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- Brugge/Brügge
- Text und Fotos: © Martin Schlu 2008-2024 / Stand; 1.November.2024
- zurück - Geschichte - Antwerpen - Bredene - De Haan - Gent - Oostende
Belfried - Marktplatz/Rathaus - Rozenhoedkai - Liebfrauenkirche -
Gräber der Burgunder - Michelangelos Madonna - Einkaufen -
Brugge/Brügge, die ehemals flandrische
Wirtschaftsmetropole des Mittelalters, ist nach wie vor gut besucht - so gut, daß die
Schlangen der Touristen, die am Rozenhoedkaai eine Bötchenfahrt machen
wollen, auch schon mal den ganzen Anlegesteg lang wird und ihren Anfang
an eben jenem Kai nimmt, an dem früher (im Mittelalter und in der Renaissance)
die Schiffe aus der ganzen Welt anlegten.
Wenn man mit dem Auto kommt,
sucht man sich - möglichst am frühen Vormittag - einen Parkplatz am
Anfang der „Sint-Jakobsstraat“ (man wird vom Navi bei der Angabe
„Centrum“ dorthin geleitet) und hat es dann etwa zehn Minuten zu Fuß
bis zum Markt und Glockenturm (Belfried). Gut zu erreichen ist das
Parkhaus „Biekorf“, doch wenn man ein Foto der Garage macht, weil man
es sie ja wiederfinden will, wird man von Google ein bißchen an der
Nase herumgeführt, denn es gibt eine gleichnamige Garage, die ganz
woanders liegt und dann läuft man einen guten Kilometer lang falsch,
bis es auffällt. Man merkt sich also am besten den Weg und beginnt den
Rundgang am großen Markt. Video (von Niko Formanek). Ausgeschildert sind fast
alle Hotels - jede noch so kleine
Herberge hat mindestens zehn Hinweisschilder und so schaut man
irgendwann auch gar nicht mehr hin. Die Sehenswürdigkeiten muß man dagegen finden.
Belfried / Grote Markt
Der markante Turm auf dem „Grote Markt“ ist der Belfried, der in dem Film „Brügge sehen und sterben“ eine zentrale Rolle spieltt. Ein Belfried ist eine Mischung aus Glockenturm, Feuerwache und Stadtarchiv und in vielen mittelalterlichen Städten zu finden. Ich war noch nicht oben, aber man sollte schon sportlich sein.
Belfried auf dem Grote Markt in Brügge
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- Grote Markt / Rathaus
- Vor und auch nach der
Weihnachtszeit ist der große Platz mit dem üblichen Weihnachtsmarkt und
einer Eisbahn zugestellt und das treibt die Besucherzahlen noch einmal
herauf. Es ist ein bißchen wie auf der Kirmes und wer gute Bilder
machen will, muß wahrscheinlich im Sommer gegen halb sechs früh durch
die Stadt gehen - ich habe dies bislang noch nicht geschafft. Man
kann Bilder machen, auf denen wenige und keine Touristen zu sehen sind,
doch man nimmt dafür in Kauf, in allen möglichen Sprachen angemacht zu
werden, weil ja jeder sein Bild machen möchte. Am anspruchslosesten
sind die Jüngeren, ihnen reicht der Stock, auf den sie ihr Smartphone
zwecks eines Selfies geschraubt haben und damit können sie posten, wo
sie gerade sind und ihren heimischen Einbrechern einen wertvollen Hinweis
auf eine gerade unbewachte Wohnung geben. Nein, Brügge ist wirklich
schön, aber der Herdenauftrieb an einem Sonntagnachmittag ist nicht der
Bringer und wer Angst vor Menschenmassen hat, läßt es besser bleiben.
- Das Rathaus an einem normalen Sonntagnachmittag
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Rozenhoedkaai (Rosenkranzkai)
Wenn man von der „Sint-Jakobsstraat“ diagonal links über den Markt läuft, gelangt man über die „Wollestraat“ zum „Rozenhoedkai“,
an dem früher die Seeschiffe anlegen konnten, seit 1143 nach einer
Sturmflut das Vorland vor dem Ort unterging und Brügge auf einmal am
Meer lag. In den folgenden Jahren stieg die Stadt als Zentrum des
flandrischen Tuchhandels auf, trieb Handel mit den Niederlanden und
Frankreich und wurde später Hansestadt. Die nächsten dreihundert Jahre
wurde die Stadt nicht nur reich, sondern auch Sitz der burgundischen
Herzöge, die später den ersten deutschen Kaiser stellten. Das ging
solange gut, bis die Verbindung zur Nordsee (Zwin) verlandete.
