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Oberschwaben und die Alb
Text und Fotos: © Martin
Schlu 2019 / Stand : 25. April 2019
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- Einführung
- Anfang
der 1980 studierte ich im dritten Semester Musik und traf ein
Mädchen aus dem ersten Semester, das mit großen Augen auf meine Posaune
schaute und fragte: „Bischt aa a Erschtsemessster?“ Ich reagierte nicht sogleich, mußte erst noch überlegen, was sie meinte und sie legte gleich nach: „Obssch aa a Erschtsemessster bischt?“
Da verstand ich sie und wir beide verstanden uns im Laufe der nächsten
Wochen immer besser. Später fuhr ich mit Nana nach Münsingen, merkte,
daß die dort alle so wie sie sprachen und noch ein paar Jahre später
lernte ich meine jetzige Frau kennen, die - aus Bad Cannschdadd und Schtuagart
stammend - ein viel weicheres Schwäbisch sprach, das auch ich verstehen
konnte. Noch heute, wenn ich mit ihrer Familie Kontakt habe, erlebe
ich, wie sie in Sekunden auf Schwäbisch umschaltet, aber mittlerweile
kann ich es verstehen, auch wenn es Vokabeln gibt, die ich lernen
mußte. Kehrwisch , Kutterschaufel und Kuttereimer sind bei der Kehrwoche unabdingbar und wenn eine Seele
verkauft wird, hat dies nichts mit schwarzer Theologie zu tun, sondern es findet täglich in jeder Bäckerei statt.
- Dies sind nur ein paar schwäbische Begriffe, aber es gibt Tausende davon. Anfänger schauen bei Thaddäus Troll nach, „eschde“ Schwaben graust es nur. Die Webseite „schwäbisch schwätze“
ist für Neuschwätzer aber sehr hilfreich, schafft es doch unser
Bundesjogi nicht alleine, andere Menschen für das Schwäbisch zu „begeischdern“, doch mit Hilfe von „Mauldesche“ und „Ochsemaulsalad“ gelingt es vielleicht auch kulinarisch.
- Los gehts: Biberach - Blautopf - Ehingen - Federsee - Schloß Mochental - Munderkingen - Laupheim - Riedlingen - Ulm - Zwiefalten
Wir
haben uns über Ostern auf die Alb zurückgezogen, bewohnen in Ehingen-Kirchen
eine alte Mühle mit meterdicken Mauern und stellen fest, daß es dort
zwar ein passables W-Lan gibt, das Handy hier aber kein Netz hat, denn
der Ort liegt in einer Senke und man muß ein paar hundert Meter den
Berg hochlaufen um zumindest einen Balken auf der Empfangsanzeige zu erreichen.
Hier ist das Handynetz definitiv noch nicht ausgebaut, die Uhren gehen
langsamer und Autos fahren hier nicht vorbei. Zum Nachdenken, Lesen und
Schreiben ist es also ideal. Ehingen liegt im Dreieck Stuttgart,
Augsburg und Bodensee, Ulm ist eine halbe Stunde entfernt, die
Supermärkte sind nur sieben Kilometer weit und die Donau ist hier noch
ein kleines Flüßchen - erst ab Lauingen kann man sie überhaupt mit
einem Ruderboot befahren und bis dahin sind es noch gute dreißig
Kilometer. Das weiß ich noch, weil ich 1987 mal von da bis Wien
gerudert bin, aber das ist eine andere Geschichte.
Biberach
Diese
Stadt ist eine Art Regierungssitz mit eigenem Autokennzeichen (BC) und
damit steht sie in der politischen Hackordnung noch höher als die
„große Kreisstadt Ehingen“, die auf das Kennzeichen „UL“ der Münsterstadt
zurückgreifen muß. Es ist eine alte Stadt, die - so wie viele andere
auch - im Krieg eben nicht ausgebombt wurde und die deswegen ihre alte
Struktur mehr oder weniger behalten hat. Gut erkennbar ist das auf dem
Marktgelände vor der Kirche.
Der Marktplatz von Biberach mit der von Katholiken und Protestanten gemeinsam genutzten Stadtkirche - echte Ökumene.
Text wird fortgesetzt....
