Schiller
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Biographie
Don
Carlos
Kabale
und Liebe
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Friedrich von Schiller
Don
Carlos, 2.4.
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-
- Zweiter Akt,
Vierter Auftritt
-
- Ein Vorsaal vor dem
Zimmer der Königin.
-
- Don
Carlos kommt im Gespräch mit
einem Pagen durch die
Mittelthüre. Die
Hofleute, welche sich im
Vorsaal befinden, zerstreuen sich bei seiner
Ankunft in den angrenzenden Zimmern.
-
- Carlos
- Ein Brief an mich? - Wozu
denn dieser Schlüssel?
- Und Beides mir so
heimlich überliefert?
- Komm näher. - Wo
empfingst du das?
-
- Page
- (geheimnißvoll)
- Wie mich
- Die Dame merken lassen,
will sie lieber
- Errathen, als beschrieben
sein -
-
- Carlos
- (zurückfahrend)
- Die Dame?
- (Indem er den Pagen
genauer betrachtet)
-
- Was? - Wie? - Wer bist du
denn?
-
- Page
- Ein Edelknabe
- Von Ihrer Majestät
der Königin -
-
- Carlos
- (erschrocken auf ihn
zugehend und ihm die Hand auf den Mund
drückend)
- Du bist des Todes. Halt!
Ich weiß genug.
-
- (Er reißt hastig
das Siegel auf und tritt an das
äußerste Ende des Saals, den Brief zu
lesen. Unterdessen kommt der Herzog von Alba und
geht, ohne von dem Prinzen bemerkt zu werden, an
ihm vorbei in der Königin Zimmer. Carlos
fängt an heftig zu zittern und wechselweise
zu erblassen und zu erröthen. Nachdem er
gelesen hat, steht er lange sprachlos, die Augen
starr auf den Brief geheftet. - Endlich wendet
er sich zu dem Pagen)
-
- Sie gab dir selbst den
Brief?
-
- Page
- Mit eignen Händen.
-
- Carlos
- Sie gab dir selbst den
Brief? - O, spotte nicht.
- Noch hab' ich nichts von
ihrer Hand gelesen,
- Ich muß dir
glauben, wenn du schwören
kannst.
- Wenn's Lüge war,
gesteh' mir's offenherzig
- Und treibe keinen Spott
mit mir.
-
- Page
- Mit wem?
-
- Carlos
- (sieht wieder in den
Brief und betrachtet den Pagen mit
zweifelhafter, forschender Miene. Nachdem er
einen Gang durch den Saal gemacht
hat)
- Du hast noch Eltern? Ja?
Dein Vater dient
- Dem Könige und ist
ein Kind des Landes?
-
- Page
- Er fiel bei St. Quentin,
ein Oberster
- Der Reiterei des Herzogs
von Savoyen,
- Und hieß Alonzo
Graf von Henarez.
-
- Carlos
- (indem er ihn bei der
Hand nimmt und die Augen bedeutend auf ihn
heftet)
- Den Brief gab dir die
Königin?
-
- Page
- (empfindlich)
- Gnäd'ger
Prinz,
- Verdien' ich diesen
Argwohn?
-
- Carlos
- (liest den Brief)
- »Dieser
Schlüssel öffnet
- »Die hintern Zimmer
im Pavillon
- »Der Königin.
Das äußerste von allen
- »Stößt
seitwärts an ein Kabinet, wohin
- »Noch keines
Horchers Fußtritt sich
verloren.
- »Hier darf die Liebe
frei und laut gestehn,
- »Was sie so lange
Winken nur vertraute.
- »Erhörung
wartet auf den Furchtsamen,
- »Und schöner
Lohn auf den bescheidnen
Dulder.«
-
- (Wie aus einer
Betäubung erwachend)
- Ich träume nicht -
ich rase nicht - Das ist
- Mein rechter Arm - Das
ist mein Schwert - Das sind
- Geschriebne Silben. Es
ist wahr und wirklich,
- Ich bin geliebt - ich bin
es - ja, ich bin,
- Ich bin geliebt!
