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Kulturgeschichte - 19. Jahrhundert


   
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Spätes 19. Jh. und Fin de siecleWagner

Winifred Wagner (1897-1980) und Adolf Hitler (1889 - 1945)

1897

Winifred Williams wird am 8. April in London geboren, ihre Eltern sterben, als sie zwei Jahre alt ist und da ihr dänischer Großvater sie nicht aufziehen kann/will, kommt sie in ein Waisenhaus.

1907 - zu Siegfried

Winifred kommt im Alter von zehn Jahren zur Familie Klindworth, entfernten Verwandten von ihr (Pianist Karl Klindworth), die sie einige Jahre später adoptieren. "Winnie" geht in Berlin zur Schule, bekommt Klavierunterricht und die Erziehung einer höheren Tochter. Karl Klindworth ist früher Schüler Liszts gewesen, kennt Cosima gut, war mit Wagner befreundet, ist ein großer Verehrer von ihm und macht Winifred mit dessen Musik vertraut. Außerdem bestehen freundschaftliche Kontakte zur Familie Helene Bechstein (Bechstein-Flügel), die wiederum internationale Kontakte pflegen, obwohl sie eigentlich deutschnational sind. Besonders beliebt sind dort Engelbert Humperdinck und Siegfried Wagner, der Sohn Richard Wagners.

1908 - zu Siegfried

1909 - zu Siegfried

1910 - zu Siegfried

Die 13jährige Winifred kommt in ein exklusives Internat bei Braunschweig, weil sich Henriette Klindworth durch eine Krankheit nicht mehr richtig um sie kümmern kann. Anderthalb Jahre später wird sie wieder abgemeldet, weil sie dort schwer geschlagen wurde.

1911 - zu Siegfried

Winifred kommt sie auf das Lyzeum nach Eberswalde.

1912 - zu Siegfried

Winifred hört Siegfried Wagner dirigieren und verliebt sich in ihn aus der Ferne.

1913 - zu Siegfried - zu Cosima

Die Schutzfrist Wagnerscher Werke (damals 30 Jahre, heute 70) läuft ab und Cosima muß mit weniger Geld auskommen, obwohl sie den Reichstag bemüht hat, die Schutzfrist auf 50 Jahre zu verlängern ("Lex Cosima"). Da Siegfried noch unverheiratet und kinderlos ist, erhebt die älteste Schwester Isolde Anspruch auf das Erbe, denn sie hat einen Erben, die vier anderen Geschwister aber nicht. Es kommt zum Prozeß.

1914 zu Siegfried

Cosima und Siegfried sagen in der Verhandlung aus, Isolde sei die leibliche Tochter Hans von Bülows aus Cosimas erster Ehe (was nicht stimmt), und Isolde verliert den Prozeß, weil es damals noch keine Gen-Analyse gibt. Sie wird von der Familie totgeschwiegen und Winifred wird sie niemals kennenlernen.

Spätestens jetzt wird für Siegfried eine Frau gesucht, zumal die Presse während der Festspielproben (Juni 1914) Siegfrieds Homosexualität publik macht und nur eine Alibi-Ehe Siegfried als Bewahrer Bayreuths retten könnte.

 Winifred wird von Karl Klindworth im Juli zu den Bayreuther Festspielen mitgenommen. Dort kümmert sich Cosima auffallend rührig um das 17jährige Mädchen, Winifred erlebt an sechs Abenden den "Ring", "Parsifal" und den "Holländer" und wird dem - mittlerweile 45 jährigen - Festspielleiter Siegfried Wagner vorgestellt. 

Leider bricht im August der Erste Weltkrieg aus, es finden insgesamt nur acht Vorstellungen statt und weil die Künstler trotzdem bezahlt werden müssen, macht Bayreuth ein Minus von 350.000 Mk - bis das Geld wieder eingespielt ist, muß Siegfried viele Konzerte dirigieren.

Siegfried Wagner verliebt sich in Winnie und möchte sie sofort heiraten, dies dauert aber noch etwas, da Winifred als "feindliche Ausländerin" gilt, die sich zweimal am Tag bei der Polizei melden muß. Die Klindworths adoptieren Winifred daher und geben ihr den Namen "Senta", der Heldin aus dem "Holländer" . Damit ist Winifred zwar deutsch und muß sich nicht mehr regelmäßig bei der Polizei melden, aber weil sie noch nicht die deutsche Staatsbürgerschaft hat, kann sie nicht nach Bayreuth fahren. Also schreiben sich Winifred-Senta und Siegfried regelmäßig Briefe.
(zit nach Hamann, S. 27f, Pachl, S. 217f)