- Blautopf
- Wir lassen uns ein bißchen Zeit und suchen in der Umgegend. Eduard
Mörike ist jemand, den man als Schwabe kennt und „Mörige“ wird hier
weiß Gott verehrt. Er hat eine ganz Reihe von Sagen und Märchen
geschrieben, die lokalen Bezug haben und eines davon ist die Geschichte
von der schönen Lau. Die ganze Geschichte
kann man keinem zumuten, der nicht mit Mörike aufgewachsen ist, weil
der Text sprachlich gewöhnungsbedürftig ist, aber den Anfang kann man
verstehen:
Im
Schwabenlande, auf der Alb, bei dem Städtlein Blaubeuren, dicht hinter
dem alten Mönchskloster, sieht man nächst einer jähen Felsenwand den
großen runden Kessel einer wundersamen Quelle, der Blautopf genannt.
Gen Morgen sendet er ein Flüßchen aus, die Blau, welche der Donau
zufällt. Dieser Teich ist einwärts wie ein tiefer Trichter, sein Wasser
von Farbe ganz blau, sehr herrlich, mit Worten nicht wohl zu
beschreiben; wenn man es aber schöpft, sieht es ganz hell in dem Gefäß.
Der Blautopf bei Blaubeuren
Nun ist der Blautopf eine
Karstquelle, die - je nach Wetterlage pro Sekunde zwischen einer
Badewanne und einem Tanklastzug Wasser hervorbringt, das den Fluß
„Blau“ speist, der bei Ulm in die Donau mündet, nachdem er durch das
malerische Ulmer Fischerviertel geflossen ist. Außerdem liegt in ca. 21
Metern Tiefe der Eingang zu einem kilometerlangen Höhlensystem, das
immer noch nicht ganz erforscht ist. Man gräbt gegenwärtig einen
Zugang, von dem man in Zukunft trockenen Fußes in die riesigen Höhlen
steigen können soll (man beachte den Konjunktiv) - es wird aber noch
ein paar Jahre dauern und in den
Blautopf tauchen dürfen nur eine Handvoll Leute, denn es ist ziemlich
lebensgefährlich und es hat schon häßliche Unfälle dort gegeben. Man
kann mit dem Auto natürlich nicht dort parken, das erledigt man am
besten im Ort und dann läuft man ein paar Minuten bis zur Kirche, der
Mühle und der Quelle. Allein Kirche und Klosterumgang sind den Besuch
wert und wer historisch interesiert ist, findet hier eine Menge
Geschichte/n. Unweit des Ensembles von Blautopf, Mühle und Kloster fand
ich am Haus Nr. 3 steinerne (B)engelchen, die vielleicht Mörikes
Geschichte lesen - hart an der Grenze zwischen Kitsch und Kunst, hier
aber passend:
- Längst
hat man neben den Blautopf außerdem eine hübsche nackte Lau aus Stein aufgestellt, der
Tourismus in Blaubeuren hält sich in Grenzen und neben der Quelle hatten
sich schon im 11. Jahrhundert die Benediktiner angesiedelt, ein
gescheites Kloster errichtet, das 1534 evangelisch und ein paar Jahre später evangelische Klosterschule wurde. Heute ist im Klostergebäude eine evangelische Eliteschmiede im
Bereich Musik, Theologie, Sprache und Wissenschaft untergebracht, in
dem die Ev. Kirche unter anderem ihren Nachwuchs ausbildet. Ob der
klösterliche Kräutergarten auch in der schulischen Küche noch
Verwendung findet, war nicht herauszubekommen - es spräche aber nichts
dagegen.
Das ehemalige Kloster und heutige Seminar Blaubeuren - zurück
-
Blaubeuren
lohnt auf jeden Fall einen zweiten oder dritten Besuch, dann vielleicht
mit etwas mehr Vorwissen und am Seminar hätte ich gerne Mäuschen
gespielt - nicht nur wegen der Musik.
