Eltern, Kinder und Computer
Stand: 17. März 2023 (erste Ausgabe 2003) Text und Fotos von Martin Schlu

Anfang - 1. Kinder - 2. Hardware  -  3. Betriebssysteme  -  4. Anwendungen5. Schule und Geräte

Kleinkinder
Vorschul- und Grundschulkinder - 5./6. Klasse - Pubertät - Junge Erwachsene

Folgende Situationen beobachte ich immer wieder:

Eine junge, gestresste Mutter mit Kleinkind im Kinderwagen macht Pause um etwas zu essen, setzt das Kind in einen Kinderstuhl, sich an den Tisch, holt das Handy heraus und gibt es dem Kind. Das Kind widmet sich dem Geschehen auf dem Bildschirm und die Mutter hat fortan Ruhe.
(1)

Ein Vater joggt mit Kinderwagen. Im Wagen sitzt ein Kind, hält das Handy fest und guckt drauf. Der Vater kann sich aufs Laufen konzentrieren, muss nicht atemlos antworten und das Kind wird nicht fragen, solange es etwas zu gucken gibt.

In den 1990er Jahren machte das Fernsehen Versuche mit Kinderfernsehen und startete die Serie „Teletubbies“. Eine vermeintlich „kindgerechte“ Sprache sollte Kinder von drei bis fünf Jahre vor den Bildschirm locken und an das Fernsehen gewöhnen. Tatsächlich haben aber viele Kindergartenkinder sich die Sprache der Teletubbies zu eigen gemacht („Ah!Oh!“ - „winke winke!“) und dies führte zu einer Entwicklungsverzögerung, weil der Spracherwerb verlangsamt wurde. Ob die Kinder nun vor dem Fernseher, dem iPad oder dem Handy sitzen, ist dabei egal, denn in dieser Zeit lernen sie nicht die Sprache, nicht die Zusammenhänge und sie lernen vor allen Dingen nicht redundant (auditiv, haptisch und sensorisch).

https://de.wikipedia.org/wiki/Teletubbies
besucht am 20.02.2023

Es gibt mehrere Studien, in denen ein Zusammenhang von übermäßigem Fernsehkonsum (auch genereller Medienkonsum), schulischem Mißerfolg und schlechteren Lebensumständen nachgewiesen wurde. Eine Studie des Kriminologischen Forschungsinsituts Niedersachsen e.V. von 2007 belegte die Verbindung von übermäßigem Fernsehkonsum (ca. 4 Std./Tag) mit einer schlechten Schulempfehlung (12% Gymnasium). Demgegenüber hatten die Kinder mit einem Fernsehkonsum von höchsten einer Stunde zu etwa 2/3 eine gymasiale Empfehlung. Jungen schnitten schlechter ab als Mädchen und Kinder, deren Muttersprache nicht deutsch war und die aus „bildungsfernen Schichten“ kamen, hatten zu 72% eine Hauptschulempfehlung. Dagegen hatten deutschsprachige Akademiker zu 72% eine gymnasiale Empfehlung.

https://mvlg.de/download/pisa_opfer.pdf
besucht am 20.02.2023

Fazit:
Einem Kleinkind ein Handy zur Berieselung zu geben um ein Stunde Ruhe zu haben, ist unverantwortlich und führt zehn Jahre später zu massiven Lern- und Schulproblemen, deren Behebung extrem viel Zeit und Geld braucht.


Fußnoten
(1)
Natürlich weiß man nicht, was die Mutter in den letzten vierundzwanzig Stunden gestemmt hat und ob  diese Auszeit nicht wirklich nötig ist. Auch ich habe früher meine Blagen ab und zu vor die Glotze gesetzt, wenn ich mal dringend Ruhe für irgendeine Sache brauchte. Es ist wie bei den Hunden - das Problem liegt immer oberhalb der Leine und wenn man als (Groß)Eltern den Standard beherrscht, sind Ausnahmen immer möglich und manchmal auch nötig. Wir hoffen das Beste....




