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Kulturgeschichte - 19. Jahrhundert


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zusammengestellt von Martin Schlu, August 2004

Spätes 19. Jh. und Fin de siecle Gustav Mahler

Gustav Mahler - Alma und der Star  Amerika

1901 - weiter

Mahler engagiert den Sänger Leo Slezak. Die Uraufführung des Werks „Das klagende Lied" op. 1 findet am 17. Februar in Wien statt. Die Solistin ist Anna v. Mildenburg. Eine Woche später erleidet Mahler eine schwere Krankheit und muß sich am 4. März einer Operation unterziehen. Er erholt sich zusammen mit Natalie und Justine.

Im April tritt Mahler von der Leitung der Philharmonischen Konzerte bei den Wiener Philharmonikern zurück, was bedeutet, daß er nicht mehr alle Konzerte dirigieren muß, sondern nur noch einen Teil. Bruno Walter kommt im August nach Wien und übernimmt die Stelle des Kapellmeisters, er erhält dafür 6000.- Gulden Jahreshonorar (ca. EUR 48.000.-)

In Maiernigg zieht Mahler am 5. Juni in seine Villa und arbeitet fortan als "Ferienkomponist". Es entstehen einige "Rückert-Lieder" , drei der "Kindertotenlieder" und erste Entwürfe der " Fünften Symphonie".

Mahler lernt am 7. November bei Familie Zuckerkandl Alma Maria Schindler kennen, die Tochter des berühmten Malers Emil Schindler. Er hat sie zwar früher schon einmal kurz gesehen, jedoch an diesem Abend verwickelt sie ihn in eine intelligente Diskussion über Zemlinkys Werke. Mahler ist von ihr so begeistert, daß er sie für den nächsten Tag zur Generalprobe von "Hoffmans Erzählungen" einlädt und sie, Bertha Zuckerkandl und Sophie Clemenceau durch die Oper führt. Alma ist zwar zu diesem Zeitpunkt noch mit Zemlinsky liiert, scheint sich jedoch sehr schnell, für Mahler entschieden zu haben (Brief) . Am 23. Dezember kommt es zur Verlobung, am 27. Dezember steht es bereits in der Zeitung, die Verlobung erregt großes Aufsehen, immerhin ist Mahler relativ alt und Alma gilt als "schönstes Mädchen von Wien"
(Zitat Bruno Walter, s. u.)

Alma

Wien, d. 30. XII. 1901

Na Kinder, was sagt Ihr zu Mahler's Verlobung? Das ist eine Überraschung, was? Justi's Verlobung mit unserem Konzertmeister Rosé ist eine alte Geschichte; beide aber hätten auf die Vereinigung verzichtet, wenn Mahler sich nicht auch verlobt hätte.....

Seine Braut, Alma Schindler, Tochter des berühmten verstorbenen Landschafts-Malers Schindler (ihre Mutter heiratete in zweiter Ehe den Maler Moll, der Schwiegervater ist also ein Stiefvater), ist 22 Jahre alt, groß und schlank und eine blendende Schönheit, das schönste Mädchen Wiens, aus sehr guter Familie und sehr reich. - wir aber, seine Freunde, sind sehr besorgt wegen dieser Sache; er ist 41 Jahre und sie 22, sie eine gefeierte Schönheit, gewöhnt an ein glänzendes gesellschaftliches Leben, er so weltfern und einsamkeitsliebend; und so könnte man noch eine Menge von Bedenken anführen.....

(Bruno Walter an seine Eltern, zit. nach Walter-Briefe, S. 52f

Am 25. November erfolgt die Uraufführung der "Vierten Symphonie" in München, sie fällt jedoch bei Zuhörern und der Kritik durch. Einige Tage später besucht Mahler Alma Schindler, am 29. November schreibt er ihr den ersten Brief. Natalie Bauer-Lechner schreibt in ihren Aufzeichnungen resigniert, Mahler habe sich vor sechs Wochen verlobt und beendet damit ihre Aufzeichnungen über ihn (NBL, S. 204)

Am 16. Dezember gibt es noch einmal eine Aufführung der "Vierten" in Berlin

Aufführungen Mahlerschen Werke:

1902 - weiter

Veröffentlichung der "Vierten" bei Doblinger in Wien, Erstaufführung dieser Symphonien in Wien zusammen mit dem "klagenden Lied" am 12. Januar

Hochzeit mit Alma Maria Schindler am 9. März, einen Tag später heiratet die Schwester Justine den Geiger Arnold Rosé. Ein paar Tage später führt die Konzertreise/Hochzeitsreise nach Sankt Petersburg.

Im April lernt Mahler Alfred Roller kennen, es kommt zur Zusammenarbeit zwischen beiden.

Die Uraufführung der Dritten Symphonie in Krefeld am 9. Juni wird ein triumphaler Erfolg für Mahler, Ausführende sind die Städtische Kapelle Krefeld und das Gürzenich-Orchester Köln.

Im Juli und August werden die Rückert-Lieder und die "Fünfte Symphonie" in Maiernigg fertiggestellt. Im August beginnt die neue Spielzeit in Wien, im September veröffentlicht Weinberger "Das klagende Lied" und die erste Tochter Maria Anna ("Putzi") wird am 3. November geboren.

