Schiller
- Anfang
Biographie
Don
Carlos
Kabale
und Liebe
Gedichte
|
|
|
|
|
->
Querformat bitte nutzen
|
Friedrich Schiller - Don Carlos
- zurück
-Dritter Akt, Vierter Auftritt -
weiter
-
-
-
- Der König.
Domingo.
-
- Der König
- (geht einigemal auf
und ab, sich zu sammeln).
-
- Domingo
- (tritt einige Minuten
nach dem Herzog herein, nähert sich dem
Könige, den er eine Zeit lang mit
feierlicher Stille betrachtet).
- Wie froh erstaun' ich,
Eure Majestät
- So ruhig, so gefaßt
zu sehn.
-
- König
- Erstaunt Ihr?
-
- Domingo
- Der Vorsicht sei's
gedankt, daß meine Furcht
- Doch also nicht
gegründet war! Nun darf
- Ich um so eher hoffen.
-
- König
- Eure Furcht?
- Was war zu fürchten?
-
- Domingo
- Ihre
Majestät,
- Ich darf nicht bergen,
daß ich allbereits
- Um ein Geheimniß
weiß -
-
- König
- (finster).
- Hab' ich denn
schon
- Den Wunsch
geäußert, es mit Euch zu
theilen?
- Wer kam so unberufen mir
zuvor?
- Sehr kühn, bei
meiner Ehre!
-
- Domingo
- Mein Monarch,
- Der Ort, der Anlaß,
wo ich es erfahren,
- Das Siegel, unter dem ich
es erfahren,
- Spricht wenigstens von
dieser Schuld mich frei.
- Am Beichtstuhl ward es
mir vertraut - vertraut
- Als Missethat, die das
empfindliche
- Gewissen der Entdeckerin
belastet
- Und Gnade bei dem Himmel
sucht. Zu spät
- Beweint die Fürstin
eine That, von der
- Sie Ursach hat, die
fürchterlichsten Folgen
- Für ihre
Königin zu ahnen.
-
- König
- Wirklich?
- Das gute Herz - Ihr habt
ganz recht vermuthet,
- Weßwegen ich Euch
rufen ließ. Ihr sollt
- Aus diesem dunkeln
Labyrinth mich führen,
- Worein ein blinder Eifer
mich geworfen.
- Von Euch erwart' ich
Wahrheit. Redet offen
- Mit mir. Was soll ich
glauben, was beschließen?
- Von Eurem Amte fordr' ich
Wahrheit.
-
- Domingo
- Sire,
- Wenn meines Standes
Mildigkeit mir auch
- Der Schonung
süße Pflicht nicht
auferlegte,
- Doch würd' ich Eure
Majestät beschwören,
- Um Ihrer Ruhe willen Sie
beschwören,
- Bei dem Entdeckten still
zu stehn - das Forschen
- In ein Geheimniß
ewig aufzugeben,
- Das niemals freudig sich
entwickeln kann.
- Was jetzt bekannt ist,
kann vergeben werden.
- Ein Wort des Königs
- und die Königin
- Hat nie gefehlt. Der
Wille des Monarchen
- Verleiht die Tugend wie
das Glück - und nur
- Die immer gleiche Ruhe
meines Königs
- Kann die Gerüchte
mächtig niederschlagen,
- Die sich die
Lästerung erlaubt.
-
- König
- Gerüchte?
- Von mir? und unter meinem
Volke?
-
- Domingo
- Lügen!
- Verdammenswerthe
Lügen! Ich beschwör' es.
- Doch freilich gibt es
Fälle, wo der Glaube
- Des Volks, und wär'
er noch so unerwiesen,
- Bedeutend wie die
Wahrheit wird.
-
- König
- Bei Gott!
- Und hier gerade wär'
es -
-
- Domingo.
- Guter Name
- Ist das kostbare, einz'ge
Gut, um welches
- Die Königin mit
einem Bürgerweibe
- Wetteifern muß -
-
- König
- Für den doch, will
ich hoffen,
- Hier nicht gezittert
werden soll?
-
- (Er ruht mit
ungewissem Blick auf Domingo. Nach einigem
Stillschweigen)
-
- Kaplan,
- Ich soll noch etwas
Schlimmes von Euch hören.
- Verschiebt es nicht.
Schon lange les' ich es
- In diesem
unglückbringenden Gesichte.
- Heraus damit! Sei's, was
es wolle! Laßt
- Nicht länger mich
auf dieser Folter beben.
- Was glaubt das Volk?
-
- Domingo
- Noch einmal, Sire, das
Volk
- Kann irren - und es irrt
gewiß. Was es
- Behauptet, darf den
König nicht erschüttern -
- Nur - daß es so
weit schon sich wagen durfte,
- Dergleichen zu behaupten
-
-
- König
- Was? Muß
ich
- So lang' um einen Tropfen
Gift Euch bitten?
-
- Domingo
- Das Volk denkt an den
Monat noch zurücke,
- Der Eure königliche
Majestät
- Dem Tode nahe brachte -
dreißig Wochen
- Nach diesem liest es von
der glücklichen
- Entbindung -
-
- (Der König steht
auf und zieht die Glocke. Herzog von Alba tritt
herein. Domingo betroffen.)