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Kleinkinder - 5./6. Klasse - Pubertät - Junge Erwachsene
Ein Vorschul- und Grundschulkind (etwa fünf Jahre) kann durchaus mit einem tablet umgehen, Es ist aber entscheidend, welche App benutzt wird. Sinnvoll sind Spiele wie ein „Memory“, bei dem es um Merkfähigkeit geht. Apple hatte schon 1993 ein Memory auf den Markt gebracht, das auch Klange mit den Karten verband. Sinnvoll sind alle Apps, bei denen es um Unterscheidungen geht - egal, ob Farben, Formen, Zahlen, Buchstaben oder Bilder.

In der Grundschule wird das
tablet mittlerweile vorausgesetzt. Schon vor Jahren gab es dort die Software „Antolin“ , die mittlerweile vom Westermann-Verlag betrieben wird, einem renommierten Schulbuchhersteller. Ziel war usprünglich die Leseförderung, und zu den üblichen Klassenlektüren gab es schnell regelrechte Quizfragen, bei denen man kontrollieren (und benoten) konnte, ob das Buch auch wirklich gelesen wurde. Für höhere Klassen (ab. 8. Jg.) ist das Programm nicht mehr wirklich gut, weil die Inhalte zu dürftig sind und den Lernanforderungen nicht mehr entsprechen. Vor einem Jahr fand ich für das Fach Musik eine Aufgabe für die 10. Klasse, bei der ein Violin- ein Alt- und ein Baßschlüssel unterschieden werden sollte. Das geht natürlich gar nicht. „Anton“ - so heißt das Programm für größere Kinder - soll etwas besser sein, aber ich kann dies nicht bestätigen.

Meine Enkel haben alle ein tablet in der Grundschule benutzt oder tun es noch. Es gibt Tausende von Apps und auch ein paar richtig gute darunter. Sei es, dass ein Schiff mit Zahlen beladen werden soll, die mal teilbar oder nicht teilbar sind, sei es dass eine Maus mit Richtungsangaben gesteuert werden soll oder dass Unterschiede von Bildern, Tönen oder Buchstaben erkannt werden sollen. Die Corona-Zeit mit den Lockdowns wäre ohne tablet nicht durchzuhalten gewesen und dass die zweitälteste ihr erstes Schuljahr praktisch zuhause verbracht hat, führte natürlich zu erheblichen Lernrückständen, die mittlerweile aufgeholt werden, doch ohne tablet wäre es noch schlimmer gewesen.

Natürlich benutzen die Kinder das tablet aber auch für die  „social(?)“  Netzwerke und auch meine Enkel (10, 9, 6, 4) wissen, was „Instagram“ oder „Tik-Tok“ ist - auch wenn sie es nicht benutzen dürfen. Üblich sind in der Grundschule mittlerweile Klassengruppen bei „What'sApp“, in denen über Hausaufgaben oder Probleme beraten wird, doch es gibt natürlich viele Kleinstgruppen, in denen die Kinder über andere lästern, die eben nicht in dieser Gruppe sind. Da muss man hinterher sein, wenn die Kinder dort nicht ganz schnell lernen sollen, wie man am besten mobbt.

Es gibt youtube kids , bei dem die Inhalte an Kinder angepasst sind. Wenn dann wirklich mal eine bestimmte Sendung gesehen werden muss, guckt meine Tochter sie dann mit ihren Kindern gemeinsam. Spezielle Suchmaschinen für Kinder sind blinde-kuh.de, fragfinn.de oder kiidle.net - hier kann man halbwegs sicher sein, dass die Kinder nicht auf Gewalt- oder Porno-Seiten landen.

Fazit:
Man muss ein Auge auf die Bildschirmzeit haben und wenn die Eltern in der Lage sind, die Zeiten über das eigene Handy freizugeben, kann nicht ganz soviel passieren. Eine Stunde pro Tag reicht und Aufpassen muss man immer.


