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Wanderungen
durch die Mark
Brandenburg
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Wanderungen
durch die Mark Brandenburg
Bd. 3 "Havelland" (1873)
erstellt von Martin
Schlu 2007
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- Biographie
-
- 3. Teil: Das Kloster
Lehnin
- 3. Kloster Lehnin, wie es
war und wie es ist
-
- Kapellen
- Das Schiff
umstellen;
- In engen
- Gängen
- Die Lampen
hängen,
- Und werfen ihre
düstren Lichter
- Auf
grabstein-geschnittene
Mönchsgesichter
-
- *
- Nach Waltham-Abtei
hierher alsdann
- Sollt ihr die Leiche
bringen,
- Damit wir christlich
bestatten den Leib
- Und für die Seele
singen.
- (H.
Heine)
-
- Lehnin war nicht nur das älteste
Kloster in der Mark, es war auch, wie schon
hervorgehoben, das reichste, das begütertste, und
demgemäß war seine Erscheinung. Nicht
daß es sich durch architektonische Schönheit
vor allen andern ausgezeichnet hätte - nach dieser
Seite hin wurde es von Kloster Chorin übertroffen -
aber die Fülle der Baulichkeiten, die sich innerhalb
seiner weitgespannten Klostermauern vorfand, die Gast-
und Empfangs- und Wirtschaftsgebäude, die Schulen,
die Handwerks- und Siechenhäuser, die nach allen
Seiten hin das eigentliche Kloster umstanden, alle diese
Schöpfungen, eine gotische Stadt im kleinen,
deuteten auf die Ausgedehntheit und Solidität des
Besitzes.
-
- Klosterkapelle (renoviert) vor
Mauerresten aus dem 16. Jh., Foto: © Martin Schlu
April 2007
-
- Der stattliche Mittelpunkt des
Ganzen, die zahlreichen Giebel überragend, war und
blieb die hohe Klosterkirche, deren mit Kupfer gedeckter
Mittelturm dunkel bronzefarben in der Sonne glänzte.
Diese Kirche selbst war ihrer Anlage nach eher schlicht
als schön, mehr geräumig als prächtig,
aber das Leben und Sterben der Geschlechter, Hoffnung und
Bangen, Dank und Reue hatten die weiten Räume im
Laufe der Jahrhunderte belebt, und die ursprünglich
kahlen Wände und Pfeiler waren unter der Buntheit
der Dekoration, unter dem wachsenden Einfluß von
Licht und Farbe, von Reichtum und Schmuck zu einem immer
schöneren und immer imposanteren Ganzen geworden.
Seitenaltäre mit Bildern und Kruzifixen, Nischen mit
Marienbildern und ewigen Lampen (oft gestiftet, um
schwere Untat zu sühnen) zogen sich an Wand und
Pfeiler hin, in den langen Seitenschiffen aber lagen die
Leichensteine der Äbte, ihr Bild mit Mütze und
Krummstab tief in den Stein geschnitten, während an
der gewölbten Decke hin, schlanken Leibes und
lächelnden Gesichts, die reichvergoldeten Gestalten
der Heiligen und Märtyrer schwebten. In einer der
Seitenkapellen lag der Grabstein Abt Sibolds, den die
Nahmitzer erschlagen hatten.
- Einem reichen Schmuck an Bildwerken,
an Erinnerungszeichen aller Art, begegnete der Besucher,
wenn er vom Mittelpunkt der Kirche aus in das
Längsschiff und die Seitengänge desselben
niederblickte, aber die eigentliche Bedeutung von Kloster
Lehnin erschloß sich ihm erst, wenn er, den Blick
nach Westen hin aufgebend, sich wandte, um, statt in das
Längsschiff hernieder, in den hohen Chor
hinaufzusehen. Unmittelbar vor ihm, in den Fußboden
eingelassen, sah er dann, schlicht und unscheinbar, den
Stumpf der Eiche, unter der Markgraf Otto, der
Gründer des Klosters, seinen Traum gehabt hatte;
zwischen dem Stumpf und dem Altar aber lagen die
Grabsteine der Askanier, elf an der Zahl, die hier
innerhalb des Klosters, das ihr Ahnherr ins Leben
gerufen, ihre letzte Ruhe gesucht und gefunden
hatten.
-
- Altar des Klosters Lehnin, seit
Jahrhunderten übrigens evangelisch (s. Altardecke)
Foto: © Martin Schlu April 2007
-
- Elf Askanier lagen hier, und
einträchtig neben ihnen drei aus dem Hause der
Hohenzollern, Friedrich mit dem Eisenzahn, Johann Cicero
und Joachim I. Dieser stand nur ein einzig Jahr in der
Gruft (von 1535-1536), dann wurde sein Sarg, wie der Sarg
seines Vaters und Großoheims, nach Berlin hin
übergeführt, wo ihnen im Dom eine Stätte
bereitet war. Jener Tag der Überführung der
drei Särge von Lehnin nach dem Dom in Cölln an
der Spree war recht eigentlich der Todestag Lehnins. Die
Güter wurden eingezogen, und innerhalb zwanzig
Jahren war die Umwandlung vollzogen - der Klosterhof war
ein Amtshof geworden. Der Krieg kam und begann sein Werk
der Zerstörung, aber schlimmer als die Hand der
Schweden und Kaiserlichen, die hier abwechselnd ihr
Kriegswesen trieben, griffen in Zeiten tiefsten Friedens
die Hände derer ein, die am ehesten die Pflicht
gehabt hätten, diese alte Stätte zu
schützen und zu wahren: die Um- und Anwohner selbst.
Freilich waren diese Um- und Anwohner zumeist nur solche,
die weder selbst, noch auch ihre Väter und
Vorväter, das alte Lehnin gekannt hatten. 1791 waren
Landleute aus der Schweiz nach Amt Lehnin berufen worden,
um bessere Viehzucht daselbst einzuführen. Kloster
Lehnin wurde nun ein Steinbruch für Büdner und
Kossäten und Haue und Pickaxt schlugen Wände
und Pfeiler nieder. Die Regierungen selbst, namentlich
unter Friedrich Wilhelm I., nahmen an diesem Vandalismus
teil, und weil die ganze Zeit eine die Vergangenheit
schonende Pietät nicht kannte, so geziemt es sich
auch nicht, dem einzelnen einen Vorwurf daraus zu machen,
daß er die Anschauungsweise teilte, die damals die
gültige war. Kloster Lehnin, wäre es nach dem
guten Willen seiner Schädiger gegangen, würde
nur noch eine Trümmerstätte sein, aber das alte
Mauerwerk erwies sich als fester und ausdauernder als
alle Zerstörungslust, und so hat sich ein Teil des
Baues, durch seine eigene Macht und Widerstandskraft, bis
in unsere Tage hinein gerettet.
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