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Johann
Sebastian Bach 1685 -
1750 Die Kantatenjahrgänge 1723 - 1729
erstellt von © Martin Schlu - Stand:
September 2002 (letzte Revision am 28.12.2013)
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- Die Hauptaufgabe des neuen Thomaskantors ist die wöchentliche
Einstudierung einer Kantate für den Sonntagsgottesdienst in Sankt
Thomas und Sankt Nicolai. Je nach Kirchensonntag und Feiertag sind das
knapp 60 Themen pro Jahr, die von Bach erstellten ca. 300 Kantaten
haben damit fünf Jahrgänge abgedeckt, so daß eine Wiederholung nur alle
fünf Jahre nötig war. (Leider sind zwei komplette Jahrgänge
verlorengegangen). Hinzu kommt der Fundus an vorhandenen Kompositionen.
Liturgisch ist ihr Platz zwischen der Lesung und Predigt, bei
Zweiteiligkeit auch noch während des Abendmahls. Diese Tradition wird
bei Kantatengottesdiensten in der evangelischen Kirche auch heute noch
praktiziert.
Die Kantaten des ersten Jahrganges haben meist diese
Form: Eingangschor-Rezitativ (der Lesung)-Arie (als Kommentar des
Textes)-Rezitativ (Zweiter Teil der Lesung)-Choralfantasie-Choral (auch
als Gemeindegesang). Im weiteren Verlauf des Kompositionsjahrganges
wird das Orchester bei Bedarf um Trompeten und Pauken erweitert,
tauchen ab und zu exotischere Instrumente auf (z.B. die Laute bei der
Johannespassion) und die Stimmlagen bekommen bestimmte Aufgaben
zugewiesen: der Tenor entwickelt sich zum Erzähler, der Baß wird
personifiziert (extremes Beispiel in der Matthäuspassion 1727, wo der
Baß als Christus mit einem Heiligenschein von Streichern unterlegt
wird), der Alt übernimmt immer häufiger die Rolle der Sünderin und
Büßerin, während der Sopran in die Rolle der Erlösung, der Engel und
Gnade hineinwächst. Dies sind eigentlich Topoi, die seit der
Renaissance üblich sind, nur dramaturgisch hat dies bislang keiner so
konsequent durchgehalten wie Bach. Instrumental wächst die Bedeutung
von Oboe und Oboe 'd amore als instrumentale Verinnerlichung des
Gesagten, als lyrische Betrachtung.
Der zweite Jahrgang, entstanden 1724/1725 bezieht
sich größtenteils auf die evangelische Kirchenlieder, dessen cantus
firmus sich in den Choralfantasien wiederfindet. Hinzu kommen
Zwischenspiele des Orchesters (weil man mehr Zeit für das Abendmahl
brauchte? Jeder Kirchenmusiker kennt die Praxis, Noten parat zu haben,
wenn man nicht weiß, wie lange das Abendmahl dauert, die Kirche voll
ist und man nicht auf der Orgelbank improvisieren kann, vom Pult aus
dirigiert und einfach Reserveliteratur braucht). Im dritten Jahrgang
1725/27 schreibt Bach nicht mehr wöchentlich neu, sondern nur noch zu
bestimmten Anlässen. Nun werden auch frühere Werke umgearbeitet,
angepaßt und die Zusammenarbeit mit Christian Friedrich Henrici,
genannt "Picander" hat begonnen (der später die Textvorlage zu
Matthäuspassion liefern wird). Kleinere Höhepunkte sind Ausflüge zum
alten Dienstherrn Leopold nach Köthen, der wieder geheiratet hat und
Vater geworden ist (Kantate „Steigt freudig in die Luft“, BWV 36a -
Bach hätte nach dem Tod der ersten Frau Leopolds wieder nach Köthen
zurückgekonnt, wollte aber unbedingt nach Leipzig).
Der vierte und fünfte Kantatenjahrgang ist
verschollen, lediglich die Texte Picanders vom 4. Jahrgang sind noch
erhalten. Kompositorisch werden die Kantaten für die Sänger immer
schwieriger, weil sie eigentlich instrumentale Partien zu bewältigen
haben, die auf der Flöte oder Oboe spielbar sind, als Koloraturen im
Gesanglichen aber oft an die Grenze des sängerischen Könnens gehen,
abgesehen davon, daß es sich nicht um Berufssänger, sondern um
fortgeschrittene Schüler gehandelt hat, mit denen Bach
musizierte. Seitenanfang
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Quellen:
Alfred
Baumgartner: J.S.Bach in : Das große
Handbuch der Musik, Kiesel 1989
Martin Geck: Johann Sebastian Bach.
rororo-Monographien Bd. 80, Reinbek bei Hamburg
1993
Malte Korff: Johann Sebastian Bach.
dtv-Portrait, München 2000
Martin Schlu: Ergänzungen zur
Matthäuspassion, Manuskript, 1992/2000
Maarten t'Haart: Bach und ich. Piper,
München 2000/TB Piper 3296, München
2002
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