- Ehingen
Ehingen
schmückt sich mit dem Zusatz „Große Kreisstadt“ doch die Autos hier
haben allesamt Ulmer Kennzeichen. Die Größe liegt bei ca. 25.000 Ew.
also etwa so groß wie Bad Honnef/Rhein oder ein Fünftel von
Köln-Nippes. Beim ersten Anfahren der Stadt war ich erstaunt, daß der
Donauhafen so groß sein sollte, denn von der B 311 aus sah man einen
ganzen Wald von Kränen, zig Meter hoch, der höchste vielleicht sogar
hundert Meter. Ein Näherkommen an diesen vermeintlich großen Hafen
brachte schnell Ernüchterung: Vor den Toren der Stadt hat die Firma
Liebherr ihre Werkshallen und sie haben Freifläche genug um zwei
Dutzend Kräne aufgebaut zu zeigen. Daß es der Firma recht gut gehen
muß, sieht man an den vielen Kranwagen, die mit roten Nummern überall
unterwegs sind um vermutlich letzte Testfahrten zu bestehen. Wenn man
die Gewerbesteuer alleine dieser Firma hochrechnet (1,6 Mrd. Umsatz), ist die Stadt sicher nicht arm. Immerhin reicht es für siebzehn Schulen.
Der Showroom der Firma Liebherr von der B311 aus gesehen
Es gibt noch mehr in Ehingen zu sehen: am Markt stehen Rathaus und
Amtsgericht einträchtig nebeneinander und es gibt auch eine
Fußgängerzone, aber Ehingen ist trotzdem eher kleinstädtisch und man
möchte kein vierzehnjähriges Mädchen oder kein Junge sein die/der sich
abends mit Freunden treffen will und nicht gefahren werden kann. Für
mal eben treffen sind die Entfernungen mit dem Rad einfach zu groß und
das Land zu hügelig. Ohne Elterntaxi wird hier nicht viel laufen.
- Daß
aber fast jede schwäbische Kleinstadt ein Industriegebiet hat, das
etliche Millionen Steuern in die Gemeidekasse spült, ist allerdings ein
Umstand, von dem NRW nur träumen kann, zumal in Schwaben immer wieder
Schilder an den Landstraßen stehen, daß der Quadratmeter Grund für 35.-
zu haben ist. Soviel Fläche für Industrieunternehmen, wie wir hier
gesehen haben, gibt es im Rheinland gar nicht mehr und deswegen
reicht es in unseren Schulen eben nur noch für das Allernötigste... - zurück
Federsee Um
die Stadt Bad Buchau soll es ein Hochmoor geben, einen Landschaftspark,
in dem man angeblich den Vögeln beim Brüten zusehen kann. Weil wir
keine Karten mehr haben, wissen wir nicht genau, wo zu suchen ist, denn
das Navi kennt den Federsee
nicht. Wikipedia nennt aber Bad Buchau als Anlaufpunkt und das stellen
wir erstmal ein. Auf dem südlichen Weg kommen wir durch Dörfer, die all
ein bißchen schwäbisch klingen, weil sie die „ingen“-Endung haben oder ganz abstruse Namen wie „Unterstadion“ oder „Oberstadion“. Leider gab es keine „Südkurve“.
In Bad Buchau gibt es immerhin einen Hinweis auf die Federseeklinik und
es gibt auch einen Parkplatz, auch wenn man von dem See nichts sieht.
Man sieht aber in der Ferne hohes Riedgras (= Reetgras, also
Moorpflanzen) und wir laufen den Massen hinterher, kommen an eine
Zahlstelle, wo man uns p.P 2,50 abknöpft und werden auf einen hölzernen
Steg geschickt (Später werden wir erfahren, daß wir Geld gespart
hätten, wäre der Parkschen vorgezeigt worden - conjunctivus irrealis ). Wir lassen eine laut redende Horde Testosteronbomben mit Käppi und Springerstiefeln vorbei, setzen uns solange auf eine der zahlreichen Bänke und sind einfach mal still.
