Schiller
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Friedrich von Schiller
Don
Carlos, 2.8.
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- Zweiter Akt, Achter
Auftritt
- Die
Prinzessin und bald nachher
Don Carlos.
-
- Prinzessin
- (hat sich in eine
Ottomane geworfen und spielt)
-
- Carlos
- (stürzt herein.
Er erkennt die Prinzessin und steht da, wie vom
Donner gerührt)
- Gott!
- Wo bin ich?
-
- Prinzessin
- (läßt die
Laute fallen. Ihm entgegen)
- Ach, Prinz Carlos? Ja,
wahrhaftig!
-
- Carlos.
- Wo bin ich? Rasender
Betrug - ich habe
- Das rechte Kabinet
verfehlt.
-
- Prinzessin
- Wie gut
- Versteht es Carl, die
Zimmer sich zu merken,
- Wo Damen ohne Zeugen
sind.
-
- Carlos.
- Prinzessin -
- Verzeihen Sie, Prinzessin
- ich - ich fand
- Den Vorsaal offen.
-
- Prinzessin
- Kann das möglich
sein?
- Mich däucht ja doch,
daß ich ihn selbst verschloß.
-
- Carlos.
- Das däucht Sie nur,
das däucht Sie - doch,
versichert!
- Sie irren sich.
Verschließen wollen, ja,
- Das geb' ich zu, das
glaub' ich - doch verschlossen?
- Verschlossen nicht,
wahrhaftig nicht! Ich höre
- Auf einer - Laute Jemand
spielen - war's
- Nicht eine Laute?
- (Indem er sich
zweifelnd umsieht.)
-
- Recht! dort liegt sie
noch -
- Und Laute - Das
weiß Gott im Himmel! - Laute,
- Die lieb' ich bis zur
Raserei. Ich bin
- Ganz Ohr, ich weiß
nichts von mir selber, stürze
- Ins Kabinet, der
süßen Künstlerin,
- Die mich so himmlisch
rührte, mich so mächtig
- Bezauberte, ins
schöne Aug' zu sehen.
-
- Prinzessin
- Ein liebenswürd'ger
Vorwitz, den Sie doch
- Sehr bald gestillt, wie
ich beweisen könnte.
- (Nach einigem
Stillschweigen, mit Bedeutung)
-
- O, schätzen
muß ich den bescheidnen Mann,
- Der, einem Weib
Beschämung zu ersparen,
- In solchen Lügen
sich verstrickt.
-
- Carlos
- (treuherzig)
- Prinzessin,
- Ich fühle selber,
daß ich nur verschlimmre,
- Wo ich verbessern will.
Erlassen Sie
- Mir eine Rolle, die ich
durchzuführen
- So ganz und gar verdorben
bin. Sie suchten
- Auf diesem Zimmer
Zuflucht vor der Welt.
- Hier wollten Sie, von
Menschen unbehorcht,
- Den stillen Wünschen
Ihres Herzens leben.
- Ich Sohn des
Unglücks zeige mich; sogleich
- Ist dieser schöne
Traum gestört. - Dafür
- Soll mich die
schleunigste Entfernung -
- (Er will gehen)
-
- Prinzessin
- (überrascht und
betroffen, doch sogleich wieder
gefaßt)
- Prinz -
- O, das war boshaft.
-
- Carlos
- Fürstin - ich
verstehe,
- Was dieser Blick in
diesem Kabinet
- Bedeuten soll, und diese
tugendhafte
- Verlegenheit verehr' ich.
Weh dem Manne,
- Den weibliches
Erröthen muthig macht!
- Ich bin verzagt, wenn
Weiber vor mir zittern.
-
- Prinzessin
- Ist's möglich? - Ein
Gewissen ohne Beispiel
- Für einen jungen
Mann und Königssohn!
- Ja, Prinz - jetzt
vollends müssen Sie mir
bleiben,
- Jetzt bitt' ich selbst
darum: bei so viel Tugend
- Erholt sich jedes
Mädchens Angst. Doch wissen
Sie,
- Daß Ihre
plötzliche Erscheinung mich
- Bei meiner liebsten Arie
erschreckte?
