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Kulturgeschichte - Barock - J. S. Bach: Ausbildung in Lüneburg


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Die Vorfahren 1619
Kindheit in Eisenach 1685
Beim Bruder in Ohrdruf 1695
Michaeliskloster Lüneburg1700
Arnstadt und Weimar 1703-1708
Hof in Weimar 1708-1717
Hof in Köthen 1717-1723
Thomaskantor in Leipzig 1723
Kantaten 1724
Johannespassion 1724
Matthäuspassion 1727
Brief an Georg Erdmann 1730
Collegium Musicum 1729-1741
Kunst der Fuge 1742-1749
Musikalisches Opfer 1747
Am Ende 1750

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Johann Sebastian Bach 1685 - 1750
Ausbildung in Lüneburg 1700 - 1703
erstellt von © Martin Schlu - Stand: September 2002 (letzte Revision am 28.12.2013)

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1701 - 1702 - 1703 - Seitenanfang
1700
Das Michaeliskloster ist seit 1555 lutherisch und seit diesem Zeitpunkt hat es auch einen Kantor, der für eine höhere Qualität der Kirchenmusik sorgt. Seit 1656 ist aus dem Kloster eine Ritterakademie geworden, die sich die Musikpflege auf die Fahne geschrieben hat, seit 1672 gibt es einen Schulchor, den "chorus symphoniacus" mit Freiplätzen für Hochbegabte, den sogenannten "Benefiziaten" . Außerdem gibt es noch den "Mettenchor", einen Chor aus ärmeren Kindern, die sich durch das Singen bei den Gottediensten, den Hochzeiten und den Beerdigungen etwas Geld verdienen können und, sofern sie auf einem „Freiplatz“ lernen, dies auch tun müssen. Um 1700 ist das Michaeliskloster eine Stiftung geworden, eine Eliteschule für Hochbegabte und Fleißige. Zum Lehrplan gehören nicht nur alte Sprachen, sondern auch Rhetorik, Logik, Philosophie und praktische Lyrik.
 
Zunächste beginnt Bach am 1. April als einfacher Mettensänger mit zwölf Groschen Wochenlohn, bleibt dies aber nicht lange. Nach kurzer Zeit hat ihn der Stimmbruch eingeholt und weil er nicht mehr singen kann, wird er als Streicher eingesetzt und lernt unglaublich viel Literatur kennen, denn die Musikbibliothek umfaßt ca. 1100 Handschriften von 175 Komponisten, eine wahre Fundgrube für Bach. Wahrscheinlich dort hört Bach erstmals den italienischen Stil (Palestrina, Frescobaldi, Monteverdi, die beiden Gabrielis) lernt die Niederländer kennen(Willaert, Josquin), die deutsche Reformationsliteratur (Johann Walter, Caspar Othmayr, Johann Eccard, Heinrich Schütz u.a.) und spielt die Zeitgenossen (Buxtehude). Man versucht außerdem, den französischen Stil zu leben.
 
Bach lernt dort aber nicht nur niederländische, venezianische, französische und deutsche Musik, sondern bekommt auch den kulturellen Hintergrund mit, lernt die französische und italienische Sprache kennen, außerdem die höfischen Sitten, den Gebrauch der korrekten Kleidung und all dies ermöglicht ihm später problemlos die Auseinandersetzung mit den adligen Dienstherren. Erste Erfahrungen macht er anläßlich einer Dienstreise mit dem Celler Hof, der 1705 nach dem Tod des Herzogs erlischt.
 
Zu den Lehrern in Lüneburg zählt u. a. Johann Jakob Loewe, der während seiner Ausbildung noch bei Heinrich Schütz studiert hat und drei Jahre später (1703) stirbt und Georg Böhm, der in Lüneburg ein regelrechter Orgelstar ist, ebenfalls an der Ohrdrufer Schule war und der immer wieder Kontakt mit irgendwelchen Musikern der Familie Bach hatte. Böhm wiederum ist Schüler von Johann Adam Reincken (1637 - 1722) gewesen, der als  Organist seit 1663 an der Hamburger Katharinenkirche arbeitet und als einer der besten Organisten Norddeutschlands gilt.
 
