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Venedig 2024 - Stadtbummel
von Martin Schlu (Text und Fotos), Stand: 26. Oktober 2024
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- 6. Tag
Nach
drei Tagen Biennale ist es an der Zeit mal etwas Anderes anzusehen und
weil wir lange nicht mehr in San Marco waren, zieht es uns zur Piazza
San Marco. Der Himmel ist kitschblau, die Stadt erwacht ab neun Uhr
deutlich und die Tagestouristen sind noch nicht da. Der Campo San
Barnaba ist wuselig, weil die Händler ihre Waren an den Booten abholen
und viele Einheimische „frühstücken“ ihren Espresso.
Campo San Barnaba am Morgen
An der Haltestelle „Ca Rezzonico“ steht ein Pulk Amerikaner, die schon
auschecken mußten, weil ihr Flug am Mittag geht und sie steigen in ein
Boot der Alilaguna ein, das
zum Flughafen Marco Polo mindestens siebzig Euro kostet (pro Person) -
bei diesem amerikanischen Rudel wäre sogar das Taxiboot billiger
gewesen. Wir lassen uns aber Zeit, steigen an San Marco aus und trödeln
durch die Gassen. Um zehn Uhr ist der Platz zwar schon belebt, aber
noch nicht so voll, wie er gegen eins werden wird. Eigentlich wollten
wir an unseren Hochzeitstag ja im Café Florian feiern, aber vor ein
paar Tagen war alles von Tagestouristen blockiert. Heute ist aqua alta
das Problem. Wir wissen schon, daß in einer Stunde alles wieder anders
sein kann und weil die Schlange am Dom recht kurz ist, stellen wir uns
an.
Die Erklärung findet sich nach fünfzig Metern in der Schlange. Für den
Besuch des Domes werden nun drei Euro Eintritt erhoben und wer den
goldenen Altar begucken will, muß da noch einmal einen Fünfer hinlegen.
Dafür sind die Verbotstafeln weg, auf denen das Fotografierverbot immer
in fünf Sprachen ausgesprochen wurde. Angesichts der Tausenden
Handykameras jeden Tag hat die Kraft des Faktischen wohl zu einem
Umdenken geführt. Jedenfalls hole ich erst mein Handy aus der Tasche,
mache ein paar heimliche Aufnahmen, dann ein paar offensichtliche
Bilder, und als die Wärter immer noch nichts tun, packe ich die große
Kamera mit dem Tele aus, laufe herum und mache eine Detailaufnahme nach
der anderen. Wie schön wäre es gewesen, wenn ich für meine Examensarbeit über Giovanni Gabrieli
vor über vierzig Jahren schon diese Bilder hätte machen können. So
mußte ich mit schlechten Zeichnungen und den Bauplänen arbeiten. Warum
die Fotos so wichtig waren? Nun, Giovanni Gabrieli hat Musik für diesen
Raum komponiert und konnte durch die vielen Gänge, Stege und Emporen
bis zu fünf Orchestern auf die verschiedenen Orte unter der Decke
verteilen, wobei es um 1600 auch noch drei Orgeln gab. Ganz oben unter
der Kuppel wurden drei Knaben postiert, deren Gesang für die unten
Hörenden buchstäblich wie ein Engelschor geklungen haben muß. Gabrieli
hatte damit die dreidimensionale Stereophonie erfunden, die nicht nur
links und rechts, sondern auch vorne, hinten, oben und unten erlebbar
machte. Auf den Fotos kann man die räumlichen Gegebenheiten heute ganz
gut erkennen. Hören kann man die Dreidemensionalität heute nicht mehr,
weil in San Marco keine Konzertmusik mehr stattfindet. Vielleicht gibt
es aber noch ein paar Kunstkopfaufnahmen aus den 1970er Jahren.
oben: San Marco, Hauptgang rechts, Blick nach oben
unten: Hauptgang rechts, Blick nach links auf Emporen und Stege
Insgesamt
bleiben wir mindestens anderthalb Stunden da. Als wir wieder ins Freie
kommen, ist der Platz knallvoll und lediglich am Ende des Platzes, am Museum Correr,
ist wenig los. Der Weg dorthin ist aber abenteuerlich, denn die Arkaden
sind jetzt auch überschwemmt. Die Kellner juckt das zwar nicht, die
servieren auch in Gummstiefeln, doch um an einen Tisch zu kommen,
müßten wir entweder durch 30cm tiefes Wasser (ohne Gummsistiefel) oder
einen langen Umweg am Hard Rock Café vorbei, dann am Museum Correr über
die trockene, höher gelegene Stelle laufen, an deren Ende die freien
Tische stehen.
Irgendwie soll es dieses Jahr nicht sein...
Aqua Alta im Café
Aqua Alta im Café
... wird fortgesetzt...
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