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Kulturgeschichte - Klassik


 

 

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Friedrich Schiller - Don Carlos
Schillerzurück - Vierter Akt, Zwölfter Auftritt - weiter
 
Der König und Marquis von Posa.
 
Marquis
Sire!
Dem alten Manne, der in zwanzig Schlachten
Dem Tod für Sie entgegen ging, fällt es
Doch hart, sich so entfernt zu sehn!
 
König
Euch ziemt
Es, so zu denken, so zu handeln, mir.
Was Ihr in wenig Stunden mir gewesen,
War er in einem Menschenalter nicht.
Ich will nicht heimlich thun mit meinem Wohlgefallen;
Das Siegel meiner königlichen Gunst
Soll hell und weit auf Eurer Stirne leuchten.
Ich will den Mann, den ich zum Freund gewählt,
Beneidet sehn.
 
Marquis
Und dann auch, wenn die Hülle
Der Dunkelheit allein ihn fähig machte,
Des Namens werth zu sein?
 
König
Was bringt
Ihr mir?
 
Marquis
Als ich das Vorgemach durchgehe,
Hör' ich von einem schrecklichen Gerüchte,
Das mir unglaublich däucht - Ein heftiger
Wortwechsel - Blut - die Königin -
 
König
Ihr kommt von dort?
 
Marquis
Entsetzen sollt' es mich,
Wenn das Gerücht nicht Unrecht hätte, wenn
Von Eurer Majestät indeß vielleicht
Etwas geschehen wäre - Wichtige
Entdeckungen, die ich gemacht, verändern
Der Sache ganze Lage.
 
König
Nun?
 
Marquis
Ich fand
Gelegenheit, des Prinzen Portefeuille
Mit einigen Papieren wegzunehmen,
Die, wie ich hoffe, ein'ges Licht -
(Er gibt Carlos' Brieftasche dem König.)
 
König
(durchsieht sie begierig).        
Ein Schreiben
Vom Kaiser, meinem Vater - - Wie? Von dem
Ich nie gehört zu haben mich entsinne?
(Er liest es durch, legt es bei Seite und eilt zu den andern Papieren.)
Der Plan zu einer Festung - Abgerißne
Gedanken aus dem Tacitus - Und was
Denn hier? - Die Hand sollt' ich doch kennen!
Es ist von einer Dame.
Er liest aufmerksam, bald laut, bald leise.)
 
             »Dieser Schlüssel - -
»Die hintern Zimmer im Pavillon
»Der Königin« - Ha! Was wird das? - »Hier darf
»Die Liebe frei - Erhörung - schöner Lohn« -
Satanische Verrätherei! Jetzt kenn' ich's,
Sie ist es. Es ist ihre Hand!
 
Marquis
Die Hand
Der Königin? Unmöglich -
 
König
Der Prinzessin
Von Eboli -
 
Marquis
So wär' es wahr, was mir
Unlängst der Page Henarez gestanden,
Der Brief und Schlüssel überbrachte.
 
König
(Des Marquis Hand fassend, in heftiger Bewegung).
Marquis,
Ich sehe mich in fürchterlichen Händen!
Dies Weib - ich will es nur gestehen - Marquis,
Dies Weib erbrach der Königin Schatulle,
Die erste Warnung kam von ihr - Wer weiß,
Wie viel der Mönch drum wissen mag - Ich bin
Durch ein verruchtes Bubenstück betrogen.
 
Marquis
Dann wär' es ja noch glücklich -
 
König
Marquis! Marquis!
Ich fange an, zu fürchten, daß ich meiner
Gemahlin doch zu viel gethan -
 
Marquis
Wenn zwischen
Dem Prinzen und der Königin geheime
Verständnisse gewesen sind, so waren
Sie sicherlich von weit - weit anderm Inhalt,
Als dessen man sie angeklagt. Ich habe
Gewisse Nachricht, daß des Prinzen Wunsch,
Nach Flandern abzureisen, in dem Kopfe
Der Königin entsprang.
 
König
Ich glaubt' es immer.
 
Marquis
Die Königin hat Ehrgeiz - Darf ich mehr
Noch sagen? - Mit Empfindlichkeit sieht sie
In ihrer stolzen Hoffnung sich getäuscht
Und von des Thrones Antheil ausgeschlossen.
Des Prinzen rasche Jugend bot sich ihren
Weit blickenden Entwürfen dar - ihr Herz -
Ich zweifle, ob sie lieben kann.
 
König
Vor ihren
Staatsklugen Planen zittr' ich nicht.
 
Marquis
Ob sie geliebt wird? - Ob von dem Infanten
Nichts Schlimmeres zu fürchten? Diese Frage
Scheint mir der Untersuchung werth. Hier, glaub' ich,
Ist eine strenge Wachsamkeit vonnöthen -
 
König
Ihr haftet mir für ihn. -
 
Marquis
(nach einigem Bedenken).
Wenn Eure Majestät
Mich fähig halten, dieses Amt zu führen,
So muß ich bitten, es uneingeschränkt
Und ganz in meine Hand zu übergeben.
 
König
Das soll geschehen.
 
Marquis
Wenigstens durch keinen
Gehilfen, welchen Namen er auch habe,
In Unternehmungen, die ich etwa
Für nöthig finden könnte, mich zu stören -
 
König
Durch keinen. Ich versprech' es Euch. Ihr wart
Mein guter Engel. Wie viel Dank bin ich
Für diesen Wink Euch schuldig!
(Zu Lerma, der bei den letzten Worten hereintritt.)
Wie verließt Ihr
Die Königin?
 
Lerma  
Noch sehr erschöpft von ihrer Ohnmacht.
(Er sieht den Marquis mit zweideutigen Blicken an und geht.)
 
Marquis
(nach einer Pause zum König).
Noch eine Vorsicht scheint mir nöthig.
Der Prinz, fürcht' ich, kann Warnungen erhalten.
Er hat der guten Freunde viel - vielleicht
Verbindungen in Gent mit den Rebellen.
Die Furcht kann zu verzweifelten Entschlüssen
Ihn führen - Darum rieth' ich an, gleich jetzt
Vorkehrungen zu treffen, diesem Fall
Durch ein geschwindes Mittel zu begegnen.
 
König
Ihr habt ganz Recht. Wie aber -
 
Marquis
Ein geheimer
Verhaftsbefehl, den Eure Majestät
In meine Hände niederlegen, mich
Im Augenblicke der Gefahr sogleich
Desselben zu bedienen - und -
(Wie sich der König zu bedenken scheint.)
Es bliebe
Fürs Erste Staatsgeheimniß, bis -
 
König
(zum Schreibepult gehend und den Verhaftsbefehl niederschreibend)
 Das Reich
Ist auf dem Spiele - Außerordentliche Mittel
Erlaubt die dringende Gefahr - Hier, Marquis -
Euch brauch' ich keine Schonung zu empfehlen -
 
Marquis
(empfängt den Verhaftsbefehl)
Es ist aufs Aeußerste, mein König.
 
König
(legt die Hand auf seine Schulter).    
Geht,
Geht, lieber Marquis - Ruhe meinem Herzen
Und meinen Nächten Schlaf zurück zu bringen.
 
(Beide gehen ab zu verschiedenen Seiten.)