Lüneburg wird für Bach auch Ausbildungsstätte im Orgelbau: er freundet sich mit einem Orgelbauer an und gewinnt dabei die Kenntnisse, die ihn später zu einem der besten Sachverständigen im Orgelbau machen werden. Da in den Sommermonaten nicht viel zu tun ist, hat Johann Sebastian dann Zeit, Ausflüge nach Celle und Hamburg zu unternehmen

1701 - Seitenanfang
Johann Sebastian begleitet illegal (weil er dafür keinen Urlaub bekommen würde) seinen Orgellehrer Böhm zu einem Besuch Johann Adam Reinckens ins 45 km entfernten Hamburg, denn Böhm möchte seinem alten Lehrer in Hamburg seinen besten Schüler vorstellen. Bach ist von dessen Variationen über den Choral "An Wasserflüssen Babylon" zutieftst beeindruckt. Als er selber vorspielen soll, zeigt er Böhm und Reincken die gerade fertig gestellte „Toccata" in d-moll, zu der es damals noch keine Fuge gibt und improvisiert über Reinckens „Babylon“-Thema. Reincken ist sich mit Böhm darüber einig, daß Bach auf jeden Fall Dietrich Buxtehude in Lübeck vorspielen soll, denn Buxtehude gilt als größter Organist seiner Zeit und daß aus Bach einmal etwas Besonderes werden wird, darüber sind sich beide Orgellehrer einig.

Außerdem gibt es in Hamburg regelmäßige Konzerte und Reincken nimmt Bach am Abend mit in die Hamburger Oper. So lernt Bach bei seinem kurzen Besuch zumindest das Musiktheater kennen - auch wenn er durch seine Lebensumstände nichts in dieser Art komponieren wird.
 

1702 - Seitenanfang
Mit noch nicht achtzehn Jahren ist Bachs Ausbildung beendet und er könnte in Sangerhausen, Eisenach und Arnstadt eine Organistenstelle antreten, jedoch drückt der Herzog von Sachsen-Weißenfels gegen die Gemeinde einen Musiker aus der Hofkapelle durch und in Eisenach hat ein Verwandter, Johann Bernhard Bach (1676-1749) die älteren Rechte.
 
In Arnstadt ist beim großen Stadtbrandt 1581 die Kirche abgebrannt, stand bis 1676 als Ruine in der Stadt und wurde als "Neue Kirche" wieder aufgebaut. Erst jetzt ist auch das Geld für sie eine neue zweimanualige Orgel mit 23 Registern und Pedal da (Wender) und das Instrument muß noch abgenommen werden. Bach erhält die Zusage eingestellt zu werden, wenn er die Orgel auch abnehmen kann.
 
1703 - Seitenanfang
Bis zur Fertigstellung der Arnstädter Orgel arbeitet Bach von März bis September beim Herzog Johann Ernst von Weimar als "Geiger und Laquai", wie die Besoldungsliste von 1703 ausweist. Aus diesem Grunde wird er bei einer Besichtigung der neuen Orgel auch schon als "fürstlich-sächsischer Hoforganist" tituliert. Als er im Juli
" die newe probiern und zum ersten mahl schlagen" ,
darf bekommt er acht Gulden und dreizehn Groschen - eine weit übertarifliche Bezahlung und etwa ein Viertel des Gesamtverdienstes am Weimarer Hof (27 Gulden, acht Groschen). Außerdem vertritt Bach auch den Hoforganisten, knüpft Kontakte und bildet sich im Orgelbau fort. In diese Zeit fällt die erste größere Orgelkomposition, "Praeludium und Fuge C-Dur" BWV 531, die einerseits im Stile Pachelbels ist (des Lehrers des älteren Bruders Christoph), andererseits ist das ausgedehnte Pedalsolo eine Speziualität der norddeutschen Orgelschule, die sich Bach in der Lüneburger Zeit wohl von Reincken angeeignet hat.
 
Einspielung "Praeludium und Fuge C-Dur" BWV 531 am besten voon Ton Koopman, (Reihe Bach 2000, in : "Das Alte Werk", Teldec 8573-81130-2, Aufnahme an der Garrels-Orgel in der Grote Kerk Maasluis/NL 1995
 
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