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Annette von
Droste-Hülshoff
Kindheit und Jugend 1803 -
1813
unter Mitarbeit von (Anna
Eckel) Klasse 10d /
2001, revidiert 17. August 2010 © Martin
Schlu
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- Annette
wird mit ihren Geschwistern streng katholisch erzogen, denn immerhin
ist das nahe Münster Sitz des Bischofs, die Stadt verdankt ihren Ruf
ihrem unerbittlichen Katholizismus und die Familie ist angesehen,
solange sie gut katholisch bleibt. Für Besorgungen in der Domstadt hat
man noch eine Stadtwohnung, den nah dem Dom gelegenen "Erbdrostehof".
Der Erbdrostehof in Münster, in der Nähe des Doms.
Foto: Martin Schlu © 2007
- Den ersten Unterricht bekommen Jenny
und Annette bei der Mutter - gerade so viel, daß auch noch Zeit zum
Spielen und Entdecken bleibt. Schon als kleines Kind, im Alter von ca.
sechs Jahren, beginnt Annette sich in Versen auszudrücken und erste
Gedichte zu schreiben, die die Mutter sammelt und stolz in ein Heft
schreibt - daß Annette begabt und ausgesprochen fleißig ist, fällt auch
damals schon der Familie auf:
-
O liebe Mama, ich wünsche Dir
- für Deine guten
Gaben,
- daß jedes Dir
fließe hin
- ohne eine einzige
Plage.
- Bis endlich Dich das Alter
erreicht,
- wo nur meine, nicht Deine
Freude weicht,
- weil Du Dich dann nicht mehr
der Jugend kannst erfreu'n
- und auch nicht mehr, wie ich,
kannst fröhlich sein.
- zit. nach Görner: (5) ab
0':41'' und Beuys, S.54 (angeglichene Schreibweise MS)
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- Annettes
Tante Fernandine von Haxthausen schreibt nach einem langen Besuch auf
Schloß Hülshoff an ihre Schwester Therese über Werner und Annette:
- "...Du
glaubst nicht, wie sehr dem guten Jungen noch alles in Hülshoff und
Münster am Herzen liegt, von euch allen mußte ich ihm erzählen, und da
ich ihn mit Annettes Dichter GENIE bekannt machte, konnte er nicht
aufhören von dem auserordentlichen kleinen Mädchen zu sprechen, und
gerade zu erklären, daß eine zweyte SAPHO in dem Mädchen keimte und daß
man noch kein ähnliches Beispiel auch von den größten Dichtern hätte..."
- Annettes Talent ist also erkannt und
Gesprächstoff in der Familie - später wird die Famlie Hülshoff
allerdings eher Angst um ihren Ruf haben, als das Dichten nichts
Kindliches mehr ist.
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- Weitere literarische Versuche
enststehen. Daß
die Hülshoff'schen Kinder bei einem normalen
Schulmeister zur Schule gehen könnten, ist
unvorstellbar, vom täglichen Schulweg einmal
abgesehen. Also kommt ein Lehrer ins Haus, der effektiver
arbeitet als das öffentliche Schulsystem - wie heute
manchmal auch. Im Fall der Droste-Kinder ist es der
Priester und Hofmeister Benrhard Wenzelo. Annette bekommt mit ihren Geschwistern Unterricht in Griechisch, Latein,
Französisch, Mathematik, Naturkunde, sie bekommt Kentnisse
der klassischen und romantischen Literatur, außerdem
später gründlichen Musikunterricht bei ihrem Onkel, dem Münsterer Domorganisten Maximilian Friedrich zu Droste.
- Im April 1807 kommt ein lange
Verschollener aus dem Dorf des Onkels August von
Haxthausen nach 24jähriger Sklaverei aus Algerien
wieder nach Hause und begeht kurze Zeit danach
Selbstmord. Damals ist diese Geschichte die Sensation in Münster und
der Onkel hat der zehnjährigen Nichte vielleicht
davon erzählt - später wird diese als
erwachsene Dichterin aus dieser Vorlage die "Judenbuche"
spinnnen. (Link
dorthin). Noch schreibt sie
allerdings so:
-
Die Freuden des
ländlichen Lebens
(Annette schrieb dieses
Gedicht 1807, als sie zehn Jahre alt
war)
-
- Ich kenne die Freuden des
ländlichen Lebens,
- ich kenne die Freuden der
lärmenden Stadt.
- Ich sehnte mich oft nach
Gesundheit, vergebens
- ich wünschte mir Tugend,
die Stadt macht nur glatt.
-
- Doch ach, ich verdanke mein
jetziges Leben
- dem Freund, der die Augen
geöffnet mir hat.
- Er sprach: „Du solltest
Gehör mir jetzt geben.
- Verlasse das eitle Leben der
Stadt.
-
- Wo wehen denn wohl die
erfrischenden Lüfte?
- Wo blüht wohl die Blume
auf grünender Flur?
- Wo sind die erquickenden,
heiteren Düfte?
- Wo? Nur bei dem ländlichen
Reiz der Natur!
-
- Da wurde ich glücklich, da
lernte ich Tugend
- da fand ich das frohe,
gesellige Glück
- nie sehne ich mich zur
verflossener Jugend,
- nie sehn' ich mich je zu den
Städtern zurück.