1915 zu Siegfried

Am 23. Juni wird Winifred volljährig und kann damit heiraten. Siegfried reist nach Berlin, im Gepäck die Erwartung seiner Mutter und der Schwester Eva möglichst schnell zu heiraten und einen Nachfolger zu zeugen. Eva schreibt:

"Reise diesmal mit Muße, bitte. Gönne Dir Zeit, wie es nötig ist, willst Du die Maid finden, die Dir, Wahnfried und unserer Sache not tut.....welche Freude und Beruhigung für..<Cosima>. Wahnfrieds Zukunft gesichert zu wissen!...Mach Loldi's <Isolde> ... Worte: 'Fidi <Siegfried> heiratet ja doch nicht', nicht zur Wahrheit! Du leistest damit den Schlechten, denjenigen, die wir als 'undeutsche Teufel' bezeichnen, einen zu großen Dienst.... ... Finde also Dein Katherlieschen < Anspielung auf die Märchenvorlage, mit der sich Siegfried gerade beschäftigt> und bringe junges Leben in unser teures Wahnfried! 'sist Zeit." (zit nach Hamann, S. 30)

Mit vielen Anstrengungen kommt es zur Hochzeit am 22. September. Vorher mußte Siegfried für "Winnie" (wie sie sich nun nennt) erst als Vormund bestellt werden. Die Hochzeit wird eine Art nationales Ereignis, weil nun die Thronfolge in Bayreuth gesichert ist. Jedoch nach wenigen Tagen ist die Hochzeitsreise beendet, weil Siegfried wieder nach Wahnfried gerufen wird.

In den folgenden Jahren führt Eva Chamberlain mit Cosima das Regiment und Winifred hat nicht viel zu sagen. Sie gerät immer mehr unter den antisemitischen Einfluß von Evas Ehemann, Houston Chamberlain, dem sie mit ihren achtzehn Jahren intellektuell nichts entgegegenzusetzen hat. Seine "Arische Weltanschauung" erscheint im Jahr der Hochzeit in fünfter Auflage, nachdem 60.000 Exemplare verkauft wurden - gleichzeitig kämpfen 100.000 Juden für das Deutsche Reich. (zit nach Hamann, S. 44)

1916 zu Siegfried

1917zu Siegfried

Der ersehnte Nachkomme wird am 5. Januar geboren: Adolf Wieland Gottfried hat seine Namen von Adolf v. Groß, dem "Manager" und Finanzexperten der Wagners, Wieland dem Schmied und Gottfried von Brabant (Lohengrin). Dieser Erbe wird später als Regisseur Wieland Wagner Furore machen und viel zu früh, am 17. 10. 1966, sterben.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse sind katastrophal: der "Steckrübenwinter" ist besonders lang und kalt und Winifred entwickelt Organisationstalent um die Wagners über die Runden zu bringen, diese erscheinen ihr als "lebensuntüchtig".

1918 zu Siegfried

Das zweite Kind, Friedelind (nach einer Figur aus Siegfrieds Oper "Der Schmied von Marienburg"), wird am 29. März 1918 geboren.

1919 zu Siegfried

1920 zu Siegfried

Winifred Wagner gehört zu den ersten hundert Mitgliedern der neuen "Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei" (NSDAP), diese wird aber nach dem Münchner Putsch von 1923 verboten.

1923 zu Siegfried

Friedelind Wagner erzählt in ihren Erinnerungen, wie ihre Mutter Winifred 1923 (als Friedelind fünf Jahre alt ist) einen Mann empfängt und ihn als Adolf Hitler vorstellt. Cosima Wagner lebt noch, ihre Töchter aus der Ehe mit Hans v. Bülow, Daniela und Eva, kümmern sich abwechselnd um sie . 

Hitler wird 1923 als jungenhaft beschrieben, beim Mittagessen erwähnt die Mutter, daß die Familie Bechstein (Flügel-Hersteller) ihn in die Gesellschaft einführen würden. Hitler sei ein großer Bewunderer des "Lohengrin" und sie versucht ihren Mann von Hitlers kommender Bedeutung zu überzeugen, der aber bleibt gelassen (Friedelind, S. 17-21)

Winifred Wagner schreibt am 14. November über Adolf Hitler einen Offenen Brief in der Bayreuther "Oberfränkischen Zeitung":