-
- (Sie führt ihn
zum Sopha und nimmt ihre Laute
wieder)
-
- Die Arie, Prinz Carlos,
werd' ich wohl
- Noch einmal spielen
müssen; Ihre Strafe
- Soll sein, mir
zuzuhören.
-
- Carlos
- (er setzt sich, nicht
ganz ohne Zwang, neben die
Fürstin)
- Eine Strafe,
- So wünschenswerth,
als mein Vergehen - und, wahrlich!
- Der Inhalt war mir so
willkommen, war
- So göttlich
schön, daß ich zum - dritten
Mal
- Sie hören
könnte.
-
- Prinzessin
- Was? Sie haben
Alles
- Gehört? Das ist
abscheulich, Prinz. - Es war,
- Ich glaube gar, die Rede
von der Liebe?
-
- Carlos
- Und, irr' ich nicht, von
einer glücklichen -
- Der schönste Text in
diesem schönen Munde;
- Doch freilich nicht so
wahr gesagt, als schön.
-
- Prinzessin
- Nicht? nicht so wahr? -
Und also zweifeln Sie?
-
- Carlos
- (ernsthaftt)
- Ich zweifle fast, ob
Carlos und die Fürstin
- Von Eboli sich je
verstehen können,
- Wenn Liebe abgehandelt
wird.
- (Die Prinzessin
stutzt; er bemerkt es und fährt mit einer
leichten Galanterie fort)
-
- Denn wer,
- Wer wird es diesen
Rosenwangen glauben,
- Daß Leidenschaft in
dieser Brust gewühlt?
- Läuft eine
Fürstin Eboli Gefahr,
- Umsonst und unerhört
zu seufzen? Liebe
- Kennt Der allein, der
ohne Hoffnung liebt.
-
- Prinzessin
- (mit ihrer ganzen
vorigen Munterkeit)
- O, still! Das klingt ja
fürchterlich. - Und freilich
- Scheint dieses Schicksal
Sie vor allen Andern,
- Und vollends heute -
heute zu verfolgen.
-
- (Ihn bei der Hand
fassend, mit einschmeichelndem
Interesse)
-
- Sie sind nicht
fröhlich, guter Prinz. - Sie leiden
-
- Bei Gott, Sie leiden ja
wohl gar. - Ist's möglich?
- Und warum leiden, Prinz?
bei diesem lauten
- Berufe zum Genuß
der Welt, bei allen
- Geschenken der
verschwendrischen Natur
- Und allem Anspruch auf
des Lebens Freuden?
- Sie - eines großen
Königs Sohn und mehr,
- Weit mehr, als das, schon
in der Fürstenwiege
- Mit Gaben ausgestattet,
die sogar
- Auch Ihres Ranges
Sonnenglanz verdunkeln?
- Sie - der im ganzen
strengen Rath der Weiber
- Bestochne Richter sitzen
hat, der Weiber,
- Die über
Männerwerth und Männerruhm
- Ausschließend ohne
Widerspruch entscheiden?
- Der, wo er nur bemerkte,
schon erobert,
- Entzündet, wo er
kalt geblieben, wo
- Er glühen will, mit
Paradiesen spielen
- Und Götterglück
verschenken muß - der Mann,
- Den die Natur zum
Glück von Tausenden
- Und Wenigen mit gleichen
Gaben schmückte,
- Er selber sollte elend
sein? - O Himmel!
- Der du ihm Alles, Alles
gabst, warum,
- Warum denn nur die Augen
ihm versagen,
- Womit er seine Siege
sieht?
-
- Carlos
- (der die ganze Zeit
über in die tiefste Zerstreuung versunken
war, wird durch das Stillschweigen der
Prinzessin plötzlich zu sich selbst
gebracht und fährt in die
Höhe)
- Vortrefflich!
- Ganz unvergleichlich,
Fürstin! Singen Sie
- Mir diese Stelle noch
einmal.
-
- Prinzessin
- (sieht ihn erstaunt
an)
- Carlos,
- Wo waren Sie indessen?