- Auf dem Holzweg ist es manchmal richtig still
Sobald
die Menschenmassen vorbeigeströmt und vorbei sind, kann man das Piepen
und Zirpsen von allen möglichen Vögeln hören - man sieht die Viecher
nur nicht. Als wir nach einiger Zeit weitergehen, verändert sich das
Riedgras zu Wassertümpeln und wir gelangen an einen kleinen
Seeausläufer. Auf jedem Grasbüschel hocken irgendwelche Vögel und
brüten, ein Entenweibchen wird von vier Männchen angebaggert und
Enterich Nummer fünf hat alle Mühe die Männchen eins bis vier
fortzuscheuchen oder wegzubeißen. Unter der Wasseroberfläche tummeln
sich zahlreiche Fische mit roten Schwänzen, Libellen fliegen durch die
Luft und ab und zu springt ein größerer Fisch und holt sich eine. Nur
der Schwan - etwa einen Meter vom Steg entfernt - läßt sich nicht
stören, döst und brütet wahrscheinlich - also eine Schwänin. Es ist
ungeheuer entspannend anderen Tieren zuzusehen, selbst als die
Testosteronbomben wieder zurückkommen, stört das die Vögel nicht
wirklich.
Schwänin beim Brüten - zurück
Von weitem sehen wir einen Berg mit einer Kirche auf dem Gipfel. Diese
Kirche werden wir die nächsten Tage hoch öfter sehen, eigentlich
immer, wenn wir höher als sechshundert Meter sind.
Laupheim
Geschichte: Ein „Louphaim“,
ein Haus inmitten der Blätter (im Wald) wurde im Januar 778 erstmalig
erwähnt, als anläßlich eines Gerichtstages dem Kloster St. Gallen
(Schweiz) hier sieben Sklaven geschenkt wurden. Diese sieben Sklaven
bauten die Siedlung an der Handelstraße Ulm-Bodensee auf. Alemannen,
Karolinger und Franken stritten sich die nächsten
Jahrzehnte um diesen Fleck Erde, bis Ludwig der Deutsche (in Bonn
gekrönt) etwas um 850 entschied, daß Laupheim in Zukunft dem ehemals
fränkischen Königshof Weißenburg zugeschlagen werden sollte, damit der
Fernverkehr vom nächsten Königshof Ulm bis zum Bodensee besser kontrolliert werden konnte. Danach wurde in Laupheim die erste
Saalkirche gebaut, weil der Ort eine gewisse Dröße erreicht hatte.
- Einige Jahrzehnte später fielen die Ungarn (926) und zerstörten diese erste Kirche, die
Zugehörigkeiten wechselten von Konstanz (1275, zweite Kirche) nach Österreich (1331),
doch die wirtschaftliche Bedeutung des Ortes blieb. 1607 wurde - wie
später in Zweifalten - alles noch einmal komplett neu geplant und der
alte Schmonz abgerissen. Finanzierung und Neubau gingen jedoch nicht
recht voran, denn der 30jährige Krieg brachte 1634 erst eine Plünderung durch die
Schweden, dann dezimierte die Pest 1636 die Bevölkerung und erst
1667 war die Kirche in der heutigen Form fertig. Sie war jetzt nur zu groß.
Literatur:
Pfarrkiche Sankt Peter und Paul in Laupheim, hrgg. v. Kath. Pfarramt
Sankt Petrus und Paulus, Kirchberg 17, 88471 Laupheim,
Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg 2013, ISBN 978-3-89870-535-6
- Laupheim: Kirche und Schloß als eine Einheit
- Danach
passierte nicht mehr viel in Laupheim. Die Kirche hat zwar bis heute
Bestand und die Gemeinde ist gegenwärtig für 25.000 Katholiken
zuständig, doch kulturell hat sich seit dem 19. Jahrhundert nicht mehr
viel getan. Eine Ausnahme ist Karl Lämmle, gebürtiger jüdischer
Laupheimer, der als Siebzehnjähriger 1884 nach Amerika auswanderte, mit
Gelegenheitsjobs sein Talent als Werbefachmann entdeckte und 1906 die
ersten „Kinoautomaten“ aufstellte. Als die von Hitler verfolgten
jüdischen Künstler in die USA nachkamen, hatte Lämmle sich längst als
„Carl Lemmle“ amerikanisiert und in Los Angeles-Hollywood die ersten
Studios gegründet. Sein Sohn stieg später ebenfalls ein, zeitweilig
auch der Neffe und das vom Senior gegründete Universal-Studio
ist bis heute eine der ganz großen Filmfirmen und hat Hunderte von
Blockbustern gedreht. Bis zu seinem Tod 1939 unterstützte er regelmäßig
seine Heimatstadt mit Geld und er stellte 300 jüdischen Mitgliedern der
Laupheimer Gemeinde eine Arbeitsbescheinigung für Hollywood aus, womit
er ihnen das Leben rettete.
