www.martinschlu.de


Kulturgeschichte - Barock


Barock

Musik
Monteverdi (1567-1643
Schütz (1585 - 1672)
Schein (1586 - 1630)
Scheidt (1587 - 1654)

 

Übergang Spätbarock
Pezelius (1639 - 1694)

 

Literatur
Opitz (1597 - 1639)
Gryphius (1616 - 1664)
Grimmelshausen (1622 - 1676)

 

 

Johann Hermann Schein (1586 - 1630)
Biographie
erstellt von Martin Schlu © 2006 / 14. April 2009

zur Spätrenaissance - zum Frühbarock

1586
Am 20. Januar wird Johann Hermann Schein als Sohn des evangelischen Pastors Hieronymus Schein und dessen Ehefrau Judith Schein geb. Schacht im erzgebirgischen Pfarrhaus Grünhain geboren. Der Vater hat vor zwei Jahren diese Stelle angetreten und wird sie bis zu seine Tode 1594 behalten. Bis zu dem Tod des Vaters dürfte Johann Hermann erheblich mit Kirchenmusik in Berührung gekommen sein: Rolf Böttcher bezeichnet die dortige Orgel als eine der "größten Orgeln im Gebirge" und eine Kirchenrechnung von 1585 benennt eine Kantorei in der Pfarre.
 
1594
Die Mutter zieht nach dem Tode des Vaters am Ende des Jahres mit allen Kindern wieder in ihre Geburtsstadt Dresden in die Nähe ihres Vaters Johann Schacht d. Ä., der als Schmiedemeister in der Kurfüstl. Sächs. Münzwerkstatt in Dresden arbeitet, stirbt aber bereits wenige Jahre später.
 
1599 - Seitenanfang
Johann Hermann Schein wird durch die Vermittlung eines Freundes der Familie Schein (Oberhofprediger und Inspektor der Hofmusik, Polycarp Leiser) als Waisenknabe und Kapellknabe in den Chor der Dresdener Hofkapelle unter Rogier Michael aufgenommen, eine Kapelle, die bereits 1548 von Moritz von Sachsen gegründet wurde. Der erste qualifizierter Unterricht erfolgt hier in den Fächern Orgel, Chor, Theorie und vermutlich noch einem Blas- oder Streichinstrument, außerdem in den üblichen Schulfächern Arithmetik, Grammatik, Latein, Logik und Rhetorik.. Der Direktor der Kapellknaben ist Andreas Petermann, der vorher 23 Jahre an der Dresdner Kreuzkirche als Kreuzkantor tätig war.
 
Eine Ausbildungsparallele findet sich zu Heinrich Schütz, der seinerseits im fast gleichen Alter ein Stipendium von Moritz von Hessen-Kassel für das Mauritianum" in Kassel bekommen hat.
 
Sowohl Schein als auch Schütz lernen in ihren Ausbildungsinstituten die zeitgenössische Tradition und Moderne kennen: italienische, deutsche und niederländische Chorkompositionen des 15. und 16. Jahrhunderts, vermutlich mit einem Schwerpunkt der lutherischen Literatur (Walter, Goudimel, Calvisius, außerdem Hassler, Obrecht, Ockeghem etc.)
 
1603 - Seitenanfang
Johann Hermann ist bis zum Stimmbruch Diskantist in der Kurfürstlichen Kantorei und erhält am 18. Mai ein Stipendium des Kurfürsten Christian II. an der sächsischen Fürstenschule Pforta bei Naumburg (1603-07), wo er umfassend humanistisch ausgebildet wird. Außerdem wird er als Stipendiat schon an der Leipziger Universität immatrikuliert - nicht, um schon zu studieren, sondern, damit er in den Genuß der Vergünstigungen kommt. Die musikalische Ausbildung übernimmt Seth Calvisius (geb. 1556, Thomaskantor seit 1594), der dies in seinen Dienstpflichten stehen hat. Einer von Scheins Schulfreunden wird Gottfried von Wolffersdorff, ein Kontakt, der später genutzt wird.
 
1607
Am 26. April verläßt Schein mit einem sehr gutem Zeugnis die Schule und geht erst einmal wieder nach Dresden.
 
1608
An der Leipziger Universität studiert Schein vom Frühjahr bis 1612 die freien Künste und Jura. "Freie Künste" sind Musik und Poesie, dies wird allerdings später sein Hauptfach - auch Schütz geht es ähnlich. Finanziert wird alles mit einer Art Pension für ehemalige Mitglieder der Hofkapelle: Von 25 Gulden im Jahr kann man gut leben (ein Gulden hat etwa ca. 30 g Goldgewicht)
 
1609 - Seitenanfang
Das "Venus-Kräntzlein" wird in Wittenberg gedruckt und veröffentlicht, Schein finanziert vor und es scheint ihm gut zu gehen. Da im Dezember die Universität Leipzig 200 Jahre alt wird, besteht bedarf an fröhlicher Musik und die Auflage verkauft sich wohl recht gut.
 