Aufführungen Mahlerschen Werke:

1903 - weiter

Beginn der Zusammenarbeit mit dem Bühnenbildner Alfred Roller. Am 21. Februar hat der "Tristan" in der Inszenierung von Mahler und Roller Premiere, die Isolde wird von Anna v. Mildenburg gesungen. Es erfolgen noch Aufführungen bis Ende Mai und die Inszenierung gilt als legendär.

Im Juli in Maiernigg erfolgt der Beginn der Arbeit an der "Sechsten Symphonie"

In den Orchesterferien wird die Orchesterbühne - wie in Bayreuth - in einen Graben versenkt, so daß das Orchester bei Opernaufführungen nicht zu sehen ist. Dies führt im August zu einem Konflikt mit der örtlichen Presse, die die Musiker beim Spielen sehen will. Mahler argumentiert aber, daß die Lichtinszenierungen durch das nötige Arbeitslicht des Orchesters nicht funktionieren, weil man die Bühne sonst nicht abdunkeln kann.

Die Aufführung der Dritten Symphonie am 22. und 23. Oktober in Amsterdam mit dem "Concertgebouw Orkest", (Leiter: Wilhelm Mengelberg) wird ein triumphaler Erfolg, nur zwei Tage später erfolgt die Aufführung der "Ersten" - seit diesen Aufführungen gilt Mahler in Holland als bevorzugter zeitgenössischer Komponist. An seine Frau Alma schreibt Mahler darüber: 

"... Zuerst waren die Leute etwas befremdet, aber von Satz zu Satz wurden sie wärmer und als das Alto-Solo eintrat... allgemeine Bewegung und Spannung und bis zum Schluß nun der wohlbekannte Verlauf. Nach dem Schlußakkord ein Jubel, der etwas Imponierendes hatte. Alle sagen mir, daß seit Menschengedenken so was nicht da war. Den Strauß, der hier sehr en vogue ist, habe ich um Ellen geschlagen."
(Quelle: Alma Mahler, Erinnerungen und Briefe, zit. nach Müller, S. 264)

Im Oktober verkauft Mahler dem Peters-Verlag in Leipzig die Rechte der "Fünften" für 10.000 Gulden (ca. EUR 40.000.-). Aufführungen Mahlerschen Werke:

Die "Erste" wird in diesem Jahr in Lemberg (2.4.), London (21.10.) aufgeführt,

die "Zweite" im Baseler Münster am 15.6. und in Prag am 18.6. ,

die "Dritte" in Frankfurt wird am 2. 12. aufgeführt , die Amsterdamer Aufführungen sprechen für sich, - man kann sagen, daß Mahler nun nicht nur ein internationaler Dirigierstar ist, sondern mittlerweile auch ein etablierter Komponist.

1904 - weiter

Geburt der zweiten Tochter Anna Justine ("Gucki") am 15. Juni, Mahler lernt Schönberg kennen.

Beginn der Siebten Symphonie. Die Premiere des von Mahler und Roller erarbeiteten "Falstaff" am 3. Mai ist ein großer Erfolg.

Vollendung der Sechsten Symphonie in Maiernigg

Premiere des "Fidelio" mit Rollers Bühnenbild unter Mahlers Leitung, der bis heute die Inszenierungen beeinflußt hat.

Aufführungen Mahlerschen Werke:
"Zweite" in Amsterdam (26.10., 27.10)
"Dritte" in Heidelberg (1.2.), Mannheim (2.2.), Prag (25.2.), Köln (27.3.), Leipzig (28.11.) und Wien (14.12., 22.12.);
"Vierte" in Mainz (23.3.), New York (6.11. , erste Aufführung einer Symphonie Mahlers in den USA)
"Fünfte": Uraufführung der Fünften Symphonie in Köln (18.10.)

1905 - weiter

Uraufführung der „Kindertotenlieder" in Wien (29.1.)
Dirigent beim Elsässischen Musikfest in Straßburg
Vollendung der Siebten Symphonie, Premiere des mit Roller erarbeiteten „Don Giovanni"
Die Bilanz der Spielzeit weist für die Hofoper einen Gewinn von 258.430,84 Kronen (ca. EUR 1.000.000.- ) aus, ein Rekordgewinn. Mit dazu trägt bei, daß Mahler mittlerweile als internationaler Dirigierstar gilt, den man dirigieren gesehen haben muß.
Aufführungen Mahlerschen Werke:
"Zweite" in Amsterdam (26.10., 27.10) und Berlin (8.11.)
"Vierte" in London (25.10)
"Fünfte" in Dresden (20.5.), Prag (2.3.), Hamburg (13.3.), Straßburg (21.5., 22.5.), Triest (1.12.), Wien (7.12.) und Breslau (20.12.)

1906 - weiter

Mahler dirigiert 37 Vorstellungen von neun inszenierten , Mozart-Opern anläßlich des 150. Geburtstages Mozarts, außerdem "Lohengrin" und " Tristan" - bei der Aufführung am 8. Mai sitzt Adolf Hitler im Publikum und ist hin- und hergerissen.