- Die Stadt Laupheim gibt natürlich ordentlich mit Carl Lemmle an. Es sei ihr gegönnt. Weil Laupheim früher die größte jüdische Gemeinde
im Königreich Württemberg hatte (ca. 850 Gläubige) finden sich
natürlich noch Zeugnisse - auch wenn nur zwei Juden den Zweiten
Weltkrieg in Laupheim überlebten.
Das Laupheimer Schloß beherbergt ein christlich-jüdisches Museum.
Der Brunnen besteht aus vielen beweglichen Figuren und stellt die Marktszenen dar, die sich hier früher abgespielt haben
- zurück
Schloß Mochental
Zwischen Kirchen und Ehingen liegt dieses Schloß,
das ab ca. 1200 die Propstei des Klosters Zwiefalten war. Ab ca. 1730
entstand der jetzige Bau nach einem Brand als Neubau, doch 1803 fiel
das Gebäude an das Herzogtum und spätere Königreich Württemberg und
diente als Fostamt, Verwaltungsbebude und als Internat, bis es 1985 von
dem Galeristen und Kurator Ewald Karl Schrade gekauft und renoviert
wurde. Es dient heute als Kombination von Museum und Galerie. Reizvoll
sind die Räume der ehemaligen Kapelle und die Emporen darin. Zum Schloß
gehören Wiesen und landwirtschaftliche Flächen, die vermutlich
verpachtet sind. Anläßlich des 110. Geburtstages des Künstlers HAP Grieshaber
(1909 -1981) wurde im April 2019 eine Verkaufsausstellung mit vielen
seiner Werk eröffnet. Das beworbene Besen-Museum kann man sich
schenken, die Galerie nicht.
Schloß Mochental - Galerie mit Museum - zurück
- Munderkingen
Auf dem Rückweg fahren wir über den Nachbarort Munderkingen,
stellen das Auto an der Donau ab und laufen in die Innenstadt. Viel
Verkehr ist dort nicht, denn auch hier sind Schulferien, der Marktplatz
ist eine Baustelle und es scheint kaum ein Mensch da zu sein. Es ist
schon lange nicht mehr Mittagszeit, aber die meisten Läden haben
geschlossen, im Café wartet die Wirtin auf Kundschaft und zu
sehen gibt es nur etwas im Schaufenster des VFL Munderkingen e.V. Die
Kirche St. Dionysos ist zwar ganz schön, aber heute überdimensioniert,
obwohl Munderkingen nie eine große Stadt war, aber jetzt ist sie mit gut 5.000 Einwohnern die kleinste Stadt im Alb-Donau-Kreis.
- Das
„Gasthaus zum Löwen“ , das älteste Haus Munderkingens (1599), wartet
halbverfallen schon seit Jahren auf den Prinzen (Investor) , der es aus
seinem Dornröschenschlaf wachküßt und die „Schwäbische Zeitung“
meldete bereits im Juli 2018, daß ein Investor dort angeblich Wohnungen
bauen will. Man hofft auch auf die Fertigstellung und den Anschluß an
die Bahnstecke Ulm-Stuttgart, damit die Gemeinde mal eine Zukunft als
Vorort für Stuttgart hat, auch wenn die Bahnstrecke zur Zeit eingleisig
und nicht elektrifiziert ist - im Prinzip ist es immer noch so wie
1870, als Munderkingen mit der Donautalbahn endlich einen Bahnhof bekam.
- Die Auslage eines Zeitschriftenhändlers bietet dafür „Heimat-Roman“, „Berg-Roman“ und andere Adels-Schmonzetten im Angebot - auch hier
ist die Zeit stehengeblieben. Die ganze Stadt scheint also zu schlafen
und selbst der Storch auf dem Kirchturm döst oder brütet (das kann man
nicht erkennen). Man wartet sozusagen auf die Erlösung....