Im 16. Jahrhundert löste Antwerpen deswegen Brügge als wichtigste Handelsstadt ab, der <kaiserliche>
Hof verlagerte sich nach Wien und die Spanier beherrschten fast 200
Jahre die Stadt. Dann wurde Brügge niederländisch, dann französisch und
erst 1830 wurde der belgische Staat gegründet und Brügge damit
belgisch. Eine flandrische Handelsstadt war es immer und ist es noch,
auch wenn der Hafen jetzt in Zeebrügge liegt, 15 km entfernt und
mittlerweile die bessere Fährverbindung ins englische Dover ist als der
Hafen des französischen Calais.
- Ehemalige Anlegestelle für Handelsschiffe am Rozenhoedkai
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Liebfrauenkirche („Onze Lieve Vrouwe-Kerk“)
Nicht so schöne ist, daß die
Verwaltung der Stadt die Touristen ins Leere laufen läßt und man hier
definitiv einen Stadtplan braucht. Ich fand keinen einzigen Hinweis auf
irgendeine Sehenswürdigkeit, nicht auf die Liebfrauenkirche und erst recht nicht auf das Grab Maria von
Burgund (1) und das ihres Vaters, Karl den Kühnen, die in dieser Kirchebegraben liegen. Sie war die Ehefrau von Maximilian I.(2) und Großmutter des legendären Karl V. der in Gent geboren und getauft wurde. Ich wußte es aber und hatte gezielt gesucht.
2009/10 war ich schon einmal in dieser Kirche und wollte damals auch die beiden Gräber
sehen, doch da waren sie wegen Renovierung nicht zu besichtigen und
man deutete an, daß es wohl zwei bis drei Jahre dauern würde, bis man
fertig sei. 2014 dauerten die Restaurierungsarbeiten auch nach mindestens fünf Jahren noch an und alle Touristen drängelten durch die einzige Tür in die und aus der Kirche, obwohl man nur den halben
Altarraum sehen konnte. Die meisten waren begierig darauf, für € 2.- einen
Blick auf die Madonna von Michelangelo zu werfen, der man sich auch dann nicht
weiter nähern konnte. Geschäftstüchtig waren die Brüggener schon und die Kasse an der Kirche klingelte
wie weiland die des Ablaßpredigers Tetzel. Leider
konnte mir noch 2014 keiner sagen, ob man im nächsten oder übernächsten Jahr
vielleicht mehr sehen würde. Aber ab dem Mai 2016 war es endlich möglich.
Man hat die Kirche und das benachbarte Groeningenmuseum mit einem
Pavillon verbunden, an dem man die Karten für jede Ausstellung in
Brügge kaufen kann.
- (1) Maria
von Burgund (geb. 1457 in Brüssel , gest. 1482 in Brügge) war die Tochter von Karl dem Kühnen und die Mutter Maximilians.
- (2) Von Kaiser Maximilian I. (geb. 1459
in Wels, Oberösterreich, gest. 1519 in Wien) ist nur sein Herz in
Brügge begraben (Herzgrab), der Rest liegt in der St.-Georgs-Kapelle
der Burg in Wiener Neustadt.
- Vorher gehen
wir eine Runde um die Kiche und kommen an einer wunderschönen Ecke
vorbei, ander das Motiv fast schon kitschig schön ist und das Licht
stimmt auch. Blöderweise setzt sich eine junge Frau so in Positur, daß
man kein Bild machen kann und weil ihr Freund ein Selfie nach dem
andern knipst, warten ein halbes Dutzend Bilderjäger (ich auch) endlich
darauf, daß sie aufsteht und beide gehen. Endlich ist es so weit und
ein kollektiver Aufseufzer klickt durch alle Kameras.
Bilder ohne Menschen sind in Brügge nur selten möglich.
Man besucht die Liebfrauenkirche aus drei Gründen. Die meisten wollen sich die Madonna
von Michelangelo angucken, außerdem sind dort die Grabmäler von Maria
von Burgund und ihrem Vater Karl dem Kühnen. Ebenfalls interessant ist
die Krypta und da sind es vor allem die von innen bemalten Steinsärge,
die man sehen kann. Tote mußten im 13. Jahrhundert am gleichen Tag
begraben werden und so hatten die Maler immer die Aufgabe einen schon
auf Vorrat gebauten Steinsarg schnell noch mit Bildern für den
Verstorbenen auszumalen. In diesen Genuß kam aber nur der, der zu
Lebzeiten das nötige Kleingeld hatte.
