Rainer Maria Rilke
(1875 - 1926)
- 1875
Prag
1896
München
1897
Berlin
1898
Worpswede
1902
Paris
1904
Schweden
1907
Italien
1914
Krieg
1919
Schweiz
- Werke:
-
- Literatur
|
Rainer
Maria Rilke
(1875 - 1926)
Rilke
und Worpswede
(1898 - 1902)
zusammengestellt
von Martin Schlu, ©2006
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-
-
- 1898
-
Berlin
- Als
Rilke im Frühjahr in Florenz ist, lernt er dort den
Künstler
Heinrich
Vogeler
kennen,
der in Worpswede
bei Bremen mit Fritz Mackensen eine Künstlerkolonie
gegründet hat und befreundet sich mit ihm. Vogeler
läd Rilke ein, das Weihnachtsfest mit ihm zu
verbringen und Rilke bekommt
dort, im sogenannten "Barkenhoff" Kontakt zu der
Bildhauerin Clara
Westhoff
(1875-1954) und der Malerin Paula
Becker, die
eng miteinander befreundet sind. Zum Abschied schreibt
Rilke für Vogeler einen Hausspruch, der seitdem
über dem Eingang des Gebäudes
hängt:
-
- Licht
ist sein Loos,
- ist
der Herr nur das Herz und die Hand des Bau's,
- mit
den Linden im Land
- wird
auch sein Haus schattig und
groß
- 1899
-
Berlin - Zu Paula Modersohn-Becker
- Der
Gedichtband "Mir zur Feier" wird von Heinrich Vogeler
illustriert. Rilke gehört nun zum festen Stamm der
Worpsweder Künstler. Mit Lou Andreas-Salome reist er
zweimal nach Rußland, um dort Material über
russische Maler zu sammlen. Diese Arbeit wird aber nie
geschrieben, stattdessen trifft er Leo Tolstoij und
bekommt Kontakt mit der russischen
Bildungselite.
(Bresler 37-40)
-
-
- 1900
-
Berlin - Zu Paula Modersohn-Becker
- Nach
der Rückkehr aus Rußland und der Trennung von Lou Andreas-Salome
verbringt Rilke den Sommer in der Künstlerkolonie Worpswede und wohnt
bei Vogeler auf dem "Barkenhoff". Von ihm stammt eine Beschreibung der
Worpsweder Landschaft, die erklärt, was die Maler an diesem Moorkaff
fanden:
- "Worpswede
ist flaches Land mit Birkenalleen, alten Bauernhäusern, Rosenbüschen
und Vogelbeerbäumen. Der Boden teilt sich zwischen roter Erikaheide,
die wunderbar duftet, und auf dem seltsamen, von Kanälen
durchschnittenen Moorland. Worpswede ist berühmt durch die Klarheit und
die Farbigkeit seiner Luftstimmungen und durch die Pracht der Wolken.
- Worpsweder Landschaft im Herbst von der Hamme aus gesehen.
- Wir
gingen zusammen durch die Heide, abends im Wind. Und das Gehen in
Worpswede ist jedesmal so: eine Weile wandert man vorwärts, in
Gesprächen, welche der Wind rasch zerstört, – dann bleibt einer stehen
und in einer Weile der andere. Es geschieht so viel. Unter den großen
Himmeln liegen flach die dunkelnden farbigen Felder, weite Hügelwellen
voll bewegter Erika, daran grenzend Stoppelfelder und eben gemähter
Buchweizen, der mit seinem Stengelrot und dem Gelb seiner Blätter
köstlichem Seidenstoff gleicht.
Und
wie das alles daliegt, nah und stark und so wirklich, daß man es nicht
übersehen oder vergessen kann. Jeden Augenblick wird etwas in die
tonige Luft gehalten, ein Baum, ein Haus, eine Mühle, die sich ganz
langsam dreht, ein Mann mit schwarzen Schultern, eine große Kuh oder
eine hartkantige, zackige Ziege, die in den Himmel geht. Da gibt es nur
Gespräche, an denen die Landschaft teilnimmt, von allen Seiten und mit
hundert Stimmen.