Der Storch scheint zu warten, daß die Zeit vergeht
Doch
plötzlich hört man Musik und Gekreische und beim Nachsehen finden wir
zwei Mädchen: das Handy der einen liefert den Ton, zu dem sie tanzen,
das Handy der anderen nimmt den Tanz auf, den die beiden dazu
abliefern. Alleine das Zusehen macht Spaß und die Mädchen merken es
lange nicht. Dann gucken sie wie ertappt, wir lachen sie an und sie
lachen zurück. Was soll man hier auch sonst tun?
Zwei Mädchen drehen ein Selfie und haben ordentlich Spaß dabei. -
- Was aus den Mädchen mal wird, wenn sie hier nicht weggehen, mag man sich gar nicht vorstellen. zurück
Riedlingen
Die Störche haben uns auf die Idee gebracht das „Ried“ in der Donau mal
in Augenschein zu nehmen, denn da gibt es Getier, das Störche mögen und
da finden sich auf den Dächern vielleicht auch mehr Storchennester.
- Text wird noch weitergeschrieben...
Text wird fortgesetzt....
- „St. Johannes Baptist auf dem Bussen“ heißt die Kirche, die wir immer wieder von weit oben auf dem Berge gesehen haben.
- Ulm
- Färt man von Blaubeuren die Blau entlang, kommt man nach Ulm. Dort parkt man, über die B 311
angekommen, am besten in der Tiefgarage im malerischen Fischerviertel
und kommt in der Altstadt heraus. Zwischen der „Unteren“ und der „Oberen“ Blau gibt es einige
Inseln, auf denen teilweise nur ein Haus steht, das von beiden Seiten
umflossen wird. Einen halben Kilometer vom Fischerviertel entfernt, mündet die Blau dann in die Donau.
- Das
Fischerviertel ist einer der ältesten Stadtteile
Ulms und das „schiefe Haus“ ist wohl das Älteste im Viertel. Es steht
seit 1500 und hat seinen Namen, weil
sich die Fundamente durch das Bachbett senkten und die Waagerechte
nicht mehr zu halten
war. Ähnliches kennt man vielleicht aus Pisa, aber auch im Ulmer
Fischerviertel fällt dieses Haus auf, auch wenn es nicht so schief
steht wie der Schiefe Turm. Das Prinzip ist das Gleiche. Das
Fischerviertel ist allerdings bewohnt und eben kein Freiluftdenkmal für
Touristen wie es manche Städte längst geworden sind (Venedig,
Dubrownik, das Kölner Martinsviertel). Es gibt Heime für Senioren,
normale Wohnungen und Geschäfte und der Tourismus hält sich in Grenzen.
Natürlich gibt es mehr Seniorenbetreuungen als Jeansläden, so daß man
vielleicht auf die Altersklasse schließen kann, die hier wohnt -
Studenten und junge Familien findet man hier seltener.
- Oben:
Der Anfang des Ulmer Fischerviertels an der Blau - daß die Tiefgarage
drei Minuten entfernt ist, sieht man natürlich nicht.
Unten: Das „schiefe Haus“ - der Baugrund hatte nachgegeben und man konnte nicht mehr nachbessern.
- Von
Maastrich oder Brügge kenne ich zwar ähnliche Bilder, aber dort hat man
auf der Hausseite meistens noch ein Boot am Anlegesteg. Hier ist das
witzlos, weil man nirgendwo eine Handbreit Wasser unter dem Kiel hätte
und spätestens an der nächsten Brücke wäre Schluß. Einbrecher brauchten
hier also lediglich Gummistiefel, aber weil hier ständig
Einwohner und Touristen herumlaufen, würde das schon auffallen. Die
älteren Häuser sind natürlich alle Fachwerkhäuser, auch wenn man das
Fachwerk manchmal verputzt und grün oder braun angestrichen hat - an
den Fenstern und an den Geschoßübergängen ist es immer zu erkennen. Es
gibt durchaus triftige Gründe dafür, denn eine fachgerechte Sanierung
eines denkmalgeschützen Hauses übersteigt üblichweise den Zeitwert der
Hütte und daß das Denkmalamt einen kostendeckenden Zuschuß gibt, habe
ich noch nie gehört. Unter einer halben Million tut sich da nie etwas.