-
- Carlos
- (springt auf)
- Ja, bei Gott!
- Sie mahnen mich zur
rechten Zeit. - Ich muß,
- Muß fort -
muß eilends fort.
-
- Prinzessin
- (hält ihn
zurück)
- Wohin?
-
- Carlos
- (in schrecklicher
Beängstigung)
- Hinunter
- Ins Freie. - Lassen Sie
mich los, Prinzessin,
- Mir wird, als rauchte
hinter mir die Welt
- In Flammen auf -
-
- Prinzessin
- (hält ihn mit Gewalt
zurück).
- Was haben Sie?
Woher
- Dies fremde,
unnatürliche Betragen?
-
- (Carlos bleibt stehen
und wird nachdenkend. Sie ergreift diesen
Augenblick, ihn zu sich auf den Sopha zu ziehen)
-
- Sie brauchen Ruhe, lieber
Carl - Ihr Blut
- Ist jetzt in Aufruhr -
setzen Sie sich zu mir -
- Weg mit den schwarzen
Fieberphantasien!
- Wenn Sie sich selber
offenherzig fragen,
- Weiß dieser Kopf,
was dieses Herz beschwert?
- Und wenn er's nun auch
wüßte - sollte denn
- Von allen Rittern dieses
Hofs nicht einer,
- Von allen Damen keine -
Sie zu heilen,
- Sie zu verstehen, wollt'
ich sagen - keine
- Von allen würdig
sein?
-
- Carlos
- (flüchtig,
gedankenlos)
- Vielleicht die
Fürstin
- Von Eboli -
-
- Prinzessin
- (freudig, rasch).
Wahrhaftig?
-
- Carlos
- Geben Sie
- Mir eine Bittschrift -
ein Empfehlungsschreiben
- An meinen Vater. Geben
Sie! Man spricht,
- Sie gelten viel.
-
- Prinzessin
- Wer spricht das? (Ha, so
war es
- Der Argwohn, der dich
stumm gemacht!)
-
- Carlos
- Wahrscheinlich
- Ist die Geschichte schon
herum. Ich habe
- Den schnellen Einfall,
nach Brabant zu gehn,
- Um - bloß um meine
Sporen zu verdienen.
- Das will mein Vater
nicht. - Der gute Vater
- Besorgt, wenn ich Armeen
commandierte -
- Mein Singen könne
drunter leiden.
-
- Prinzessin
- Carlos,
- Sie spielen falsch.
Gestehen Sie, Sie wollen
- In dieser
Schlangenwindung mir entgehn.
- Hieher gesehen, Heuchler!
Aug' in Auge!
- Wer nur von Ritterthaten
träumt - wird Der,
- Gestehen Sie - wird Der
auch wohl so tief
- Herab sich lassen,
Bänder, die den Damen
- Entfallen sind, begierig
wegzustehlen
- Und - Sie verzeihn -
-
- (Indem sie mit einer
leichten Fingerbewegung seine Hemdkrause
wegschnellt und eine Bandschleife, die da
verborgen war, wegnimmt)
- so kostbar zu verwahren?
-
- Carlos
v
- (mit Befremdung
zurücktretend)
- Prinzessin - Nein, das
geht zu weit. - Ich bin
- Verrrathen. Sie
betrügt man nicht. - Sie sind
- Mit Geistern, mit
Dämonen einverstanden.
-
- Prinzessin
- Darüber scheinen Sie
erstaunt? Darüber?
- Was soll die Wette
gelten, Prinz, ich rufe
- Geschichten in Ihr Herz
zurück, Geschichten -
- Versuchen Sie es, fragen
Sie mich aus.
- Wenn selbst der Laube
Gaukelei'n, ein Laut,
- Verstümmelt in die
Luft gehaucht, ein Lächeln,
- Von schnellem Ernste
wieder ausgelöscht,
- Wenn selber schon
Erscheinungen, Geberden,
- Wieder Ihre Seele ferne
war, mir nicht
- Entgangen sind, urtheilen
Sie, ob ich
- Verstand, wo Sie
verstanden werden wollten?