- Ich erstaune, Sire!
-
- König
- (dem Herzog Alba
entgegen gehend).
- Toledo!
- Ihr seid ein Mann.
Schützt mich vor diesem Priester.
-
- Domingo
- (Er und Herzog Alba
geben sich verlegne Blicke. Nach einer
Pause).
- Wenn wir voraus es
hätten wissen können,
- Daß diese Nachricht
an dem Ueberbringer
- Geahndet werden sollte -
-
- König
- Bastard, sagt
Ihr?
- Ich war, sagt Ihr, vom
Tode kaum erstanden,
- Als sie sich Mutter
fühlte? - Wie? Das war
- Ja damals, wenn ich
anders mich nicht irre,
- Als Ihr den heiligen
Dominicus
- In allen Kirchen für
das hohe Wunder lobtet,
- Das er an mir gewirkt? -
Was damals Wunder
- Gewesen, ist es jetzt
nicht mehr? So habt
- Ihr damals oder heute mir
gelogen.
- An was verlangt Ihr
daß ich glauben soll?
- O, ich durchschau Euch.
Wäre das Komplott
- Schon damals reif gewesen
- ja, dann war
- Der Heilige um seinen
Ruhm.
-
- Alba
- Komplott!
-
- König
- Ihr solltet
- Mit dieser beispiellosen
Harmonie
- Jetzt in derselben
Meinung euch begegnen,
- Und doch nicht
einverstanden sein? Mich wollt
- Ihr das bereden? Mich?
Ich soll vielleicht
- Nicht wahrgenommen haben,
wie erpicht
- Und gierig ihr auf euren
Raub euch stürztet?
- Mit welcher Wollust ihr
an meinem Schmerz,
- An meines Zornes Wallung
euch geweidet?
- Nicht merken soll ich,
wie voll Eifer dort
- Der Herzog brennt, der
Gunst zuvorzueilen,
- Die meinem Sohn
beschieden war? Wie gerne
- Der fromme Mann hier
seinen kleinen Groll
- Mit meines Zornes
Riesenarm bewehrte?
- Ich bin der Bogen, bildet
ihr euch ein,
- Den man nur spannen
dürfe nach Gefallen? -
- Noch hab' ich einen
Willen auch - und wenn
- Ich zweifeln soll, so
laßt mich wenigstens
- Bei euch den Anfang
machen.
-
- Alba
- Diese Deutung
- Hat unsre Treue nicht
erwartet.
-
- König
- Treue!
- Die Treue warnt vor
drohenden Verbrechen,
- Die Rachgier spricht von
den begangenen.
- Laßt hören!
Was gewann ich denn durch eure
- Dienstfertigkeit? - Ist,
was ihr vorgebt, wahr,
- Was bleibt mir übrig
als der Trennung Wunde?
- Der Rauche trauriger
Triumph? - Doch nein,
- Ihr fürchtet nur,
ihr gebt mir schwankende
- Vermuthungen - am Absturz
einer Hölle
- Laßt ihr mich
stehen und entfliehet.
-
- Domingo
- Sind andre
- Beweise möglich, wo
das Auge selbst
- Nicht überwiesen
werden kann?
-
- König
- (nach einer
großen Pause, ernst und feierlich zu
Domingo sich wendend).
-
- Ich will
- Die Großen meines
Königreichs versammeln
- Und selber zu Gerichte
sitzen. Tretet
- Heraus vor allen - habt
Ihr Muth - und klaget
- Als eine Buhlerin sie an!
- Sie soll
- Des Todes sterben - ohne
Rettung - sie
- Und der Infant soll
sterben - aber - merkt Euch!
- Kann sie sich reinigen -
Ihr selbst! Wollt Ihr
- Die Wahrheit durch ein
solches Opfer ehren?
- Entschließt Euch,
Ihr wollt nicht? Ihr verstummt?
- Ihr wollt nicht? - Das
ist eines Lügners Eifer.
-
- Alba
- (der stillschweigend
in der Ferne gestanden, kalt und
ruhig).
- Ich will es.
-
- König
- (dreht sich erstaunt
um und sieht den Herzog eine Zeit lang starr
an).
-
- Das ist kühn! Doch
mir fällt ein,
- Daß Ihr in scharfen
Schlachten Euer Leben
- An etwas weit Geringeres
gewagt -
- Mit eines
Würfelspielers Leichtsinn
für
- Des Ruhmes Unding es
gewagt - Und was
- Ist Euch das Leben? -
Königliches Blut
- Geb' ich dem Rasenden
nicht preis, der nichts
- Zu hoffen hat, als ein
geringes Dasein
- Erhaben aufzugeben - Euer
Opfer
- Verwerf' ich. Geht -
geht, und im Audienzsaal
- Erwartet meine weiteren
Befehle.
-
- (Beide gehen ab.)
- zurück
-Dritter Akt, Vierter Auftritt -
weiter
-
|
|