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- Kap
Arkona - Putgarten - Vitt
- Kap
Arkona ist die nordöstliche Spitze Deutschlands. Das Kap ist der Sitz
der Wetterstation und war schon zu Kaisers Zeiten ein touristischer
Höhepunkt. Der dem Kap vorgelagerte Ort heißt Putgarten und ist für
automobile Besucher gesperrt. Wer dort nicht wohnt oder sein Ferienhaus
hat, muß sein Auto am Ortseingang auf dem Parkplatz stehen lassen und
die etwa drei Kilometer bis zum Kap zu Fuß gehen. Alternativ gibt es
ein paar Mal am Tag einen Bus, der vom Nachbarort Altenkirchen bis zu
den beiden Leuchttürmen fährt, von denen man zwischen April und Oktober
den größeren besichtigen kann. Der kleinere Leuchttum wurde 1825-1827 wahrscheinlich von dem preußischen Stararchitekten Karl-Friedrich
Schinkel
gebaut und ist heute ein Museum, der größere ersetzte ab 1905 den
Schinkelturm und ist nachts bis zu 40 km weit zu sehen. Außerdem gibt
es in direkter Nachbarschaft eine
Bunkeranlage der ehemaligen NVA und diverse Künstlerhäuser.

- Die nördlichsten Leuchttürme Deutschlands am Kap Arkona, der kleinere Turm wurde von Schinkel erbaut. Foto: Juli 2012
Den
Ausblick auf die Ostsee hat man hier aber nicht, weil seit vielen
Jahren alles um die Steilküste zugewachsen ist. Zum Gucken muß man auf
den roten Leuchttum, der im Sommer geöffnet ist oder - ganzjährig - auf den Peilturm hundert Meter weiter westlich (nicht im Bild). Die Aussichtsplattform des Schinkel-Turms ist allerdings
seit Jahren gesperrt, weil sie verrostet und nicht mehr sicher war.
- Die Freßbuden an den Leuchttürmen haben ab Ende März geöffnet und im Sommer
finden auf der Bühne unterhalb dieser Türme Tag für
Tag Kleinkunst, Kabarett oder Musik statt. Wem das immer noch nicht
reicht, kann im Schinkel-Turm heiraten und das Datum und die Namen
der Brautleute
auf einer Steinplatte verewigen lassen - der Schinkeltum ist die Außenstelle
des Standesamts Rügen.
- Wer wirklich lieber seine Ruhe haben will, kann sich im alten Leuchttumwärterhaus einmieten und hat vom
späten
Nachmittag bis zum späten Vormittag absolute Ruhe, weil dies die
touristenfreie Zeit ist und selbst der Souvenierladen geschlossen hat.
Nur die Einkäufe muß man vorher in
Altenkirchen gemacht haben, denn in Putgarten gibt es keine
Lebensmittelläden und parken darf man im Ort auch nicht. Meine Frau und
ich haben hier eine Woche gewohnt und diese himmlische Ruhe erlebt. Es
gab zwar auch einen Tag mit dichtem Nebel, wo man nicht weiter als
fünfzig Meter gucken konnte, aber das war nur schlimm für die Besucher,
die extra wegen des Ausblicks gekommen sind und die Spitze des
Leuchttums nicht mal erkennen konnten.
- Während ich diesen Tetx schreibe, wird nebenan ein Gerüst hochgezogen und mir
wurde erklärt, daß jetzt das Geländer des Schinkel-Turms saniert wird. Ich werde es in ein paar
Jahren ja sehen, wenn ich wieder da bin.

Im Erdgeschoß gibt es die Souveniere, im ersteh Stock kann man wohnen. Foto: März 2025
- Der
Ausblick vom Peilturm zeigt die Stellen, an denen die Slawen bereits
vor weit über tausend Jahren die sogenannte Jaromarsburg
bauten. Früher
(Bis 2012) konnte man das Gelände noch besichtigen, doch seit längerem
ist es
abgesperrt, weil die letzten Funde gesichert und Spaziergänger
verhindert werden mußten - immerhin sind von der Burg in knapp tausend
Jahren mehr als zwei Drittel unwiderbringlich verloren, weil die
Steiküste jedes Jahr etliche Zentimeter abbricht. Was man noch erkennen
kann, sind die Überreste des Burgwalls - alles andere liegt bereits im
Meer. Zum Leuchttum

Die Spuren der ehemaligen Arkonaburg sind vom Peiltum aus gut sichtbar
- Damit König Friedrich
Wilhelm III. anläßlich eines Besuchs nicht durch den Wald
hochklettern mußte, wurde um 1850 ein Anlegesteg ins Wasser gebaut, an
den sich eine 45 Meter hohe Treppe anschloß, so daß der König ganz
bequem an das Wasser kommen konnte. Steg und Treppe wurden von der
Sturmflut 1953 weggeblasen und erst nach der Wende wieder aufgebaut.
Bis 2012 konnte man die Treppe herunterlaufen, auf einem ca. zehn
Meter breiten Strandabschnitt spazierengehen, aber ich habe schon damals
immer nach oben geguckt, weil die Steinschlaggefahr ja real war.
Am Zweiten Weihnachtstag 2012 brachen große Teile des mürben Gesteins
ab, wobei ein kleines Mädchen dabei ums Leben kam und erst Tage später gefunden wurde.
Seit dem Abbruch ist dieser
Strandabschnitt unter Wasser und die entsprechende Stelle am Abhang
gesperrt. Ein Neubau dieser Treppe hätte keinen Sinn, weil das Meer
ständig an dieser Steilküste knabbert.
Nach zwölf Jahren ist das Holz halbwegs vermodert und wird wieder in den Naturkreislauf integriert.
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Intakte Königstreppe im Juli 2012 von unten
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Vermoderte Königstreppe im März 2025 von oben
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- Zwei Kilometer links und
rechts fällt die Höhe sanft ab, im Westen liegt ein Sandstrand, im
Osten der Fischerort Vitt. Wenn man Zeit hat, gelangt man über
eine andere Treppe (Veilchentreppe) an den nordwestlichen Strandabschnitt. Dort hat man gelben Sand
und ein fröhliches Nebenenander von textilen und textilfreien
Badefreuden, so daß man Schwimmzeug nicht braucht. In Bezug auf
Nacktheit waren die östlichen Deutschen schon immer ein bißchen weniger
verklemmt als wir Wessis und das kann man heute noch merken.