Auf dem Universitätsfest trifft Schein einen ehemaliger Schulfreund aus Pforta, Gottfried von Wolffersdorff. , der mittlerweile Hauptmann auf Schloss Weißenfels geworden ist. Er vermittelt Schein später zum Lehrer der sächsischen Prinzen und „Hausmusik Direktor" nach Weißenfels, der Geburtsstadt Heinrich Schütz'.
 
 
1613 - Seitenanfang
Schein wird nun Hauslehrer der sächsischen Prinzen, wie es mit Wolterdorff 1609 ausgemacht wurde. Es ergibt sich die Freundschaft zu Heinrich Schütz, der nach der Ausbildung und dem Tode von Gabrieli aus Venedig zurückgekommen ist. Vermutlich hat Schein dort auch den Hallenser Organisten Samuel Scheidt kennengelernt.
 
 
1615
Bis Mitte Mai steht Schein im Dienst des Landrates von Wolffersdorf. Zum 21. Mai wird er - vermutlich auch auf Empfehlung Woltersdorffs - von Herzog Johann Ernst d. J, zum Hofkapellmeister in Weimar berufen. Dort ist für die Gottesdienste und für die Aufführung der Tafelmusiken zuständig, verdient gut und heiratet nun die 22jährige Sidonia Hösel, die Tochter des Kurfürstlich Sächsischen Rentsekretarius. Die gegenseitige Bekanntschaft besteht schon seit dem Elternaus in Grünhain.
 
Doch bereits wenige Wochen später, am 19. August, wird Schein Nachfolger Sethus Calvisius' als Thomaskantor der Thomasschule und städtischer Musikdirektor in Leipzig.
 
Das "Cymbalum Sionum" (Zymbelspiel Zions), eine lateinisch-deutsche Motettensammlung, erscheint. (enthält u. a. "Verbum caro factum est", "O Domine, Jesu Christe")
 
 
1616 - Seitenanfang
Die "Opella nova" (kleine Werklein) erscheinen in Leipzig ("Erster Theil Geistlicher Concerten"). 1618 gibt es einen zweiten Band ("ander Theil) ", der ebenfalls in Leipzig erscheint. Er enthält u. a. "Vom Himmel hoch", "Gelobet seist, du Jesu Christ" und andere lutherische Choralbearbeitungen. Schein verarbeitet in Leipzig alte und neue Melodien zu Gesangbuchsammlungen und verbindet die motettischen Technik des 15. Jahrhunderts mit dem aktuellen italienischen Madrigalstil.
 
Zu den Dienstpflichten in Leizig gehören - wie später auch bei Bach - wöchentlich zehn Stunden allgemeiner Unterrichht (bei Bach war es z.B. das verhaßte Latein), vier Stunden Musiktheorie, Betreuung und Aufführungen mit den Chorknaben in St. Thomas und St. Nicolai, Musik für Ratswahlen, Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen, möglichst viel eigene Kompositionen und natürlich jede Menge Organistendienste. Wie bei Bach gibt es Auseinandersetzungen mit der Schulleitung, Disziplinprobleme mit den Chören, Neid im Kollegium usw - das dürfte heute auch nicht ganz anders sein und der heutige Thomaskantor Biller hat vermutlich auch keinen leichten Job.
 
 
1617 - Seitenanfang
Die "Banchetto musicale"(musikalisches Bankett), eine Sammlung von Galliarden, Intraden und Pavanen erscheint im Druck.
Hörbeispiel des ersten Satzes der Pavane Nr. 1 d-moll
 
 
1618 - Seitenanfang
Die ersten Krankheiten sind überliefert - Schein scheint oft krank gewesen zu sein und sein relativ früher Tod im Alter von 44 Jahren spricht für eine chronische Erkrankung.
 
Zwischendurch bricht der 30jährige Krieg aus. (zum Krieg) Seitenanfang
 
 
 
 
1621 - Seitenanfang
Die "Musica boscareccia" (Wald-Liedlein") erscheinen in Leipzig  
 
 
1623
Die geistliche Sammlung "Israelisbrünnlein" erscheint, eine enthält Sammlung von 26 Motetten. In ihr ist die Motette "Die mit Tränen säen" enthalten, die durch ihre reiche Chromatik hervorsticht.
 
1624  - Seitenanfang
Scheins Ehefrau Sidonia stirbt Ende Juni bei der Geburt der dritten Tochter. Insgesamt hat sie fünf Kinder geboren - die drei Mädchen sterben, die Söhne Johann Samuel und Johan Herman werden ihren Vater überleben.
 