Wenn man das alles sehen will, zahlt man acht Euro Eintritt und hat
Zugang zu allem. Wer nicht zahlt, kann nur den Hauptgang begucken. Bei
einer Schranke ist dann Schluß. Es lohnt sich aber.
- Maria
starb mit 25 Jahren und der burgundische Herzog/König bestimmte die
Kirche daraufhin als Famliengrabstätte. Ihr Ehemann Maximilian wurde
später Kaiser des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation (HRR) und verlegte den Sitz seiner Regierung nach Wien.
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Gräber von Maria von Burgund und Karl dem Kühnen
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Grabmal Karl des Kühnen
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Grabmal Marias von Burgund
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- Link zu Maria von Burgund
- http://de.wikipedia.org/wiki/Maria_von_Burgund
- Link zu Kaiser Maximilian I.
- http://de.wikipedia.org/wiki/Maximilian_I._(HRR)
Michelangelos Madonna
Das Highlight ist natürlich am Ende des Besuchs die Madonna mit Kind
von Michelangelo, die seit 1514 hier steht und für 100 Dukaten (1)
gekauft wurde. Sehr positiv sind ordentliche Erklärungen in fünf
Sprachen, in denen auch die Geschichte ihrer Entführung durch die Nazis
und die Rettung durch die „monument men“
beschrieben wird. Auch nach fünfhundert Jahren und einer wechselvollen
Geschichte sind die Madonna und ihr Kind makellos und strahlen in weißem Marmor.
(1) Der Betrag entspricht
etwa 15 g Gold pro Dukaten. Bei einem Goldpreis von € 40.000/kg hätte
ein Dukat von 1514 einen Wert von etwa € 6.000 und für diese gute
halben Million - bekäme man heute ein bekanntes Werk von Andy Warhol
oder Gerhard Richter.
Madonna mit Kind von Michelangelo (aufgestellt 1514)
- Link zur Kirche:
- http://www.onzelievevrouwkerk.be/
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Einkaufen und Anderes
Wieder draußen fällt die
Vielfalt der Souvenirläden auf. Man kann die ganze Mariastraat oder
Wollstraat
laufen
ohne etwas anderes zu sehen außer Läden für Pralinen,
Bonbons, Brüsseler Spitzen oder Kuchen - immerhin wurden ja auch schon
im Mittelalter die Brüsseler Spitzen hier gehandelt. Doch der Bereich
zwischen Belfried und dieser Kirche kam mir bei jedem Besuch vor wie
Venedig zur Spitzenzeit - ein großes Freiluftmuseum für zahlende
Touristen. Gastronomie ist aber kein Problem. Es gab viel
Außergewöhnliches zu sehen: einen Bison aus brauner und weißer
Schokolade, Marzipan- und Schokoladekreationen bis zum Abwinken und ein
Laden war spezialisiert auf belgisches und englisches Bier und zeigte
im Schaufenster seine Auswahl:
Das reicht für viele Abende mit guten Freunden
- Einen guten Eindruck von der Innenstadt bekommt man auch in dem oben genannten Film „Brügge sehen und sterben“. Das muß man ja nicht wörtlich
nehmen, aber man sieht dort Dinge, die einem Tagesbesucher einfach verwehrt
bleiben und ob man bei Minusgraden eine Bötchenfahrt machen muß, soll jeder selbst entscheiden. Restaurants sind kein Problem und bisher haben wir meist gute Erfahrungen gemacht. Dieses Mal haben wir in dem
Restaurant 't schrijverke (Gruuthusestraat 4,) für ca, € 55,00 fulminant gespeist und danach waren wir fit für den Rückweg.
- Am besten mietet man sich im Sommer
für ein paar Tage in der Altstadt ein und schaut sich die Stadt sehr
früh und sehr spät an - tagsüber kann man dann ja an den Strand fahren,
der ist keine zehn Kilometer weg, am besten zwischen Bredene und De Haan.
- Literatur zur Einstimmung auf die Schokoladenseite Brügges:
- Carsten Sebastian Henn: Die letzte Praline. Ein kulinarischer Krimi,
- Pendo/Pieper-Verlag, Müpnchen/Zürich 2013, ISBN 978-3-86612-335-9, ca. 17.-
- Nicht die große Krimikunst, aber als literarischer Stadtplan verwertbar. Rezension dazu (nicht von mir).
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