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Salzburg
Erzbischof
Mozart:
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- 1791
- 1792
- 1793
- 1800
- 1862
Einspielungen
Literatur
Jedermann
|
Wolfgang
Amadeus Mozart
Bericht
Salzburg
2006 - weitere Reiseberichte
erstellt
von Martin Schlu © 28.7.
2006/18.10.10, Korrekturen durch Elisabeth Walcher (1. Mai 2010), ergänzt 25.08.2017
|
- Abflug mit der
Frühmaschine um 6:40 Uhr, Ankunft um halb
acht, Koffer abstellen im Hotel. Natürlich
ist das Zimmer noch nicht frei und darum gehen
wir erst mal zum Alten Markt und
frühstücken beim "Kaffeehaus Fürst" (Erfinder
der Mozartkugel) mit der Aussicht auf das
Café Tomaselli, in dem schon Mozart
seinen "Verlängerten" getrunken hat (Espresso
mit Wasser „verlängert - aus einem "kleinen Braunen" wird ein großer
"Verlängerter" und entspricht der normalen Tasse Kaffee in Deutschland)
. Um neun macht das Mozarthaus auf und weil wir vor eins sowieso nicht ins Hotel kommen, gehen wir wieder dorthin, obwohl wir es
eigentlich schon kennen. Diesmal ist es anders:
ein Künstler (Robert Wilson) ließ
einen großen Teil der Exponate in die
Rumpelkammer stellen, dafür sehen wir einen
Raum mit Puppe im Kinderbett, ein anderer Raum
zeigt Salzburg von der Decke hängend,
dafür deuten Leuchtpunkte im Fußboden
Sterne an und die Bilder hängen auch
verkehrt herum. Trotzdem schaue ich mir das
Zimmer nicht im Kopfstand an.
Glücklicherweise gibt es doch noch echte
Exponate zu sehen, teilweise abgesperrt aber
erkennbar. Als wir nach einer Stunde wieder
hinausgehen, ist das Treppenhaus voll mit
japanischen Reisegruppen, die sich gegenseitig
fotografieren, draußen stürmt eine
Reiseleiterin mit hoch erhobenem Schirm vorbei
und fünfzig Amerikaner rennen atemlos
hinterher (es müssen Amerikaner sein, kein
anderer Tourist rennt mit Strohhut und
Hawaii-Hemd durch Salzburg, ich auch nicht).
Draußen hat es schon 28 Grad im Schatten
und es wird wohl ein sehr heißer Tag
werden, es ist noch nicht elf.
-
- Durch
die engen Gassen und Durchgänge kämpfen wir uns zum Universitätsplatz
durch der das ganze Jahr über auch als Marktplatz für die Obst- und
Gemüsehändler aus der Region dient, und setzen uns in die
Universitätskirche. Dort ist es kühl, man kann dort lange bleiben und
einfach Stille genießen. Nachdem wir uns abgekühlt haben, stöbern wir
noch bei Höllriegl (älteste Buchhandlung Salzburgs). Bei einem Gespräch
mit einem Kölner, den wir vor einem "Jedermann"-Plakat treffen, erzählt
er uns, er habe den gestrigen "Jedermann" mit einer Stehplatzkarte für
EUR 30.- gesehen und vielleicht sei dies auch noch für den "Figaro"
möglich. Dies ist das Opernereignis des Jahres: Wiener Philharmoniker,
Nikolaus Harnoncourt und natürlich Anna Netrebko, die im letzten Jahr
eine hinreißende "Traviata" abgeliefert hat.
-
- Wir gehen aus
Jux also zur Theaterkasse und fragen, ob es noch
etwas gibt. "Wir sind seit Februar ausverkauft,
aber auf dem freien Markt kann man noch etwas
bekommen - also EUR 1000.- müssen sie schon
rechnen (pro Person)", sagt der Kassierer,
"gestern habe ich eine Karte für EUR
10.000.- vermittelt, es gibt Leute, die zahlen
soviel dafür." Wir lehnen dankend ab und
beschließen, die Aufführung dann
lieber "für umasunst" (Rheinisch: "für ömmesons" = gratis) vor der
Großleinwand zu sehen. Nach noch einem
Wasser (diesmal aus dem Supermarkt für 55
Cent/Liter laufen wir ins Hotel und bleiben
erstmal auf dem Zimmer - bei 36 Grad muß
man mittags nicht rausgehen.
