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zusammengestellt von Martin Schlu, August 2004
Spätes 19. Jh. und Fin de siecle
Alma Mahler Gustav Mahler 1901 - 1911
Alma lernte Gustav Mahler am 7. November 1901 kennen, als sie von
der Wiener Journalistin und Gesellschaftsgröße Bertha
Zuckerkandl zu einem ihrer Abendessen eingeladen war. Sie war als
Begleitung ihres Stiefvaters Carl
Moll mitgenommen worden, der als Vorstand der "Secession" (Wiener
Kunstvereinigung) zusammen mit Gustav Klimt eine gewisse gesellschaftliche
Bedeutung hatte.
An diesem Abend war auch der Direktor der Wiener Hofoper in Begleitung
seiner Schwester Justine anwesend und obwohl Alma ihn vor zwei Jahren
schon gesehen hatte, kam die 22jährige Alma mit dem 41jährigen
Mahler relativ schnell ins Gespräch, so daß er sie für
den nächsten Tag in die Oper einlud. Bereits nach kurzer Zeit
hatte Alma sich zwischen Zemlinsky und Mahler entschieden:
"Mahler war
da... ich denke nur an ihn, nur an ihn... Eine Wand liegt zwischen
uns - Alex <Zemlinsky>.
Er kennt sie nicht und fühlt sie dennoch. Ich weiß nicht,
aber ich glaube ich liebe ihn! Ich will aufrichtig sein ... In der
letzten Zeit empfand ich nichts mehr für Alex."
Tagebuchaufzeichnung Alma Mahler-Werfels v. 28.11.1901, zit nach
Hilmes, S.
64
Man versuchte ihr den ältlichen Kapellmeister auszureden,
Mahler selbst verlangte von Alma die absolute Unterwerfung unter
seine künstlerische Arbeit und man kann diese Ehe eigentlich
nur verstehen, wenn man feststellt, daß alle späteren
Liebhaber und Ehegatten Almas für sie interessant waren, nachdem
sie eine gewisse Reputation erreichten - Walter Gropius vielleicht
ausgenommen.
Am 9.3. 1902 wurde geheiratet. Die Hochzeitsreise war gleichzeitig
eine Konzertreise, Mahler stellte schnell klar, wie der Tagesablauf
auszusehen hatte und Alma gehorchte zunächst, konnte sich aber
nie damit abfinden, daß sie sich in allem Mahler unterordnen
mußte. Bruno Walter schreibt in einem Brief über die
ungewöhnliche Beziehung.
Brief Bruno Walters
Zwei Kinder wurden geboren: Maria-Anna "Putzi" (3.11. 1902
- 12.7. 1907) und Anna-Justine "Gucki" (15.6. 1904 - 3.6.
1988). Maria war wohl das Lieblingskind Mahlers, starb allerdings
bereits mit fünf Jahren an der Diphtherie. Anna war, wie ihre
Mutter, später mehrere Male verheiratet u.a. mit Ernst Krenek
und dem Verleger Paul von Zsolnay. Sie wurde später Bildhauerin
und Malerin und starb am 3.6. 1988 in London.*
*später verheiratete mit Rupert Koller (1920-21), danach
mit Ernst Krenek (1924-26) danach mit Paul von Zsolnay
(1929)
Enkelin: Alma (5.3.1930)
Verhältnis Annas mit dem Schriftsteller René Fülöp-Miler,
gemeinsamer Selbstmordversuch 1931, Abtreibung
Verhältnis Annas mit Elias Canetti, 1933
_______________________________
Almas Interesse an Gustav Mahler legte sich schnell: sie konnte
mit seiner Musik nichts anfangen, litt unter seinem Judentum (dabei
war Gustav Mahler schon längst zum Katholizismus übergetreten),
war eifersüchtig auf Bruno Walter, dem Mahler offensichtlich
mehr Zeit schenkte als seiner Frau, außerdem gab es noch Eifersüchteleien
auf die Sängerinnen Anna
v. Mildenburg und Lucie Weidt - durchaus nicht unbegründet.
