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Kulturgeschichte - Klassik


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Literatur

Wolfgang Amadeus Mozart
Wiener Jahre 1781 - 1790
erstellt von Martin Schlu 2005 / aktualisiert 7. März 2009

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Durch den "Idomeneo" in München hat Mozart den von Hieronymus Graf Colloredo gewährten sechswöchigen Urlaub um fast drei Monate überzogen - offenbar auch mit der Absicht die ungeliebte Salzburger Stelle loswerden zu können. Statt einer Kündigung schickt der Salzburger Erzbischofs aber Im März Wolfgang Amadeus Mozart einen Brief, in dem er ihn auffordert, unverzüglich nach Wien zu kommen, denn Colloredo trifft sich mit dem Kaiser und braucht für ein standesgemäßes Auftreten unter anderem seine Hofkapelle.
 
Wien ist zu dieser Zeit eine der Weltmetropolen. Die Stadt hat 200.000 Einwohner, zählt kulturell zu den bedeutendsten Städten der Welt und der seit 1763 regierende Kaiser Joseph II. ist ein Glücksfall für die Stadt. Vor vierzehn Jahren hat er den ehemaligen Hofpark, den Prater, für die Allgemeinheit zugänglich gemacht, gilt als liberaler Fürst, der kulturell sehr interessiert ist und in seiner Jugend auch Musikunterricht gehabt hat . Bis 1790 wird Joseph II. eine Reform nach der anderen einleiten und seinem Land damit eine blutige Revolution wie in Frankreich ersparen.
 
Am 16. März trifft Mozart in Wien ein, wird im Deutschordenshaus untergebracht und ihm wird sofort erklärt, daß der Bischof ihn in Wien an einer wesentlich kürzeren Leine hält als in Salzburg. Mozart muß sich täglich bei ihm melden, in der Küche mit den andern Dienstboten essen, darf Konzerte nur mit der Hofkapelle geben und wenn er selber (auf eigene Rechnung) konzertieren will, wird ihm dies meistens verweigert. Erst, als Mozarts adlige Freunde und Gönner bei Colloredo Fürsprache einlegen, wird ihm ein Konzert in der "Wiener Künstlersocietät" gestattet, das ein ungeheurer Erfolg für Mozart wird. Nun ist ihm klar, daß er in Wien Fuß fassen und Erfolg haben könnte. (Höcker, 74ff). Doch Colloredo schickt seine Kapelle nun in alle möglichen Fürstenhäuser, läßt sie dort spielen und gibt regelrecht mit ihnen an. Dort muß auch die erste Begegnung mit Antonio Salieri (18.8.1759 Legnago -7.5.1825 Wien) stattgefunden haben, die Szene im Film "Amadeus", in der Salieri Mozart kennenlernt, beschreibt dies recht anschaulich.
 
Am 9. Mai will Colloredo ihn wieder nach Salzburg schicken, doch Mozart diskutiert mit ihm darüber, anstatt einfach zu gehorchen - evtl. auch, um noch einmal einen Kündigungsgrund zu provozieren. Doch Colloredo ist die Auseinandersetzungen mit Mozart offensichtlich leid und will nicht mher diskutieren. In der Folgezeit wird Mozart fünfmal hintereinander nicht zu Colloredo vorgelassen und als er sein Abschiedsgesuch (die Kündigung) einfach nicht los wird, kommt es erst zum Wortwechsel, dann zum Eklat. Grad Arco, der Kammerdiener des Erzbischofs soll Mozart am Ende der Diskussion einen legendären Fußtritt gegeben haben. Wolfgang versucht nun, sich in ohne Colloredo Wien zu etablieren und nimmt seine erste Wohnung in Wien bei der Peterskirche, dort, wo heute das Haus Milchgasse 1 steht. Diese Wohnung bewohnt er von Mai bis September 1781. Seinem Vater schreibt er am 9. Juni über die Entlassungszene:
 
„Was geht es ihn an, wenn ich meine Entlassung haben will? So soll er mit Gründen jemand zureden, oder die Sache gehen lassen wie sie geht, aber nicht mit Flegel und Bursche herumwerfen, und einen bei der Thüre durch einen Tritt im Arsch hinaus werfen."
(Ob dieser Fußtritt stattgefunden hat oder nicht, ist nicht klar, denkbar ist auch, daß Wolfgang die letzte Begegnung etwas dramatisiert hat, damit der Vater nicht wieder bei dem Bischof versucht, ihn wieder dort unterzubringen - der Sohn will nun nicht mehr , MS).
 