-
- Am
Nachmittag bummeln wir noch ein bißchen durch die Stadt - die
Sehenswürdigkeiten kennen wir zwar alle schon, aber man kann ja mal
schauen, was sich verändert hat. Am Domplatz bauen die
Bühnenarbeiter die letzten Teile der Treppe, auf der später Jedermann,
Tod und Teufel hinauf und hinunter steigen werden - kein
Zuckerschlecken, die Teile sind schwer und man kann es eigentlich nicht
in der Sonne aushalten. Die Fiaker stehen zwar im Schatten, aber die
Pferde dampfen trotzdem - die Bühnenarbeiter auch. Aber auch
diejenigen, die für die Licht- und Tontechnik zuständig sind, sind bei
diesen Temperaturen bestimmt nicht zu beneiden.
-
aufgenommen
am 25.7.2006 © Martin Schlu-
- Als wir
entsprechend ausstaffiert ("festliche Kleidung
erwünscht" steht auf den Karten) gegen
20.00 Uhr auf den Einlaß warten, sind
schon ein paar Hundert Leute da, die schwarzen
Herren und Abendkleid-Damen wollen Jedermann,
die anderen wollen Zuschauer gucken. Mir
fällt ein Herr im Smoking auf, der
außer den Eintrittskarten auch zwei
Balkonkissen in der Hand hat. Der weiß
schon, daß die Bänke hart und
unbequem sind, denke ich mir. Ich habe mich
nicht getraut, meinen Fotoapparat mitzunehmen,
die anderen zweitausend Zuschauer haben ihren
aber dabei und es wird schon mal warmgeknipst.
Ich verdränge meinen Unmut damit, daß
ich die DVD sowieso Zuhause habe und
vernünftige Bilder mit dieser Kamera nicht
hinbekomme und eigentlich wollen wir ja gucken
und genießen - den Text kann ich sowieso
fast auswendig.
- Das Opening mit
den Riederinger Kindern ist genauso toll wie auf
der DVD von 2004, kleinere Abweichungen fallen
mit auf, das kleine Mädchen kann
mittlerweile dirigieren und fuchtelt nicht mehr
irgendwie herum, sondern man kann sogar danach
spielen. Gegen Ende fällt mir auf,
daß ein Strich stattgefunden hat: die
Szene, in der die Mutter im Nachthemd auf die
Bühne stürmt, weil ihr Sohn seelisch
gesund wurde und dabei den Teufel auf die Stirn
küßt, wurde gestrichen - schade.
Ansonsten ist die Aufführung viel besser
als die DVD, weil viele Details, die parallel
zum Hauptgeschehen passieren, auf dem Monitor
nicht zu sehen sind - man weiß manchmal
gar nicht, wohin man gucken soll. Die
Explosionen sind körperlich zu spüren
und die Lichtregie ist einfach irre: bei
Spielbeginn ist die Welt in Ordnung, wenn der
Tod das erstemal auftritt, ist Dämmerung,
wenn Jedermann auch der letzte Freund verlassen
hat, ist es zappenduster. (Mehr in einer eigenen
Besprechung).
-
- Der Beifall ist
riesig, Peter Simonischek war klatschnaß
geschwitzt und wird sich gefreut haben,
daß er mit dem Totenhemd zumindest frische
Wäsche kriegt. Als wir draußen sind,
fallen mir die Busse auf, mit denen Teile des
Ensembles abtransportiert werden, unter dem
Beifall der Passanten und Winken - es ist eine
tolle Atmosphäre. - Hintergrund
-
- Nun haben wir
Hunger und stellen fest, daß der
Bürgersteig hochgeklappt worden ist. Im
Tomaselli gibt es noch ein Omelett, aber richtig
essen gehen scheint in Salzburg schwierig zu
sein (Nachtrag Elisabeth Walchert 2010: "...mittlerweile hat sich das wirklich geändert!") . Es reicht aber zum Sattwerden und am
nachmittag hatten wir uns schon einen Wein
organisiert, den wir im Hotelzimmer aus
Zahnputzgläsern trinken. Auch das kann Stil
haben.
-
- Am
nächsten Tag machen wir ein bißchen
Kultur, nehmen den Platz in Augenschein, auf dem
die Leinwand aufgebaut ist und überlegen,
ab wann man sich einen Sitzplatz sichern
muß. Die Übertragung ist für
21:15 angekündigt, ein Vorprogramm gibt es
ab halb acht. Wir fassen mal sieben Uhr ins
Auge, versorgen uns mit Mineralwasser und
diesmal habe ich die Kamera mit, man weiß
ja nie.