-
- Carlos
- Nun, das ist wahrlich
viel gewagt. - Die Wette
- Soll gelten,
Fürstin. Sie versprechen mir
- Entdeckungen in meinem
eignen Herzen,
- Um die ich selber nie
gewußt.
-
- Prinzessin
- (etwas empfindlich und
ernsthaft)
- Nie, Prinz?
- Besinnen Sie sich besser.
Sehn Sie um sich.
- Dies Cabinet ist keines
von den Zimmern
- Der Königin, wo man
das Bischen Maske
- Noch allenfalls zu loben
fand. - Sie stutzen?
- Sie werden plötzlich
lauter Gluth? - O freilich,
- Wer sollte wohl so
scharfklug, so vermessen,
- So müßig sein,
den Carlos zu belauschen,
- Wenn Carlos unbelauscht
sich glaubt? - Wer sah's,
- Wie er beim letzten
Hofball seine Dame,
- Die Königin, im
Tanze stehen ließ
- Und mit Gewalt ins
nächste Paar sich drängte,
- Statt seiner
königlichen Tänzerin
- Der Fürstin Eboli
die Hand zu reichen?
- Ein Irrthum, Prinz, den
der Monarch sogar,
- Der eben jetzt erschienen
war, bemerkte!
-
- Carlos
- (mit ironischem
Lächeln)
- Auch sogar Der? Ja
freilich, gute Fürstin,
- Für Den besonders
war das nicht.
-
- Prinzessin
- So wenig,
- Als jener Auftritt in der
Schloßkapelle,
- Worauf sich wohl Prinz
Carlos selbst nicht mehr
- Besinnen wird. Sie lagen
zu den Füßen
- Der heil'gen Jungfrau, in
Gebet ergossen,
- Als plötzlich -
konnten Sie dafür? - die
Kleider
- Gewisser Damen hinter
Ihnen rauschten.
- Da fing Don Philipps
heldenmüth'ger Sohn,
- Gleich einem Ketzer vor
dem heil'gen Amte,
- Zu zittern an; auf seinen
bleichen Lippen
- Starb das vergiftete
Gebet - im Taumel
- Der Leidenschaft - es war
ein Possenspiel
- Zum Rühren, Prinz -
ergreifen Sie die Hand,
- Der Mutter Gottes heil'ge
kalte Hand,
- Und Feuerküsse
regnen auf den Marmor.
-
- Carlos
- Sie thun mir Unrecht,
Fürstin. Das war Andacht.
-
- Prinzessin
- Ja, dann ist's etwas
andres, Prinz - dann freilich
- War's damals auch nur
Furcht vor dem Verluste,
- Als Carlos mit der
Königin und mir
- Beim Spielen saß
und mit bewundernswerther
- Geschicklichkeit mir
diesen Handschuh stahl -
- (Carlos springt
bestürzt auf)
- Den er zwar gleich
nachher so artig war -
- Statt einer Karte wieder
auszuspielen.
-
- Carlos
- O Gott - Gott - Gott! Was
hab' ich da gemacht?
-
- Prinzessin
- Nichts, was Sie
widerrufen werden, hoff' ich.
- Wie froh erschrak ich,
als mir unvermuthet
- Ein Briefchen in die
Finger kam, das Sie
- In diesen Handschuh zu
verstecken wußten.
- Es war die
rührendste Romanze, Prinz,
- Die -
-
- Carlos
- (ihr rasch ins Wort
fallend)
- Poesie! - Nichts weiter.
- Mein Gehirn
- Treibt öfters
wunderbare Blasen auf,
- Die schnell, wie sie
entstanden sind, zerspringen.
- Das war es Alles.
Schweigen wir davon.
-
- Prinzessin
- (vor Erstaunen von ihm
weggehend und ihn eine Zeit lang aus der
Entfernung beobachtend).
- Ich bin erschöpft -
all meine Proben gleiten
- Von diesem
schlangenglatten Sonderling.