-
Erika (Heidekraut) in der Worpsweder Landschaft
- Auf dem Barkenhoff erzählt Rilke von seinen Erlebnissen, dem Treffen
mit Leo Tolstoij und schwärmt Vogeler regelrecht von
Rußland vor. Der
ist beeindruckt und plant ebenfalls dorthin zu fahren, dies aber erst 1923 verwirklichen, als es dieses
Rußland schon lange nicht mehr gibt.
-
- "Wir
sitzen im Musiksaal, weiß, weiße
Türen, Vasen darüber gemalt, aus denen
Rosenketten sanft zu beiden seiten fallen. Alte
Stiche, kleine galante Gartenszenen, graziöse
Portrauts. J.J. Rousseaus Grabmal. Empirestühle,
ein Lehnstuhl... Man spielt Richard Strauß,
Franz Schubert..."
- (zit,.
nach Bohlmann-Modersohn, S. 121.)
-
- Dieser
Musiksaal ist heute noch das Herzstück des Barkenhoffs, im zweiten
Stock gelegen. An jeder Seite ist ein großes Fenster, in der Decke ein
großes Oberlicht und mitten im Raum der Flügel - man kann es sich gut
vorstellen, wie dort Rilke Gedichte vortrug und die Vogelers und ihre
Freunde dazu Musik machten.
- Am 28. September treffen
sich Paula Becker und Rainer Maria Rilke zu einem
Gespräch bei ihr, als eine Freundin dazukommt und
Paula ihr Atelier anbietet, das direkt neben Otto
Modersohns Haus liegt. Rilke notiert später es sei
ein "großer Abend" gewesen. Einige Tage
später, am 3. Oktober, schenkt er Paula folgendes
Gedicht:
- Du
blasses Kind, an jedem Abend
soll
- der
Sänger dunkel stehn bei deinen
Dingen
- und
soll die Sagen, die im Blute
klingen,
- über
die Brücke seiner Stimme
briungen
- und
eine Harfe, seiner Hände
voll.
-
- Nicht
aus der Zeit ist, was er dir
erzählt,
- gehoben
ist es wie aus Wandgeweben,
- solche
Gestalten hat es nie gegeben
-
- und
Niegewesenes nennt er das
Leben,
- und
heute hat er diesen Sang
erwählt:
-
- Du
blondes Kind von Fürsten und aus
Frauen,
- die
einsam warteten im weißen
Saal,
- fast
alle waren bang, Dich
aufzubauen,
- um
aus den Bildern einst auf dich zu
schauen:
- auf
deine Augen, mit den ernsten
Brauen,
- auf
deine Hände, hell und
schmal.
-
- Rilke wohnt ab Anfang
Oktober wieder 1900 in Berlin-Schmargendorf und Paula
Becker, inzwischen mit Otto Modersohn verlobt, fährt
am 10. Jaunar ebenfalls für sechs Wochen nach Berlin
um bei einer Verwandten richtig kochen zu lernen. Es
existiert aus dieser Zeit ein umfangreicher Briefwechsel
zwischen Paula, Rainer Maria Rilke, Clara Westhoff und
Otto Modersohn. Rilke trifft sich oft mit Paula, geht mit
ihr in Museen, liest ihr aus dem "Buch der Bilder" vor
und bringt sie mit Gerhard Hauptmanns neuem Drama
"Michael Kramer" in Kontakt, dessen Generalprobe er am
19. Dezember 1901 gesehen hat. Irgendwann stellt er fest,
daß er noch keines ihrer Bilder kennt:
(Bohlmann-.Modersohn,
S. 134ff, 159ff )
-
- "...
Da kommt mir ein Bedauern, ich war in Worpswede immer
am Abend bei Ihnen, und dann sah ich wohl da und dort
im Gespräch eine Skizze... bis Worte von Ihnen
kamen, die ich gleich sehen wollte, daß ich
meinen Blicken die Wände verbot und Ihren Worten
nachging...
-
- ...