 
1625
Nach dem Tod seiner ersten Frau und dem Ablauf der Trauerzeit heiratet Schein am 22. Februar Elisabeth von der Perre, die Tochter des Kunstmalers Johann von der Perre. Von aus dieser Ehe hervorgegangenen fünf Kindern sterben vier bereits als Säuglinge. Von allen zehn Kindern aus zwei Ehen werden nur die beiden Söhne aus erster Ehe überleben - eine normale Kindersterblichkeit für diese Zeit.
 
1629
In Scheins "Cantional", einem Vorläufer des Evangelischen Kirchengesangbuches mit 268 Liedern, das in diesem Jahr erscheint, finden sich 58 von ihm komponierte Trauergesänge, teils auch von ihm gedichtete, darunter eines zum Begräbnis seiner ersten Frau und für sieben seiner Kinder. Posthum, 1645, wird ein zweiter Teil erscheinen.
 
Im gleichen Jahr wird Schein vom Rat der Stadt vorgeworfen, er sei nicht fleißig genug und vernachlässige die Aufsicht. Zu diesem Zeitpunkt ist er schon schwer krank: Gicht, Nierensteine und Schwindsucht. Auch zwei Kuren helfen nicht weiter.
 
1630 - Seitenanfang
Schein stirbt am 19. Nov. 1630 in Leipzig. Heinrich Schütz besucht ihn am Sterbebette und schreibt auf seinen Wunsch für den Freund die Motette „Das ist je gewißlich wahr", die am 9. Januar 1631 in Dresden gedruckt erscheint. Die Bestattung erfolgt am 21. November durch Johann Höpner, Pastor zu St. Nicolai. Die Predigt geht über 1. Tim. 1, 15. „Das ist je gewißlich wahr" - der Text, über den Heinrich Schütz geschrieben hat.
 
 

 Schüler:
Paul Fleming aus Hartenstein
 

 Werkverzeichnis
1609 "Venus Kräntzlein"
1615 "Cymbalum Sionium sive Cantiones sacrae" ("Zimbel Zions gleichwie geistliche Gesänge")
18 lateinischg/deutsche Motetten zu 5 und 6 Stimmen,
12 Motetten zu 8, 10, 12 Stimmen und eine Canzon zu 5 Stimmen
1617 "Banchetto Musicale", Sammlungen von 20 Suiten zu 5 Stimmen
(Vorbild mag die 1604 in Nürnberg erschienene Tanzsammlung von Valentin Haußmann gewesen sein oder die Musae Sioniae von Michael Praetorius)
1618 "Opella Nova", (Kleine) geistliche Konzerte, 1. Teil
(30 Choralkonzerte zu 2 und 3 Stimmen mit Generalbaß)
1621 "Musica boscareccia" ("Waldliederlein") 1. Teil
(Villanellen zu 3 Stimmen mit Generalbaß)
1623 "Fontana d'Israel ("Israelsbrünnlein"),
Motettensammlung/geistliche Madrigale zu 5 Stimmen und Generalbaß vertonter Sprüche aus dem Alten - und Neuen Testament,
1624 "Diletti pastorali", Hirtenlieder
(weltliche Madrigale zu 5 Stimmen und Generalbaß)
1626 "Opella Nova", (Kleine) geistliche Konzerte, 2. Teil (ander Theil)
(32 Konzerte zu 3, 4, 5 und 6 Stimmen mit Generalbaß)
1626 ""Musica boscareccia" ("Waldliederlein") , 2. Teil (Villanellen zu 3 Stimmen mit Generalbaß)
1626 "Studentenschmauß"
1627 "Cantional", Gesangbuch Augsburgischer Konfession mit 268 Liedern, davon 43 Texte und 57 Melodien von Schein.
1628 "Musica boscareccia" ("Waldliederlein") , 3. Teil (Villanellen zu 3 Stimmen mit Generalbaß)
 
Choralsätze zu 4 und 5 Stimmen (ein Satz zu 6 Stimmen von Seth Calvisius)
Gelegenheitskompositionen ;
Motetten und Konzerte zu 2 bis 6 Stimmen
Motetten und Konzerte zu 7 bis 24 Stimmen
 
Man weiß von etwa 100 geistlichen und 350 weltlichen Werken, ca. 100 gelten als verschollen, auch wenn die Titel bekannt sind. Arthur Prüfer und Adam Adrio legten ab1901 eine erste Gesamtausgabe vor, die in der Württembergischen Staatbibliothek vorhanden ist. ("Neue Ausgabe sämtlicher Werke / Johann Hermann Schein". Im Auftrag der Internationalen Heinrich-Schütz-Gesellschaft)
 

 Links (nach Bedeutung aufgelistet) - Seitenanfang
http://www.kirche-gruenhain.de/menu/foerderkreis/schein/index.htm (von Rolf Böttcher)
http://www.thueringer-komponisten.de/alphabetisch/alphabetisch_s-u.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Hermann_Schein
http://www.klassika.info/Komponisten/Schein/index.html