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und Bürgertum
-Fin
de siécle
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Wagner
und Mahler - Wegscheiden
von Martin Schlu
Nov. 2004, letzte Korrektur: 5 Mai 2019
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-
- Wagner,
Mahler
und der Antisemitismus
- Die Biographien von
Mahler und Wagner sind extrem unterschiedlich:
Mahler ist ein begabter und fleißiger
Arbeiter, der sich schon früh als Kapellmeister
hochdient, sich jedes Jahr verbessert und mit 25 Jahren
als Dirigent so profiliert hat, daß er sich die gut bezahlten Kapellmeisterstellen aussuchen kann, bevor er Erfolg
mit seinen Kompositionen hat. Wagner kommt zwar
auch aus einfachen Verhältnissen, arbeitet aber
selten so konsequent und stringent wie Mahler, lebt nach
dem Studium zunächst von seiner Frau, später
von König Ludwig II. und setzt sich
künstlerisch wesentlich später durch als
Mahler. Außerdem wird Wagner nie der Star, der
Mahler schon mit vierzig Jahren war.
-
- Selbst nach Wagners Tod
ändert sich die Situation nicht: Zwar akzeptiert
Wagners Frau Cosima, daß Mahler hervorragende
Arbeit leistet, sie lädt ihn jedoch nie als Dirigent
nach Bayreuth ein, weil er ja Jude ist. Auch als Mahler
zum Katholizismus konvertiert ist (er hätte sonst
nicht die Stelle des Direktors der Wiener Hofoper
bekommen), ändert das nichts - Mahler bleibt
für sie einfach Jude. Gegen die Schriften von Friedrich
Nietzsche und Richard Wagner („Das Judentum in der Musik“)
kommt die jüdische Musikkultur nicht an. Vorbehalte
gegen jüdische Künstler werden ab dem
späten 19. Jahrhundert immer stärker - selbst
Mahlers Ehefrau Alma „litt" unter „Mahlers
Judentum" und wurde später fanatische Antisemitin. (vgl. Hilmes, Oliver: Witwe im Wahn. Das Leben der Alma Mahler-Werfel, Siedler-Verlag, München 2004)
- Konsequenterweise wurde Mahlers Musik unter den Nazis als
„entartet" gebrandmarkt und daß Adolf Hitler
vermutlich ein Liebesverhältnis zur Witwe des
Wagner-Sohnes Siegfried hatte, ist mehr als ein
Treppenwitz der Kulturgeschichte:
Winifred Wagner
ist ihr Leben lang antisemitisch geblieben (im Gegensatz
zu ihrem Mann Siegfried
Wagner, der sich
für jüdische Künstler in Bayreuth
einsetzte) und sie war es, die Adolf Hitler das Papier in
das Landsberger Gefängnis brachte, auf dem er
„Mein Kampf" schrieb. Mahlers Kompositionen wurden
in Deutschland erst sehr spät entdeckt und als
Leonard Bernstein (der ja eine ganz besondere
Affinität zu Mahler hatte), das erstemal in der
damaligen Bundeshauptstadt Bonn Mahler aufführte,
stand ich schon kurz vor dem Abitur - es muß um
1978 gewesen sein.
-
- Erst lange nach dem
Zweiten Weltkrieg und lange nach dem Tode Winifred Wagners, wurde
es möglich, daß jüdische Dirigenten in
Bayreuth das Orchester leiteten und dennoch gab erst vor
wenigen Jahren einen Eklat in Israel, als Daniel
Barenboim in Jerusalem Wagner spielen
ließ.
-
- Bis heute ist Bayreuth
ein Wallfahrtsort für Wagner-Anhänger und ein
einzigartiges Gemisch aus Staat, Familienpolitik, Kultur,
Macht und Beziehungen. Seit 1876 ist die
künstlerische Leitung in der Hand der Wagners, die
Geschichte
des Wagner-Clans
ist dabei ein Kapitel für sich. Was die beiden
Nachfolgerinnen Wolfgang Wagners (Eva und Katharina)
daraus machen, wird man sehen.
