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Friedrich Schiller - Don Carlos
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- Vierter Akt, Dreizehnter Auftritt -
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-
- Galerie
- Carlos
kommt in der größten
Beängstigung. Graf
Lerma ihm entgegen.
-
- Carlos
- Sie such' ich eben.
-
- Lerma
- Und ich Sie.
-
- Carlos
- Ist's wahr?
- Um Gottes willen, ist es
wahr?
-
- Lerma
- Was denn?
-
- Carlos
- Daß er den Dolch
nach ihr gezückt? daß man
- Aus seinem Zimmer blutig
sie getragen?
- Bei allen Heiligen,
antworten Sie!
- Was muß ich
glauben? was ist wahr?
-
- Lerma
- Sie fiel
- Ohnmächtig hin und
ritzte sich im Fallen.
- Sonst war es nichts.
-
- Carlos
- Sonst hat es nicht
Gefahr?
- Sonst nicht? Bei Ihrer
Ehre, Graf?
-
- Lerma
- Nicht
für
- Die Königin - doch
desto mehr für Sie.
-
- Carlos
- Für meine Mutter
nicht! Nun, Gott sei Dank!
- Mit kam ein schreckliches
Gerücht zu Ohren,
- Der König rase gegen
Kind und Mutter,
- Und ein Geheimniß
sei entdeckt.
-
- Lerma
- Das Letzte
- Kann auch wohl wahr sein
-
-
- Carlos
- Wahr sein! Wie?
-
- Lerma
- Prinz, eine Warnung gab
ich Ihnen heute,
- Die Sie verachtet haben.
Nützen Sie
- Die zweite besser.
-
- Carlos
- Wie?
-
- Lerma
- Wenn ich mich
anders
- Nicht irre, Prinz, sah
ich vor wen'gen Tagen
- Ein Portefeuille von
himmelblauem Sammt,
- Mit Gold durchwirkt, in
Ihrer Hand -
-
- Carlos
- (etwas bestürzt)
- So eins
- Besitz' ich. Ja - Nun? -
-
- Lerma
- Auf der Decke, glaub'
ich,
- Ein Schattenriß,
mit Perlen eingefaßt -
-
- Carlos
- Ganz recht.
-
- Lerma
- Als ich vorhin ganz
unvermuthet
- Ins Kabinet des
Königs trag, glaubt' ich
- Das nämliche in
seiner Hand zu sehen,
- Und Marquis Posa stand
bei ihm -
-
- Carlos
- (nach einem kurzen
erstarrenden Stillschweigen, heftig)
- Das ist
- Nicht wahr.
-
- Lerma
- (empfindlich)
- Dann freilich bin ich ein
Betrüger.
-
- Carlos
- (sieht ihn lange
an
- Der sind Sie. Ja.
-
- Lerma
- Ach! ich verzeih' es
Ihnen.
-
- Carlos
- (geht in schrecklicher
Bewegung auf und nieder und bleibt endlich vor
ihm stehen)
- Was hat er dir zu Leid
gethan? Was haben
- Die unschuldsvollen Bande
dir gethan,
- Die du mit
höllischer Geschäftigkeit
- Zu reißen dich
beeiferst?
-
- Lerma
- Prinz, ich
ehre
- Den Schmerz, der Sie
unbillig macht.
-
- Carlos
- O Gott!
- Gott! - Gott! Bewahre
mich vor Argwohn!
-
- Lerma
- Auch
- Erinnr' ich mich des
Königs eigner Worte:
- Wie vielen Dank, sagt'
er, als ich herein trat,
- Bin ich für diese
Neuigkeit Euch schuldig!
-
- Carlos
- O stille! stille!
-
- Lerma
- Herzog Alba
soll
- Gefallen sein - dem
Prinzen Ruy Gomez
- Das große Siegel
abgenommen und
- Dem Marquis
übergeben sein -
-
- Carlos
- (in tiefes
Grübeln verloren)
- Und mir verschwieg
er!
- Warum verschwieg er mir?
-
- Lerma
- Der ganze Hof
- Staunt ihn schon als
allmächtigen Minister,
- Als unumschränkten
Günstling an -
-
- Carlos
- Er hat
- Mich lieb gehabt, sehr
lieb. Ich war ihm theuer,
- Wie seine eigne Seele. O,
das weiß ich -
- Das haben tausend Proben
mir erwiesen.
- Doch sollen Millionen
ihm, soll ihm
- Das Vaterland nicht
theurer sein als Einer?
- Sein Busen war für
einen Freund zu groß,
- Und Carlos' Glück zu
klein für seine Liebe.
- Er opferte mich seiner
Tugend. Kann
- Ich ihn drum schelten? -
Ja, es ist gewiß!
- Jetzt ist's gewiß.
Jetzt hab' ich ihn verloren.
- (Er geht
seitwärts und verhüllt das Gesicht.)
-
- Lerma
- (nach einigem
Stillschweigen)
- Mein bester Prinz, was
kann ich für Sie thun?
-
- Carlos
- (ohne ihn
anzusehen)
- Zum König gehen und
mich auch verrathen.
- Ich habe nichts zu
schenken.
-
- Lerma
- Wollen Sie
- Erwarten, was erfolgen
mag?
-
- Carlos
- (stützt sich auf
das Geländer und sieht starr vor sich
hinaus)
- Ich hab' ihn
- Verloren. O, jetzt bin
ich ganz verlassen!
-
- Lerma
- (nähert sich ihm
mit theilnehmender Rührung)
- Sie wollen nicht auf Ihre
Rettung denken?
-
- Carlos
- Auf meine Rettung? -
Guter Mensch!
-
- Lerma
- Und sonst,
- Sonst haben Sie für
Niemand mehr zu zittern?
-
- Carlos
- (fährt
auf)
- Gott! Woran mahnen Sie
mich! - Meine Mutter!
- Der Brief, den ich ihm
wieder gab! ihm erst
- Nicht lassen wollte und
doch ließ!
-
- (Er geht heftig und
die Hände ringend auf und
nieder)
- Womit
- Hat sie es denn verdient
um ihn? Sie hätt' er
- Doch schonen sollen.
Lerma, hätt' er nicht?
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- (Rasch
entschlossen)
- Ich muß zu ihr -
ich muß sie warnen, muß
- Sie vorbereiten - Lerma,
lieber Lerma -
- Wen schick' ich denn?
Hab' ich denn Niemand mehr?
- Gott sei gelobt! Noch
einen Freund - und hier
- Ist nichts mehr zu
verschlimmern.
- (Schnell ab.)
-
- Lerma
- (folgt ihm und ruft
ihm nach)
-
- Prinz! Wohin?
- (Geht ab.)
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