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20. Jahrhundert
Nationalsozialismus
Zeitzeugenbericht: Brigitte Langenbach
1944 Heilstube beim RAD
Fortsetzung
Falls mal jemand im RAD krank wurde, verlegte man die betreffende
Maid aus dem Kameradschaftsschlafraum in die Heilstube". Das
war ein kleiner Raum mit ein bis zwei Betten. Als Allgemeinheilmittel
gab es Prontosil - rotgefärbte Tabletten. Ich weiß nicht,
welche Bestandteile sie enthielten, sie färbten aber fürchterlich
- auch den Urin ..
Nun hatte ich meine ersten sehr starken Rückenschmerzen in
der Erntezeit bekommen. Heu aufladen auf den Erntewagen mit der
Heugabel. Später, bei der Getreideernte, mußten Garben
gebunden und zu Hocken aufgestellt werden. Wenn sie trocken genug
waren, wurden sie ebenfalls mit der Heugabel auf den Wagen gestakt.
Ich konnte mich kaum noch rühren. Am späten Nachmittag
wurde ich in die Heilstube bestellt und mein Rücken erfuhr
eine Heilbehandlung. Ich mußte auf dem Bauch liegen und über
meine Rücken wurde der Lichtkasten" gesetzt. Die beiden
halbrunden Hälften/Schalen waren durch Klavierband befestigt,
daran waren mit einer elektrischen Schnur fünf oder sechs Glühbirnen
angebracht. Die von ihnen erzeugte Wärme strahlte auf die kranke
Stelle des Körpers. Die Prozedur dauerte etwa fünfzehn
bis zwanzig Minuten. Dann wurde der Strom abgeschaltet und ich mußte
eine Weile liegen bleiben.
In den nächsten Tagen sagte meine Schmiedefrau: Du kannst
mal Gierschkohl sammeln!" An den Hecken entlang wuchs Giersch, ein
Doldenblütler. Gierschkohl wurde kleingeschnitten, unter Stampfkartoffeln
gemischt und schmeckte prima.
Meine nächste Stelle war bei einer schwangeren Frau, deren
Mann Soldat war. Als ich bei ihr war, gab es plötzlich Fliegeralarm
und Bomben fielen. Wir saßen im Keller, der Angriff war ganz
in der Nähe. Als wir aus dem Keller kamen, sahen wir das Unglück.
Es war ein Haus getroffen worden, in dem Waisenkinder aus Wattenscheid
evakuiert waren. Die meisten, die ich aus den Trümmern bergen
konnte, hatten Kopfverletzungen. Es war schrecklich. Das Haus hatte
keinen Keller gehabt und die Kinder waren von den Trümmern
erschlagen worden.
Auch unser Lager hatte Treffer bekommen, so daß es unbewohnbar
war. Es war aber, Gott sei Dank, niemand verletzt worden. So war
die Geseker Zeit vorbei - wir mußten vorübergehend in
Bürrenbruch untergebracht werden, bis wir in ein anderes Lager
kamen. Wir wurden neu verteilt. Ich kam in ein schönes Lager:
Bosenholz bei Salzkotten.
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