-
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- Für das frühe neunzehnte
Jahrhundert bekommt Annette eine sehr vielseitige
Bildung, obwohl sie ja ein Mädchen ist und
später heiraten soll. Sie ist sprachlich und
musikalisch sehr begabt und es heißt, sie
könne großartig am Klavier improvisieren.
Allerdings sind von ihren Kompositionen nur ein paar
Lieder übriggeblieben, die erst 1877, also 29 Jahre
nach ihrem Tod, zum ersten Mal veröffentlicht werden. Sie zeigen,
daß Annette auch keine schlechte Komponistin war, wenngleich sie wohl keine Clara
Schumann hätte werden
können.
- Annette hält sich viel im - damals noch
größeren - Wald der Schloßanlage auf, fühlt sich dort zuhause und
vermißt nichts. Viele Nachmittage verbringt sie im im Wald gelegenen
Teehaus, schreibend, denkend und komponierend. Über die Mutter und den
Onkel Werner von Haxthausen gibt es Kontakte zur Gräfin Amalie von
Galitzien, die mit vielen Intellektuellen der Zeit Kontakt pflegte: den
Dichtern Matthias Claudius, Friedrich Gottlieb Klopstock und Johann
Wolfgang von Goethe, dem Philosophen Friedrich Heinrich Jacobi und
einigen anderen - ein Teil dieses Umgangs färbt auch nach Schloß
Hülshoff ab.
-
- Das Teehaus der Familie, ca. 300
Meter vom Schloß im Wald gelegen.
(Foto: © Martin Schlu, September 2006)
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1812 - 1813 - Seitenanfang
- Annette schreibt ihre ersten
Jugendgedichte (bis 1819) und schickt sie dem 38 Jahre
älteren Matthias Sprickmann zur Begutachtung, einem
Nachbarn, der neben ihnen in der Münsterschen
Stadtwohnung lebt. Sprickmann gilt als anerkannter Lyriker
und er redigiert Annettes Gedichte, berät sie und
hat damit wohl einen entscheidenden Einfluß auf das
dichterische Handwerkszeug in Annettes
Jugend.
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- In diesem Jahr lernt Annette
Catharina Busch kennen (26.01.1791 - 2.11.1831), damals
bereits bekannt und umstritten als
"Westphalens Dichterin", und sechs Jahre
älter als Annette. Catharina heiratet in
diesem Jahr Paul Modestus Schücking und dies wird eine
ziemlich unglückliche Ehe, da ihr Mann sie schon
währen der Verlobungszeit betrügt. Im
darauffolgenden Jahr wird am 6. September der gemeinsame
Sohn Levin geboren, zu dem Annette später eine
besondere Beziehung haben wird. Doch Annette und
Catharina verlieren sich aus den Augen und sehen sich
erst 1829
wieder.
- Annette von der Schwester Jehnny um 1815 gemalt
Foto: Martin Schlu @ 2010, Original auf der Meersburg
- Im Sommer 1813, als Annette 16
ist, reisen die Droste-Hülshoffs zu ihren
Verwandten, den Haxthausens, auf deren Gut in
Bökendorf. Zu diesem Zeitpunkt
-
- "beginnt sie ein erstes
Theaterstück zu schreiben, bald darauf eine Oper
zu komponieren. Sie ist eine ausgezeichnete Pianistin,
hat einen schöne Singstimme und vertritt den
Kirchenorganisten, falls nötig. Sie beherrscht
aber auch die naturwissenschaftlichen Fächer und
die Geschichte, Botanik, Mythologie, Mathematik und
neben ein wenig Griechisch spricht, liest und schreibt
sie fließend Latein, Französisch,
Holländisch, ganz passabel Englisch und
Italienisch. Sie klopft Versteinerungen aus dem Boden,
hat eine Muschel- und Münzensammlung, kann reiten
und schlittschuhlaufen, klettert ohne Schuhe und
Strümpfe auf Bäumen herum und beherrscht
natürlich auch all die Dinge, die eigentlich die
einzigen sein sollten, die ein adeliges, katholisches
Fräulein im Westfalen dieser Zeit beherrschen
sollte: Konversation machen, formvollendete Briefe
schreiben, still sitzen, demütig gucken...
(Gelächter)...
an den Herrgott glauben und... ... sticken, stricken,
nähen, malen, Scherenschnitte schneiden, Flachs
spinnen, häkeln, ....ich denke, Sie wissen
Bescheid. Aber, ... .... ich habe jetzt die ganze Zeit
von den Fähigkeiten einer sechzehnjährigen
Jugendlichen geredet."
- (Zitat aus: Lutz Görner
spricht und singt Annette von Droste-Hülshoff, Ed
Lutz Görner, 3-8025-4048-4, Auszug, ab (7)
2':22"
- Das Theaterstück, das Lutz
Görner beschreibt, trägt den Namen "Bertha oder
Die Alpen". Es bleibt allerdings unvollendet, weil,
während Annette daran schreibt, Dinge passieren, die
sie davon abhalten es fertigzustellen. Später ist es für sie nicht
mehr interessant und so bleibt es als Fragment liegen.
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