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- Fotos und Texte von Martin Schlu 2006 - 2022
San Marco ist nicht nur Basilika und Campanile, sondern der gesamte
südliche innere Stadtteil zwischen der Promenade am Palazzo Duccale und
der Rialtobrücke bis zum Gebiet San Polo. San Marco ist der Stadtteil,
den die Tagestouristen gerade noch in zwei Stunden schaffen können,
bevor sie zur nächsten Stadt weitermüssen (Europe in five days).
Entsprechend teuer ist es, da die Tagestouristen ihren Murano-Schmuck
nur an der Piazza kaufen können, das Taubenfutterbild muß gemacht
werden und vielleicht schafft man noch den Campanile. Die Warteschlange
derer, die einmal durch die Basilika San Marco laufen wollen, ist
mittags normalerweise ca. 500 m lang, es kann aber auch mal mehr sein.
Wer den Markusplatz menschenleer sehen will, muß ihn zwischen drei Uhr
nachts und morgens halb sieben besuchen. Die meisten Abbildungen
ignorieren die zigtausend Touristen, die jeden Tag über ihn laufen und
es gibt die Redewendung, daß man, wenn man jemanden treffen will, sich
nur auf die piazza stellen muß, denn jeder kommt da einmal am Tag
vorbei. Bei mir stimmt es meistens - fast immer wenn ich in Venedig
bin, komme ich einmal am Tag am Platz vorbei.
oben: Der Markusplatz vom Glockenturm (campanile)
unten: Der Glockenturm (campanile) von unten, rechts daneben: Ausschnitt der Basilika
-
- Daß
die Kirche San Marco im 16 und 17. Jahrhundert die besten Musiker der
Welt beschäftigte und diese Musiker in ganz Europa stilbildend waren,
weiß der normale Tourist nicht und ein Blechbläser, Streicher oder
Chorist auch nur vielleicht. Giovanni Gabrieli
ist so jemand, der bis heute seine Spuren hinterlassen hat. Seine Grab
ist in der Kirche San Stefano, einer seiner Schüler war Claudio
Monteverdi und anläßlich seines 400jährigen Todestages 2012 hatte ich
die Ehre bei einer WDR-Produktion (Zeitzeichen) ein bißchen
beitragen zu können. Natürlich ist das, was in Venedig heute
musikalisch passiert, längst nicht mehr international führend (von den
Aufführungen der Oper „La Fenice“ mal abgesehen), doch dies merkt kein
Tourist und den Einwohner ist es wahrscheinlich wurscht. Für die, die
sich einen Zusammenhang zwischen der absolut außergewöhnlichen
Architektur der Kirche und einer (damals) absolut neuen
Kompositionstechnik vorstellen können, stehen hier ein paar Links.
WDR-Sendung “Zeitzeichen" vom 12. August 2012
Fachartikel aus meiner Studienzeit
Venedig für Anfänger (Gabrieli)
Balilika San Marco bei Hochwasser (aqua alta)
Ein Spezialität der piazza sind die Taubenfutterverkäufer. Mutmaßte Manfred Schmidt schon in den 60er Jahren, der Taubenfutterverkäufer würde "abends mit seiner Yacht in seinen Palazzo fahren" (1)
, kann man das eigentlich nur bestätigen. Mir erzählte 2006 ein
Gondolieri, sein Bruder habe die andere Gondel der Familie mit der
Lizenz für EUR 40.000.- verkauft und sich dafür eine Lizenz zum
Taubenfutterverkäufer gesichert. Unwahrscheinlich? Möglich!
(1) im Kapitel "Venedig" aus: "Mit Frau Meier in die Wüste“, ISBN-13-978-3499109072
Taubenfutterverkäufer
auf der Piazza di San Marco, Das Tütchen
enthällt 20 g Maiskörner, damit wird ein
Kilopreis von EUR 50.- erzielt. Demzufolge reicht es vielleicht nicht für
Yacht und Palazzo, aber für eine solide Existenz.
Coca Cola warb in den 1960er Jahren mit
im Schriftzug ausgestreuten Taubenfutter. Heute (2022) ist das Taubenfüttern aber verboten und die Polizei kassiert ca. € 200.-, wenn man erwischt wird.
Am höchsten im Status der venezianischen Tourismusarbeiter stehen die
Gondolieri, die ungekrönten Könige der Stadt. Für eine gute dreiviertel
Stunde Fahrt und Führung durch die Kanalwelt waren im Sommer (2022) ca.
EUR 180.- üblich, manchmal mehr, nur im Winter weniger. Dafür bekommt
man Plätze und Häuser zu sehen, die man später niemals wiederfindet,
sooft man es auch versucht. Wenn man nicht mit "Gondola, Gondola?"
angesprochen werden will, darf man bei einem geringelten Pulli mit
Strohhut auf keinen Fall stehenbleiben, oder gar die Gondel anschauen.
Hat einen der Gondolieri erst einmal beim Wickel, fährt man auch. Zu
zweit ist es gemütlich, mit vier Leuten bezahlbar, ab sechs Mitfahren
kippelig. Es passiert aber nie etwas. Wer sich mehr für die Gondel
interessiert besucht die Gondelwerkstatt an der Zattere oder fragt am
St. Moise die Gondolieri über ihren Beruf aus, wenn sie ihre Tour
fertig haben und Pause machen. Es ist eine fast reine
Männergesellschaft, doch eine Frau schipper auch über die kanäle - die
Gondoliera.
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