5./6. Klasse - nach oben
Kleinkinder  - Vorschul- und GrundschulkinderPubertät - Junge Erwachsene

Zehn- und Elfjährige Kinder sollte man auf keinen Fall unterschätzen. Sie sind auf Instagram und Tiktok besser vernetzt, als wir uns das vorstellen können und viele Verhaltensweisen erklären sich erst, wenn man das Handy der Kinder mal genauer anschaut. Unsere arabischen Jungs in der 6. Klasse schauen mit Vorlieben einen Kanal, in dem ein bärtiger Mann genau erklärt, was man als gläubiger Muslim für halal (erlaubt) und haram (verboten) zu halten hat und als mir ein Elfjähriger vorgeworfen hat, mein Fach (Musik) sei haram, die Tanzszene aus der „West-Side-Story“ sei es auch und ich als Musiklehrer sei es sowieso, habe ich eine Woche später meinen Antrag auf Pensionierung eingereicht, weil ich keine Lust mehr habe, sowas noch achtzehn Monate anhören zu müssen. Unsere kleinen Mädchen wissen ganz genau, welche Influencerinnen angesagt sind, welche Lippenstifte, Unterwäsche und Oberteile die Eltern kaufen müssen und an dieser Gläubigkeit ändert sich nichts, bis sie in der 8. oder 9. Klasse sind. Die Mädchen wollen sowieso Influencer werden und unsere Jungs träumen von einer Karriere als krimineller Gangsta-Rapper wie ein bekannter Bonner Rapper, der einen Goldtransporter überfiel und im Knast landete. Der gilt als cool.

Fazit:
Man muss beide Augen auf den Handys haben und notfalls die Geräte mal wegschließen. Es lohnt sich langfristig.



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Kleinkinder  - Vorschul- und Grundschulkinder - 5./6. Klasse - Junge Erwachsene

Ab der siebten Klasse spätestens werden die Eltern schwierig und die Kinder schweigsam. Das Handy ist selbstverständlich, doch der Computer erlebt einen Aufschwung, weil man am Monitor natürlich besser surfen kann als auf dem Handy. Hat Ihr Nachwuchs Informatik als Schwerpunkt, müssen Sie damit rechnen, dass er/sie evtl. schon eine App entwickelt und vermarktet hat. Mein Provider ist ein ehemaliger Schüler, der sein Unternehmen mit fünfzehn gründete und längst gut davon leben kann.

Ihr Kind hat vermutlich mehr Ahnung vom Nutzwert des Internets als Sie selbst und wenn es die Hausaufgaben mit Hilfe von „deepl“ übersetzt oder die Referate mit künstlicher Intelligenz schreiben lässt, kriegen Sie das nur raus, wenn Sie wissen, wieviel feler Ihr Kind üblicherweise pro Seite macht. Intelligente Kinder bauen deswegen ein paar für sie typsche Fehler ein. Daß die Chat-Roboter dumm sind, fällt den Meisten nicht unbedingt auf, doch die Lehrer/innen sollten Ihrem Kind auf die Schliche kommen können, denn in der achten bis zehnten Klasse wird diesbezüglich geklaut und gelogen, daß sich die Balken biegen. Kennen Sie noch Freiherrn zu Guttenberg (ehemaliger Verteidigungsmnister), der wegen des Abschreibens einiger Passagen in seiner Doktorarbeit zurückgetreten ist? Etwas Unrechtsbewusstsein täte unseren Kindern/Enkeln ganz gut.

Fazit:
Wenn Ihr Nachwuchs um die fünfzehn ist, haben Sie schlechte Karten, wenn Sie nicht regelmäßig Ihren Rechner austauschen. Dafür können Ihre Kinder Ihren alten Eltern helfen und das Verhältnis Enkel/Großeltern könnte sehr eng werden, wenn die Jungen den Alten die Geheimnisse des Internets erklären.



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Kleinkinder  - Vorschul- und Grundschulkinder - 5./6. Klasse - Pubertät

Ihr Kind ist halbwegs erwachsen, will eine „work-life-balance“ finden, nicht soviel arbeiten wie Sie und ich und hat  begriffen, daß Computer ein nützliches Werkzeug sind - mehr aber auch nicht. Ob es E-Sport macht (Computerspiele bis zum Umfallen), Influencer oder Informatiker geworden ist, ob es den Liebsten / die Liebste auf Tinder gematcht hat - geht uns nichts mehr an. Lassen Sie los!

Fazit:
Wenn Sie weiterhin guten Kontakt zu Ihrem Sohn oder Ihrer Tochter haben wollen, fragen Sie Ihr Kind ab und zu - öfter nicht. Sie können ihm oder ihr nichts mehr erzählen. Es wird aber passieren, daß Sie gefragt werden.Dann seien Sie dankbar dafür und nehmen sich die Zeit.

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