-
- (Außer Fassung
durchs Zimmer stürzend und die Arme zum
Himmel emporgeworfen)
-
- Page
- So kommen Sie, mein
Prinz, ich führe Sie.
-
- Carlos
- Erst laß mich zu
mir selber kommen. - Zittern
- Nicht alle Schrecken
dieses Glücks noch in mir?
- Hab' ich so stolz
gehofft? Hab' ich das je
- Zu träumen mir
getraut? Wo ist der Mensch,
- Der sich so schnell
gewöhnte, Gott zu sein? -
- Wer war ich, und wer bin
ich nun? Das ist
- Ein andrer Himmel, eine
andre Sonne,
- Als vorhin da gewesen war
- Sie liebt mich!
-
- Page
- (will ihn
fortführen)
- Prinz, Prinz, hier ist
der Ort nicht - Sie vergessen -
-
- Carlos
- (von einer
plötzlichen Erstarrung
ergriffen)
- Den König, meinen
Vater!
- (Er läßt
den Arm sinken, blickt scheu umher und
fängt an sich zu sammeln)
-
- Das ist schrecklich
-
- Ja, ganz recht, Freund.
Ich danke dir, ich war
- So eben nicht ganz bei
mir. - Daß ich das
- Verschweigen soll, der
Seligkeit so viel
- In diese Brust vermauern
soll, ist schrecklich.
-
- (Den Pagen bei der
Hand fassend und bei Seite
führend)
- Was du gesehn -
hörst du? und nicht gesehen,
- Sei wie ein Sarg in
deiner Brust versunken.
- Jetzt geh. Ich will mich
finden. Geh! Man darf
- Uns hier nicht treffen.
Geh -
-
- Page
- (will
fort)
-
- Carlos
- Doch halt! doch
höre! -
- (Der Page kommt
zurück. Carlos legt ihm die Hand auf die
Schulter und sieht ihm ernst und feierlich ins
Gesicht)
- Du nimmst ein
schreckliches Geheimniß mit,
- Das, jenen starken Giften
gleich, die Schale,
- Worin es aufgefangen
wird, zersprengt. -
- Beherrsche deine Mienen
gut. Dein Kopf
- Erfahre niemals, was dein
Busen hütet.
- Sei wie das todte
Sprachrohr, das den Schall
- Empfängt und
wiedergibt und selbst nicht
höret.
- Du bist ein Knabe - sei
es immerhin
- Und fahre fort, den
Fröhlichen zu spielen -
- Wie gut verstand's die
kluge Schreiberin,
- Der Liebe einen Boten
auszulesen!
- Hier sucht der König
seine Nattern nicht.
-
- Page
- Und ich, mein Prinz, ich
werde stolz drauf sein,
- Um ein Geheimniß
reicher mich zu wissen,
- Als selbst der König
-
-
- Carlos
- Eitler junger
Thor,
- Das ist's, wovor du
zittern mußt. - Geschieht's,
- Daß wir uns
öffentlich begegnen,
schüchtern,
- Mit Unterwerfung nahst du
mir. Laß nie
- Die Eitelkeit zu Winken
dich verführen,
- Wie gnädig der
Infant dir sei. Du kannst
- Nicht schwerer
sündigen, mein Sohn, als wenn
- Du mir gefällst. -
Was du mir künftig magst
- Zu hinterbringen haben,
sprich es nie
- Mit Silben aus, vertrau'
es nie den Lippen;
- Den allgemeinen Fahrweg
der Gedanken
- Betrete deine Zeitung
nicht. Du sprichst
- Mit deinen Wimpern,
deinem Zeigefinger;
- Ich höre dir mit
Blicken zu. Die Luft,
- Das Licht um uns ist
Philipps Creatur,
- Die tauben Wände
stehn in seinem Solde -
- Man kommt -
-
- (Das Zimmer der
Königin öffnet sich, und der Herzog
von Alba tritt heraus)
-
- Hinweg! Auf Wiedersehen!
-
- Page
- Prinz,
- Daß Sie das rechte
Zimmer nur nicht fehlen!
- (Ab)
-
- Carlos
- Es ist der Herzog. - Nein
doch, nein! Schon gut!
- Ich finde mich.
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