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Spätrenaissance - Jochim Schlu - Rezension der Rostocker Zeitung v. 01.01.1893


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Nr. 1 Erste Beilage zur Rostocker Zeitung v. Sonntag, dem 1. Januar 1893
(klebt als Zeitungsausschnitt in der Freybe-Ausgabe 1892 der ULB Bonn Ex. Fa 502)
Verfasser unbekannt, Signatur innerhalb der Zeitung:
"B-n" - Original lesen
(Größe: ca. 1,7 MB)

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Umgekehrt soll auch Schlu's Isaac als Vorbild gedient haben, und zwar für einige der komischen Liebesscenen in niederdeutscher Sprache, die Gabriel Rollenhagen, der Sohn Georg Roillenhagen's in seinem Lustspiel Amantes amentes einfügte. Diese Entlehnung suchte Gaedertz in der genannten Monographie zu erweisen. Ihm ist von Seelmann in einer Recension in der Zeitschrift für deutsche Philologie in überzeugender Weise widersprochen worden. Wenn nun auch die dichterische Leistung Schlu's keine unmittelbare Wirkung auf andere Dramatiker ausübte, so bleibt sie doch ein höchst beachtenswerthes Zeugniß der poetischen Lebenskraft in einer Zeit, die sonst im literarischen Leben sich dem Niedergang zuneigte. Was ihr auch noch eine besondere Bedeutung verleiht, ist ihre Bestimmung für die lebendige Aufführung an einem Orte, der, obwohl außerhalb des deutschen Vaterlandes gelegen, durch die Macht der Hansa mit ihm in engster Verbindung stand.

Der Dichter widmet in seiner hochdeutsch geschriebenen Vorrede sein Werk dem "weit berömten Kuntor zu Bargen in Norwegen" (Contor zu Bergen in N) mit dem Hinweise auf die am Contor gebräuchlichen Spiele, "welche mit herrlichen Comedien und Tragedien gezieret wertden".
Über diese Station der Hansa im Norden bringt der Herausgeber sehr lehrreiche Nachrichten bei, insbesondere auch über die dort aufgeführten, aber nicht literarisch aufgeführten Spiele, die zum Theil stark übermüthigen Charakter tragen. Ihnen gesellt sich nun unsere Comödie zu, die als das einzige erhaltene literarische Denkmal des Contors in Bergen auch bedeutendes culturhistorisches Interesse besitzt.

Der Dichter nennt sich auf dem Titel Jochim Schlue, Bürger und Bargenfahrer in Rostock, und am Ende der Vorrede, die von Rostock a, 3. Aprilis Anno 1606 datiert ist, unterzeichnet er sich Jochim Schlu.

Also ein Dichter aus Rostock. Es ist begreiflich, daß über diesen vorher unbekannten Mann vielfach Forschungen angestellt worden sind. Sein Name, der uns auf dem Titel und in der Vorrede in der doppelten Schreibung Schlue und Schlu begegnet, hat zu mannigfachen deutungen Anlaß gegeben. Krause bemerkte in dert erwähnten Recension: 
"den Namen giebt Freybe als Schlu wieder, ebenso Koppmann (in den beiträgen zur Geschichte der Stadt Rostock), der Vater und Mutter des dichtenden Bergenfahrers nachgewiesen hat. Die verwitwete Mutter wird im Witschop-Boke 1568/75 "Anna Sluen, Hans Sluden Witwe" genannt, wonach meine Vermuthung im Korrelv=Bl . für niederdeutsche Sprachforschung VII, S. 44, daß Slu aus sludde, astutes, schlau, entstanden sei, bestätigt wird."
Das Wenige, was sich über das Leben Joachim Schlu's erkunden ließ, ist von Freybe im Vorworte der neuen Ausgabe zusammengestellt. Der Herausgeber konnte hier zugleich noch auf den von Dr. Adolf Hofmeister verfaßten Artikel über Jochim Schlu (Schlue, Schluhe) in der Allgemeinen Deutschen Biographie (31. Band, 1890, S. 603) hinweisen. Hier ist ebenfalls alles erreichbare, meist auf der Vorrede beruhende biographische Material beigebracht und zugleich in kürzester Fassung eine treffliche Charakteristik unserer Schulcomödie gegeben. Das Wichtigste aus Schlu's Leben ist, daß er in Lübeck die Kaufmannschaft erlernte, sich mit Musik beschäftigte und schließlich sich in seiner Vaterstadt Rostock als Bürger und Bergenfahrer niederließ.

Freybe's Ausgabe ist zwar bei dem Verleger des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung erschienen, aber nicht in die Sammlung der Drucke des Vereins mit aufgenommen worden, wohin sie doch gut gepaßt hätte, wenigstens in ihrem hauptsächlichen Textbestande. Vielleicht hat der Abdruck der beiden Acte des hochdeutschen Abraham, vielleicht auch die Ausführlichkeit der Beigaben die Aufnahme verhindert. Wäre der neuen Ausgabe durch ihre Einreihungin ein schon bestehendes Sammelwerk auch eine größere Verbreitung gesichert gewesen, so hoffen und glauben wir doch, daß sie auch als für sich bestehendes Buch ihren Weg machen und in den Kreisen der Literaturforscher und =freunde, und nicht bloß der lutherischen, Aufnahme finden werde.

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