So sah ich fast nichts von Ihnen, denn Sie haben mir
niemals etwas gezeigt... "
- (Bohlmann-.Modersohn, S. 152)
-
-
- 1901
-
Berlin
-
Paris - Zu Paula Modersohn-Becker
- Rilke und Lou
Andreas-Salomé trennen sich, weil er in Clara
Westhoff verliebt ist, allerdings auch viel Sympathie
für Paula Becker empfindet und seine Beziehung zu
Lou etwas abgekühlt ist. Am 8. Februar, Paula
Beckers 25. Geburtstag, schreibt sie an
ihn:
-
- "Es
hat Liebe auf mich niedergeströmt, warm und weich
und linde. Nun ist es Abend, und ich sitze in Stille
am alten gelben Schreibpult.... Und ich bin nicht
einsam, wirklich nicht. Ich bin ein glückliches
Menschenkind... und seufze schier vor Glück. Und
ich danke jenen Händen, daß sie auch sie an
die Hand nahmen und mir zuführten auf meine
grüne Wiese. Und ich warf Ihnen meinen roten
Apfel hin, und Sie legten mir manch süße
Blume in den Schoß und heute auch einen
süßen Syringenstrauß... Und dann
kamen Sie selbst, nicht auf meine grüne Wiese,
sondern hinauf auf meinen Turm, was doch so schwer ist
und so viele, viele Mühe macht. Da reiche ich
Ihnen dankbar meine beiden Hände und blicke in
Ihre gütigen Augen, und als Empfangender bitte
ich Sie: Bleiben Sie mir
so..."
(Bohlmann-.Modersohn,
S. 161)
-
- Am 23. März
schreibt Paula an eine Freundin, Marie Hill:
-
- "...
In unserer Nachbarschaft ist viel Glück. Heinrich
Vogeler kommt in diesen Tagen mit seinem blonden
schlanken Mädel von der Hochzeitsreise heim und
Clara Westhoff heiratet in den nächsten Wochen
den Dichter Rainer Maria Rilke, unser aller Freund.
Und zu alledem ist
Frühling."
(Bohlmann-.Modersohn, S. 167)
-
- Rilke und Clara Westhoff
heiraten am 28. April und ziehen in ein Nachbardorf
Worpswedes, nach Westerwede. Dort hat Rilke ein Haus
gekauft und sein Freund Heinrich Vogeler hat die
Innenausstattung besorgt. Paula und Otto Modersohn haben
am 25. Mai ebenfalls geheiratet und Paula
Modersohn-Becker (wie sie nun heißt) registriert
schnell, daß der Kontakt zu ihren besten Freunden
abreißt. Dabei hat die junge Familie Rilke
ausgesprochene Geldsorgen. Clara verdient etwas mehr als
nichts durch Schüler und in Worpswede kann Rilke
keine Lyrik verkaufen, obwohl er ständig schreibt
und es den örtlichen Zeitungen anbietet. Selbst eine
feste Stellung würde er annehmen, aber er findet
keine. Rilke hat immer mehr das Gefühl in Westerwede
lebendig begraben zu sein. Am 12. Dezember wird die
Tochter Ruth geboren und damit ist klar, daß etwas
passieren muß. Rilke geht nach Paris,
um dort Kontakt zu Rodin zu knüpfen, Clara folgt ihm
später.
- (Bohlmann-Modersohn,
176f)
-
-
- 1902
-
Paris - Zu Paula Modersohn-Becker
- Rilke bekommt eine
Auftragsarbeit: er soll über den Bildhauer
Auguste
Rodin eine
Monographie schreiben und muß daher für einige
Monate nach Paris.
-
- 1903
-
Paris - Zu Paula Modersohn-Becker
- Der Haushalt in
Westerwede wird nun endgültig aufgelöst und
Clara zieht mit Ruth in ein anderes Nachbardorf, in dem
später auch Otto Modersohn wohnen wird:
Fischerhude.
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Literatur zum Einlesen:
Anna Brenken, Fritz Dressler: Worpswede und das Teufelsmoor. Ellert & Richter Verlag, Hamburg 2003, SBN 3-8319-0135-X
- Marina Bohlmann-Modersohn:
Paula
Modersohn-Becker.
- Eine
Biographie in Briefen, btb-Taschenbuchausgabe,
München 1997
Fotos: Martin Schlu © 2012
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