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Kulturgeschichte - 19. Jahrhundert


   
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Spätes 19. Jh. und Fin de siecleSigfried Wagner

Siegfried Wagner (1869 - 1930) Fortsetzung

1869 zu Richard

Siegfried Wagner wird am 6. Juni morgens um vier in Tribschen bei Luzern geboren. Der Vater, Richard Wagner, verarbeitet seine Empfindungen in der Komposition "Tribschen - Idyll mit Fidi-Vogelgesang und Orange-Sonnenaufgang" und widmet sie seiner Frau Cosima Wagner. Später wird diese Komposition als "Siegfried-Idyll" weltberühmt. Ein Jahr später heiraten die Eltern (25. 8. 1890), am 4. September ist Taufe (Siegfried Helferich Richard). Mit fünf Jahren erlebt Siegfried den Einzug der Familie in die Villa Wahnfried

1883 zu Richard

Als am 13. Februar Richard Wagner stirbt, übernimmt der noch nicht vierzehnjährige Siegfried bei der Beerdigung erstmals die Rolle des Familienoberhauptes. Ab Herbst 1983 kann Siegfried endlich eine normale Schule besuchen, bis dahin hatte er Privatunterricht in Wahnfried. Bereits in früher Jugend interessiert er sich für Malerei, Literatur und Architektur - eigentlich möchte er Schriftsteller oder Architekt werden.

1886

Am 13. Juli wird Richard Wagners Förderer, König Ludwig II. von Bayern im Starnberger See erschossen (auch wenn fast 100 Jahre lang die Theorie vom Selbstmord herumgeisterte), am 31. Juli stirbt Siegfrieds Großvater, Franz Liszt.

1888 - 1889

Siegfried Wagner legt im August 1889 sein Abitur ab und darf als Belohnung die Weltausstellung in Paris besuchen. Über seine weitere Berufsausbildung tagt der Familienrat in Bayreuth. Gegenüber seinem Freund und späteren Biographen Ludwig Karpath erwähnt er:

"Mein Vater hatte Freude, an allem was sich regte. Ihm wäre es sicherlich gleich gewesen, ob ich mich der Karriere des Architekten oder Musikers zugewendet hätte. Leider verhinderte ihn der frühzeitige Tod daran, dieser Frage überhaupt näher zu treten..."
(zit. nach Pachl, S. 82)

Siegfried beginnt bei Engelbert Humperdinck das Studium der Komposition , das heißt, er zieht nach Frankfurt und fährt von dort zwei- bis dreimal die Woche nach Mainz, wo Humperdinck lehrt. Schnell befreunden sich Schüler und Lehrer.

1890

Siegfried Wagner entwirft einen Erweiterungsbau des Bayreuther Festspielhauses (den er später auch verwirklichen wird) und schreibt sich - parallel zum Musikstudium - an der Charlottenburger Hochschule der Architektur als Student ein. Seine Cosima hält sich ab da ebenfalls häufig in Berlin auf - der Kontakt zum Kaiser besteht ja schon über die Festspiele. Siegfried besucht des öfteren Hans v. Bülow, dem Vater seiner beiden ältesten Schwestern Daniela und Blandine. fährt zu Richard Strauß (der den "Tannhäuser" in Leipzig und die "Faust"-Symphonie des Großvaters Franz Liszt in Berlin leitet ), er baut seine Kontakte konsequent aus. In diese Zeit fällt eine homosexuelle Beziehung zu Clement Harris, einem Schüler Clara Schumanns, der seit 1889 von der im Ruhestand lebenden Pianistin ausnahmsweise angenommen wurde.
Humperdinck bescheinigt Siegfried Wagner im Sommer 1890, er sei
"jetzt mit allen Elementen der Musiktheorie ... vertraut ... und im Stande ... , seine weiteren Studien auf diesem Gebiet ohne Beihilfe anderer fortzusetzen"
(zit. nach Pachl, S. 93)

1891

Siegfried Wagner schreibt sich am Karlsruher Polytechnikum ein, damit ist er näher an Bayreuth als während der Berliner Zeit. Während des Studiums (u.a. bei Felix Mottl) entstehen Entwürfe zur Oper "Gottfried, der Spielmann". Durch Anfeindungen des Wagner-Clans gegenüber Clara Schumann wird Clement Harris dazu gebracht, sein Studium bei ihr abzubrechen. Am Ende des Jahres besuchen Siegfried und Clement den Dichter Oscar Wilde.