-
- (Sie schweigt einige
Augenblicke)
- Doch wie? - Wär's
ungeheurer Männerstolz,
- Der nur, sich desto
süßer zu ergötzen,
- Die Blödigkeit als
Larve brauchte? - Ja?
-
- (Sie nähert
sich dem Prinzen wieder und betrachtet ihn
zweifelhaft)
-
- Belehren Sie mich
endlich, Prinz - Ich stehe
- Vor einem rauberisch
verschloßnen Schrank,
- Wo alle meine
Schlüssel mich betrügen.
-
- Carlos
- Wie ich vor Ihnen.
-
- Prinzessin
- (Sie
verläßt ihn schnell, geht einigemal
stillschweigend im Kabinet auf und nieder und
scheint über etwas Wichtiges nachzudenken.
Endlich nach einer großen Pause ernsthaft
und feierlich)
-
- Endlich sei es denn
-
- Ich muß einmal zu
reden mich entschließen.
- Zu meinem Richter
wähl' ich Sie. Sie sind
- Ein edler Mensch - ein
Mann, sind Fürst und Ritter.
- An Ihren Busen werf' ich
mich. Sie werden
- Mich retten, Prinz, und,
wo ich ohne Rettung
- Verloren bin,
theilnehmend um mich weinen.
- (Der Prinz rückt
näher, mit erwartungsvollem, theilnehmendem
Erstaunen)
-
- Ein frecher
Günstling des Monarchen buhlt
- Um meine Hand - Ruy
Gomez, Graf von Silva -
- Der König will,
schon ist man Handels einig,
- Ich bin der Creatur
verkauft.
-
- Carlos
- (heftig
ergriffen)
- Verkauft?
- Und wiederum verkauft?
und wiederum
- Von dem berühmten
Handelsmann in Süden?
-
- Prinzessin
- Nein, hören Sie erst
Alles. Nicht genug,
- Daß man der Politik
mich hingeopfert,
- Auch meiner Unschuld
stellt man nach - Da hier!
- Dies Blatt kann diesen
Heiligen entlarven.
-
- Carlos
- (nimmt das Papier und
hängt voll Ungeduld an ihrer
Erzählung, ohne sich Zeit zu nehmen, es zu
lesen)
-
- Prinzessin
- Wo soll ich Rettung
finden, Prinz? Bis jetzt
- War es mein Stolz, der
meine Tugend schützte;
- Doch endlich -
-
- Carlos
- Endlich fielen Sie? Sie
fielen?
- Nein, nein! um Gottes
willen, nein!
-
- Prinzessin
- (stolz und edel)
- Durch wen?
- Armselige
Vernünftelei! Wie schwach
- Von diesen starken
Geistern! Weibergunst,
- Der Liebe Glück der
Waare gleich zu achten,
- Worauf geboten werden
kann! Sie ist
- Das Einzige auf diesem
Rund der Erde,
- Was keinen Käufer
leidet, als sich selbst.
- Die Liebe ist der Liebe
Preis. Sie ist
- Der unschätzbare
Diamant, den ich
- Verschenken oder, ewig
ungenossen,
- Verscharren muß -
dem großen Kaufmann gleich,
- Der, ungerührt von
des Rialto Gold
- Und Königen zum
Schimpfe, seine Perle
- Dem reichen Meere
wiedergab, zu stolz,
- Sie unter ihrem Werthe
loszuschlagen.
-
- Carlos
- (Beim wunderbaren Gott -
das Weib ist schön!)
-
- Prinzessin
- Man nenn' es Grille -
Eitelkeit: gleichviel.
- Ich theile meine Freuden
nicht. Dem Mann,
- Dem Einzigen, den ich mir
auserlesen,
- Geb' ich für Alles
Alles hin. Ich schenke
- Nur einmal, aber ewig.
Einen nur
- Wird meine Liebe
glücklich machen - Einen -
- Doch diesen Einzigen zum
Gott. Der Seelen
- Entzückender
Zusammenklang - ein Kuß -
- Der Schäferstunde
schwelgerische Freuden -
- Der Schönheit hohe,
himmlische Magie
- Sind eines Strahles
schwesterliche Farben,
- Sind einer Blume
Blätter nur. Ich sollte,
- Ich Rasende! ein
abgerißnes Blatt
- Aus dieser Blume
schönem Kelch verschenken?