Was aber passiert, wenn der Blautopf pro Sekunde nicht 2.000 Liter
ausspuckt, sondern 30.000 (wie schon 1988 geschehen), mag man sich hier
nicht wirklich vorstellen. Dann würden hier nicht nur die Wege naß.
- Vom
Fischerviertel sieht man eigentlich immer das Münster (zumindest die
Spitze) und natürlich ist der Besuch ein Muß. Diese Kirchen gehören
üblicherweise dem Land oder der Landeskirche und da ist natürlich
entsprechend Geld im Etat eingeplan. Anders als bei der Kathedrale
Notre-Dame, die gestern in Flammen stand , wird
deswegen auch ständig saniert und repariert. Geht man einmal um den Dom
herum, findet man ab dem nördlichen Münsterplatz schon jede Menge
Gerüstteile, mit denen die gotischen Fensterfronten demnächst
eingerüstet werden. Dabei werden sie auseinandergenommen, gereinigt,
wieder zusammengebaut und sie bekommen dabei ein modernes Schutzglas.
Das hält dann wieder für zweihundert Jahre.
- Die Gerüstteile liegen schon da - fertig für die nächste Baustelle
- Gegen
halb zwölf betreten wir das Münster und kriegen mit, wie die Orgel
gestimmt wird. Während wir das Innere begucken, ist der Orgelbauer
irgendwann fertig und weil der Organist wohl alles überprüfen will,
erklingt auf einmal französische Orgelmusik von Charles Widor.
(Nun ist Widor zwar nicht Organist in Notre-Dame
gewesen, sondern in St. Sulpice, aber er wurde von der französischen
Orgelbauerfamilie Cavaillé-Coll
gefördert, die für französische Orgelmusik stilbildend war und die
größte Cavaillé-Coll-Orgel, die es gibt, steht eben in Notre-Dame.
(Sie hat den Brand aber nahezu unbeschädigt überstanden, wie die Presse
heute, am 24. April 2019 berichtete). Hier, im Ulmer
Münster, steht eine riesige Walcker-Orgel, die den französischen
Klängen jedenfalls recht nahe kommt und mit 100 Registern genauso groß
ist wie die in Notre-Dame, Paris.
- In
meiner Heimatstadt Bonn steht in der Beueler Josefskirche ein etwas
kleinerer Nachbau einer Cavaillé-Coll (61 Register), die der damalige
Organst Hans-Peter Reiners vor Jahrzehnten mit ein paar Orgeljecken
gebraucht aus der Schweiz kaufte (Kuhn-Orgel von 1882) und von der
Firma Oberlinger mit einer Cavaillé-Coll-Disposition in St. Josef
einbauen ließ. Darum kamen bis heute alle wichtigen
Notre-Dame-Organisten seit Pierre Caucherau und Jean Langlais immer
wieder nach Beuel und tun es auch heute noch ) . Video.
Die Walcker-Orgel im Ulmer Münster
- Um
zwölf Uhr geht das große Geläut los (ich höre mindestens vier Glocken)
und am Abend melden die Nachrichten, daß da Mittagsgeläut überall
ausgedehnter war als sonst, weil man an die ausgebrannte Kathedrale
Notre-Dame in Paris erinnern wollte.
- Ich
war dann an Ostern noch einmal im Münster und werde sicher noch öfter
wiederkommen. Das Wetter war am Sonntag traumhaft und wenn es einen
Lift gegeben hätte (wie in St. Petri, Rostock
oder St. Nikolai, Hamburg) hätte ich die Aussicht genossen, doch in
meinem Alter verzichte ich gerne auf 768 Treppenstufen (etwa 200 mehr
als im Kölner Dom) und freue mich mit denen, die aus 143 Meter Höhe
herunterwinken. Zu dick sollte man nicht sein, weil es ab der zweiten
Aussichtesplattform recht eng werden soll. Der Eintritt für das Treppenerlebnis beträgt 5.-, (für einen Euro mehr gäbe es am Campanile in San Giorgio (Venedig) einen Lift ;-), der Preis für den Ausblick ist aber erheblich höher.