In Briefen an den Vater wird deutlich, wie dies funktioniert: Mozart gibt Klavierunterricht, komponiert, versucht Aufträge zu bekommen und hat einen sehr straffen Tagesplan:
 
"Um 6 Uhr früh bin ich schon allzeit frisiert, um 7 Uhr ganz angekleidet. Dann schreibe ich bi 9 Uhr. Von 9 Uhr is 1 Uhr halte ich meine Lektionen. Dann esse ich, wenn ich nicht zu Gaste bin, wo man dann auch um 2 Uhr und auch um 3 Uhr speist. Vor 5 Uhr abends oder 6 Uhr kann ich nichts arbeiten - und öfters bin ich durch die Akademie (z. B. durch Proben für anschließende Konzerte) daran verhindert, wo nicht, so schreibe ich bis 9 Uhr. Da ich mich wegen der vorfallenden Akademien und auch wegen der Unsicherheit, ob ich nicht bald da, bald dorthin gerufen werde, auf das Abendschreiben nicht verlassen kann, so pflege ich ... noch vor dem Schlafengehen etwas zu schreiben, da verschreibe ich mich öfters bis 1 Uhr - und dann wieder um 6 Uhr auf."
zit. nach (Höcker, 80)
 
 
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Als die Nachbarn über das "Verhältnis" zwischen Mozart und der "Weberin" Konstanze tuscheln, zieht Mozart ein paar Häuser weiter in den Graben Nr. 17. Dort schreibt er an der „Entführung aus dem Serail", einem Auftragswerk des Kaisers, der für das Burgtheater ein deutsches Singspiel in Auftrag gegeben hat, denn das Burgtheater ist das Nationale Singspiel und mußte trotzdem bisher immer italienische Opern spielen. Konstanze ist begeisterungsfähig, hat - wie Wolfgang - viel Sinn für Humor und er benennt die weibliche Hauptperson der Oper nach ihr. Das Thema ist auch aktuell: 1783 wird des 100. Jahrestages der türkischen Belagerung Wiens gedacht und der russische Großfürst Paul I. wird wieder in Wien erwartet um mit Joseph II. nicht nur Heiratspläne bezüglich habsburgischer Politik zu entwickeln, sondern auch, um eine Allianz gegen das Osmanische Reich zu schmieden. So soll in der Oper eine junge Christin aus den Fängen des türkischen Selim Bassa befreit werden. Der Kaiser und Mozart haben sich bereits im Vorfeld darauf verständigt, nach Salieris "Rauchfangkehrer" mal eine andere deutsche Oper auszuprobieren - die Fachwelt muß es hinnehmen und dem Publikum ist dieser Stoff bestens vertraut, denn er ist eigentlich nichts Neues. Die ersten Stoffe um den Konflikt zwischen Chirsten und Muslims entstanden bereits während der Kreuzzüge und kurz vorher, 1779 hat Lessing das Drama "Nathan der Weise" veröffentlicht, das allerdings erst am 14. April 1783 in Berlin uraufgeführt wird, zwei Jahre nach seinem Tod.
 
 Die „Entführung" hat in Wien am 16. Juli Premiere im alten Burgtheater. Die Einnahmen sind so reichlich, daß Mozart damit seine Hochzeit mit Constanze Weber (1762-1842) finanzieren kann. Am 4. August ist die Hochzeit im Stephansdom gegen den Widerstand des Vaters - die väterliche Erlaubnis kommt einen Tag später per Post. Als im Oktober der russische Großfürst Paul I. wieder in Wien ist, dirigiert Mozart für ihn eine Extravorstellung der Entführung.
 


Ausschnitt des Portraits von Hans Hansen, 1802 (Original in Mozarts Geburtshaus)
 
links: Innenansicht des Stephansdoms
Foto: Martin Schlu © 2009
 
 
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Mozarts erster Sohn Raimund Leopold wird geboren und stirbt einige Monate später an "Darmfrais" (1) , während Wolfgang und Konstanze auf Reisen sind. Als sie wiederkommen, hat die Begeisterung des Kaisers für die deutsche Oper nachgelassen und die italienische Oper wird mit einem Werk Salieris eröffnet: "La scuola de' gelosi"(Die Schule der Eifersüchtigen), einer komischen Oper, die sehr populär wird.
(1) vermutlich Darmkoliken)
 
 
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Mozart hat eine außerordentlich erfolgreiche Konzertsaison hinter sich: allein 22 Konzerte zwischen dem 26. 2 und dem 3. 4. bringen etliche Einnahmen, viele "Subskribenten" haben sich verpflichtet eine feste Anzahl an Konzertkarten zu verkaufen und so kann Wolfgang im April seinem Vater 174 Subskribenten melden, die jeweils sechs Gulden für drei Konzerte bezahlen wollen - über 1000 Gulden Garantieverdienst sind gesichert.
(Zum Vergleich: ein Stubenmädchen verdient jährlich ca. 30 Gulden, ein Lehrer liegt bei ca. jährlich 150 Gulden, ein Pfarrer bei ca. 250 Gulden. Angaben aus dem Wiener Mozart-Museum in der Domgasse)
 
 Leopold scheint sich mit seinem Sohn versöhnt zu haben - offensichtlich ist der Sohn geschäftstüchtiger als der Vater und Mozart schließt sich den Freimaurern an. Auf einem Protokoll dieses Jahres finden sich die Unterschriften von Vater und Sohn Mozart. (Mozart-Museum in der Domgasse)
 