Baden am Nordstrand von Kap Arkona. Foto Juli 2012
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- Putgarten - Vitt
- Die
Massen von Tagestouristen fallen gegen halb elf in den Ort ein, kaufen
ihre Souvenirs und allen möglichen maritimen Schnickschnack und lassen
ihr Geld in der örtlichen Gastronomie. Sie verlaufen sich aber am
späten Nachmittag und dann wird dieser Ort sehr ruhig und schön. Wenn
man später als sieben Uhr über die Dorfstraße läuft, sind die
Bürgersteige hochgeklappt und es tut sich nichts mehr - der
Gelegenheitssäufer findet noch nicht mal eine Kneipe, kann aber seinen
Schlaftrunk im Hotelrestaurant oder dem anderen Restaurant nehmen. Im
sechs Kilometer entfernten Altenkirchen haben um die dortige
Tankstelle bis spät und in der Saison auch Sonntags verschiedene
Supermärkte, eine Bäckerei, der Stoltz und die Post geöffnet. Die
echten Einwohner des Dorfs bilden in der Hochsaison zwar die
Minderheit, weil die Besitzer der meisten Ferienhäuser nicht unbedingt
hier wohnen und über ganz Deutschland verteilt sind, doch im Winter
sind die Putgartener unter sich.
- Kultur
gab es hier auch: Helene Weigel kaufte in den 1950er Jahren für sich
und ihren Ehemann Bertolt Brecht das Haus Dorfstraße 10, das bis vor
ein paar Jahren ein Helene-Weigel-Museum
war und jetzt wieder Ferienhaus geworden ist. Heute kann man auf der
Dorfstraße und an den Leuchttürmen jeden Menge Kunst und Kunsthandwerk
kaufen, denn viele Künstler leben hier von den Touristen.

- Die Dorfstraße vor dem Einfall der Tagestouristen.
- Ansonsten
ist der Ort sehr ländlich, eingebettet in die riesigen Felder, die zu
DDR-Zeiten für die landwirtschaftlichen Kombinate zusammengelegt
wurden. Mecklenburg-Vorpommern war aber schon zu Wallensteins Zeiten
die Kornkammer des Reichs und wenn man in der Erntezeit die riesigen
Maschinen sieht, die ein Feld nach dem andern abernten, kann man einen
Eindruck vom früheren Reichtum dieser Region bekommen. Landwirtschaft
ging hier immer hervorragend und wenn man wogende Felder sehen will, kann man das hier ausgiebig tun.

Mehrere Mähdrescher fahren parallel und schütten das Korn regelmäßig in die bereitstehenden Lastzüge.
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Vitt
Vitt ist ein
ehemaliges Fischerdorf, in dessen reetgedeckten Häuserm wahrscheinlich
noch die eine oder andere Rügener Familie wohnt. Dieser Eindruck
entsteht jedenfalls, wenn man Ferienhäuser in Vitt googelt, weil die
Zahl der Angebote in etwa der Zahl der Häuser entspricht. Im Prinzip
gibt es viele schöne Häuser, einen schönen Blick vom Strand auf den
Peilturm und wenn man am Strand ein bißchen läuft, kann man auch einen
Blick auf das eigentiche Kap mit den Leuchttürmen werfen.

Blick vom Vitter Strand auf den Peilturm
Man kommt nur nicht bis zum Kap, weil seit dem Einsturz 2012 (s.o.) der
Strand urgendwann aufhört und ein Weitergehen unterhalb der Abbruchkante
lebensgefährlich ist.
- Oberhalb des Dorfs Richtung Peilturm liegt die Uferkapelle, eine evangelische Kirche, die vom
damaligen Pastor und Dichter von Altenkirchen, Gotthard Ludwig
Kosegarten 1806 begonnen wurde, damit die Strandgottesdienste (am Ufer)
auch bei schlechtem Wetter stattfinden konnten. Jahrzehnte war sie weiß, nun
ist sie gelb angestrichen. Geöffnet ist sie zu den Gottesdiensten (s.
Link), doch man kann meistens durch die Fenster schauen. Wer sich
wirklich dafür interessiert, ruft im Gemeindebüro in Altenkirchen an.

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Die Uferkirche 2012
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Die Uferkirche 2025 |
- Ein Rundgang durch Vitt
ist eine Erholung für die Augen, aber man darf als Stadtmensch nicht
überlegen, wie es wäre, wenn man mit Kindern auf Dauer hier leben
würde: Kindergarten? Einkaufen? Schule? Angebote für die pubertierenden
Blagen? Es ist ein bißchen wie das Freiluftmuseum Venedig - der
schöne Schein erscheint nur solange schön, wie man als Tourist keine
Fragen stellt und weiß, daß man wieder geht. Etwas zu essen findet man auch im Ort.

- Eine Augenweide sind die Dorfhäuser, wenn man verdrängt, was ein neues Reetdach kostet und wie man es verdient.
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