Sie haben es geschafft - ich wäre nicht so hoch gekommen
Am späten Nachmittag gehen wir nochmal zum Fischerviertel, setzen uns
an die Donau in die Sonne und lassen die Seele baumeln. Einige liegen
sonnenbadend auf der Wiese, zwei Jungs sitzen mit ihrem Bier vor uns
auf einer Holztreppe, zwei Japaner füttern Möwen und andere Vögel und
ab und zu kommen Radfahrer oder Ruderer vorbei - wie ich vor dreißig
Jahren.
Entspanung auf dem Wasser - zurück
Zwiefalten
Geschichte: Zwiefalten
hat seinen Namen vom Zusammenfluß der „zwiefachen“ (zweifachen) Aach
und weil Zusammenflüsse immer eine gute Wasserversorgung garantieren,
gab es schon seit 904 erste Siedlungen an dieser Stelle. Zwei Grafen, die im Investiturstreit zwischen Heinrich IV. (der mit dem Canossa-Gang) und Papst Gregor VII.
(der, der den Königen das Recht abgesprochen hatte, Bischöfe
einzusetzen) auf päpstlicher Seite standen, hatten viel Geld, aber
keine Erben und ließen sich von ihrem Verwandten, dem Würzburger
Bischof überreden, etwas für ihr Seelenheil zu tun. Sie stifteten 1089 ihren Besitz der Kirche, die daraus die Benediktinerabtei Zweifalten
machte und erhielten die Zusage, im Kloster begraben zu werden. 1092
starb der erste, 1098 der zweite und beide wurden vertragsgemäß unter
die Erde bzw. die Steinplatte verbracht. Bereits 1093 später wurde die
Abtei von Papst Urban II. selbständig, war nur noch dem Papst
unterstellt und erlebte einen wirtschaftichen Aufschwung.
Der Zusammenfluß der beiden Quellflüsse Aach I und Aach II an der Klostermauer.
- Im
Laufe der nächsten Jahrhzehnte erfolgten weitere Schenkungen - z.B Burg
Mochental, woraus später Schloss Mochental wurde - bis die Ausdehnung
des Klostergebietes ungefähr dem heutigen Landkreis Reutlingen
entsprach. Die Herrscher und Kirchenfürsten wechselten und das Kloster
fiel mit Kirche an die Welfen, die Staufer, zwischendurch auch mal nach
Österreich und landete 1365 bei den Herzögen von Württemberg.
Ständig waren ca. 50 Patres und 150 Laienbrüder vor Ort und die Abtei
entwickelte sich zum Zentrum der mittelalterlichen
Handschriftproduktion. In der Reformation „drohte“ zwar die
Evangelisierung, doch die Württemberger Herzöge waren liberaler als der
Papst und ließen die Abtei katholisch. Durch die
Handschriftenproduktion und wirtschaftlichen Erfolg war die Abtei aber
so reich geworden, daß sie sich 1750 sogar von der Kirche loskaufen
konnte und „Reichsabtei“ wurde. Damit gehörte sie sich selbst (wie
heute der Kölner Dom). Napoleon
setzte 1802/1803 allem ein Ende löste die Abtei auf, nach dem Untergang
des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation (HRR) wurde aus
der Kirche eine normale Pfarrkirche und das Kloster stand lange leer.
Heute ist dort die Landespsychiatrie des Landes BW untergebracht.
Das Zwiefalter Münster vom Klostergarten
Von dem alten Bau ist nichts mehr erhalten, denn 1738
wurden die alten romanische Gemäuer abgerissen und die Kirche bis
1765 noch einmal komplett neu gebaut. Aus diesem Grund hat man hier
süddeutschen katholischen Barock in Reinkultur. Da das Münster „Unserer
Lieben Frau“ (Maria) gewidmet ist, finden sich entsprechend viele
Marien- und andere Heiligenstatuen. Genaueres mag man im Kirchenführer
(s. unten) nachlesen oder bei Wikipedia,
aber in all der barocken Goldorgie hat mir am besten ein Detail der
Kanzel gefallen, das den meisten als „Ecce homo“ geläufig ist: Alles
ist vergänglich (auf's Bild klicken...).
Literatur:
Münster Zwiefalten, hrgg. vom Kath. Pfarramt Zwiefalten, Kunstverlag Peda Grego e.k. , Passau 2016, ISBN: 978-3-89643-630-6,
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Text und Fotos © Martin Schlu, 24. April 2019
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