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Kulturgeschichte - 20. Jahrhundert


   
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20. Jahrhundert  

B. Langenbach Nationalsozialismus
Zeitzeugenbericht: Brigitte Langenbach
1944 Einkleidung beim RAD 1944
 
Fortsetzung

Inzwischen wurden wir eingekleidet. Wir erhielten für die Arbeit ein blaues Kleid, ein rotes Kopftuch und eine dunkelblaue große Schürze, Wollstrümpfe, Schnürstiefel und Halbschuhe. Sogar Wäsche wurde gestellt. das waren gewaltige Sachen. Schlüpfer waren oben und unten mit Gummiband durchzogen. Wir nannten sie nach den Sturzkampfbombern STUKAS. Unsere Nachthemden waren vom männlichen RAD. Jeder von uns schrieb dann auch nach Hause: „... heute nacht ging ich mit meinem Feldmeister ins Bett." (Der FM war ein Rang beim RAD, ähnlich wie die MOF). Sonntags gab es eine weiße Halbschürze, die war aus halbleinen und hatte Durchzugsarbeit mit rotem Garn abgesetzt , Wäsche, Ausgehuniform in feldbraun und Hut, ggf. auch ein Mantel von der Kleiderkammer in Paderborn.

Postkarte Postkarte
Postkarte Postkarte

Postkarte des Fotographen Hanns Retzlaffs (1944):

"Der Strauß aus dem Bauerngarten"

Mittlerweile waren auch die anderen Maiden angekommen, und man mußte sich in der „Kameradschaft" aneinander gewöhnen. Die Einteilung in Küchendienst und Stubendienst wurde dann vormittags gemacht. Das hieß, ihr Bett mußte jede selbst machen, aber wie mit dem Lineal gezogen. Das will was heißen, denn die Matratzen waren Strohsäcke, die jeden Morgen aufgeschüttelt werden mußten. Tat man das nicht, fiel es sofort auf, und man hätte dann nachts in einer Kuhle schlafen müssen. Der Küchendienst mußte zuerst an die Arbeit: Herd an, Kaffee (Muckefuck) kochen, Brot schneiden, Marmelade bereitstellen usw. Vor dem Frühstück kamen dann alle zum Morgenappell zusammen: Fahne hissen und Morgenspruch anhören. Diese Sprüche stammten aus Sammlungen von Dichtern und Philosophen und stellten die Losung für den kommenden Tag. Erst dann gab es Frühstück. Ich glaube, so ähnlich geht es heute noch in Zeltlagern zu.

Allmählich wurden wir auf den Außendienst vorbereitet und bekamen Verhaltensmaßnahmen mitgeteilt. Wir wurden in Familien eingesetzt, wo der Mann Soldat war, und weil wir uns im ländlichen Raum befanden, gab es entsprechend viele solcher Stellen. Meine erste Stelle war bei einem älteren Ehepaar. Er war Schmied, sie Hausfrau. Sie hatten ein Stück Land, das sonst der Sohn bearbeitete. Hier habe ich an einem heißen Apriltag Kartoffeln gepflanzt. Die Wollstrümpfe wurden runtergerollt bis auf die Schuhe. Das Pflanzen dauerte so einige Stunden und ich habe einen so starken Sonnenbrand bekommen, wie lange nicht mehr. Die Wade und die Oberarme waren von hinten krebsrot und brannten wie Feuer.

Nach meiner Lagerschulzeit gab es in Bosenholz keine freie Stelle für mich. So wurde ich mit Marianne Ophoven (aus Dortmund Eving) als Kurier eingesetzt. Wir mußten als bessere Postboten Briefe an die Lagergruppe in Paderborn überbringen, von dort aus in verschiedene Lager innerhalb dieses Bezirks. Der Gruppe übergeordnet war dann die Bezirksleitung Westfalen, die zur Zeit in Halle/Westfalen residierte.

Im März 1944 stand uns eine größere Reise bevor. Scheinwerfermaiden, deren Stellung zerstört war, sollten wir - natürlich alles per Bahn - zum Starnberger See (oder nach Murnau am Staffelsee) begleiten. Marianne und ich - wir waren mittlerweile beide MUF (Maidenunterführerin) - fuhren nach Lippstadt. Dort war eine Kaserne, wo wir die 17 Maiden in Empfang nehmen und begleiten sollten. Wir hatten kaum Lippstadt verlassen und fuhren in ein Tal kurz vor Brilon-Wald, als es plötzlich einen Tieffliegerangriff gab. Aus den Flugzeugen wurde MG-Feuer eröffnet. Wir konnten noch gerade aus dem Abteil springen und uns unter den stehenden Zug legen, mitten auf die Schienen. Man konnte die Kugeln auf dem Schotter aufprallen sehen, doch es ist uns nichts passiert. Nachdem die Flugzeuge einige Male auf uns gezielt hatten, drehten sie ab.

Der Zug setzte sich bald wieder in Bewegung - es wurde ein Signal gegeben, so daß wir wieder einsteigen konnten - und fuhr in den Tunnel von Brilon Wald, wo er stundenlang stehenblieb. Der nächste Angriff wurde auch überstanden, aber von den siebzehn Maiden hatten schon einige die Flucht ergriffen, um nach Hause zu kommen. Es wurde häufig rangiert: mal waren Gleise zerstört, so daß wir immer mit unserm Waggon an andere Züge gehängt wurden. Schließlich waren wir in Hessen, mußten aussteigen und ein Stück zu Fuß gehen, bis wir wieder an einen neuen Zug gelangten. Die Fahrt war so abenteuerlich, plötzlich fuhren wir durch Thüringen. Unser Ziel war aber Richtung München. Schließlich kamen wir über München auch in Murnau an. Wir brachten nur unsere Reisepapiere mit, die Mädchen waren alle fort.