungen
verstanden,
- Die ihr der neue Stand
verbot. Die Furcht
- War schon besiegt, die
Furcht, die sonst das erste
- Geständniß zu
begleiten pflegt, und kühner
- Sprach die
Verführung in vertrauten
Bildern
- Erlaubter
Rückerinnerung. Verschwistert
- Durch Harmonie der
Meinung und der Jahre,
- Durch gleichen Zwang
erzürnt, gehorchten sie
- Den Wallungen der
Leidenschaft so dreister.
- Die Politik griff ihrer
Neigung vor;
- Ist es zu glauben, mein
Monarch, daß sie
- Dem Staatsrath diese
Vollmacht zuerkannte?
- Daß sie die
Lüsternheit bezwang, die Wahl
- Des Kabinets aufmerksamer
zu prüfen?
- Sie war gefaßt auf
Liebe und empfing -
- Ein Diadem -
-
- König
- (beleidigt und mit
Bitterkeit)
- Ihr unterscheidet sehr
-
- Sehr weise, Herzog - Ich
bewundre Eure
- Beredsamkeit. Ich dank'
Euch.
- (Aufstehend, kalt und
stolz)
-
- Ihr habt
Recht;
- Die Königin hat sehr
gefehlt, mir Briefe
- Von diesem Inhalt zu
verbergen - mir
- Die strafbare Erscheinung
des Infanten
- Im Garten zu
verheimlichen. Sie hat
- Aus falscher
Großmuth sehr gefehlt. Ich
werde
- Sie zu bestrafen wissen.
-
- (Er zieht die Glocke.)
- Wer ist
sonst
- Im Vorsaal? - Euer,
Herzog Alba,
- Bedarf ich nicht mehr.
Tretet ab.
-
- Alba
- Sollt' ich
- Durch meinen Eifer Eurer
Majestät
- Zum zweiten Mal
mißfallen haben?
-
- König
- (zu einem Pagen, der
hereintritt)
- Laßt
- Domingo kommen.
-
- (Der Page geht ab)
- Ich vergeb' es
Euch,
- Daß Ihr beinahe
zwei Minuten lang
- Mich ein Verbrechen
hättet fürchten lassen,
- Das gegen Euch begangen
werden kann.
-
- (Alba entfernt sich)
- zurück
-Dritter Akt, Dritter Auftritt -
weiter
-
|
|