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Spätrenaissance - Jochim Schlu - Vorrede zur „Comedia“


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Vorrede zur "Comedia" von Jochim Schlu

Comedia

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Anmerkung: Die Buchstaben „u" und „v" werden mit der gleichen Letter gedruckt, die Ausnahme bei „vörsichtigen" hoffe ich richtig transkribiert zu haben. MS)
Den Achtbaren/wolgelehrten und vörsichtigen Herrn Oldermann / Herrn Secretario / und einen Ehrsamen Kauffman / des hoch und weitberömten löblichen Kuntors zu Bargen in Norwegen /Meinen großgünstigen Herrn und Freunden.

Gottes gnade / Segen / Friede und Trost in Christo Jesu unserm Heilandt /
sampt aller zeitlichen ud ewigen wolfart an leib und seele zuvor.

Achtbare / wolgelerte und vörsichtige Heren / und großgünstige guten Freunde / Dewyl an dem hochlöblichen un weitberömten Kuntor zu Bargen / gute ordenung in allen dingen gehalten wirt, auch die junge Jugent in guter Disciplin gehalten, so das sie müssen fleissig zur Kirchen gehen, den heiligen Catechismus lernen, ihre Psalmbücher mit zur Kirchen nemen, fleissig singen, unde da sie böses thun, werden auffgeschrieben, und zu gelegener zeit gestraffet. Haben auch schone Ordenunge, mit ihren von anfang des Kuntors gebreuchlichen Spielen, welche mit herrlichen Comedien und Tragedien gezieret werden: Das man da noch verstendige gesellen sehe, die sich dann uben, wan sie sonsten nicht viel zuthun, und nirgents auffzuwarten haben.

Ist aber manniger unversochter alhie in Teutschlandt, der spöttisch auff des löblichen Kuntors Kauffgesellen ist, als sollen sie nirgents von wissen, sondern mit der Fisch schrauben umme zugehn, da ich offte das widerspill gehalten, und von diesen vorgemelten schonen Ordenungen gesagt und verantwortet: Dann es kommen auch offte an das Löbliche Kuntor gar einfeltige und schlechte Bawren Kinder, als hie auß Mechelnburg, Pommern, Saxen, Westphalen und anderen örtern: Und wan sie nicht schreiben oder lesen können, werden sie den winter uber von den andern fein unterweiset und gelernet, würden also feine und verstendige gesellen darauß, und wan sie da eine zeitlang verkeret und gehandelt, kommen sie in Teutschlandt, in die löblichen Seestede in schone gute heuser zusitzen, und werden vorneme Bürger und wohlhabende Leute darauß, die noch zu hohen emptern kommen und gebraucht werden. Es kommen auch viel ans Kuntor, die sich hie in Teutschlandt von Vater und Mutter auch Scholemeistern, nicht wollen zwingen lassen, eines teils kommen zu rechte, werden noch gute Leute drauß, Etzliche aber bleiben in ihrem bösen vornehmen, und gehen zu grunde und bodem, welches nicht allein zu Bargen, sondern auch in andern Ländern und Ortern geschicht, da handel und wandel auch kauffmanschafft gebrauchet wirt.

Weil ich dann auch eine geraume zeit an dem löblichen Kuntor vorkeret habe, weiß ich zum theil auch umme die sachen, so aldar vorlauffen. Den meine Eltern mich anno 77. an einen Herrn Harmen Tiemann selig: von Lübeck, bei dem ich ein zeit hero gewesen, derselbige mich in guter zucht und Gottesfrucht gehalten, das ich damals den Catechismus habe müssen fleissig lernen, auch in der Kirchen zu S. Marten offentlich recitert, wie zu der zeit gebräuchlich war. Auch hat er mich dazu gehalten, das ich habe den Psalter, zum teile außwendich lernen müssen, und habe auch darbeneuen andere schöne herrliche Sprüche derer in die 50. gewesen, nach der ordnung zu Tisch beten müssen: Auch da mein Herr erfuhr, das ich von der Musica wüste, habe ich in der Kirchen auff der Orgelen, mich gebrauchen lassen.
Es hat auch der selig: Herr Samuel resenus selber ein stück auß dem 51. Psalm gemacht, welches ich offt gesungen, von welchen der Text also lautet:

Schaffe in mir Gott ein reines hertze,
und gib mir einen newen gewissen Geist,
verwirff mich nicht von deinem Angesicht,
und nimb deinen heiligen geist nicht von mir.
Tröst mich wider mit deiner hülff, etc.

Habe auch bey des Edlen Ehrnfesten Junckern und Stadtholders, Nemblich Hans Lindenowen zeiten, der auch ein Fründt des Kuntors war, auffgewartet und gesungen in die Instrumente, da er einen Ersamen Kauffman, und ganzen rath zu gaste geladen hette. Und wan ich noch an die herliche und schöne Ordenunge gedencke, thue ich mich darüber erfrewen. Dann ich thue es nicht aus böser meinunge, das ich es so ausbreite, was ich da gemacht habe, sondern lobe die gute Ordenunge, die da am Löblichen Kuntor gehalten wirt.

Dieweil diß hochlöbliche und weitberömbte Kuntor nur das letzte ist, so noch von allen andern, so im teil Europa gewesen, bey volkommener regierung auch Privilegien, handel und wandel erholden worden, Wolle es der fromme Gott ferner für allem unglück und anfechtungen behüten, nicht alleine umb der Deutschen willen, sondern auch umb der elenden armen und armen heusern, die da müsten von hunger sterben und verderben, wan sie nicht von dem Löblichen Kuntor erholden worden.

Letzlich bitte ich hertzfreundlich, Ewer Achtbar weisheit und Gunsten underthenlich, wollen sich diese meine geringe, ja doch wolvermeinte arbeit günstiglich gefallen lassen, Und wil dem hochlöblichen und weitberühmten Kuntor gewünschet haben, das es der liebe Gott bey reiner Lere des heiligen Evangelij, guten Friede, glückseliger regierung, unnd bey allen seinen Privilegien und gerechtigkeit, biß an den Jüngstehn Tag gnedig erhalten, und für allem ubel bewaren. Und euch meinen großgünstigen Herrn und Freunden, langes Leben, bestendige langwirige gesundheit, und glück und heil in alle das ihr anfanget, zeitliche und ewige wolfart, von Gott dem Allmechtigen wil gewünschet haben.

Datum Rostock, den 3. Aprilis, Anno 1606.

E. A. W. und G.

Dienstwilliger

Jochim Schlu.