"Eben komme ich aus der Oper. Arrangierprobe!
Euryanthe! Nette Arrangierprobe! Gustav ließ aus seinem Glase
diese DIRNE trinken. Mir graust SO vor ihr, daß ich mich fürchte,
wenn er nach Hause kommt. Neckisch, lieblich, girrend wie ein junger
Mensch umhüpft ER die Mildenburg - die Weidt - Gott, wenn er
doch NIE mehr nach Hause käme! Nicht mehr mit ihm leben! Ich
kann kaum schreiben - so erregt bin ich."
(Tagebucheintrag Alma Mahler, Januar 1903, zit. nach Fischer,
S. 533)
Um 1904 kam es wieder zu einer Kontaktaufnahme zu Zemlinksy,
jedoch blockte dieser ab.
Anläßlich eines Kuraufenthaltes 1910 lernte Alma den
jungen Architekten Walter
Gropius kennen. Pflichschuldigst blieb sie noch bis zum Tode
Mahlers bei ihm, hatte sich innerlich aber schon längst von
ihm abgewandt und Mahler hatte keine Chance mehr sie zurückzuholen.
Handschriftliche Einträge auf dem Entwurf der 10. Symphonie
belegen dies - Alma wiederum zeigte diese Einträge noch wie
Trophäen in einer Glasvitrine in ihrer New Yorker Wohnung.
Elias Canetti erzählt darüber:
"Keine zwei Meter von ihr <Alma
Mahler> entfernt fand sich
die Vitrine, in der die Partitur von Mahlers unvollendeter 10. Symphonie
aufgeschlagen lag, man wurde darauf hingewiesen, stand auf, trat
nahe heran und las die Notschreie des Kranken - es war sein letztes
Werk - an seine Frau: 'Almschi, geliebte Almschi' und ähnliche
intime, verzweifelte Ausrufe... ...ich las die Worte in der Handschrift
eines Sterbenskranken und blickte auf die Frau, der sie gegolten
hatten. Sie nahm sie, 23 Jahre später, als gälten sie
ihr jetzt. ... ... Sie spürte nichts vom Abscheu und Ekel,
die in meinem Blick lagen..."
(Quelle: Elias Canetti, Das Augenspiel - Lebensgeschichte 1931-1937,
zit. nach Fischer,
S. 798f)
Darauf soll Milhaudl geäußert haben, es sei schön
"mit jemandem zu reden, der den Mozart
noch gekannt hat" (Hilmes,
S. 391)
Alma Mahler-Werfel erscheint in ihren letzten Witwenjahren mehr
als jemand, der Grande Dame spielt, als jemand, der es ist. Ihre
Autobiographien sind dermaßen geschönt, daß sie
als Quelle nicht taugen und sie muß in den letzten Lebensjahren
wohl eine furchtbare Frau gewesen sein, auch wenn sie immer wieder
beteuert hat, daß gegenüber Mahler alle anderen Männer
doch nur "Milben" seien (zit. nach Fischer
S. 797f) . Walter Gropius schrieb ihr nach Veröffentlichung
ihrer Memoiren im Frühjahr 1958 am 17. August 1958 folgenden
Brief:
"Liebe Alma,
die Liebesgeschichte, die Du in Deinem
Buch mit meinem Namen verbindest, war nicht die unsere. Das
Andenken an Mutzi <Manon,
die gemeinsame, verstorbene Tochter>
sollte Dich davor bewahrt haben, unser Erlebnis seiner wesentlichen
Inhalte zu entkleiden und seine literarische Preisgabe muß
nun auch in mir die Blüten der Erinnerung töten.
Der Rest ist Schweigen
Walter"
(zit. nach Hilmes
S. 398)
Dem ist hier auch nichts mehr hinzuzufügen.
Literatur
Hilmes, Oliver:
Witwe im Wahn. Das Leben der Alma Mahler-Werfel, Siedler-Verlag,
München 2004
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