Der zweite Sohn, Carl Thomas, wird geboren und den Vater überleben Am 23. August heiratet auch die ältere Schwester Nannerl und Mozart schreibt ihr zur Hochzeit folgendes Gedicht:
 
..."Du wirst im Ehestand viel erfahren,
Was Dir ein halbes Rätsel war;
bald wirst Du aus Erfahrung wissen,
wie Eva einst hat handeln müssen;
daß sie hernach den Kain gebar.
Doch Schwester, diese Ehstands Pflichten
Wirst Du von Herzen gern verrichten,
Denn, glaube mir, sie sind nicht schwer;
Doch jede Sache hat zwo Seiten;
der Ehstand bringt zwar viele Freuden,
Allein auch Kummer bringet er.
Drum, wenn Dein Mann Dir finstre Mienen,
Die Du nicht glaubest zu verdienen;
In seiner üblen Laune macht:
So denke, das ist Männergrille;
Und sag: Herr, es gescheh' Dein Wille
Bei Tag - und meiner in der Nacht:
(zit nach Böttger, 31)
 
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(Die Domgasse in Wien und Mozarts Wohnhaus in der Domgasse 5 im ersten Stock. Fotos © Martin Schlu, 2009)
 
Wolfgang und Konstanze ziehen am 29. September 1784 in ihre sechste Wiener Wohnung zwischen Domgasse und Schulerstraße. Diese Wohnung ist großbürgerlich, gut ausgestattet, verfügt über etliche Zimmer, so daß auch Besuch länger übernachten kann und kostet 460 Gulden im Jahr, doch Wolfgang verdient endlich richtig gut. In den letzten Jahren liegt sein Gehalt zwischen 3.000 und 4.000 Gulden jährlich, etwa auf Hofratsebene und viermal höher als ein Beamtengehalt. Endlich hat er ein eigenes Arbeitszimmer, doch ruhig ist diese Wohnund nicht, dafür liegt sie zu zentral und es kommt zu häufig Besuch. Der Vater Leopold Mozart ist von Februar bis Ende April 1785 zu Besuch und der kleine Johann Nepomuk Hummel sogar etliche Monate länger - Wolfgang hält ihn wie ein eigenes Kind.
 
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Mozart's neue Kantaten, „Davidde penitente" and „Die Maurerfreude" werden aufgeführt.
 
 
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Der Schauspieldirektor Mozart führt für Kaiser Joseph II. eine Aufführung in Schloß Schönbrunn durch. Mozarts dritter Sohn, Johann Thomas Leopold, überlebt nur einen Monat. „Le Nozze di Figaro" (Figaro) kommt am Burgtheater in Wien heraus.
 
Mozart vollendet sechs Streichquartette und widmet sie Josef Haydn, der ihm gezeigt hat, wie man für diese Besetzung komponiert. Als Haydn sie in Anwesenheit von Leopold Mozart spielt ist der Vater überwältigt - erst recht, als Haydn meint:
 
"Ich sage Ihnen vor Gott als ein ehrlicher Mann, Ihr Sohn ist der größte Komponist, den ich von Person und dem Namen nach kenne, er hat Geschmack und überdies die größet Kompositionswissenschaft."
zit. nach (Höcker, 100)
 
 
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Ludwig van Beethoven besucht Mozart um bei ihm Unterricht zu nehmen, kann aber nicht bleiben, weil die Mutter in Bonn gestorben ist und er sich um die beiden jüngeren Brüder kümmern muß. Zu einer weiteren Begegnung kommt es nicht mehr.
 
Don Giovanni" hat in Prag Premiere (Nationaltheater), zusammen mit der „Prager Symphonie", K. 504. Mozart wird zum „Kammermusicus" des Hofs ernannt. Später schreibt Mörike eine Novelle darüber (Mozart auf der Reise nach Prag)
 
Leopold Mozart stirbt an "Magenverhärtung", evtl. Magenkrebs. Man hat lange gedacht, er sei auf dem Salzburger Sebastiansfriedhof in der Linzer Gasse begraben, aber seit man das Mozart-Grab 2006 geöffnet hat, weiß man, "er liegt dort nicht " (Auskunft der Friedhofswärterin). Wo, ist allerdings unbekannt.
 
Der Sebastians-Friedhof vom Salzburger Hotel Amadeus aus gesehen - ohne Leopold. Foto: Matin Schlu @ 2006
  
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Don Giovanni fällt in Wien durch. Die Tochter Theresia stirbt.
 
 
 
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Die zweite Tochter, Anna Maria, wird geboren und stirbt auch.
 
 
 Mozart 1789 nach einer Zeichnung von Doris Stock
 
 
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„Cosi fan tutte" hat Premieres am Burgtheater. Mozart fährt nach Frankfurt.
 
In der Nacht auf den 20. März stirbt Joseph II. vermutlich an den Folgen einer Lungentuberkulose. Die Nachwelt sieht in ihm einen liberalen Reformer und Humanisten, der seiner Zeit weit voraus war.
 
 
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