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- (Martin Schlu,
2004/08 ) - Seitenanfang
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- Mahler
und Wagner im
Vergleich
- Kindheit
Wagner
- Mahler
Ausbildung
Wagner
- Mahler
- Berufsstart
Wagner
- Mahler
- Gesellschaft
Wagner
- Mahler
- Der
Komponist Wagner
- Mahler
- Der
Antisemit und der Jude
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Kindheit
Wagner
(1813 - 1821,
bis acht Jahre)
- Richard Wagner wird in
Leipzig als jüngstes von neun Kindern geboren. Kurz
danach stirbt der Vater und die Mutter heiratet darauf
einen Schauspieler und Maler, Ludwig Geyer, mit dem
Familie nach Dresden umzieht. Die künstlerische
Ausstrahlung des Elternhauses prägt Richard, doch
als er elf ist, stirbt der Stiefvater.
-
-
Kindheit
Mahler
(1860 - 1871,
bis elf Jahre)
- Gustav Mahler wird in
Kalischt (Böhmen) als zweites Kind einer an Geld
armen und an Kindern reichen jüdischen Familie
geboren(von zwölf Kindern überleben sechs
Kinder - eine damals normale Quote). Weil es keine
Perspektive in dieser Gegend gibt, zieht die Familie nach
Iglau (heute Jihlava) um. Hier arbeitet sich der Vater
als Likörbrenner und Spirituosenverkäufer hoch,
bringt es zu bescheidenem Wohlstand und dem
Bürgerrecht und investiert später viel Geld in
die Schulbildung seiner Kinder. 1866 kommt Gustav Mahler
in die Schule. Früh zeigt er Talent und Begabung und
man kann im Alter von zwei Jahren nicht mehr
übersehen, daß er hoch musikalisch ist. Er
besucht mit elf das Gymnasium, fängt als guter
Schüler an, kann sich noch steigern und wird schnell
zum Literaturfreund für den Rest seines Lebens. -
Seitenanfang
-
-
Ausbildung
Wagner
(1831, achtzehn bis
eiunundzwanzig Jahre)
- Richard beginnt mit
achtzehn Jahren an der Universität Leipzig ein
Musikstudium. Als er zwanzig ist, holt ihn sein
älterer Bruder Albert nach Würzburg, dort wird
Richard sein Assistent, studiert für ihn Chöre
ein und macht die ersten Gehversuche als Kapellmeister.
Mit 21 ist die erste Oper fertig ("Die
Feen"),
-
- Ausbildung
Mahler
(1831,
fünfzehn bis zwanzig Jahre)
- 1875 bereitet sich
Mahler auf das Studium des Konservatorium der
"Gesellschaft der Musikfreunde", Wien vor, dies
geschieht parallel zum Gymnasium in Iglau. In Wien
studiert Mahler Theorie, Komposition und Orgel, gewinnt
1876 den Klavierpreises, später auch einen
Kompositionspreis, besteht den Schulabschluß
allerdings mit einer Nachprüfung. Darauf schreibt er
sich noch an der Wiener Universität ein
(Harmonielehre, Germanistik, Geschichte, teilweise auch
Philosophie). Mahler erstellt Klavierauszüge,
schreibt für einen weiteren Wettbewerb die
Ouvertüre einer Oper und beendet das Studium mit
achtzehn Jahren am 2. Juli 1878 mit dem ersten Preis
für ein Klavierquintett. Nach dem Studium muß
er - wie die meisten Musiker heute auch noch - von
Schülern leben, komponiert, geht auf Wettbewerbe und
verliebt sich unglücklich in die Tochter des Iglauer
Telegraphisten für die er ein Gedicht schreibt, das
zeigt, daß er nicht nur ein guter Musiker ist. -
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-
- Beruf
Wagner
(1834,
einundzwanzig bis neunundzwanzig Jahre)
- Wagner bekommt 1934 ein
Engagement als Dirigent nach Magdeburg, verliebt sich
dort in die Schauspielerin Minna Planer und zieht mit ihr
nach Königsberg. 1836 wird geheiratet. Die
nächsten Jahre verdient Minna das Geld, Wagner
versucht seine Kompositionen zu verkaufen, dies gelingt
aber nicht. 1839 flüchten Wagners nach
Riga, weil sie ihre Schulden nicht mehr bezahlen
können, danach fliehen sie über Norwegen und
London nach Paris, wo sie sich von September 1839 bis
April 1842 eher schlecht als recht über Wasser
halten. Der ersehnte Erfolg kommt am 20. Oktober 1842,
als in Dresden "Rienzi" uraufgeführt wird. Mit knapp
30 Jahren bekommt Wagner eine Stelle als Zweiter
Kapellmeister angeboten und hat zum ersten Mal ein
regelmäßiges Einkommen. Nun gibt es ein paar
ruhige Jahre in Dresden und Wagner kann in Ruhe seine
Opern komponieren.