-
- aufgenommen am
26.7.2006 © Martin Schlu
-
- Um sieben Uhr
sind die ca. tausend Stühle zur Hälfte
besetzt. Ein Glück, daß wir nicht
später kommen, denken wir. Um halb acht ist
es immer noch heiß, es ist kaum ein Stuhl
frei. Viele andere sind allerdings mit
Handtüchern belegt und nun fällt mir
ein, daß wir keine Sitzkissen haben. Die
Klappstühle sind aus Kunststoff, unbequem
und hart. Als ich nach zwei Stunden neues
Mineralwasser organisiere, ist meine Hose
klatschnaß, der Hintern schmerzt und es
sind schätzungsweise drei- bis viertausend
Menschen auf dem Platz. Sie sitzen auf den
Laternen, auf den Mauern, viele haben sich
Klappstühle mitgebracht, manche sitzen auf
dem Boden und ich brauche fast zwanzig Minuten
um mit zwei überteuerten Flasche
Mineralwasser wieder zurück zu kommen.
Mittlerweile ist die Erwartung riesig und die
Stimmung gut.
-
- Um
halb zehn kommt endlich die Ansage und als der Moderator (in Salzburg
war es eben nicht Harald Schmidt) das Publikum bittet, die nächsten
vier Stunden zu genießen, geht in Stöhnen durch das Rund. Fast allen
tut jetzt schon der Po weh und wir haben abgemacht, daß wir erstmal den
ersten Akt abwarten und dann weitersehen. Der Ton ist super, die Musik
ebenso, Anna Netrebko ist als Susanna traumhaft besetzt und der erste
Akt geht richtig schnell herum. Ein paar Zutaten fallen auf: es gibt
die Figur des Amor, der ständig für Liebesbeziehungen sorgt, es gibt
ein paar sehr komische Regieeinfälle (als sich Cherubino im Vorhang
versteckt und später, diesen hinter sich herschleifend, "unauffällig"
flüchtet). Dieser Figaro ist bislang der beste, den ich gesehen habe
und das liegt an der Musik - ich meine jetzt nicht Mozart, sondern die
Art und Weise, wie Harnoncourt und die Wiener die Musik zelebrieren -,
an dem Ensemble und der Regie Martin Kucejs. Natürlich wird diese
Einspielung auf DVD gekauft, wenn sie einmal herauskommt.
- (Nachtrag
2010: Diese DVD habe ich mittlerweile bei amazon.de besprochen und sie
gilt heute
als Referenz für neues Musiktheater. Natürlich hat sich das Warten und
dieser Abend gelohnt und heute noch höre und sehe ich mir immer wieder
gerne diese DVD an - mittlerweile (2017) mußte sie ersetzt werden.
- Trotzdem stehen
wir kurz vor Mitternacht nach dem zweiten Akt
auf und wanken mit schmerzendem Hintern ins
Hotel, klatschnaß geschwitzt. An einem
Büdchen bekommen wir noch ein kaltes Bier
und eine Flasche Wein und als das Erste
eingeschaltet wird um über Nachrichten noch
etwas zu erfahren, bekommen wir noch fast den
ganzen vierten Akt mit (ORF und ARD sendeten
live, wir guckten zeitversetzt). Trotzdem, ein
Fernseher ist keine Alternative zur Oper, auch
wenn der Sessel im Hotel entspannender ist als
fünf Stunden Ikea-Klappstuhl. Wer diese
Aufführung sehen will, möge sich
beizeiten einen billigen Flug, ein billiges
Hotelzimmer und Stehplatzkarten oder ein Kissen und billige
Sitzplätze besorgen, ab Januar kann man
sich für die kommende Saison bewerben (das ist
das richtige Wort). Trotz Holzbank und
Klappstuhl ein traumhaftes Erlebnis, eins von
den Dingen, die man einmal im Leben machen
sollte.
- Ein
hilfreicher Link ist da die Homepage der Festspiele selbst, denn da
bekommt man eigentlich die günstigsten und besten Plätze.
www.salzburgerfestspiele.at
- Informationen
zu den Freikonzerten auf der
Großbildleinwand
http://www.siemens.at/kultur -
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