- Ich selbst des Weibes
hohe Majestät,
- Der Gottheit großes
Meisterstück, verstümmeln,
- Den Abend eines Prassers
zu versüßen?
-
- Carlos
- (Unglaublich! Wie? ein
solches Mädchen hatte
- Madrid, und ich - und ich
erfahr' es heute
- Zum ersten Mal?)
-
- Prinzessin
- Längst hätt'
ich diesen Hof
- Verlassen, diese Welt
verlassen, hätte
- In heil'gen Mauern mich
begraben; doch
- Ein einzig Band ist noch
zurück, ein Band,
- Das mich an diese Welt
allmächtig bindet.
- Ach, ein Phantom
vielleicht! doch mir so werth!
- Ich liebe und bin - nicht
geliebt. - Seitenanfang
-
-
- Carlos
- (voll Feuer auf sie
zugehend)
- Sie sind's!
- So wahr ein Gott im
Himmel wohnt, ich schwör' es.
- Sie sind's, und
unaussprechlich.
-
- Prinzessin
- Sie? Sie
schwören's?
- Ich, das war meines
Engels Stimme! Ja,
- Wenn freilich Sie es
schwören, Carl, dann glaub'
ich's,
- Dann bin ich's.
-
- Carlos
- (der sie voll
Zärtlichkeit in die Arme
schließt)
- Süßes,
seelenvolles Mädchen!
- Anbetungswürdiges
Geschöpf! - Ich stehe
- Ganz Ohr - ganz Auge -
ganz Entzücken - ganz
- Bewunderung. - Wer
hätte dich gesehn,
- Wer unter diesem Himmel
dich gesehn
- Und rühmte sich - er
habe nie geliebt? -
- Doch hier an König
Philipps Hof? Was hier?
- Was, schöner Engel,
willst du hier? bei Pfaffen
- Und Pfaffenzucht? Das ist
kein Himmelsstrich
- Für solche Blumen. -
Möchten sie sie brechen?
- Sie möchten - o, ich
glaub' es gern. - Doch nein!
- So wahr ich Leben athme,
nein! - Ich schlinge
- Den Arm um dich, auch
meinen Armen trag' ich
- Durch eine teufelvolle
Hölle dich!
- Ja - laß mich
deinen Engel sein. -
-
- Prinzessin
- (mit dem vollen Blick
der Liebe)
- O Carlos!
- Wie wenig hab' ich Sie
gekannt! Wie reich
- Und grenzenlos belohnt
Ihr schönes Herz
- Die schwere Müh', es
zu begreifen!
- (Sie nimmt seine Hand
und will sie küssen.)
-
- Carlos
- (der sie
zurückzieht)
- Fürstin,
- Wie sind Sie jetzt?
-
- Prinzessin
- (mit Feinheit und
Grazie, indem sie starr in seine Hand
sieht)
- Wie schön ist diese
Hand!
- Wie reich ist sie! -
Prinz, diese Hand hat noch
- Zwei kostbare Geschenke
zu vergeben -
- Ein Diadem und Carlos'
Herz - und Beides
- Vielleicht an eine
Sterbliche? - An eine?
- Ein großes,
göttliches Geschenk! - Beinahe
- Für eine Sterbliche
zu groß! - Wie? Prinz,
- Wenn Sie zu einer
Theilung sich entschlössen?
- Die Königinnen
lieben schlecht - ein Weib,
- Das lieben kann, versteht
sich schlecht auf Kronen:
- Drum besser, Prinz, Sie
theilen, und gleich jetzt,
- Gleich jetzt - Wie? Oder
hätten Sie wohl schon?
- Sie hätten wirklich?
O, dann um so besser!
- Und kenn' ich diese
Glückliche?
-
- Carlos
- Du sollst.