Ganz Bayreuth weiß, daß wir in freundschaftlicher Beziehung zu Adolf Hitler stehen. Wir waren an den verhängnisvollen Tagen <8./9. November, Putschversuch Hitlers in München> gerade in München und sind die ersten gewesen, die von dort zurückkamen. Begreiflicherweise wandten sich Hitlers Anhänger an uns, um von Augenzeugen berichten zu lassen..... ... Seine Persönlichkeit hat wie auf jeden, der mit ihm in Berührung kommt, auch auf uns einen tiefen ergreifenden Eindruck gemacht ...<dies> ist begründet in der moralischen Kraft und Reinheit dieses Menschen, der restlos eintritt und aufgeht für eine Idee, die er als richtig erkannt hat,... <und> zu verwirklichen sucht. ... Ich gebe unumwunden zu , daß auch wir unter dem Banne dieser Persönlichkeit stehen, daß auch wir, die wir in den Tagen des Glücks zu ihm standen, nun auch in den Tagen der Not ihm die Treue halten".
(Quelle: zit. nach Gottfried S. 98)

Winifred sammelt aus diesem Grund in Bayreuth Geld für Hitler, kauft große Mengen Papier und Schreibmaterial und schickt es Hitler in die Landsberger Festung, weil er dort einsitzt. Mit diesem Material schreibt Hitler im Gefängnis das Buch "Mein Kampf".
(Friedelind Wagner, S. 33)

1925 zu Siegfried

Die NSDAP wird neu gegründet, Winifred fährt dazu nach München und versteckt Hitler ein paar Tage in Wahnfried.
(Friedelind Wagner, S. 53)

Am 1. August übernehmen Siegfried und Winifred Wagner mit Schwestern das Ehrenpräsidium des "völkischen Bayreuther Bundes der deutschen Jugend" (BBdJ). In der Proklamation heißt es :

"<Ziel ist> das Ideengut Bayreuths, die Kunstwerke und kulturpolitischen Ideale Richard Wagners dem gesamten deutschen Volke zu übermitteln; den tiefen Sinn der unmittelbaren Verbundenheit des großen deutschen Erinnerungswerkes Adolf Hitlers und seines kulturellen Willens mit dem Werke von Bayreuth zu erschließen"
(Quelle: zit. nach Gottfried S. 101)

1927 zu Siegfried

Hitler besucht wieder die Festspiele und wird von den Wagner Kindern Wieland, Wolfgang, Friedelind und Verena begeistert empfangen. Wieland ist derjenige, der von Hitler am meisten gemocht wird.
(Quelle: Friedelind S. 70)

1930 zu Siegfried

Nach dem Tod Siegfried (4. November 1930) übernimmt Winifred ab sofort die Leitung der Festspiele und engagiert für die Spielzeit Arturo Toscanini und Wilhelm Furtwängler. Heinz Tietjen intrigiert zwischen den beiden Dirigenten. Am Jahrestag des Todes von Siegfried, dem 4. 11. 1931, erklärt Winifred Wagner ihrer Tochter Friedelind, sie habe Tietjen zu ihrem Ersatzvormund bestellt. Im Laufe der nächsten Monate geht das Gerücht um, Winifred sei die zukünftige Ehefrau Adolf Hitlers, dem ist aber nicht so.

1933

Hitler besucht die Festspiele abermals - diesmal als "Führer". Winifred schafft es, Hitler und Goebbels davon abzubringen, daß Werke jüdischer Künstler nicht mehr gespielt werden dürfen, der Autor darf nur nicht mehr genannt werden. Als Folge davon wird z.B. bei Gedichten von Heine u.a. stehen: "Dichter unbekannt".

Winifreds Beziehung zu Heinz Tietjen wird immer enger, das Verhältnis zu Hitler leidet allerdinsg darunter, so daß Hitler nicht mehr Winifred sehen will, sondern nur noch die Kinder. Tietjen übernimmt ab 1933 die Rolle eines NS-Kontrolleurs, wird Generalintendant aller preußischen Staatstheater und Liebhaber Winifreds. Gottfried Wagner berichtet, Tietjen wäre derjenige, bei dem Wolfgang Wagner das Rüstzeug bekommen habe, Bayreuth nach dem Zweiten Weltkrieg weiter zu führen.
(Quelle: Friedelind S. 339, Gottfried S. S. 91-102, 311)


Quellen zu Winifred Wagner:

Hamann, Brigitte: Winifred Wagner oder Hitlers Bayreuth. Piper-Verlag, München 2004 (zit. als "Hamann")

Wagner, Friedelind: Nacht über Bayreuth. Mit einem Vorwort von Eva Weissweiler, Dittrich-Verlag, Bern/Schweiz 1945/1994 (zit. als "Friedelind")

Wagner, Gottfried: Wer nicht mit den Wölfen heult. Mit einem Vorwort von Ralph Giordano. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1997 (zit. als "Gottfried")