 1892 - 1893

Siegfried und Clement Harris gehen für eineinhalb Jahre an Bord eines Schiffes, das Clements Familie gehört und reisen über Gibraltar nach Saigon, Hongkong, auf die Philippinen, danach von Ceylon wieder nach Neapel. In dieser Zeit entstehen viele Zeichnungen und Aquarelle Siegfrieds, viele der auf dieser Reise empfangenen Inspirationen finden Niederschlag in späteren Werken und Inszenierungen.

1893

Siegfried gibt am 5. August sein erstes Konzert als Dirigent als "Stipendiat" der Bayreuther Bühnen-Festspiele im Markgräflichen Opernhaus, am 6. Dezember dirigiert er erstmalig außerhalb Bayreuths (in Leipzig) u.a. die "Traumszene" aus "Hänsel und Gretel", der gerade fertiggestellten Oper seines Lehrers und Freundes Humperdinck, die am 23. Dezember ihre Uraufführung in Weimar unter Richard Strauß haben wird. Weiteres Studium von Komposition und Dirigieren bei Julius Kniese, dem Bayreuther Festspieldirigent.

1894

Hans v. Bülow stirbt am 12. Februar in Kairo und wird nach Hamburg überführt. Cosima bleibt der Beerdigung fern, Siegfried vertritt sie. Er macht im Sommer eine Art Praktikum in Bayreuth als Regisseur und muß - auf Regie Cosimas - bei einer Probe "ganz plötzlich" einspringen, weil der Dirigent Felix Mottl "unauffindbar" sein soll. Der Trick funktioniert und Siegfried besteht die praktische Prüfung als Dirigent in Bayreuth. Von nun an ist die Karriere als Dirigent und Wagner-Verwalter gesichert, es folgen Konzerte in allen künstlerischen Hochburgen: Rom, London, Pest (Budapest) und Wien.

1896

Siegfried dirigiert zum erstenmal den "Ring" (9. - 12. August), Gustav Mahler erlebt diese Aufführung auf Einladung von Cosima mit. Da die originalen Kulissen an Angelo Neumann verkauft wurden der in Prag den "Ring" unter Gustav Mahler erfolgreich herausbrachte, mußten die Kulissen neu angefertigt werden, dabei wurde für die Rheintöchter erstmals ein Schwimmbecken gebaut und das Walkürenroß wird von einem echten Pferd gedoubelt. Mahler schreibt Ende Oktober einen Brief an Cosima und lobt Siegfrieds Begabung in den höchsten Tönen.

1897

Siegfried reist nach Rom

1898

Vollendung des "Bärenhäuter

1899

Siegfried Wagner stellt bei dem "Novithäten-Concert" im Wiener Musikverein zusammen mit Engelbert Humperdinck eigene Werke vor. "Der Bärenhäuter" hat am 22. Januar seine Uraufführung und wird ein sensationeller Erfolg: am 29. Januar wird er in Leipzig gespielt, am 25. März in Hamburg, danach in Gotha, Karlsruhe, bei Angelo Neumann in Kassel und am 11. Juni in Frankfurt. In Wien hat er am 3.4.1899 unter Gustav Mahler seine Erstaufführung. Weitere Aufführungen sind am 8.4., 14.4., 20.4., 25.4., 30.4., 5.5., 12.5., 17.5. , 8.6., 16.9.) Der "Bärenhäuter" entwickelt sich zum Kassenschlager, obwohl es eine andere Vertonung von Arnold Mendelssohn gibt, die sich gegenüber Siegfrieds Version aber nicht durchsetzen konnte. Im Herbst 1899 wird fast an jedem Abend irgendwo der "Bärenhäuter" gespielt, bereits im ersten Jahr kommt die Oper auf 77 Vorstellungen. (Quelle: Pachl, 153f, Fischer, S. 913)

1900

Vollendung der Oper "Herzog Wilhelm" (24. Okt) - weiter

Quellen:
Pachl, Peter P.: Siegfried Wagner - Genie im Schatten. Nymphenburger 1988, Langen Müller, München 1994

Das Standardwerk über Siegfried Wagner, der zu lange im Schatten seines Vaters Richard stand. Brillant geschrieben. zit als "Pachl")

Hamann, Brigitte: Winifred Wagner oder Hitlers Bayreuth. Piper-Verlag, München 2004

(Die vielleicht wichtigste Zusammenfassung über die Wagner-Familie, das sie nach eigenen Angaben aus Quellen aller vier gegenwärtigen Hauptlinien schöpfen konnte, nach Pachl hat Brigitte Hamann aber nicht sauber recherchiert, teilweise sogar sinnentzerrend dargestellt. Im Folgenden zit. als "Hamann")

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