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- Beruf
Mahler
(1880 - 1889,
zwanzig bis neunundzwanzig Jahre)
- Mahler bekommt mit
zwanzig seine erste Kapellmeisterstelle in einem Kaff
(Bad Hall), wechselt nach einem Jahr in die
größere Stadt Ljublana/Laibach, verbessert
sich ein Jahr später wieder, landet mit 23 Jahren
als Musikdirektor in Kassel, geht von dort nach Prag,
macht Station in Hamburg und gilt schnell als erfahrener
Wagner-Dirigent, über den ein Kritiker schreibt, er
habe "die Walküre noch nicht einmal zu Lebzeiten
Wagners so gut gehört" - damit gehört
Mahler mit 25 Jahren zu den großen Dirigenten. Zu
diesem Zeitpunkt verdient Mahler bereits sehr gut und mit
29 Jahren bewirbt er sich bei den Wiener Philharmonikern.
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Der
Revolutionär Wagner
(1845 - 1873,
zweiunddreißig bis sechzig Jahre)
- 1845 fordert Wagner die
Entlassung des stehenden Heeres, tritt stattdessen
für die Volksbewaffnung ein und appelliert an den
König Friedrich August II., er solle Sachsen zum
Freistaat erklären. Wagner bekommt eine Anzeige und
man verlangt seine sofortige Entlassung. Er wird nun
steckbrieflich gesucht und muß flüchten. Franz
Liszt hilft ihm, nach Zürich zu kommen. 1849
kämpft Wagner beim Dresdner Maiaufstand auf der
Seite der Aufständischen und muß
anschließend wieder in die Schweiz flüchten.
Bis 1858 wohnt er in Zürich, die nächsten Jahre
an verschiedenen Orten: Venedig, Luzern, Wien, Paris,
Biebrich (bei Wiesbaden) und Berlin. Nach der Revolution
in Deutschland beschäftigt sich Wagner stärker
als bisher mit germanischen Sagen und beginnt 1850 mit
dem späteren "Ring des Nibelungen", einem
vierteiligen Opernwerk, das insgesamt gut sechzehn
Stunden dauert. Es umfaßt die Opern "Das
Rheingold",
"Die Walküre",
"Siegfried" und die „Götterdämmerung".
Erst 1874 wird die Arbeit beendet. Zwischendurch
lässt sich Wagner von seiner Frau Minna scheiden,
verliebt sich in Cosima von Bülow, die Frau seines
besten Freundes, heiratet sie aber erst, als bereits drei
Kinder geboren sind.