- Dir, Mädchen, dir
entdeck' ich mich - der Unschuld,
- Der lautern,
unentheiligten Natur
- Entdeck' ich mich. An
diesem Hof bist du
- Die Würdigste, die
Einzigste, die Erste,
- Die meine Seele ganz
versteht. - Ja denn!
- Ich leugn' es nicht - ich
liebe!
-
- Prinzessin
- Böser
Mensch!
- So schwer ist das
Geständniß dir geworden?
- Beweinenswürdig
mußt' ich sein, wenn du
- Mich liebenswürdig
finden solltest?
-
- Carlos
- (stutzt)
- Was?
- Was ist das?
-
- Prinzessin
- Solches Spiel mit mir zu
treiben!
- O wahrlich, Prinz, es war
nicht schön. Sogar
- Den Schlüssel zu
verleugnen!
-
- Carlos
- Schlüssel!
Schlüssel!
- (Nach einem dumpfen
Besinnen)
- Ja so - so war's. - Nun
merk' ich - - O mein Gott!
- (Seine Kniee wanken,
er hält sich an einen Stuhl und
verhüllt das Gesicht.)
-
- Prinzessin
- (Eine lange Stille von
beiden Seiten. Die Fürstin schreit laut und
fällt)
- Abscheulich! Was hab' ich
gethan!
-
- Carlos
- (sich aufrichtend, im
Ausbruch des heftigsten
Schmerzes)
- So tief
- Herabgestürzt von
allen meinen Himmeln! -
- O, das ist schrecklich!
-
- Prinzessin
- (das Gesicht in das
Kissen verbergend)
- Was entdeck' ich? Gott!
-
- Carlos
- (vor ihr
niedergeworfen)
- Ich bin nicht schuldig,
Fürstin - Leidenschaft -
- Ein unglücksel'ger
Mißverstand - Bei Gott!
- Ich bin nicht schuldig.
-
- Prinzessin
- (stößt ihn
von sich)
- Weg aus meinen
Augen,
- Um Gottes willen -
-
- Carlos
- Nimmermehr! In
dieser
- Entsetzlichen
Erschüttrung Sie verlassen?
-
- Prinzessin
- (ihn mit Gewalt
wegdrängend)
- Aus Großmuth, aus
Barmherzigkeit, hinaus
- Von meinen Augen! -
Wollen Sie mich morden?
- Ich hasse Ihren Anblick!
-
- (Carlos will gehen)
-
- Prinzessin
- Meinen Brief
- Und meinen Schlüssel
geben Sie mir wieder.
- Wo haben Sie den andern
Brief?
-
- Carlos
- Den andern?
- Was denn für einen
andern?
-
- Prinzessin
- Den vom König.
-
- Carlos
- (zusammenschreckend)
- Von wem?
-
- Prinzessin
- Den Sie vorhin von mir
bekamen.
-
- Carlos
- Vom König? und an
wen? an Sie?
-
- Prinzessin
- O Himmel!
- Wie schrecklich hab' ich
mich verstrickt! Den Brief!
- Heraus damit! ich
muß ihn wieder haben.
-
- Carlos
- Vom König Briefe,
und an Sie?
-
- Prinzessin
- Den Brief!
- Im Namen aller Heiligen!
-
- Carlos
- Der einen
- Gewissen mir entlarven
sollte - diesen?
-
- Prinzessin
- Ich bin des Todes! -
Geben Sie!
-
- Carlos
- Der Brief -
-
- Prinzessin
- (in Verzweiflung die
Hände ringend)
- Was hab' ich Unbesonnene
gewagt!
-
- Carlos
- Der Brief - der kam vom
König? - Ja, Prinzessin,
- Das ändert freilich
Alles schnell - Das ist
-
- (den Brief frohlockend
emporhaltend)
- Ein unschätzbarer -
schwerer - theurer Brief,
- Den alle Kronen Philipps
einzulösen
- Zu leicht, zu
nichtsbedeutend sind. - Den Brief
- Behalt' ich
- (Er geht)
-
- Prinzessin
- (wirft sich ihm in den
Weg)
- Großer Gott, ich
bin verloren!
- zurück
- Zweiter Akt, Achter Auftritt -
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