Übersicht
Heine
Werkübersicht
Die
schlesischen Weber
Das
Sklavenschiff
|
Heinrich
Heine:
Die schlesischen Weber (1845)
erstellt
von Martin Schlu © 2005 / letzte Korrektur am 25. Juli 2015
|
zurück
- weiter
-
-
- Gedicht
- Hintergrund
- Seitenanfang
- Im düstern Auge
keine Träne,
- Sie sitzen am Webstuhl
und fletschen die Zähne:
- Deutschland, wir weben
dein Leichentuch,
- Wir weben hinein den
dreifachen Fluch -
- Wir weben, wir
weben!
-
- Ein
Fluch dem Gotte, zu dem wir gebeten (Anmerkung)
- In Winterskälte und
Hungersnöten;
- Wir haben vergebens
gehofft und geharrt,
- Er hat uns geäfft
und gefoppt und genarrt -
- Wir weben, wir
weben!
-
- Ein
Fluch dem König, dem König der Reichen,
(Anmerkung)
- Den unser Elend nicht
konnte erweichen,
- Der den letzten Groschen
von uns erpreßt
- Und uns wie Hunde
erschießen läßt -
- Wir weben, wir
weben!
-
- Ein
Fluch dem falschen Vaterlande, (Anmerkung)
- Wo nur gedeihen Schmach
und Schande,
- Wo jede Blume früh
geknickt,
- Wo Fäulnis und
Moder den Wurm erquickt -
- Wir weben, wir
weben!
-
- Das Schiffchen fliegt,
der Webstuhl kracht,
- Wir weben emsig Tag und
Nacht -
- Altdeutschland,
wir weben dein Leichentuch - (Anmerkung)
- wir weben hinein den
dreifachen Fluch -
- Wir weben, wir
weben!
-
-
- Hintergrund:
- Gedicht
- Seitenanfang
- Quelle: Quelle:
http://www.newsatelier.de/html/weber.html
- Um 1840 war die
industrielle Revolution noch in den Anfängen.
Lediglich 5% der Bevölkerung arbeiteten in Fabriken,
der große Rest verdiente sein Geld in Heimarbeit
und es gab dort viele Weberfamilien, die an mehreren
Stühlen arbeiteten. Sie kauften ihr Ausgangsmaterial
von den Großhändlern, die ihre gewebten Stoffe
auch abnahmen, jedoch nur sehr wenig Geld dafür
zahlten. In England gab es allerdings schon mechanische
Webstühle, die den schlesischen Familien langfristig
die Existenzgrundlage raubten. Durch die englische
Konkurrenz zahlten die Fabrikanten den Weberfamilien
immer weniger und als es Anfang 1844 mehrere
Mißernten hintereinander gegeben hatte, wurde die
wirtschaftliche Situation in Schlesien so schlecht,
daß die Familien nahezu verhungerten, weil das
bißchen Geld, das sie verdienten, noch nicht einmal
für Brot reichte. Viele Familie verdienten
jährlich noch nicht einmal 50 Taler
(Heute wären
dies unter 10.000 Euro im Jahr).
-
- Am 3. Juni 1844 kam es
zu einem Protestmarsch von 3.000 schlesischen Webern in Peterswaldau (polnisch: Pieszyce, am Fuß des Eulengebirges im Kreis Reichenbach / Schlesien) (Hinweis und Korrektur von Holger König mit herzlichem Dank), die vom Großhändler und
Fabrikanten Zwanziger höhere Stücklöhne
forderten. Zwanziger verdiente an den Erzeugnissen das
hundert- bis tausendfache, weigerte sich jedoch, mehr zu
bezahlen. Als er den Webern empfahl, sie
-
- "...
möchten nur, wenn sie nichts anderes hätten,
Gras fressen; das sei heuer reichlich
gewachsen"....,
-
- eskalierte die
Situation, die Weber stürmten sein Haus, zerschlugen
die Einrichtung und verwüsteten mehrere
Fabrikgebäude. Anschließend marschierte der
Zug ins benachbarte Langenbielau und setzte dort sein
Zerstörungswerk fort.
-
- Am 5. Juni wurden
preußische Soldaten zur Wiederherstellung der
Ordnung eingesetzt, weil die Demonstrationen andauerten.
Die Sitaution eskalierte, als die Soldaten in die Menge
feuerten und elf Weber starben. Einen Tag später
wurden vier Kompanien gegen ein paar hundert Weber
eingesetzt. Fast 100 Weber wurden verhaftetet und zu
jahrelangem Gefängnis verurteilt - dort zumindest
hatten sie regelmäßiges Essen.
-
- Das Gedicht "Die
schlesischen Weber" erschien 1845. Ein halbes Jahrhundert
später schrieb der Dramatiker Gerhart Hauptmann das
Theaterstück, "Die Weber", das die damaligen
Geschehnisse sehr realistisch wiedergibt - sein
Großvater soll an diesem Aufstand teilgenommen
haben. Aus dem Fabrikanten "Zwanziger" machte Hauptmann
die Figur "Dreißiger". Link zur Kinderarbeit von Edwin Grub
-
- Erklärungen:
"Gott
(zurück),
König
(zurück)
und Vaterland
(zurück)",
war die Treueformel, auf die die preußischen
Soldaten eingeschworen wurden,
Altdeutschland
(zurück)
ist das brüchig gewordene vorrevolutionäre
Deutschland, in dem sich die preußische Monarchie
zu behaupten versucht- allerdings noch kein "Deutsches
Reich", sondern seit dem Wiener Kongress 1815 ein
politischer Zusammenschluß vieler kleiner
Einzelstaaten, der "Deutsche Bund" . Erst mit der
Reichsgründung im Januar 1871
kann von einem Deutschen Reich gesprochen werden.
(Redaktionelle
Ergänzung von Harry Huber, 2009 mit herzlichem Dank,
MS)
-
-
- Gedicht
- Seitenanfang
|