Uraufführung der Sechsten Symphonie in Essen (27. Mai), Konzertreise nach Amsterdam und Antwerpen
Komposition der Achten Symphonie
Dirigat „Fidelio" bei den Salzburger Festspielen

Aufführungen Mahlerschen Werke:
"Erste" in Brünn (11.11.)
"Zweite" in St. Petersburg (10.11.)
"Dritte" in Breslau (24.10.), Graz (3.12., 4.12.)
"Fünfte" in Boston (2.3., 3.3.), Antwerpen (5.3.), Amsterdam (8.3. mit Kindertotenliedern und einem Rückert-Lied),
"Das klagende Lied": Amsterdam (10.3., 11.3.) 
"Sechste" Uraufführung in Essen (27.5.), Berlin (8.10.), München (8.11.)
Am Ende des Jahres existieren bereits Studienpartituren der "Ersten", "Zweiten", "Dritten", "Vierten" (Universal-Edition, Wien) die "Rückert-Lieder", die "Kindertotenlieder" und einige "Wunderhorn-Lieder" sind ebenfalls veröffentlicht (Kahrnt)

1907

Im Mai reicht Mahler seinen Rücktritt als Hofoperndirektor ein, nachdem fortgesetzte Pressekampagnen ihm vorwerfen zu wenig neue Stücke aufzuführen. Seine Position verbessert sich, als er mit Alfred Roller eine umjubelte "Walküre" präsentiert: 

"Von dieser Aufführung läßt sich kaum mehr sagen, als daß sie den höchsten Grad an Perfektion erreicht hat, daß man sie mit Worten kaum beschreiben kann
Otto Klemperer (zit. nach Giroud, S. 90)

Jedoch gibt ein Angebot der Metropolitan Opera (Met) in New York den Ausschlag zur Kündigung in Wien, zumal Mahler gegenüber Arnold Berliner schreibt, er könne

"das Gesindel <die Wiener Presse> nicht mehr aushalten" (Nr. 371, Blaukopf-Briefe, S. 343).

Ab November 1907 soll er vier Jahre lang dort arbeiten und ein Mehrfaches des Wiener Gehalts bekommen. Im nächsten Schreiben an Berliner redet Mahler von 300.000 Kronen ( entspricht 1,2 Mio EUR), die er in den letzten vier Jahren verdient hat (Nr. 372, Blaukopf-Briefe, S. 344) , demzufolge müssen die erwarteten Einnahmen in Amerika erheblich höher liegen. Also sagt Mahler zu. Da noch ein paar Monate Urlaub möglich sind, reist die Familie nach Maiernigg zur Erholung.

Dort infiziert sich die Tochter Maria mit Diphtherie und stirbt nach vierzehn Tagen (12.7.) Eine Untersuchungen Mahlers nach dem Tod Marias ergibt bei ihm ein schwaches Herz infolge einer nicht ausgeheilten Infektion. Der Arzt verbietet Mahler jede körperliche Betätigung.

Gustav Mahler hat nach dem von Kaiser Franz-Josef unterzeichneten Entlassungsdekret eine Pension von 14.000 Kronen (56.000 Euro), eine einmalige Abfindung von 20.000 Kronen (ca. 80.000 Euro) und Alma Mahler erhält nach seinem Tod noch einige Zeit lang die Witwenrente von 2000 Kronen jährlich (ca. 8.000 Euro, Fischer, s. 539).

Mahler verabschiedet sich am 7. Dezember brieflich vom Ensemble, von Anna v. Mildenburg und Bruno Walter. Die Abreise nach New York ist am 9.12., die Verabschiedung erfolgt durch Gustav Klimt, Arnold Schönberg, Alban Berg, Anton Webern und viele andere, die Mahler schätzen. Familie Mahler fährt mit der "Cherbourgh" über den Atlantik, die Ankunft in New York ist am 20. Dezember, die erste Probe zum "Tristan" bereits am 23.12.

G. Mahler 1907
Mahler auf der Überfahrt 1907 

Aufführungen Mahlerschen Werke:
"Erste" in Linz (20.1.) und Triest (4.4.)
"Zweite" in Wien (Abschiedskonzert am 24. 11.)
"Dritte" in Berlin (14.1.)
"Vierte" in Frankfurt (18.1.)
"Fünfte" in Rom (1.4. nur adagietto, Mahler) und in St. Petersburg (9.11.)
"Sechste" in Wien (4.1.)
Konzertreisen nach Helsinki und Sankt Petersburg, außerdem Wiesbaden, Berlin, Frankfurt, Rom, Brno.

Literatur

Währungen im Vergleich
1 Krone = ca. 4,00 .- Euro
1 Mk = ca. 6,60.- Euro (6 Mk = ca. 5 Gulden = ca. 40 Euro (Brief Bruno Walters v. 18.XI.1898, zit. nach Walter-Briefe, S. 31)
1 Gulden = ca. 2 Kronen = ca. 8,00.- Euro (Hinweis Fischer, S. 539)