-
- Außerdem hat
Wagner sich mit dem bayrischen König Ludwig II.
befreundet und ihn überredet, Geld für ein
„nationales Festspielhaus" auszugeben. Er kann den
bayrischen Königs Ludwig II. überreden,
seine Schulden zu bezahlen und ihn auch weiterhin zu
unterstützen, doch als Wagner versucht, sich in die
bayrische Politik einzumischen, wird er aus München
verbannt und zieht wieder in die Schweiz, erst nach Genf,
später nach Tribschen (bei Luzern). 1868 lernt
Wagner Friedrich Nietzsche kennen, der bald zu seinen
besten Freunden Gehört. Nietzsche und Wagner
entwickeln Theorien für ein „Deutsches
Theater", das einer deutsche Nation zum Vorbild dienen
soll. König Ludwig gibt wieder Geld und 1873 wird in
Bayreuth der Grundstein für das Festspielhaus gelegt
- der König zahlt.
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- Der
Superstar Mahler
(1890 - 1873,
zweiunddreißig bis sechzig Jahre)
- 1890 werden erste
Verhandlungen mit dem Hamburger Opernhaus geführt
und 1891 wechselt Mahler für 25.000 Gulden
(entspricht in etwa 80.000 Euro) Jahresgehalt dorthin. Es
kommt zu Kontakten mit Hans von Bülow, der wiederum
über seine Ex-Frau Cosima
mit dem Wagner-Clan verbandelt ist, Mahler hat Kontakt
mit Bruckner, Brahms und den anderen nationalen
Kompositionsstars. Die nehmen ihn, obwohl er schon als Dirgent
Weltruhm erlangt hat, auch alle als
komponierenden Kollegen ernst, denn Mahlers Symphonien werden nun in
allen großen Städten von berühmten
Orchestern und Dirigenten gespielt - nur nicht in
Bayreuth. Mit 37 Jahren ist Mahler Kapellmeister und
Vizedirektor der Wiener Philharmoniker und bekommt dort
13.000 Gulden Jahresgehalt und Zulagen (ca. 104.000
Euro). Den Rest seines Lebens pendelt Mahler als hoch
geschätzter Dirigent zwischen den Metropolen Europas
hin und her und krönt seine Karriere als
Chefdirigent der New Yorker "Met".
- Übrigens dirigert
Mahler in Wien auch eine der Opern von Wagners Sohn
Siegfried (Der Bärenhäuter"), die dort
großen Erfolg hat. Das wird in Bayreuth aber
totgeschwiegen, denn Siegfried gilt als abtrünnig,
weil er sich an der Denkmalpflege nur bedingt
beteiligt.
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- Der
Komponist Wagner
- Richard Wagner hat mit
21 Jahren seine erste Oper abgeschlossen ("Die Feen"),
die nächste wird bereits aufgeführt ("Das
Liebesverbot"), mit 26 Jahren ist "Rienzi" fertig, mit 27
der "Holländer". Als Wagner endlich sein erstes
festes Geld verdient, entstehen bis zum 35. Lebensjahr
weitere Opern ("Tannhäuser" und "Lohengrin"), jedoch
ist dies nicht das, was Wagner wirklich vorschwebt - er
möchte ein "Gesamtkunstwerk" schaffen.Die
nächsten Jahre verbringt er mit den Vorarbeiten zum
„Ring“, an dem er von 1850 bis 1874 arbeitet - eher
zwischendurch entstehen noch "Tristan und Isolde" und
"Die Meistersinger von Nürnberg". Zur Einweihung des
Bayreuther Festspielhauses wird im August 1876 der
vollständige "Ring des Nibelungen"
aufgeführt.
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- Von 1877 bis 1882
arbeitet Wagner am "Parsifal", der in der Saison 1882
sechzehn Aufführungen erlebt. Danach verbringt
Wagner die letzten Jahre in Venedig und stirbt dort am
13. Februar 1883 .
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- Der Komponist
Mahler
- Mahler schreibt bereits
als Jugendlicher erste Werke und hat schnell Erfolg
damit. Noch als gefeierter Dirigent schreibt er
große Symphonien, die aller erfolgreich sind und
bis heute ist er in beiden Bereichen weltberühmt -
erfolgreicher als Wagner war er sowieso.
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